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BUNDESTAG/5506: Heute im Bundestag Nr. 020 - 13.01.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 020 Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 13. Januar 2016, Redaktionsschluss: 15.17 Uhr

1. Dramatische Verluste bei Insekten
2. Anhörung zum EE-Wärmegesetz
3. Linke wollen Parität in GKV und Pflege
4. Grüne fordern Parität in der GKV
5. Informationsstrategie zur Migration
6. Windpark Lake Turkana in Kenia


1. Dramatische Verluste bei Insekten

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die Lage der Insekten in Deutschland ist angespannt: Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen hat in den vergangenen Jahren teils dramatisch abgenommen. Dieses Bild zeichneten am Mittwochmittag alle vier zu einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit geladenen Experten. Eine schnelle Lösung scheint auch nicht in Sicht, denn die Ursachen sind vielfältig, lautete der Tenor der Sachverständigen.

Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen, verwies auf Daten, die der NABU gemeinsam mit Ehrenamtlichen des Entomologischen Vereins Krefeld in den vergangenen Jahrzehnten zur Artenvielfalt in NRW erhoben hatte. Demnach zeigten die Auswertungen von Malaisefallen den dramatischen Rückgang. Im Wahnbachtal bei Bonn zum Beispiel sei seit 1989 bei Großschmetterlingen ein Artenverlust von 22 Prozent und ein Individuenverlust um 56 Prozent registriert worden. Vor allem seit der Jahrtausendwende habe es einen dramatischen Rückgang gegeben. Als Ursachen kämen verschiedene Faktoren in Betracht, etwa die Fragmentierung und Zerstörung von Lebensräumen. Für den Rückgang in den vergangenen Jahren könnten aber Neonicotinoide, eine Gruppe von Insektiziden, verantwortlich seien, vermutete Tumbrinck. Hier müsse weiter geforscht werden. Aktuell gilt in der Europäischen Union ein Moratorium für Neonicotinoide, das in der Landwirtschaft unter anderem als Beizmittel genutzt wird.

Die Bedeutung von Neonicotinoiden und weiteren Pestiziden für den Artenrückgang betonte auch Teja Tscharntke, Professor für Agrarökologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Der Pestizideeinsatz müsse dementsprechend reduziert werden. Hinzu kämen Probleme mit ausgeräumten Kulturlandschaften und Überdüngung. Der Verlust von Biodiversität habe gerade in Hinblick auf Bestäuber erheblichen Einfluss auf Wild- und Nutzpflanzen sowie auf die Nahrungsmittelproduktion. Zudem bedeutete der Insektenverlust auch, dass natürliche Gegenspieler für Schädlinge ausfielen, sagte Tscharntke.

Thomas Schmitt (Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut Müncheberg) skizzierte den Insektenverlust systematisch. So betreffe der Rückgang Spezialisten mehr als Generalisten und große Arten mehr als kleine. Neben den auch von den anderen Sachverständigen angeführten Gründen hätten auch genetische Gründe einen "sehr starken Einfluss", betonte Schmitt. Auch Gewässerinsekten seien betroffen. Hier fielen zum Beispiel Kleinstrukturen weg. Zudem komme auch die toxische Wirkung dessen, was auf den Felder gespritzt werden, in den Gewässern an, sagte Schmitt.

Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Halle ging auf die Folgen des Klimawandels ein. Diese seien in Hinblick auf Artenvielfalt in Deutschland von geringerer Bedeutung, da der eventuelle Verlust durch Zuwanderung anderer Arten ausgeglichen werden könne. In südlicheren Ländern sei aber von erheblichen Verlusten auszugehen. Settele regte zudem an, die Zulassungsverfahren für Pestizide und Co. auch in Hinblick auf Biodiversität auszugestalten.So würden zum Beispiel aktuelle Verfahren nicht den Effekt von nicht-tödlichen Dosen auf die Insekten und die Populationsentwicklung berücksichtigen. Diese Verfahren wären dann zwar wesentlich aufwendiger, aber das sei gerechtfertigt, sagte Settele.

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2. Anhörung zum EE-Wärmegesetz

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner Sitzung am Mittwoch die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz beschlossen. In der auf den 17. Februar 2016 terminierten Anhörung wird es um den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmebereich (18/6885) gehen. Damit wird eine bundesweite Regelung zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergien angestrebt. Vorgesehen ist, dass Eigentümer von Gebäuden beim Austausch oder dem nachträglichen Einbau einer Heizungsanlage mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken haben oder den Wärmeenergiebedarf um 15 Prozent reduzieren müssen. Außerdem sind zwei Berichte der Bundesregierung zu den Erfahrungen mit dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (17/11957, 186783) Thema der Anhörung.

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3. Linke wollen Parität in GKV und Pflege

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Die Linke verlangt die paritätische Finanzierung der Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Abschaffung der von den Arbeitnehmern allein gezahlten Zusatzbeiträge. In einem Antrag (18/7237) fordern die Abgeordneten auch eine vollständige paritätische Finanzierung des Pflegeversicherungsbeitrags.

Millionen Versicherte müssten 2016 mehr Geld für ihre Krankenversicherung ausgeben. Über den Zusatzbeitrag würden die Arbeitnehmer in diesem Jahr um mehr als 14 Milliarden Euro höher belastet als die Arbeitgeber, heißt es in dem Antrag. Für die Arbeitgeber bleibe der Anteil konstant bei 7,3 Prozent.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen gingen davon aus, dass die Zusatzbeiträge in den kommenden drei Jahren auf 1,4 bis 1,8 Prozent steigen werden. Höhere Zusatzbeiträge seien vor allem für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen problematisch und vertieften die soziale Ungleichheit. Deshalb müsse das Prinzip "halbe-halbe" zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern wieder hergestellt werden.

Mit der Einführung der Parität würde der Beitragsanstieg für die Versicherten reduziert. Dieser komme zustande, da regelmäßig die Ausgaben der Krankenkassen stärker stiegen als die Einnahmen. Hinzu komme die Tendenz, gesamtgesellschaftliche Aufgaben zunehmend über die Krankenkassen zu finanzieren, etwa beim Präventionsgesetz.

In der Pflegeversicherung habe es die paritätische Finanzierung immer nur auf dem Papier gegeben, denn bei ihrer Einführung sei zur Entlastung der Arbeitgeber der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft worden. Nur Sachsen habe den Feiertag behalten, dort zahlten die Versicherten einen höheren Beitragssatz als die Arbeitgeber. Wie die Krankenversicherung sollte auch die Pflegeversicherung paritätisch finanziert werden, schreiben die Abgeordneten.

Um die Finanzierungsprobleme in der GKV zu lösen, seien Beitragssatzerhöhungen keineswegs unvermeidlich, weil es mit der Bürgerversicherung eine gerechte Alternative gebe.

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4. Grüne fordern Parität in der GKV

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt eine vollständige paritätische Finanzierung der Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In einem Antrag (18/7241) heißt es, die durchschnittliche Beitragsbelastung in der GKV sei 2016 so hoch wie nie zuvor in der Geschichte, trotz guter Konjunktur und Arbeitsmarktlage. Die größeren Lasten müssten durch steigende Zusatzbeiträge allein von den Versicherten aufgebracht werden. Nötig sei eine faire Lastenverteilung.

Es sei damit zu rechnen, dass die Ausgaben und Belastungen in der GKV auch in den nächsten Jahren erheblich ansteigen. Der GKV-Spitzenverband rechne allein durch die Gesetze der Großen Koalition mit Zusatzausgaben von bis zu zwölf Milliarden Euro bis 2019. Die Bundesregierung habe sich auch nicht um eine langfristig stabile und gerechte finanzielle Basis für das Gesundheitswesen etwa durch eine Bürgerversicherung gekümmert, heißt es in dem Antrag weiter.

Von den bevorstehenden jährlichen Beitragssatzsteigerungen seien vor allem Geringverdiener betroffen, weil seit 2015 keine gesetzlichen Belastungsgrenzen oder ein Sozialausgleich mehr vorgesehen sind. Mit der paritätischen Finanzierung wäre auch der Anreiz für die Arbeitgeberseite, auf eine effizientere und wirtschaftlichere Versorgung hinzuwirken, wieder gestärkt.

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5. Informationsstrategie zur Migration

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hält es für erforderlich, dass Flüchtlinge und Migranten über die Sach- und Rechtslage, im Rahmen einer gemeinsamen EU-Informationsstrategie mit Bezug auf den EU-Kontext, aufgeklärt werden. Wie sie in ihrer Antwort (18/7190) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/6826) schreibt, sollen durch die Informationsstrategie "Gegendiskurse und Richtigstellungen zu den Falschinformationen und Gerüchten der Menschenhändler und Schleuser entwickelt" werden. Die Informationsstrategie solle Migranten abhalten, sich auf eine gefährliche Reise zu begeben und auf Schleuser zurückzugreifen, und sie solle erklären, wie die EU-Vorschriften zum Management der Außengrenzen und zum internationalen Schutz, einschließlich zur Neuansiedlung, Umsiedlung und Rückkehr, angewendet werden. Ferner solle sie "Gegendiskurse zu denen der Menschenhändler und Schleuser" verbreiten sowie über die strafrechtliche Verfolgung von Menschenhändlern und Schleusern und über Rückführungsaktionen informieren.

Die Bundesregierung verweist zudem auf die Erfahrung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das insbesondere in den Westbalkan-Staaten Aufklärungsmaßnahmen mit dem Ziel durchführe, die Zahl der aussichtslosen Asylanträge aus der Region zu reduzieren. "Sehr viele Menschen aus diesen Ländern kommen mit falschen Erwartungen nach Deutschland und stellen Asylanträge, die aufgrund fehlender Schutzgründe nicht positiv entschieden werden können", heißt es in der Antwort. Daher wolle das BAMF direkt im Herkunftsland informieren. Zur Informationskampagne der Behörde gehören demnach unter anderem Anzeigen in albanischen Tageszeitungen, Facebook-Anzeigen in Albanien und Serbien in der jeweiligen Landessprache sowie Interviews des damaligen Leiters des BAMF, Manfred Schmidt, mit der Deutschen Welle sowie in albanischen, bosnischen und kosovarischen Medien.

"Es ist Teil der Informationsstrategie der Bundesregierung, im Ausland über die Möglichkeiten der legalen Zuwanderung und ihre Grenzen zu informieren sowie Gerüchte und teilweise bewusst gestreute Fehlinformationen über Deutschland oder die Zuwanderungsmöglichkeiten richtigzustellen." So hätten die Zeitungsanzeigen unter dem Titel "Kein Wirtschaftsasyl in Deutschland" auch über legale Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme in Deutschland aufgeklärt, die für anerkannte Akademiker und qualifizierte Fachkräfte in einzelnen Berufen gemäß "Positivliste" bestehen würden.

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6. Windpark Lake Turkana in Kenia

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung hält den geplanten Windpark Lake Turkana im Nordosten Kenias aus ökologischer und energiepolitischer Sicht für ein sinnvolles Vorhaben für den kenianischen Staat. Das Projekt sei ein wesentliches Kernelement für den Ausbau von Wasserkraft-, Windkraft- und Solaranlagen in netzfernen Regionen bis 2030, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/7162) auf eine Kleine Anfrage (18/6753) der Fraktion Die Linke. Hauptziel sei die Schließung der Versorgungslücke und die Diversifikation des Energiesektors, um die Abhängigkeit von Wasserkraft und kraftstoffabhängiger Energieerzeugung zu reduzieren.

Von der Linksfraktion auf die von der Weltbank geäußerte Sorge angesprochen, die 20-jährige Abnahmegarantie zu Fixpreisen könne Nachteile für den kenianischen Staatshaushalt sowie die kenianischen Steuerzahler und Energiekonsumenten haben, schreibt die Bundesregierung, die vereinbarte Vertragsstruktur mit mehrjähriger Abnahmegarantie zu Fixpreisen sei Marktstandard. Die kenianischen Energiekonsumenten würden von dem Projekt durch die Verringerung der Angebotslücke und die Erhöhung der Verlässlichkeit der Stromversorgung profitieren.

Laut Bundesregierung wird das Lake Turkana-Vorhaben die größte Anlage ihrer Art in Subsahara-Afrika sein. In einem Land mit einer Elektrifizierungsrate von unter 20 Prozent der Bevölkerung sollen dadurch zukünftig zwei Millionen Menschen mit grünem Strom versorgt werden. In seinem ersten Betriebsjahr werde der Windpark zirka 15 Prozent des kenianischen Elektrizitätsbedarfs decken.

Das Gesamtinvestitionsvolumen des Vorhabens betrage 623 Millionen Euro, schreibt die Bundesregierung weiter. Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG, die das Projekt als "entwicklungspolitisches Leuchtturmprojekt" betrachte, stelle als Teil eines umfangreichen Finanzierungskonsortiums ein beteiligungsähnliches Darlehen in Höhe von 20 Millionen Euro bereit. Weitere Darlehensgeber seien unter anderem die Afrikanische Entwicklungsbank AfDB und die Europäische Investitionsbank (EIB).

Die Regierung verweist darauf, dass durch das Vorhaben in der Bauphase ungefähr 2.000 Arbeitsplätze und in der Betriebsphase ungefähr 200 Arbeitsplätze geschaffen würden. Darüber hinaus werde ein jährliches Budget bereitgestellt, um in der durch niedrigen Bildungsstandard und schlechte Gesundheitsversorgung gekennzeichneten Projektregion lokale Gesundheitseinrichtungen, Trinkwasserversorgung und den Bau von Schulen zu fördern.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 020 - 13. Januar 2016 - 15.17 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2016

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