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BUNDESTAG/5539: Heute im Bundestag Nr. 053 - 27.01.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 053
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Januar 2016, Redaktionsschluss: 13.49 Uhr

1. Keine E-Zigaretten für Jugendliche
2. Situation in belgischen AKWs
3. Intelligente Mobilität fördern
4. 2030-Agenda konsequent umsetzen


1. Keine E-Zigaretten für Jugendliche

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Der Familienausschuss hat dem geplanten Abgabe- und Konsumverbot von elektrischen Zigaretten und Shishas für Jugendliche unter 18 Jahren grünes Licht erteilt. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete der Ausschuss am Mittwoch den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/6858). Lediglich die Fraktion Die Linke enthielt sich der Stimme. Mit dem Gesetz werden das Abgabe- und Konsumverbot von Tabakwaren für Minderjährige im Jugendschutzgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz auf E-Zigaretten und E-Shishas ausgeweitet. Die Linksfraktion unterstützte zwar das prinzipielle Anliegen der Gesetzesinitiative, hält aber das Abgabe- und Konsumverbot auch von nikotinfreien Ersatzstoffen in E-Zigaretten und E-Shishas für übertrieben. Es gebe bislang noch keine wissenschaftlich fundierten Belege, dass auch diese Stoffe krebserregend oder anderweitig gesundheitsschädlich sind. Stattdessen sollte mehr Aufklärung über mögliche Gesundheitsschädigungen betrieben werden. Abgeordnete der Union und der SPD widersprachen dieser Einschätzung vehement.

Ebenfalls ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der Grünen verabschiedete der Ausschuss einen Entschließungsantrag von Union und Sozialdemokraten, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen weiteren Gesetzentwurf vorzulegen, um auch ein Abgabe- und Konsumverbot von nikotinfreien Erzeugnissen, beispielsweise Kräuter oder Pilze, die durch konventionelle Wasserpfeifen eingeatmet werden. Zudem soll das bestehende Werbeverbot in Kinos für Tabakwaren auf E-Zigaretten, E-Shishas und Wasserpfeifen ausgeweitet werden. Für entsprechende Regelungen hatten sich Gesundheitsexperten in einer öffentlichen Anhörung über Gesetzentwurf ausgesprochen. Da durch diese Gesetzesverschärfung jedoch Regelungen des EU-Binnenmarktes betroffen wären, hätte die Europäische Union mit einem zeitaufwändigen sogenannten Notifizierungsverfahren beteiligt werden müssen. Die Koalition wollte jedoch das Gesetzgebungsverfahren nicht weiter verzögern und verzichtete vorerst darauf. Vertreter von CDU/CSU und SPD bezeichneten dies als "kleinen Schönheitsfehler", der das ansonsten gelungene Gesetz jedoch nicht beeinträchtige.

In einem sogenannten Omnibusverfahren soll gleichzeitig mit der Änderungen des Jugendschutz- und des Jugendarbeitsschutzgesetzes der Stichtag im Dritten Sozialgesetzbuch für die dreijährige Vollfinanzierung von Altenpflegeumschulungen durch die Bundesagentur für Arbeit vom 31. März 2016 bis zum 31. Dezember 2017 verlängert werden. Der Familienausschuss verabschiedete den entsprechenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen einstimmig.

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2. Situation in belgischen AKWs

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Bei der Bewertung der Situation in den belgischen Atomkraftwerken Doel und Tihange stehen der Bundesregierung alle Informationen zur Verfügung, die öffentlich verfügbar sind. Außerdem könne man auf die wissenschaftlich-technischen Informationen zu Rissbildungen und zum Werkstoffverhalten zurückgreifen, die weltweit bekannt seien, teilte ein Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit am Mittwoch vor dem Umweltausschuss mit. Nicht erhalten werde man hingegen die Analysen und Bewertungen, die der Betreiber Electrabel selber vorgenommen habe, da dies Betriebsgeheimnisse seien, sagte er weiter.

Bei den beiden Reaktoren, die sich unweit der deutschen Grenze befinden, seien die 2012 bei eine Ultraschalluntersuchung gefundenen Risse bei einer Untersuchung mit verfeinerten Methoden im Jahr 2014 unverändert wiedergefunden worden, so der Ministeriumsvertreter. Er fügte hinzu, dass die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC die vom Betreiber Electrabel vorgelegten Ergebnisse als verständlich bewertet habe, wonach es kein Risswachstum gegeben hat. Die belgische Atomaufsicht hatte die Reaktoren Ende 2015 wieder hochfahren lassen, ehe sie auf Grund von Problemen im nicht-nuklearen Bereich Anfang diesen Jahres erneut vom Netz gingen.

Was die Informationslage zu den Reaktoren angeht, so habe die FANC am 11. und 12. Januar in Brüssel einen internationalen Work-Shop für Sicherheitsbehörden zur Situation der Kernreaktoren in Doel 3 und Tihange 2 durchgeführt, sagte der Ministeriumsvertreter. Um zu weitergehenden Erkenntnissen zu gelangen, habe sich das Ministerium mit einigen Fragen an die FANC gewandt, bislang aber noch keine Antworten erhalten. Man sei im Ministerium aber dennoch froh, dass die FANC weitere bilaterale Gespräche zugesagt habe.

Auf Nachfrage der Abgeordneten erläuterte der Ministeriumsvertreter, dass das von den belgischen Behörden unterbreitete Angebot einer Inspektion nicht im Sinne einer Überprüfung zu sehen sei. Praktisch sehe eine Inspektion so aus, dass man sich mit der belgischen Atomaufsicht zusammen einen Teil der Anlage ansehen kann, nicht aber in sie hineinsehen dürfe.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), mahnte eine Versachlichung der Diskussion an. Es sei nun einmal so, dass man im Zuge einer Harmonisierung anderen Staaten nicht die eigenen Schutzstandards vorschreiben könne. Schwarzelühr-Sutter machte außerdem deutlich, dass das Umweltministerium Antworten von den Sicherheitsbehörden anderen Staaten haben möchte. Dies könne man aber leider nicht erzwingen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), so die Staatssekretärin weiter, lasse aber nicht locker und wolle ein Gespräch mit dem zuständigen belgischen Innenminister führen.

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3. Intelligente Mobilität fördern

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine verkehrsträgerübergreifende Strategie zur intelligenten Mobilität vorlegen und ein "digitales Straßengesetz" mit konkreten Handlungsschritten zum Aufbau einer intelligenten Verkehrssteuerung und -infrastruktur erarbeiten. Dies fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in einem Antrag (18/7362), der am Freitagvormittag erstmals im Bundestag beraten wird.

Die Fraktionen verlangen zudem einen Aktionsplan "Digital vernetztes Auto - intelligente Straßeninfrastruktur" und standardisierte und offene Schnittstellen für alle Verkehrssteuerungsanlagen. In Modellregionen und weiteren Testfeldern soll der Bund den Aufbau einer intelligenten Straßeninfrastruktur fördern.

Weiter soll entlang den Autobahnen und Schienenwegen schnelles, mobiles Internet mit dem Mobilfunkstandards 5G eingeführt werden. Darüber hinaus plädieren die Fraktionen dafür, Testfahrten autonom fahrender Lkw zuzulassen und bundesweit ein intelligentes Lkw-Parkleitsystem aufzubauen. Bei der voranschreitenden Digitalisierung des Verkehrssektors sollten Nutzen und Risiken für Menschen mit Behinderung berücksichtigt und die Potenziale der Technik genutzt werden, fordern die Abgeordneten weiter.

Schließlich soll die Bundesregierung auch Projekte zur Erforschung einer intelligenten innerstädtischen Parkplatzsuche fördern, um lange Parkplatzsuchen durch die Verkehrsteilnehmer zu verringern.

Der digitale Wandel ist im Begriff, die Mobilität zu revolutionieren, schreiben die Fraktionen zur Begründung. Die Innovationen des digitalen Sektors würden eine Vernetzung und Automatisierung des Verkehrs möglich machen, die den Verkehrsteilnehmern flexible und intelligente Mobilität und der Wirtschaft neue Vertriebswege eröffnen würden. Die Mobilitätsplanung der Zukunft müsse sowohl die Verdichtung und Zunahme der Mobilität in den Metropolregionen berücksichtigen als auch den Rückzug der Infrastruktur in ländlichen Räumen auffangen.

Die Digitalisierung der Mobilität ermögliche regional wie überregional neue strategische Ansätze für die Mobilitäts-, Verkehrs- und Flächenentwicklungsplanung. Schutz von Umwelt und Klima sowie vor allem deutlich weniger Verkehrstote und Verletzte seien unmittelbare Vorteile des vollvernetzten und automatisierten Verkehrs. Hinzu kämen positive Auswirkungen beim Lärmschutz, erhöhter Komfort und eine nicht zu vernachlässigende psychologische Wirkung, da sich der Verkehrsteilnehmer durch frühzeitig angezeigte Informationen erheblich sicherer fühle und im tagtäglichen Verkehrsgeschehen allgemein ruhiger verhalte.

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4. 2030-Agenda konsequent umsetzen

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung auf, sich aktiv für die Umsetzung der globalen Agenda für nachhaltige Entwicklung ("2030-Agenda") zu engagieren. In einem Antrag (18/7361) schreiben sie, die Koalition solle die von der UN-Generalversammlung am 27. September 2015 verabschiedeten nachhaltigen Entwicklungsziele ("Sustainable Development Goals", SDGs) durch entsprechende Maßnahmen auf allen Politikebenen unterstützen und auch das Parlament und die Zivilgesellschaft an diesem Prozess beteiligen. Über den Antrag berät der Bundestag erstmals am Donnerstag, dem 28. Januar 2016.

Gerade auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern soll sich die Bundesregierung nach dem Willen der Antragsteller aktiv für die Forderungen nach einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, menschenwürdiger Arbeit für alle, dem Schutz von Arbeitnehmer- und Menschenrechten und verantwortungsvollem Wirtschaften entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette einsetzen. Auch soll sie die in diesem Jahr anstehende Weiterentwicklung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie als konsequente Umsetzung der SDG-Beschlüsse vorantreiben. Darüber hinaus soll sie auch auf europäischer Ebene auf eine Realisierung der 2030-Agenda und eine Weiterentwicklung der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie hinwirken.

Die 17 von der Staatengemeinschaft formulierten Ziele für nachhaltige Entwicklung lösen die Milleniumsziele aus dem Jahr 2000 ab und sollen bis zum Jahr 2030 erreicht werden. Erstmals sind sie universell und gelten auch für die Industrieländer. Zu den Hauptzielen gehören die Bekämpfung und Beendigung von Hunger und Armut, die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit oder die Verringerung von Ungleichheit zwischen und innerhalb von Staaten.

"Im Kern der 17 Ziele geht es um nicht weniger als die Frage, wie wir künftig leben und wie wir zukünftigen Generationen unsere Welt mit intakten Ökosystemen als Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen wollen", schreiben die Koalitionsfraktionen. Die globale Nachhaltigkeitsagenda breche das überholte Geber-Nehmer-Prinzip auf und gebe den "Startschuss für eine wirkliche globale Partnerschaft auf Augenhöhe". Nicht zuletzt leiste die Agenda auch einen "gewichtigen Beitrag" zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Auch deshalb habe Deutschland als Fluchtzielland großes Interesse an der Einhaltung der Ziele und der Unterstützung der Fluchtherkunftsländer.

Union und SPD verweisen jedoch darauf, dass die meisten Industriestaaten die gemeinsam formulierten Ziele der 2030-Agenda aktuell verfehlen. Daher sei mehr Engagement für nachhaltige Entwicklung, auch auf europäischer Ebene, nicht nur bei der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit notwendig. Auch im Bereich nachhaltiger Produktions- und Konsummuster in Industriestaaten sei eine "erhebliche Anpassung" erforderlich.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 053 - 27. Januar 2016 - 13.49 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2016

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