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BUNDESTAG/5722: Heute im Bundestag Nr. 236 - 26.04.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 236
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 26. April 2016, Redaktionsschluss: 10.52 Uhr

1. Völkerstrafverfahren im Fokus
2. Beleidigung ausländischer Staatschefs
3. Keine Verträge mit Steueroasen
4. Saudi-Arabien erhält Patrouillenboote
5. EEG-Nachteile sollen vermieden werden
6. Liegenschaftsverkauf im Saarland


1. Völkerstrafverfahren im Fokus

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/PST) Die Anwendung des 2002 in Kraft getretenen Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) lässt zu wünschen übrig. Das ist das Ergebnis einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. In ihr nahmen fünf Sachverständige Stellung zu dem Antrag der Grünen (18/6341) "Keine Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen - Völkerstrafprozesse in Deutschland voranbringen". Darin fordert die Fraktion, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe einzusetzen, die Vorschläge erarbeiten soll, wie die Verfahren nach dem Völkerstrafgesetzbuch besser durchführbar werden können. Die Grünen begründen den Vorschlag damit, dass 14 Jahre nach Verabschiedung des VStGB erst 49 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, wovon erst ein einziges zu einem (erstinstanzlichen) Urteil geführt hat.

Als eine wesentliche Ursache für diese magere Bilanz machten die Sachverständigen verfahrensrechtliche Hemmnisse aus. Die ohnehin schwierige Aufgabe, bei den im Ausland unter Kriegsbedingungen erfolgten Verstößen gegen das Völkerrecht gerichtsfeste Beweise zu erhalten, werde durch sie zusätzlich erschwert.

Eine weit profanere Ursache benannte Robert Heinsch, Associate Professor am Grotius Centre for International Legal Studies der niederländischen Universität Leiden, nämlich die unzureichende personelle Ausstattung der Ermittlungsbehörden. So gebe es beim Generalbundesanwalt lediglich drei Staatsanwälte und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter für Verfahren nach dem VStGB. Wolfgang Kaleck vom European Centre for Constitutional and Human Rights in Berlin verwies auf das Beispiel der Niederlande, die eine wesentlich besser ausgestattete War Crimes Unit unterhielten. Diese habe es sogar geschafft, zwei Unternehmen wegen Kriegsverbrechen anzuklagen.

Unterschiedliche Ansichten zeigten sich in der Frage, wie mit den häufigen und für Verbrechensopfer enttäuschenden Einstellungen von Ermittlungsverfahren umzugehen sei. Heinsch stellte zum einen eine richterliche Beteiligung bei solchen Entscheidungen des Generalbundesanwalts, zum anderen die Ermöglichung von Klageerzwingungsverfahren zur Diskussion. Der Strafrechtler Gerhard Werle von der Berliner Humboldt-Universität dagegen nannte Erzwingungsverfahren generell problematisch. Er sprach sich aber für eine Überprüfbarkeit staatsanwaltschaftlicher Einstellungsentscheidungen aus, schon um den Anschein politischer Einflussnahme auf die Justiz zu vermeiden.

Deutlich wurde in der Anhörung, dass für die "auffällig geringe Zahl von Verfahren" nach dem VStGB, wie der Strafrechtler Florian Jeßberger von der Universität Hamburg formulierte, "als Ursache strafprozessuale Vorgaben ausgemacht" sind. Auf weitgehende Ablehnung stießen aber Neuregelungen speziell für VStGB-Verfahren. So wandte sich der Leiter des Referats Völkerstrafrecht beim Generalbundesanwalt, Christian Ritscher, dagegen, "ein Sonderprozessrecht einzuführen". Es zeichnete sich ein Konsens darüber ab, bei solchen Verfahren für sinnvoll erachtete Änderungen in die ohnehin vorgesehene Reform der Strafprozessordnung (StPO) einfließen zu lassen. Der Direktor des Instituts für Friedenssicherungsrecht der Universität Köln, Claus Kreß, regte an, sich dabei an den beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mittlerweile gemachten Erfahrungen zu orientieren. Christoph Safferling, Straf- und Völkerrechtler an der Universität Erlangen-Nürnberg, verlangte, die StPO müsse wiedergeben, wozu sich Deutschland mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs international verpflichtet hat.

Zu der Kernforderung des Grünen-Antrags, eine Arbeitsgruppe zur Verfahrensreform des Völkerstrafrechts einzusetzen, endete die Anhörung unentschieden. Einige Experten befürworteten sie, andere hielten das Ziel auch über Kolloquien und andere Beteiligungsformen für erreichbar.

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2. Beleidigung ausländischer Staatschefs

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Die Grünen haben einen Gesetzentwurf (18/8123) "zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Streichung des Majestätsbeleidigungsparagrafen (§ 103 StGB)" eingebracht. Der Paragraf sei "ein Relikt aus der Zeit, als es noch eine Monarchie in Deutschland gab", schreibt die Fraktion darin. In Verbindung mit den Erfordernissen eines Strafverlangens der ausländischen Regierung sowie der Strafverfolgungsermächtigung durch die Bundesregierung werde "die Strafverfolgung in derartigen Fällen zum Spielball der Politik". Der Gesetzentwurf sieht die ersatzlose Aufhebung des Paragrafen 103 des Strafgesetzbuches vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte unlängst für die Bundesregierung die Absicht verkündet, diesen Paragrafen zum Jahr 2018 abzuschaffen. Im Gesetzentwurf der Grünen heißt es dagegen: "Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft."

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3. Keine Verträge mit Steueroasen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Die Linke fordert wirksame Maßnahmen gegen illegale Finanzbeziehungen. Steueroasen sollen ausgetrocknet werden. In einem Antrag (18/8132) wird verlangt, den Aufbau einer Bundesfinanzpolizei auch für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug umzusetzen. Doppelbesteuerungsabkommen mit Steueroasen wie Panama oder Virgin Islands sollen bis zur Umsetzung von wirksamen Maßnahmen gegen Steuertricks und bis zur Sicherstellung eines wirksamen automatischen Informationsaustausches aller steuerlich relevanten Informationen gekündigt werden. Die Bundesregierung wird außerdem zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Erhebung von Quellensteuern auf alle aus Deutschland abfließenden Zahlungen von Unternehmen und Kapitalerträge aufgefordert. Im Ausland erzielte Kapitalerträge von in Deutschland Steuerpflichtigen sollen mindestens genauso hoch besteuert werden wie im Inland erzielte Kapitalerträge. Zu den weiteren Forderungen der Abgeordneten gehören Strafen für Banken, in denen Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet wird. Diese Strafen sollen bis zum Entzug der Banklizenz reichen. Außerdem verlangt die Linksfraktion eine wirksame Vermögensbesteuerung.

Diverse Enthüllungen wie zuletzt die "Panama Papers" hätten die dringende Notwendigkeit wirksamer nationaler wie internationaler Maßnahmen gegen Steuervermeidung, Steuerbetrug und Steuerdumping deutlich gemacht, begründen die Abgeordneten ihren Vorstoß. Es müsse gewährleistet werden, dass sich niemand der Zahlung eines fairen Steueranteils entziehen könne. Auch in Deutschland selbst müssten Defizite beseitigt werden.

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4. Saudi-Arabien erhält Patrouillenboote

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Saudi-Arabien will mit aus Deutschland stammenden Patrouillenbooten Aufgaben des Küstenschutzes im Roten Meer und im Arabischen Golf wahrnehmen. Es sei bei Stellung des Antrages auf Übernahme einer Exportkreditgarantie bekannt gewesen, dass die beiden Führungsboote und die Patrouillenboote jeweils mit einem stabilisierten 20-mm-Geschütz ausgerüstet werden sollen, erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8145) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/7922). Auf die Frage, wie die Einhaltung der Menschenrechte im saudischen Strafvollzug zu beurteilen sei, schreibt die Regierung, die formal einschlägigen Vorschriften im Strafvollzug sähen Haftbedingungen vor, "die weitgehend internationalen Standards im Strafvollzug entsprechen, wie menschenwürdige Unterbringung, adäquate Verpflegung und Gesundheitsversorgung". Grundsätzlich hätten Familienangehörige das Recht auf Kontakt zu den Inhaftierten. Es gebe vereinzelte, nicht verifizierte Berichte über Folter in saudi-arabischen Strafvollzugsanstalten. Weiter heißt es in der Antwort: "Neben der Freiheitsstrafe sieht das in Saudi-Arabien geltende Scharia-Strafrecht Körperstrafen wie die Prügelstrafe und die Todesstrafe vor. Die Bundesregierung setzt sich regelmäßig gegen diese Arten von Bestrafung gegenüber saudi-arabischen Stellen ein."

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5. EEG-Nachteile sollen vermieden werden

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), um eine Benachteiligung von Unternehmen zu vermeiden, die wegen hoher Energieeffizienz aus der Besonderen Ausgleichsregelung herausfallen und die volle EEG-Umlage zahlen müssen. Dies teilt die Regierung in ihrer Antwort (18/8147) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7961) mit. In diesem Zusammenhang werde auch geprüft, wie im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung Energieeffizienz berücksichtigt werden könne.

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6. Liegenschaftsverkauf im Saarland

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um den Verkauf von bundeseigenen Liegenschaften im Saarland geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8157). Die Abgeordneten wollen erfahren, wie viele Immobilien bereits verkauft worden sind beziehungsweise noch verkauft werden sollen und ob es sich bei den Käufern um Gebietskörperschaften beziehungsweise deren Unternehmen oder Privatpersonen handelt. Im Vorwort zur Kleinen Anfrage weisen die Abgeordneten darauf hin, dass der Bund Konversionsflächen bevorzugt und verbilligt an Gebietskörperschaften abgeben könne, um so etwa sozialen Wohnungsbau zu ermöglichen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 236 - 26. April 2016 - 10.52 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2016

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