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BUNDESTAG/4904: Heute im Bundestag Nr. 105 - 26.02.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 105
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 26. Februar 2015, Redaktionsschluss: 16.05 Uhr

1. Keine Daten von BND-Stelle
2. Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung
3. Rente mit 63: Mutterschutz anrechnen
4. Tarifeinheit gegen Gewerkschaftsstreit
5. Sozial-Abkommen mit den Philippinen
6. Für ein Ende von Kettenbefristungen


1. Keine Daten von BND-Stelle

1. Untersuchungsausschuss (NSA)

Berlin: (hib/KOS) "Keinerlei Daten welcher Art auch immer zu keinem Zeitpunkt, nie": Mit diesen Worten unterstrich der Zeuge E. B. am Donnerstag vor dem zur Aufklärung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschuss, dass aus der Außenstelle des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Schöningen keine Informationen an die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland übermittelt worden seien, die in einem engen geheimdienstlichen Verbund zusammenarbeiten und als "Five-Eyes-Staaten" firmieren. Auf Nachfragen aus dem Kreis der Abgeordneten schloss der seit 2004 amtierende Leiter der niedersächsischen Filiale allerdings nicht aus, dass die BND-Zentrale in Pullach und die Bundeswehr, die Daten aus Schöningen erhalten, Erkenntnisse aus diesen Informationen weitergeben.

Das Bundestagsgremium soll die Ausforschung der Telekommunikationsdaten von Millionen Deutschen durch den US-Nachrichtendienst NSA und andere Geheimdienste aus den "Five-Eyes-Staaten" durchleuchten. Dabei prüfen die Parlamentarier auch, ob hiesige Nachrichtendienste in diese Affäre verwickelt sind. Dem BND ist es untersagt, Informationen über Bundesbürger, an die er im Zuge seiner Auslandsspionage als "Beifang" gelangt, Partnerdiensten zu überlassen.

Aufgrund von Hinweisen auf Kontakte der NSA zu der BND-Dependance in den Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden befasste sich der Ausschuss am Donnerstag mit der Rolle Schöningens bei der vielfältigen Kooperation des BND mit der NSA bei der Satelliten- und Internetkommunikation. Laut E. B. wird in der niedersächsischen BND-Außenstelle Satellitenkommunikation über Krisengebieten erfasst, wobei der 45jährige in öffentlicher Sitzung keine Details nennen wollte.

Laut dem Zeugen werden in Schöningen sogenannte Metadaten registriert, also Verbindungsdaten wie etwa Telephonnummern, E-mail-Adressen oder Zeitpunkt, Ort und Dauer von Telephonaten oder Internetrecherchen. E. B. sprach von einer Million Metadaten, die täglich in Schöningen erfasst würden. Im Verhältnis zur weltweiten Kommunikation sei dies jedoch nur ein "gigantisch kleiner Teil". Er bestritt die in Medien genannte Zahl von täglich 220 Millionen Metadaten, die an allen BND-Standorten insgesamt registriert würden. Keine Angaben wollte der Zeuge in öffentlicher Runde über die Speicherfristen für die in Schöningen erfassten Daten machen. Er betonte, in dieser Außenstelle werde nur Kommunikation zwischen Ausländern ausgewertet, Informationen über deutsche Bürger würden mit Hilfe von Filtertechnik aussortiert.

Laut E. B. gelangen alle in Schöningen anfallenden Metadaten aus der Satellitenkommunikation auch zur BND-Zentrale in Pullach. Zudem werde die Bundeswehr im Falle von Einsätzen mit Megadaten versorgt, die beispielsweise für die Planung eines Militärkonvois nützlich sein könnten. Wie das Schöninger Material anderswo bearbeitet werde, erläuterte der Zeuge, "weiß ich nicht". Er werde auch nicht darüber unterrichtet, an wen Informationen aus seiner Außenstelle weitergeleitet würden: "Das ist für uns wie eine Blackbox".

E. B. bestätigte Angaben in den Snowden-Dokumenten, wonach NSA-Delegationen im Jahr 2006 zwei Besuche in Schöningen absolviert haben. Der Chef der BND-Niederlassung sagte dazu, diese Kontakte hätten nur dem gegenseitigen Kennenlernen und der Präsentation der Arbeitsweise in der Außenstelle gedient, von der die Gäste "durchaus beeindruckt" gewesen seien. Laut dem Zeugen fanden bei diesen Visiten keine Gespräche über eine Kooperation mit der NSA bei der Erfassung von Daten und bei der Weiterleitung dieser Informationen statt.

Bei der Sitzung am Donnerstag nahm Nina Warken als neue Obfrau der Unionsfraktion ihre Arbeit auf. Die CDU-Abgeordnete löst in dieser Funktion Roderich Kiesewetter ab, der jüngst überraschend seinen Rücktritt erklärt hatte. Der Parlamentarier sah seine Tätigkeit als Obmann im NSA-Ausschuss belastet, weil der BND ohne sein Wissen im Reservistenverband der Bundeswehr, dessen Präsident er ist, mit führenden Verbandsvertretern zusammengearbeitet hat.

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2. Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Bleiberechts sowie des Ausweisungs- und Abschiebungsrechts (18/4097) vorgelegt. Ziel ist es der Vorlage zufolge, einerseits die Rechtsstellung von Ausländern zu stärken, die auch ohne einen rechtmäßigen Aufenthalt "anerkennenswerte Integrationsleistungen erbracht haben" oder schutzbedürftig sind. Andererseits zielt der Gesetzentwurf darauf ab, "verstärkt den Aufenthalt von Personen, denen unter keinem Gesichtspunkt ein Aufenthaltsrecht" in Deutschland zusteht, zu beenden und ihre Ausreisepflicht gegebenenfalls auch zwangsweise durchzusetzen.

So soll eine alters- und stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung geschaffen werden, um durch die Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus "nachhaltige Integrationsleistungen" zu honorieren, die ein geduldeter Ausländer auch ohne rechtmäßigen Aufenthalt erbracht hat. Auch soll die Möglichkeit erleichtert werden, gut integrierten jugendlichen oder heranwachsenden Geduldeten legalen Aufenthalt zu gewähren.

Ferner soll für das deutsche "Resettlement-Programm" zur Neuansiedlung von Schutzsuchenden nach dem Abschluss seiner Pilotphase eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen werden. Schutzbedürftigen Resettlement-Flüchtlingen werde damit in Deutschland eine dauerhafte Lebensperspektive geboten, heißt es in der Vorlage. Zudem werde im Bereich des humanitären Aufenthaltsrechts "eine deutliche Verbesserung des Aufenthaltsrechts für die Opfer von Menschenhandel realisiert". Darüber hinaus werde die Rechtsstellung von subsidiär Geschützten und Resettlement-Flüchtlingen weiter an die von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen angeglichen.

"Grundlegend neu geordnet" werden soll mit dem Gesetzentwurf das Ausweisungsrecht. An die Stelle des bisherigen dreistufigen Ausweisungsrechts soll die Ausweisung "als Ergebnis einer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchgeführten Abwägung von Bleibe- und Ausweisungsinteressen" treten. Die "Abwägung auf Tatbestandsseite" sei gerichtlich voll überprüfbar und führe mithin schneller zu Rechtssicherheit. Innerhalb des Ausweisungsinteresses bringt der Gesetzentwurf den Angaben zufolge "stärker als bisher zum Ausdruck, dass die Bekämpfung von extremistischen und terrorismusrelevanten Strömungen auch mit den Mitteln des Ausländerrechts erfolgen kann".

Verschiedene Rechtsänderungen sollen daneben den "Vollzug aufenthaltsrechtlicher Entscheidungen bei Ausländern" verbessern, "denen unter keinem Gesichtspunkt ein Aufenthaltsrecht zusteht". Dazu gehört eine Anpassung der Regelung zur Identitätsklärung an die technischen Entwicklungen, indem "unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit geschaffen wird, Datenträger eines Ausländers auszulesen". In diesem Zusammenhang soll auch eine Rechtsgrundlage für die Abfrage von notwendigen Zugangsdaten bei Telekommunikationsdienstleister im Gesetz verankert werden. Vorgesehen ist laut Vorlage zudem die Neuregelung eines sogenannten Ausreisegewahrsams von wenigen Tagen anstelle der "Kleinen Sicherungshaft", wenn der Termin der Abschiebung konkret bevorsteht. Schließlich soll klargestellt werden, "dass die Haftanordnung auch bei einem Scheitern der Abschiebung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt bleibt, sofern die Voraussetzungen für die Anordnung weiterhin vorliegen".

Der Bundesrat begrüßt in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf die Regierungsvorlage. Zugleich fordert er unter anderem im weiteren Gesetzgebungsverfahren "das Erfordernis des vorherigen Sprachnachweises beim Ehegattennachzug im Aufenthaltsgesetz zu streichen".

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3. Rente mit 63: Mutterschutz anrechnen

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke macht sich in einem Gesetzentwurf (18/4107) dafür stark, die Zeiten des Mutterschutzes auf die 45-jährige Wartezeit für die Rente mit 63 anzurechnen. Nach geltender Rechtslage wird der Mutterschutz bei einer Bewilligung dieser Altersrente für besonders langjährig Versicherte (45 Jahre) nicht berücksichtigt. Es sei ein Widerspruch, wenn bei der Berechnung der Wartezeit Kindererziehungszeiten von mehreren Jahren, nicht aber die wesentlich kürzere Mutterschutzfrist berücksichtigt werde, argumentieren die Abgeordneten. Es dürfe aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mutterschutzfrist kein Nachteil bei der Inanspruchnahme der Rente ab 63 entstehen. Dies sei eine Diskriminierung von Frauen, die beseitigt werden müsse, heißt es in dem Entwurf.

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4. Tarifeinheit gegen Gewerkschaftsstreit

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung will Tarifkonflikte mehrerer Gewerkschaften in einem Betrieb künftig verhindern und hat dazu dem Bundestag nun ihren Gesetzentwurf (18/4062) für ein Tarifeinheitsgesetz vorgelegt.

Ziel des Gesetzes soll es laut Bundesregierung sein, "die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern". Diese werde gefährdet, wenn in einem Unternehmen mehrere Gewerkschaften für eine Berufsgruppe Tarifabschlüsse durchsetzen wollen und es dabei zu "Kollisionen" komme, die der Aufgabe der Ordnung des Arbeitslebens nicht mehr gerecht werden könnten, begründet die Regierung ihren Vorstoß.

Das Gesetz sieht nun vor, die Tarifeinheit in einem Betrieb im Falle von Konflikten nach dem Mehrheitsprinzip zu ordnen. Können sich Gewerkschaften mit sich überschneiden Tarifverträgen nicht einigen, soll künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die Belange der Minderheitsgewerkschaften sollen durch "flankierende Verfahrensregeln" berücksichtigt werden. Dazu gehören ein vorverlagertes Anhörungsrecht gegenüber der verhandelnden Arbeitsgeberseite und ein nachgelagertes Nachzeichnungsrecht. Mit diesem soll Nachteilen entgegengewirkt werden, die einer Gewerkschaft durch die Verdrängung ihres bereits abgeschlossenen Tarifvertrages durch die gesetzliche Tarifeinheit entstehen. Bestehenden Tarifverträgen wird darüber hinaus bis zu einem Stichtag ein Bestandsschutz gewährt.

Außerdem sieht der Entwurf vor, das Arbeitsgerichtsgesetz entsprechend den Regelungen zur Tarifeinheit anzupassen. Die Gerichte sollen über den im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag auf Antrag einer Tarifpartei mit bindender Wirkung für Dritte entscheiden.

Die Bundesregierung betont ausdrücklich, dass das Gesetz die Gewerkschaften nicht in ihrem Streikrecht behindere. Auch werde durch das Gesetz nicht verhindert, dass sich in einem Betrieb mehrere Gewerkschaften für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzen, ihre Zuständigkeiten abstimmen und Tarifverträge jeweils für verschiedene Arbeitnehmergruppen abschließen. Es stehe den Gewerkschaften frei, sich in einer Tarifgemeinschaft zu verbinden und gemeinsam Tarifverträge zu verhandeln. Sie können auch weiter inhaltsgleiche Tarifverträge abschließen, ohne in einer Tarifgemeinschaft verbunden zu sein. Damit bleibe es auch zulässig, dass eine Gewerkschaft den Tarifvertrag einer anderen Gewerkschaft nachzeichnet. Eine nach dem Grundsatz der Tarifeinheit auflösungsbedürftige Tarifkollission setze voraus, dass die Tarifverträge nicht inhaltsgleich seien, schreibt die Bundesregierung.

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5. Sozial-Abkommen mit den Philippinen

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/4048) vorgelegt, der ein Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen Deutschland und der Republik der Philippinen umsetzt. Darin geht es unter anderem um Regelungen, die eine Doppelversicherung von Arbeitnehmern verhindern sollen, die von ihren Betrieben in das jeweils andere Land entsendet werden. Die Arbeitnehmer sollen allein den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, in der Regel des Heimatstaates, unterliegen, heißt es in dem Entwurf. Darüber hinaus sehen die Regelungen die uneingeschränkte Zahlung von Renten in den anderen Staat vor. Voraussetzungen dafür könnten durch die Zusammenrechnung der in beiden Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten erfüllt werden, schreibt die Regierung.

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6. Für ein Ende von Kettenbefristungen

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Abschaffung von Kettenbefristungen fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/4098). Sie begründet ihre Initiative damit, dass nahezu jeder zweite Arbeitsvertrag nur noch befristet abgeschlossen werde und davon besonders Frauen und junge Beschäftigte betroffen seien. Dies bedeute für die Betroffenen aber in hohem Maße eine unsichere Lebens- und Berufsperspektive und sei deshalb "hochproblematisch", heißt es in dem Antrag. Die Linke fordert die Bundesregierung deshalb auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vorzulegen. Darin solle festgelegt werden, dass bei demselben Arbeitgeber der Abschluss eines mit Sachgrund befristeten Vertrages höchstens zweimal aufeinanderfolgend zulässig ist. Ein sachlich befristeter Arbeitsvertrag solle höchstens einmal verlängert werden dürfen. Befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund will die Linke grundsätzlich abschaffen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 105 - 26. Februar 2015 - 16.05 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2015

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