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BUNDESTAG/4966: Heute im Bundestag Nr. 167 - 25.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 167
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 25. März 2015, Redaktionsschluss: 17.35 Uhr

1. Grundstücksverkauf in Berlin zugestimmt
2. Keine Speicherung aller Daten geplant
3. Yakymenko: Ukraine packt Reformen an
4. Versorgungsausgleich: Experten uneins
5. Koalition begrüßt Ende der Milchquote
6. Linke thematisiert Active Fence-Einsatz


1. Grundstücksverkauf in Berlin zugestimmt

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Haushaltsausschuss hat am Mittwochnachmittag den Verkauf zweier Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit einem Wert von mehr als 15 Millionen Euro in Berlin mit den Stimmen der Koalitionsabgeordneten von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Opposition von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt.

Dabei geht es laut einem Bericht des Bundesfinanzministeriums (BMF) einerseits um eine 7.052 Quadratmeter große, bebaute Liegenschaft in Berlin-Mitte (Tiergarten), Lützowufer, und andererseits um eine 47.132 Quadratmeter große, bebaute Liegenschaft in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, Mehringdamm 20/28, Obentrautstraße 19/21.

Der Käufer des bebauten Grundstücks am Lützowufer beabsichtigt laut BMF dies weiterhin gewerblich zu nutzen; auf dem unbebauten Grundstück soll ein Wohngebäude errichtet werden.

Das Nutzungskonzept des Käufers des Grundstückes in Friedrichshain-Kreuzberg sieht den Verbleib des Hauptmieters auf der Liegenschaft vor, woran dem Bezirk sehr gelegen sei, heißt es in dem BMF-Bericht. Für den Wohnungsbau suche der Käufer auch eine Kooperation mit Berliner Wohnungsbaugesellschaften. Weiterhin unterstütze der Berliner Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten, Tim Renner, das Vorhaben der Käuferin, großzügige Flächen auch für die Kunst-, Kreativ- und Freiberuflerszene vorzusehen.

Der Verkaufspreis entspricht in beiden Fällen dem vollen Wert im Sinne der Bundeshaushaltsordnung, heißt es weiter.

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2. Keine Speicherung aller Daten geplant

Ausschuss Digitale Agenda

Berlin: (hib/HAU) Eine anlasslose Speicherung aller Daten wird es auch bei der innerhalb der Bundesregierung derzeit diskutierten Regelung zur Vorratsdatenspeicherung nicht geben. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), am Mittwoch vor dem Ausschuss Digitale Agenda deutlich. Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht hätten mit ihren Urteilen zur Vorratsdatenspeicherung sehr hohe Hürden gesetzt, die eine gesetzliche Umsetzung sehr schwierig machten, sagte Lange.

Seitens der Unionsfraktion wurde während der Sitzung darauf verwiesen, dass die Vorratsdatenspeicherung durch die Gerichte "nicht per se verboten wurde". Sie sei von zentraler Bedeutung für die Datensicherheit und den Datenschutz sowie aus Sicherheitserwägungen ein notwendiges Instrument, um Gefahren abzuwehren und schwerstkriminelle Straftaten aufklären zu können, sagte ein Unionsvertreter. Ziel sei es, Rechtssicherheit für die Bürger zu schaffen, wobei der Richtervorbehalt ganz oben stehe.

Die nach den Urteilen verbliebenen Möglichkeiten für eine gesetzliche Umsetzung seien "sehr eng, sehr begrenzt", urteilte der Vertreter der SPD-Fraktion. Es gelte nun zu schauen, was an sinnvollen Regelungen möglich sei. Die SPD-Fraktion, so kündigte er an, wolle abwarten, was dem Parlament vorgelegt werde und dann in eine sehr intensive Begleitung der Gesetzgebung einsteigen.

Beide Oppositionsfraktionen machten deutlich, dass sie die Vorratsdatenspeicherung ablehnen. Die Vertreterin der Linksfraktion erkundigte sich nach Einzelheiten der geplanten Umsetzung, wie etwa ob geplant sei, auch Verstöße gegen das Urheberrecht mit dem Instrument der Vorratsdatenspeicherung zu verfolgen. Interesse zeigte die Linksfraktion auch am Zeitplan der Bundesregierung für die Regelung. Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde die Frage gestellt, wie oft die Bundesregierung noch das Risiko eingehen wolle, von Gerichten belehrt zu werden. Eine verfassungskonforme Regelung zu finden sei "ein Widerspruch an sich" und käme einer "Quadratur des Kreises" nahe. Es sei zudem schädlich für das Ansehen von Bundesregierung und Bundestag, wenn der Eindruck entstehe, die Verfassung sei egal, sagte der Grünen-Vertreter.

Justizstaatssekretär Lange entgegnete, der Bundesregierung sei das Grundgesetz eben nicht egal, weshalb auch nach einem Kompromiss gesucht werde, der verfassungskonform ist. Fragen nach Einzelheiten, wie etwa dem Zeithorizont oder den Bereichen, für die die Vorratsdatenspeicherung gelten solle, vermochte der Regierungsvertreter nicht zu beantworten. Man arbeite mit Hochdruck, so Lange, agiere aber nach dem Motto: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

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3. Yakymenko: Ukraine packt Reformen an

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/JOH) Die Ukraine hat sich von ihrer postsowjetischen Vergangenheit gelöst und Kurs in Richtung einer europäischen Integration genommen. Diese Ansicht vertrat Yuriy Yakymenko vom Razumkov-Zentrum in Kiew, einem bedeutenden, regierungsunabhängigen Think-Tank, am Mittwochnachmittag im Europaausschuss. Wenn der Bundestag morgen der Ratifizierung des Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine zustimme, markiere dies einen wichtigen Schritt seines Landes auf dem Weg in die europäische Familie, betonte Yakymenko, der der Bundesregierung zugleich für ihre Unterstützung dankte.

Es gebe in der Ukraine den politischen Willen, notwendige Reformen, über die 23 Jahre lang lediglich gesprochen worden sei, endlich zu realisieren, berichtete der Politikexperte. Die heutige Regierung schlage einen ganz anderen Kurs ein als die Vorgängerkabinette und habe bereits wichtige Veränderungen in Gang gesetzt. Als Beispiele nannte Yakymenko Reformen bei Polizei und Gerichten sowie eine Dezentralisierung des Landes. Um die ukrainische Wirtschaft bei ihrer Neuorientierung in Richtung eines europäischen Marktes zu unterstützen, ergreife die Regierung zudem Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas. Auch eine Deregulierung sei bereits eingeleitet worden. Die Koalition, die im Parlament über 300 Abgeordnete verfüge, urteilte der Politikexperte, sei stabil, eine Zweidrittel-Mehrheit für eine Verfassungsreform so gut wie sicher.

Die Hälfte der Abgeordneten im Parlament in Kiew seien neue, junge Kräfte, die keine Verbindung zum alten System hätten, sagte Yakymenko. Dementsprechend habe sich der Einfluss der Oligarchen auf die politischen Prozesse im Land verringert. Viele Beamte, die das politische System bisher als Gewinnquelle betrachtet hätten, würden zudem aus dem Staatsdienst entlassen.

Verbesserungen und Reformen könnten jedoch nicht auf einen Schlag umgesetzt werden, erklärte der Politikexperte, da die Lage in der Ukraine äußerst schwierig sei. Der Konflikt in der Ostukraine fordere nicht nur Menschenleben, sondern schade auch der Wirtschaft und koste den Staat viel Geld. So sei das Bruttoinlandsprodukt um 27 Prozent gesunken, die Inflationsrate liege bei 25 Prozent, im Osten sogar bei 30 bis 40 Prozent. Viele Bürger hätten ihre Ersparnisse verloren. Der Staat, erklärte Yakymenko, habe keine Möglichkeiten, die Löhne anzupassen oder die soziale Situation anderweitig zu verbessern. Daher lägen alle Hoffnungen auf der vollständigen Umsetzung des zweiten Minsker Abkommens und einem Ende des Krieges.

Die Regierungskoalitionen CDU/CSU und SPD versicherten Yakymenko, die Abstimmung über das Assoziierungsabkommen am morgigen Donnerstag werde zeigen, dass der Bundestag an der Seite der Ukraine stehe. Allerdings, betonte ein Vertreter der SPD-Fraktion, müsse die Regierung in Kiew noch mehr für Reformen tun. So gebe es im Land nach wie vor viel Korruption. Viele Abgeordnete im Parlament verfügten weiterhin über immense Vermögen. Ein Vertreter der Unionsfraktion merkte an, dass vor dem neuen Parlament, in das viele Symbolfiguren der Maidan-Proteste gewählt worden seien, schwere politische Kleinstarbeit liege.

Die Linksfraktion sprach unter anderem die finanzielle Notlage des Landes und anvisierte milliardenschwere Hilfskredite an. So solle der Strompreis im April um 300 Prozent steigen. Ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich besorgt über die Entwicklung des Konfliktes mit Russland. Eine wichtige Frage sei es, wie mit Russland über einen Waffenstillstand hinaus Frieden erreicht werden könne.

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4. Versorgungsausgleich: Experten uneins

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/SCR) Mit der komplexen Frage der externen Teilung beim Versorgungsausgleich haben sich am Mittwochnachmittag bei einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz die geladenen Sachverständigen auseinandergesetzt. Anlass war ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3210), der die ersatzlose Streichung des Paragraphen 17 zur externen Teilung im Versorgungsausgleichgesetz vorsieht. Die Grünen begründen dies damit, dass die Regelung den Ausgleichsberechtigten, zumeist Frauen, entgegen des Halbteilungsgrundsatzes tatsächlich benachteilige. Die externe Leistung kann von einem Versorgungsträger in bestimmten Fällen verlangt werden.

Gegen eine Streichung sprach sich Ingo Budinger von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba) aus. Damit werde in Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung ein "negatives Signal" gesetzt. Werde stattdessen vermehrt auf interne Teilung gesetzt, könnte dies kleinere Unternehmen überfordern. Vielmehr sei die externe Teilung "zu erhalten und langfristig eher auszubauen", heißt es in der dazugehörigen schriftlichen Stellungnahme der aba.

Hartwig Kraft von PBG Pensions-Beratungs-Gesellschaft aus Idstein bezog sich ebenfalls auf den Verwaltungsaufwand, den insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) beim Versorgungsausgleich zu bewältigen hätten. Auch die externe Teilung sei für diese Unternehmen keine wirklich freiwillige Wahl, denn dadurch flösse Liquidität ab. Kraft verwies darauf, dass mit einer Streichung KMU möglicherweise von der Direktzusage Abstand nehmen könnten. Dies hätte dann auch für die Arbeitnehmer Nachteile. Zudem entstünde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, da sich größere Unternehmen die interne Teilung - und das Festhalten an Direktzusagen - viel eher leisten könnten.

Auch Eberhard Eichenhofer, Rechtswissenschaftler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, plädierte für die Beibehaltung des Paragrafen. Er ermögliche einen klaren Schnitt im Falle von Scheidungen. Zudem sei die externe Teilung auch im Hinblick auf die geforderte Portabilität von Betriebsrenten sinnvoll. Um allerdings einseitige Belastungen des Ausgleichsberechtigten zu vermeiden, könnte es sinnvoll sein, die an anderer Stelle im Gesetz vorgesehen paritätische Aufteilung der Teilungsfolgen auch für die externe Teilung vorzusehen.

Michael Triebs, Vorsitzender der Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V., votierte ebenfalls gegen eine ersatzlose Streichung. Trotzdem bestünde gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf in Hinblick auf den Zinssatz, der als Berechnungsgrundlage bei der Teilung und der Wertbestimmung herangezogen wird.

Jörg Hauß vom Deutschen Anwaltsverein begrüßte den Grünen-Gesetzentwurf. Es sei ein "wichtiger Vorschlag für die Teilungsgerechtigkeit". Problematisch sei an der externen Teilung vor allem, dass als Teilungsgegenstand eine Rente in Rede stehe, die aber in Kapital umgerechnet werde. Das führe in der Regel dazu, dass Versorgungsansprüche des Ausgleichsberechtigten verloren gingen. Die externe Teilung sollte auf geringwertige Anrechte begrenzt werden.

Ingo Schäfer von der Arbeitnehmerkammer Bremen kritisierte, dass eine Debatte, die sich auf Zinssätze fokussiere, zu kurz greife. Problematisch sei, dass die Betroffenen in Fragen der externen Teilung kein Mitspracherecht hätten. Er schlug vor, die externe Teilung nur in Einzelfällen zuzulassen, wenn es für das jeweilige Unternehmen anders nicht möglich sei.

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5. Koalition begrüßt Ende der Milchquote

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktionen CDU/CSU und SPD begrüßen das Ende des europäischen Milchquotensystems und die daraus resultierende Marktausrichtung bei der Milcherzeugung. Allerdings sollen die Folgen des Quotenausstiegs beobachtet und analysiert werden. In einem dem Bundestag vorgelegten gemeinsamen Antrag (18/4424) würdigen beide Fraktionen zudem die Bemühungen der Bundesregierung zur Erschließung von neuen Absatzmärkten und zur Verbesserung des Marktzugangs für Milchprodukte aus Deutschland. Darüber hinaus wird die Regierung unter anderem dazu aufgefordert, mit den Bundesländern im Rahmen der Programme zur ländlichen Entwicklung darauf hinzuwirken, dass die Bewirtschaftung von Grünlandstandorten durch angepasste Förderprogramme unterstützt wird. Außerdem soll die Marktposition der Milcherzeuger gestärkt werden. Auf europäischer Ebene soll sich Deutschland für eine ständige Prüfung des Sicherheitsnetzes gegen Marktstörungen einsetzen.

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6. Linke thematisiert Active Fence-Einsatz

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Nach der "Rolle der Türkei im Bürgerkrieg in Syrien und Auswirkungen auf die Nato-Operation Active Fence" erkundigt sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/4320). Aus Sicht der Abgeordneten benutze die Türkei "die Bündnissolidarität der Nato als militärische Rückendeckung für ihre interessengeleitete Einflussnahme im syrischen Bürgerkrieg". Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, Angaben zur Entwicklung der Kosten und der Personalstärke der Bundeswehrbeteiligung an Active Fence zu machen sowie zur Zahl der derzeit in der Türkei stationierten "Patriot"-Flugabwehrraketen der Bundeswehr und anderer Nato-Staaten. Außerdem wollen die Abgeordneten Auskunft zur Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle bei diesem Einsatz, zu möglichen Waffenlieferungen über die türkisch-syrische Grenze sowie zum "Einmarsch des türkischen Militärs" auf syrisches Territorium, um die dort gelegene "zum türkischen Hoheitsgebiet gehörende und für das osmanisch-türkische Kulturerbe bedeutsame Grabstätte von Süleyman Sha zu verlegen".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 167 - 25. März 2015 - 17.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2015

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