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BUNDESTAG/5088: Heute im Bundestag Nr. 289 - 09.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 289
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 09. Juni 2015, Redaktionsschluss: 09.30 Uhr

1. Geschäftsherrenmodell stößt auf Ablehnung
2. Die Linke gegen Vorratsspeicherung


1. Geschäftsherrenmodell stößt auf Ablehnung

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/SCR) Die Einführung des sogenannten Geschäftsherrenmodells in der Strafnorm zur Korruption und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr stößt bei Experten überwiegend auf Ablehnung und Skepsis. Bei einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montagnachmittag äußerten sich auch Abgeordnete der Fraktionen CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke kritisch gegenüber der geplanten Ausweitung der Norm im Strafgesetzbuch (StGB). Die mögliche Änderung ist Teil eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (18/4350) zur Bekämpfung der Korruption, mit dem laut Begründung internationale Vorgaben umgesetzt werden sollen.

Der Entwurf sieht zahlreiche Änderungen zum Beispiel im Bereich der Amtsträgerkorruption im Ausland vor. Die geladenen Experten äußerten sich allerdings überwiegend zu dem Geschäftsherrenmodell. Demnach soll künftig Korruption im geschäftlichen Verkehr bereits strafbar sein, wenn sich die Bestechung beziehungsweise die Vorteilsannahme auf eine Pflichtverletzung des Angestellten bezieht, der Angestellte also den Interessen seines "Geschäftsherren" zuwider handeln würde. Bisher greift die Norm im StGB dann, wenn eine wettbewerbsverzerrende Wirkung der Bestechung beziehungsweise der Annahme des Vorteils angenommen wird.

Marie-Luise Eckermann-Meier, Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Bochum, begrüßte die geplante Neuregelung. In diesem Bereich bestehe eine Straflücke, die dazu führe, dass strafwürdige Fälle nicht verfolgt werden könnten, gerade dann, wenn die problematische Situation keinen Wettbewerbsbezug habe, aber auch die Straftatbestände der Untreue oder des Betruges nicht erfüllt seien. Auch könnten Beweisschwierigkeiten, die sich durch diesen Wettbewerbsbezug der geltenden Norm ergäben, mit der Neuregelung umgangen werden. Ebenfalls positiv äußerte sich Reiner Hüper von Transparency International Deutschland. Korruption in der Privatwirtschaft sei grundsätzlich problematisch und im Speziellen auch, da zunehmend die öffentliche Hand in privatwirtschaftlicher Form auftrete und klassische Amtsträger-Delikte hier nicht greifen würden.

Ablehnend äußerte sich hingegen Gina Greeve vom Deutschen Anwaltsverein. Sie sehe keinen Bedarf für eine Regelung. Die geplante Norm sei zu unbestimmt und daher verfassungsrechtlich problematisch. Das Abstellen auf die Pflichtverletzung, die durch die jeweiligen Unternehmen definiert werde, führe zudem dazu, dass Private über die Strafbarkeit eines Handelns entschieden. "Das kann nicht sein, das darf nicht sein", sagte Greeve. Auf die mögliche Festlegung der Strafbarkeit durch Unternehmen ging auch Anita Schieffer vom Bundesverband der Deutschen Industrie kritisch ein. Rein formale Verstöße zum Beispiel sollten intern geregelt werden können und nicht unter Strafe gestellt werden, sagte Schieffer. Hierfür müsse ein Genehmigungsvorbehalt in die Norm eingebaut werden, der dann greife, wenn nur die reinen Unternehmensinteressen von einer Pflichtverletzung betroffen sind. Nachbesserungsbedarf in Bezug auf das Geschäftsherrenmodell sahen zudem Karsten Gaede von der Bucerius Law School in Hamburg, Markus Meißner, Rechtsanwalt aus München, und Felix Walther, ebenfalls Rechtsanwalt in München.

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2. Die Linke gegen Vorratsspeicherung

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Die Linke positioniert sich klar gegen die geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS). In einem Antrag (18/4971) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, auf eine Einführung der umstrittenen Mindestspeicherpflicht für Verkehrsdaten zu verzichten. Der Linken-Antrag wird am kommenden Freitag gemeinsam mit dem noch nicht als Drucksache vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Vorratsdatenspeicherung in erster Lesung beraten.

Die Linke begründet ihren Antrag zum einen juristisch. So habe nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 2010 das 2008 in Deutschland eingeführte VDS-Gesetz für verfassungswidrig erklärte, auch der Europäische Gerichtshof die grundlegende Richtlinie zur VDS für ungültig erklärt. Dabei habe der EuGH deutlich gemacht, dass eine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten "unvereinbar mit der Europäischen Grundrechtecharta ist", heißt es in der Begründung des Antrags.

Zum anderen zweifelt die Links-Fraktion daran, dass die VDS überhaupt Nutzen bringt und verweist unter anderem auf eine Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht. Diese habe gezeigt, dass der Wegfall der VDS nicht ursächlich für Veränderungen in der Aufklärungsquote einzelner Deliktsgruppen gewesen sei.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 289 - 9. Juni 2015 - 09.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2015

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