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BUNDESTAG/5598: Heute im Bundestag Nr. 112 - 24.02.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 112
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 24. Februar 2016, Redaktionsschluss: 12.28 Uhr

1. Koordination bei Katastrophen wichtig
2. Bessere Bildung für Migranten
3. Abgelehnte Ghetto-Renten
4. Geflüchtete in der Rentenversicherung
5. Forschungsbedarf zum Vogelschlag
6. Entwicklungen im AKW Fukushima


1. Koordination bei Katastrophen wichtig

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und des Technischen Hilfswerks (THW), Rudolf Seiters und Albrecht Broemme, haben am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss die Bedeutung eines koordinierten Vorgehens in der Katastrophenhilfe hervorgehoben. "Nach Katastrophen, wie den schweren Erdbeben in Nepal im April und Mai 2015, tritt eine unüberschaubare Vielzahl von Akteuren in Erscheinung", betonte Seiters. Während sich die erfahrenen Helfer unter Leitung des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in der Regel schnell abstimmten, seien andere Organisationen mit den Grundsätzen der Nothilfe und den internationalen Strukturen oft nicht vertraut.

Seiters stellte klar, alle 190 nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften seien in einer "guten Ausgangssituation", um im Katastrophenfall konkrete Hilfe zu leisten. Die Mitglieder beteiligten sich grundsätzlich am Koordinierungssystem der Vereinten Nationen und arbeiteteten eng mit den lokalen Partnern zusammen. Zudem sei Zusammenarbeit des DRK mit dem THW eng.

THW-Präsident Broemme betonte, die meisten deutschen Organisationen stimmten sich in Notfällen genau ab, damit keine Doppelarbeit geleistet werde. Der Einsatz in Nepal habe aber einmal mehr gezeigt, "wie wichtig auch eine internationale Zusammenarbeit ist". Beispielshaft verwies er auf Hilfslieferungen nach Nepal, "die keiner bestellt hatte und die auch keiner brauchte". Dabei habe der Flughafen in Kathmandu ohnehin nur eine Landebahn, auf der aufgrund von Schäden keine Großflugzeuge landen dürften. Zudem, sagte Broemme, sei die Lieferung von Hilfsgütern "eine Sache, die Verteilung im Land eine andere". Als "absurd" und eine "Verschwendung von Ressourcen" bezeichnete er den Umstand, dass kleinere Hilfsorganisationen aus Deutschland trotz Platzknappheit in den Flugzeugen in Begleitung von Journalisten nach Nepal geflogen seien.

Bei den schweren Erdbeben in Nepal starben im vergangenen Frühjahr fast 9.000 Menschen, darunter mehrere deutsche Touristen. Insgesamt waren nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als acht Millionen Menschen betroffen, schätzungsweise eine halbe Million Wohnhäuser und öffentliche Gebäude wurden zerstört. Das DRK stellte unter anderem Familienzelte und eine Basisgesundheitsstation zur Verfügung. Das THW, das mit 35 Helfern im Einsatz war, schickte zwei Trinkwasseraufbereitungsanlagen rnach Nepal, begutachtete Gebäude und unterstütze die deutsche Botschaft vor Ort bei der Krisenstabsarbeit.

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2. Bessere Bildung für Migranten

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Die verschiedenen Bildungsträger, Verbände und Gewerkschaften wollen mehr für die Einwanderer tun, egal ob es sich um Kleinkinder, Schüler oder junge Erwachsene handelt. Darüber waren sich alle Experten einig, die am Mittwochvormittag vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Öffentlichen Fachgespräch "Bildung in der Einwanderungsgesellschaft" in Berlin eingeladen worden waren. Dem Fachgespräch lagen die Drucksachen (18/5200), (18/6192) und (18/7049) zugrunde.

Volker Born, Abteilungsleiter Berufliche Bildung, Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), unterstrich, dass der ZDH zur Zeit 10.000 junge Flüchtlinge auf die berufliche Erstausbildung vorbereite. Born betonte wie andere Experten auch, dass in Zukunft das Augenmerk nicht nur auf die jungen Erwachsenen sondern auf die Familien und ihr Umfeld gelegt werden müsste. Zudem wolle das Handwerk vermehrt auch an Betriebsinhaber mit Migrationshintergrund herantreten, um den Flüchtlingen eine guten Start zu ermöglichen.

Thiemo Fojkar, Vorsitzender des Vorstandes Internationaler Bund (IB), freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit, hob ebenfalls hervor, dass Integration nicht auf Sprache, Bildung und Arbeitsmarkt beschränkt bleiben dürfe. Die Familien müssten miteinbezogen werden. Es müssten insgesamt mehr Begleitpersonen eingesetzt werden, Pädagogen und Ehrenamtliche müssten motiviert werden. Zudem sollten Strukturen geschaffen werden, um die Helfer sinnvoll zu steuern und zu unterstützen.

Mohini Lokhande vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), sagte, es sei besonders wichtig, dass Kinder sehr schnell in Kitas und Schulen untergebracht werden. Gleichzeitig bemängelte sie, dass es an Kitaplätzen fehle. Die Integration durch die Willkommensklassen sei wichtig. Gleichwohl müsste aber auch dafür gesorgt werden, dass die Kinder schnell in Regelklassen überwechseln könnten. Lokhande forderte mehr Ausbildung- und Fortbildungsangebote für Erzieher und Lehrer, um die Flüchtlinge besser betreuen zu können.

Etwa 30.000 bis 50.000 junge Flüchtlinge bringen die Voraussetzungen für ein Studium mit. Das betonte Dorothea Rüland, Generalsekretärin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Die Hochschulen seien als Multiplikatoren wichtig, da durch ein erfolgreiches Studium ein positives Bild, ein Ansporn auch für andere gesetzt werde. Die Hochschulen hätten von Anbeginn der Flüchtlingswelle ein hohes Engagement gezeigt und viele bürokratische Hürden weg gewischt. Jetzt sei es wichtig, verlässliche Strukturen zu schaffen, damit die Menschen ihren Weg finden können.

"Man kann davon ausgehen, dass jemand der mit seiner Familie die Gefahren der Flucht auf sich genommen hat, nur das Beste für seine Kinder will. Das ist ein großer Anknüpfungspunkt", sagte Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland. Bei der Integration der Flüchtlinge in die Arbeitswelt müsse man die anstehenden massiven Veränderungen von Berufsprofilen durch die zunehmende Digitalisierung von vornhinein mitdenken.

Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, betonte, dass das Grundrecht auf Bildung über allem stehe, nicht verhandelbar sei. Angesichts dessen, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei, müsse man das Bildungs- und Ausbildungssystem neu justieren.

Professor Haci-Halil Uslucan, Professor für Türkeistudien an der Universität Duisburg-Essen, fächerte auf, dass von vier Millionen Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund rein statistisch zwei bis drei Prozent, also umgerechnet 80.000 bis 120.000 , außergewöhnliche Begabungen haben müssten. Dieses Potential würde aber zu oft nicht gehoben und auch von den Lehrern nicht bemerkt werden. Begabungen hätte man nicht sein ganzes Leben lang. Würden Talente nicht gefördert, ginge das Potential verloren. Da gelte das Motto: "Use or lose it", sagte Uslucan.

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3. Abgelehnte Ghetto-Renten

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG) sind in rund 270 Fällen keine Leistungen nach dem ZRBG bewilligt worden. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/7493) auf eine Kleine Anfrage (18/7339) der Fraktion Die Linke. Der Grund sei gewesen, dass die Mindestversicherungszeit von 60 Monaten nicht erfüllt worden sei. Die Frage, ob diese Ablehnungen auch mit dem Umstand zu tun hatten, dass die Antragsteller zur Zeit ihrer Ghetto-Beschäftigung die Altersgrenze von 14 Jahren noch nicht erreicht hatten, konnte die Bundesregierung nicht beantworten. Dazu lägen keine statistischen Daten der Rentenversicherung vor, heißt es in der Antwort.

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4. Geflüchtete in der Rentenversicherung

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Der Anteil ausländischer aktiv Versicherter an allen aktiv Versicherten in der Deutschen Rentenversicherung lag im Jahr 2014 bei rund 12 Prozent. Von den 36,5 Millionen aktiv Versicherten hatten 2014 demnach 4,4 Millionen eine ausländische Staatsbürgerschaft. Das geht aus der Antwort (18/7495) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/7401) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Die Bundesregierung betont in ihrer Antwort jedoch, dass sich darunter auch Menschen befinden, die schon länger in Deutschland leben oder gar hier geboren seien. Insofern könne das von der Rentenversicherung gespeicherte Merkmal der Staatsangehörigkeit nicht ohne Einschränkung als Zuwanderung, beispielsweise als Flüchtling, interpretiert werden, so die Bundesregierung. Allerdings geht aus der Antwort auch hervor, dass unter anderem die Zahl der aktiv Versicherten Syrer von 14.683 im Jahr 2010 auf 42.212 im Jahr 2014 gestiegen ist.

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5. Forschungsbedarf zum Vogelschlag

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung sieht beim Thema Vogelschlag an Glasscheiben und transparenten Oberflächen noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Derzeit werde untersucht, welche Regelungsmöglichkeiten es schon gebe und welcher regulative Bedarf noch bestehe, um Vögel besser zu schützen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/7522) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7403) hervor. Da das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben noch laufe, könnten spezifischere Fragen der Grünen zu möglichen vogelschutzorientierten Vorgaben in etwa Bebauungsplänen oder Baugenehmigungen für Neubauten noch nicht beantwortet werden, heißt es in der Antwort.

Vögel haben insbesondere mit durchsichtigen oder auch spiegelnden Oberflächen ein Problem, da sie diese als solche nicht erkennen können. In der Vorbemerkung hatten die Grünen auf Schätzungen verwiesen, nach denen so in Europa rund 90 Millionen Vögel pro Jahr ums Leben kommen. Zur Zahl der jährlich in Deutschland an Glasfassaden getöteten Vögel gibt es nach Darstellung der Bundesregierung keine "zuverlässige Schätzung". Studien aus Nordamerika hätte ergeben, dass, abhängig vom Gebäudetyp, jährlich zwischen einem und 77 Vögel pro Gebäude umkämen. In Deutschland gebe es neben zirka 18 Millionen Wohnhäusern auch eine Vielzahl von öffentlichen und gewerblichen Gebäuden, schreibt die Bundesregierung zur Einordnung.

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6. Entwicklungen im AKW Fukushima

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ABR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen thematisiert in einer Kleinen Anfrage (18/7535) aktuelle Entwicklungen im 2011 in Japan havarierten Atomkraftwerk Fukushima. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung Auskunft zu baulichen und sicherheitstechnischen Maßnahmen und möglichen Problemen bei der Bergung der zerstörten Reaktorkerne. Unter anderem wollen die Grünen wissen, welche weiteren Stabilisierungsmaßnahmen in den einzelnen Reaktorgebäuden derzeit ausgeführt werden. Zudem fragen die Grünen nach Plänen zum Bau einer unterirdischen Barriere, die den "Austausch von kontaminiertem Reaktorabwässern und dem übrigen Grundwasser" verhindern solle. Darüber hinaus erkundigen sich die Fragesteller nach möglichen Wiederinbetriebnahmen weiterer Atomreaktoren in Japan.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 112 - 24. Februar 2016 - 12.28 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2016

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