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BUNDESTAG/6329: Heute im Bundestag Nr. 081 - 13.02.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 081
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 13. Februar 2017, Redaktionsschluss: 12.47 Uhr

1. Diagnosen nicht unzulässig beeinflussen
2. Investitionsgarantien des Bundes
3. Bleibeperspektiven für den Irak schaffen
4. Linke wollen Mieter stärker schützen
5. Nachhaltigkeit in der Filmproduktion
6. Linke fragen nach Engagement in Malawi


1. Diagnosen nicht unzulässig beeinflussen

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten befürworten die geplante gesetzliche Klarstellung, wonach sich Krankenkassen oder Ärzte über eine unzulässige Beeinflussung von Diagnosen keine finanziellen Vorteile verschaffen dürfen. Die Koalition will solche Verträge über eine Ergänzung im derzeit beratenen Gesetzentwurf (18/10186) zur Reform der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) explizit untersagen. Anlässlich einer Anhörung über die dazu vorliegenden Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen sprachen Sachverständige am Montag im Gesundheitsausschuss des Bundestages von einer sinnvollen, aber womöglich nicht ausreichenden Änderung.

Anlass für die gesetzliche Initiative sind Strategien der Krankenkassen, über bestimmte Diagnosen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhöhen. Dazu versuchen die Kassen, auf die Diagnosekodierung der Ärzte Einfluss zu nehmen. Dabei geht es speziell um Fälle, die nach dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) relevant sind. Je kränker Versicherte sind, umso höher fallen die Zuweisungen an die Krankenkassen aus.

Es sind drei Strategievarianten bekannt: Mit Hilfe externer Dienstleister, über sogenannte Kodierberater sowie über Betreuungsstrukturverträge, wobei für jeden Patienten, bei dem der Arzt eine RSA-relevante Krankheit feststellt, eine Provision gezahlt wird.

In der Begründung der Änderungsanträge wird festgehalten, dass die Aufsichtsbehörde und die betroffenen Vertragsparteien rechtswidrige Vertragsgestaltungen unverzüglich zu beenden haben. Die Krankenkassen werden zur Mitwirkung bei der Aufklärung von Zweifelsfällen verpflichtet. Verweigern sie dies, kann das Bundesversicherungsamt (BVA) ein Zwangsgeld von bis zu zehn Millionen Euro verhängen. Um Auffälligkeiten bei den Krankenkassendaten besser zu erkennen, soll ab 2018 der RSA auch mit Hilfe einer regionalen Zuordnung der Patienten analysiert werden.

Der Ersatzkassenverband (vdek) sprach sich dafür aus, die Regionalkomponente rascher einzuführen und auch für einen Neuzuschnitt des Morbi-RSA heranzuziehen. Es sei bekannt, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung regional stark differierten. So seien die Ausgaben in Ballungsräumen höher als auf dem Land. Im Morbi-RSA würden zwar die alters-, geschlechts- und krankheitsbedingten Unterschiede in der Versichertenstruktur der Krankenkassen ausgeglichen, nicht aber die konkreten Versorgungsbedingungen vor Ort. Dies sei ein "Konstruktionsfehler".

Der Bundesverband der Innungskrankenkassen (IKK) erklärte, die Änderungen seien nicht ausreichend, um die Manipulationsanreize im Morbi-RSA zu beseitigen. So bestünden bestimmte Vertragskonstellationen fort, über die ein Einfluss auf die Kodierung weiter möglich sei. Bei diesen Vertragsformen würden pauschale Vergütungen für die Behandlung bestimmter Krankheitsbilder vereinbart und ein Behandlungsumfang festgelegt. Wenn die Kassen solche Krankheitsbilder auswählten, für die es Zuschläge aus dem Morbi-RSA gebe und die Behandlung bei vollständiger Kodierung zusätzlich vergütet werde, sei die Wirkung identisch mit dem Effekt der Betreuungsstrukturverträge.

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßte die geplanten Änderungen, befürchtet jedoch, dass die Kassen auf Selektivverträge ausweichen, wenn die bisherigen Regelungen in Gesamtverträgen untersagt werden. Der Verband forderte die Einführung verbindlicher ambulanter Kodierrichtlinien. Ferner müssten Selektivverträge begutachtet, beaufsichtigt und veröffentlicht werden, um die Mittelverschwendung und Verzerrungen über das sogenannte Upcoding zu verhindern.

In der Anhörung mitberaten wurde ein Antrag (18/10252) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Reform des Morbi-RSA. Es bestünden von den Krankenkassen nicht beeinflussbare, zum Teil erhebliche Über- und Unterdeckungen bei unterschiedlichen Versichertengruppen, die Reformbedarf bei der Zielgenauigkeit des Systems offenbarten, heißt es in dem Antrag. Da schon kleine Änderungen im Ausgleichssystem des Morbi-RSA erhebliche Verschiebungen der Finanzströme zur Folge haben könnten, müssten die verschiedenen Reformoptionen umfassend geprüft werden.

Mehrere Sachverständige bestätigten in der Anhörung, dass es beim Morbi-RSA zu Über- und Unterdeckungen komme. Umso wichtiger sei die Wiedereinführung einer Regionalkomponente, um genauere Informationen zu erhalten. Der Gesundheitsökonom Volker Ulrich von der Universität Bayreuth sagte, Studien hätten gezeigt, dass es einen "Flickenteppich" von Über- und Unterdeckungen gebe. Somit spreche viel dafür, eine Regionalkomponente aufzunehmen.

Vertreter von BKK und AOK sprachen sich dafür aus, die Kodierqualität insgesamt mit verbindlichen Richtlinien zu verbessern, etwa im Bereich der sogenannten Volkskrankheiten. Eine Vertragsärztin sagte, die korrekte Kodierung sei tägliche Pflicht der Mediziner. Anreize für bestimmte Kodierungen seien ethisch nicht vertretbar.

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2. Investitionsgarantien des Bundes

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung will in zahlreichen Ländern Projekte in Höhe von rund 7,1 Milliarden Euro durch Investitionsgarantien des Bundes unterstützen. So sei es aktuell beantragt, schreibt sie in einer Antwort (18/10868) auf eine Kleine Anfrage (18/10709) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Nähere Angaben zu einzelnen Projekten könne sie jedoch nicht machen, da diese den verfassungsrechtlich geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Garantienehmer unterlägen.

Die Bearbeitung von Anträgen auf Investitionsgarantien übernehme im Auftrag des Bundes ein Konsortium bestehend aus den Mandatargesellschaften PwC und Euler Hermes, heißt es in der Antwort weiter. Jedes Vorhaben werde vor der Garantieübernahme im Hinblick auf seine Auswirkungen auf den Projektstandort bewertet, auch sei die Beachtung von Umwelt- und Sozialaspekten einschließlich menschenrechtlicher Belange fester Bestandteil der Prüfung. Deutsche Unternehmen seien aufgefordert, bei ihren Projekten die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sowie den Deutschen Nachhaltigkeitskodex zu berücksichtigen. Das Verfahren schließe darüber hinaus Fragen zu Landnutzungsrechten mit ein.

Der Bundestag werde bei großvolumigen Projekten vor Garantieübernahme informiert, betont die Bundesregierung. Eine positive Entscheidung über diese Projekte könne nur nach Unterrichtung des Haushaltsausschusses erfolgen.

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3. Bleibeperspektiven für den Irak schaffen

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung will mit ihren entwicklungspolitischen Maßnahmen im Irak zur Schaffung von Bleibe- und Rückkehrperspektiven sowie zum friedlichen Zusammenleben aller Gruppen im Land beitragen. Die Entwicklungszusammenarbeit baue daher auf humanitärer Hilfe und Übergangshilfe mit langfristiger Entwicklung auf und ziele insbesondere auf Aussöhnung, Wiederaufbau und Wirtschaftsentwicklung, heißt es in einer Antwort (18/11081) auf eine Kleine Anfrage (18/10919) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Zusätzlich führe die Bundesregierung Maßnahmen zur Stabilisierung IS-befreiter Gebiete durch, indem sie Rückkehrbedingungen sicherstelle, eine inklusive Politik fördere und Grundlagen für den späteren Wiederaufbau schaffe.

Lokale Nichtregierungsorganisationen spielten bei diesem Engagement durch ihre Ortskenntnis, die Akzeptanz und den humanitären Zugang eine wichtige Rolle, schreibt die Regierung weiter. Häufig führten sie daher Programme der Vereinten Nationen, Projekte deutscher Nichtregierungsorganisationen sowie Projekte der bilateralen, staatlichen Durchführungsorganisationen im Rahmen ihrer Kapazitäten und Expertise durch. Außerdem würden spezielle Allokationen ausschließlich für lokale Nichtregierungsorganisationen durchgeführt, um deren Kenntnisse und Zugangsmöglichkeiten zu nutzen und gleichzeitig ihre Einbindung in das humanitäre System zu stärken.

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4. Linke wollen Mieter stärker schützen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Die Linke will den Kündigungsschutz von Mietern stärken. In einem Antrag (18/11049) fordert die Fraktion von der Bundesregierung, die Regelung zur Eigenbedarfskündigung zu begrenzen. Eigentümer dürften demnach nur dann einen Mieter kündigen, wenn der Eigentümer selbst oder engste Familienangehörige die Wohnung als Erstwohnsitz nutzen wollen. Die Wohnnutzung beispielsweise als Zweitwohnsitz, Arbeitsraum oder für die Unterbringung von Au-pairs soll damit unterbunden werden.

Die Abgeordneten fordern zudem Regelungen, um Kündigungen in Folge von Mietrückständen zu vermeiden. Weiterhin sollen unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Mieter und Vermieter zunächst gerichtlich geklärt werden, bevor eine Kündigung seitens des Vermieters statthaft ist.

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5. Nachhaltigkeit in der Filmproduktion

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Zum Thema "Nachhaltigkeit in der Film- und Medienproduktion" veranstaltet der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung am Mittwoch, 15. Februar 2017, eine zweistündige öffentliche Anhörung. Vier Sachverständige sollen ab 18 Uhr im Sitzungssaal E 700 den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Geladen sind: Korina Gutsche, Sustainable Production-Managerin bei Bluechildfilm & Communication, Christiane Dopp von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein GmbH, Philip Gassmann von der Bavaria Film GmbH und Alfred Holighaus, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (Spio). Besucher werden gebeten, sich unter Angabe ihres Namens und Geburtsdatums bis zum Vortag der Sitzung, 16 Uhr, beim Ausschuss unter vorzimmer.pa23@bundestag.de anzumelden.

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6. Linke fragen nach Engagement in Malawi

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/JOH) Das deutsche Engagement bei der Hungerbekämpfung in Malawi ist Thema einer Kleinen Anfrage (18/11072) der Fraktion Die Linke. Im Fokus steht der Aufbau eines Grünen Innovationszentrums in dem afrikanischen Land, das bei der Hungerbekämpfung auf Partnerschaften zwischen Staat und privatwirtschaftlichen Akteuren setzt. Unter anderem möchten die Abgeordneten erfahren, ob die Initiative für das Grünen Zentrum in Malawi in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen oder (Klein-) Bauernorganisationen entstanden ist, die Erfahrung im Bereich ländliche Entwicklung aufweisen. Außerdem interessiert sie, wie die zu fördernden Wertschöpfungsketten ausgewählt wurden und ob eine Kooperation mit privaten Stiftungen geplant ist.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 081 - 13. Februar 2017 - 12.47 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2017

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