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BUNDESTAG/5329: Heute im Bundestag Nr. 529 - 14.10.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 529
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 14. Oktober 2015, Redaktionsschluss: 17.12 Uhr

1. Energielabel für alte Heizkessel
2. Experten für bessere Suizidprävention
3. Weinanbau Faktor für Tourismus


1. Energielabel für alte Heizkessel

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Verbraucher sollen motiviert werden, alte und ineffiziente Heizkessel durch neue und effiziente Anlagen auszutauschen. Diesem Ziel dient der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (18/5925), dem der Ausschuss für Wirtschaft und Energie in seiner Sitzung am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zustimmte. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Von der Koalition war zuvor noch ein Änderungsantrag vorgelegt und vom Ausschuss beschlossen worden. Mit dem Gesetz wird der Anwendungsbereich des nationalen Effizienzlabels auf gebrauchte Heizgeräte erweitert. Bisher mussten nur neue Geräte das Etikett haben. Vergeben wird das Label unter anderem von Heizungsinstallateuren, Schornsteinfegern und Gebäudeenergieberatern des Handwerks.

Von der CDU/CSU-Fraktion hieß es, der Austausch von alten Heizungsanlagen sie auch ein Teil der Energiewende. Derzeit seien über 70 Prozent der Heizgeräte ineffizient. Das durchschnittliche Alter der Anlagen liege bei 17,6 Jahren, 36 Prozent aller Geräte seien sogar älter als 20 Jahre. Ab 2016 sollen die Labels freiwillig verwendet werden, ab 2017 werden sie Pflicht. Auch die SPD-Fraktion begrüßte den Gesetzentwurf. Wenn ein Schornsteinfeger bisher eine Heizungsanlage als in Ordnung bewerte, sage das nichts über die Effizienz der Anlage aus. Das Label sei jetzt ein "guter kommunikativer Schritt".

Die Linksfraktion erklärte, Information über die Effizienz von Heizungsanlagen seien prinzipiell nicht schlecht, aber die Möglichkeiten zum besseren Klimaschutz würden mit dem Gesetzentwurf nicht ausgereizt. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnete die zusätzliche Transparenz und Information als richtig. Die Regierung beschließe aber nur ein kleines Instrument, das besser mit anderen Instrument verknüpft werden könne. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme (18/6292) forderte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass Mieter über die Effizienzwerte der Heizungsanlage informiert werden sollten.

Die Bundesregierung verweist in dem Entwurf auf ihr Ziel, den Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent zu verringern. Der Gebäudebestand soll 2050 klimaneutral sein. Die in den vergangenen Jahren erreichten Fortschritte würden jedoch für die Erreichung der nationalen Effizienzziele nicht genügen. Im Gebäudebereich werden nach Angaben der Regierung knapp 40 Prozent der gesamten Endenergie verbraucht, davon die meiste Energie für Heizung. "Mit einer gleichbleibenden jährlichen Austauschrate von drei Prozent würde es im Hinblick auf die unsanierten Heizgeräte circa 25 Jahre dauern, bis der Heizungsbestand erneuert ist", schreibt die Regierung. Daher sollen die Verbraucher mit den Labels über den Effizienzstatus ihrer alten Heizgeräte informiert werden, wodurch die Motivation der Verbraucher zum Austausch der Geräte erhöht werden soll. Angenommen wird, dass die Austauschrate um rund 20 Prozent auf 3,7 Prozent pro Jahr steigt. "Damit kann ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz in Deutschland geleistet werden", erwartet die Regierung.

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2. Experten für bessere Suizidprävention

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Psychologen und Mediziner fordern eine verbesserte Suizidprävention in Deutschland. Zwar sei die Zahl der Selbstmorde langfristig rückläufig, es gebe aber Risikogruppen, die einer besonderen Zuwendung bedürften, erklärten Psychiatriefachverbände und Ärztevertreter anlässlich einer Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zum Thema Suizidprävention. Die Sachverständigen empfahlen den Ausbau der Präventionsangebote, eine gezielte Ansprache gefährdeter Menschen, eine bessere Kontrolle giftiger Substanzen und bestimmter Medikamente sowie eine verstärkte Suizidforschung.

In der Anhörung am Mittwoch ging es um einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5104) mit dem Ziel, Selbstmorde zu verhindern. Viele Menschen, die sich aus Verzweiflung, Vereinsamung oder fehlender Wertschätzung selbst töten wollten, suchten Hilfe, bekämen diese Hilfe aber oft nicht, heißt es in einem Antrag. Das Thema Suizid sei in Deutschland nach wie vor tabuisiert. So würden Suizidgedanken häufig nicht rechtzeitig erkannt.

Aufgabe der Gesellschaft sei es, eine verstärkte Informations- und Aufklärungsarbeit zu leisten sowie für bessere Lebensbedingungen zu sorgen, etwa über Quartierskonzepte, die der Einsamkeit entgegenwirken könnten. Die Grünen fordern konkret unter anderem eine Aufklärungskampagne und Angebote, um berufliche und familiäre Krisen besser bewältigen zu können. Ferner sollte Geld für die systematische Erforschung und Bewertung von Suizidpräventionsprogrammen und Behandlungsangeboten bereitgestellt werden.

Die Sachverständigen machten in der Anhörung deutlich, dass sie durchaus Handlungsbedarf sehen, obgleich die Zahl der Selbstmorde in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist, von 13.924 Fällen im Jahr 1990 auf 10.076 Fälle im Jahr 2013. In den 80er Jahren war die Selbstmordrate noch wesentlich höher. Psychiater begründen diese langfristig günstige Entwicklung mit den vermehrten Anti-Depressions-Programmen, Krisendiensten und der ausgebauten Telefonseelsorge, die zum Beispiel von den großen christlichen Kirchen angeboten wird. Inzwischen deutet sich aber wieder eine Trendwende an, wie ein Sachverständiger in der Anhörung sagte.

Laut Bundesärztekammer (BÄK) werden im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung pro Quartal mehr als drei Millionen Menschen mit psychischen und psychosomatischen Störungen ambulant behandelt. Die Zahl der Selbstmordversuche liegt nach Schätzungen von Experten um ein Vielfaches höher als die Anzahl der tatsächlichen Suizide. Ein BÄK-Vertreter wies in der Anhörung darauf hin, dass es auch für Ärzte oft schwierig sei, Suizid-Gedanken bei Patienten zu erkennen. Viele strahlten eine "tückische Ruhe" aus. Es sei auch nicht einfach, Patienten mit der nötigen Sensibilität auf mögliche Lebenskrisen anzusprechen.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) treten Selbstmordgedanken am häufigsten in psychosozialen Krisen und bei psychischen Erkrankungen auf. Vor allem schwere Depressionen gehen mit Selbstmordabsichten einher. Als Risikogruppen gelten daneben Homosexuelle und Transsexuelle, Migranten und Flüchtlinge, junge Frauen, Menschen, die bereits eine Suizid-Krise durchgemacht haben, und alte einsame Männer. Bei den über 70-Jährigen liegt die Suizidrate der Männer vier Mal so hoch wie die der Frauen.

Die DGPPN fordert auch ganz praktische Vorkehrungen, um Suizide zu vermeiden. So müsse der Zugang zu sogenannten Hotspots verhindert werden, etwa durch Verschalung von Brücken, Eisenbahnlinien und Türmen. Ferner sollten Autoabgase entgiftet werden. In der Anhörung regte eine Sprecherin des Verbandes zudem an, in Jobcentern Profis einzusetzen, die einschätzen könnten, ob jemand womöglich auch suizidgefährdet sei.

Der Deutsche Caritasverband erklärte, es bestehe dringlicher Handlungsbedarf. Das Thema Suizid sei geprägt durch eine Mischung aus Hilflosigkeit, Ohnmacht und Unwissenheit und müsse aus der Tabuzone geholt werden. So sei das Wissen in der Bevölkerung über Erkennungsmerkmale und Vorkehrungen bei einer Suizidgefährdung gering. Die Relevanz des Themas werde unterschätzt. Immerhin gebe es mehr als doppelt so viele Suizidtote wie Verkehrstote. Ein Caritas-Vertreter betonte in der Anhörung: "Wir reden nicht über ein Randphänomen." Der Verband forderte zumindest eine nationale Aufklärungskampagne.

Wie die Caritas forderte auch die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS), die noch bestehenden Versorgungslücken zu schließen. Es gebe zu wenig einfach erreichbare Behandlungsangebote, die über die psychiatrischen und psychotherapeutischen Hilfen hinausgingen. Zudem sei mehr Aufklärung nötig, auch an Schulen.

Ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie wies darauf hin, dass der Selbstmord die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen in Deutschland ist. Das Jugendalter scheine eine Zeit zu sein, in der suizidpräventive Maßnahmen eine besondere Bedeutung hätten, zumal Lebenskrisen mit Selbstmordgedanken in Studien als bedeutender Risikofaktor für künftige weitere Suizidversuche und Suizide beschrieben würden.

In der Anhörung beklagten mehrere Sachverständige, dass erfolgreiche lokale Projekte zur Krisenprävention immer wieder aus Geldmangel eingestellt würden. Hier müsse es eine Verstetigung geben, zumal mit wenig Geld viel erreicht werden könne. Ein Sprecher des Nationalen Suizid Präventions Programms für Deutschland (Naspro) forderte die Abgeordneten dazu auf, sich über Fraktionsgrenzen hinweg auf Initiativen zu verständigen, um die Zahl der Selbstmorde einzugrenzen. Es handele sich immerhin um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wünschenswert wäre besseres Datenmaterial und eine Sicherung der sogenannten Hotspots.

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3. Weinanbau Faktor für Tourismus

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Für das Reiseland Deutschland ist "Weintourismus" ein interessantes Marktsegment. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/6255) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5916). Wie andere kulinarische Themen sei auch der Weinbau ein Faktor, der die Attraktivität einer Urlaubsregion steigern und zur Vermarktung gezielt eingesetzt werden könne, erläutert die Bundesregierung, die aber zugleich auf die Zuständigkeit der Bundesländer bei der Entwicklung touristischer Ziele hinweist. Der Weintourismus sei seit vielen Jahren fester Bestandteil des Themenmarketings der Deutschen Zentrale für Tourismus. In ihrer Antwort weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Zahl der Betriebe mit Weinbau seit 1999 stark zurückgegangen sei, so dass die seit Jahren konstante deutsche Rebfläche von rund 100.000 Hektar von immer weniger Betrieben bewirtschaftet werde. Wurden 1999 bundesweit noch 34.375 Betriebe gezählt, so sank deren Zahl bis 2013 auf 18.700. "Der allgemeine Strukturwandel in der Landwirtschaft macht auch vor dem Weinbau nicht halt", stellt die Regierung fest.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 529 - 14. Oktober 2015 - 17.12 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2015

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