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BUNDESTAG/6622: Heute im Bundestag Nr. 375 - 19.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 375
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 19. Juni 2017, Redaktionsschluss: 14.20 Uhr

1. Neuregelungen zu Sozialkassen begrüßt
2. Regelung zur Bilanz der Stoffströme
3. Folgen des Spätfrosts auf den Obstbau
4. Entwicklung der Pestizidmengen
5. Strukturwandel in der Landwirtschaft


1. Neuregelungen zu Sozialkassen begrüßt

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Das Vorhaben der Bundesregierung, allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge, die den Sozialkassenverfahren zugrunde liegen, rückwirkend zum 1. Januar 2006 für alle Arbeitgeber verbindlich anzuordnen, wird von Experten begrüßt. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag deutlich. Mit dem dazu vorgelegten Gesetzentwurf (18/12510) will die Regierung eine "eigenständige Rechtsgrundlage für den Beitragseinzug und die Leistungsgewährung" schaffen. Zur Stärkung des effektiven Rechtsschutzes der Sozialkassen als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien soll es zudem den Arbeitsgerichten ermöglicht werden, in Verfahren über Leistungsansprüche eine vorläufige Leistungspflicht der Beitragszahler anzuordnen.

Hintergrund der Neuregelung sind Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das mehrere Allgemeinverbindlichkeitserklärungen im Baugewerbe für unwirksam erklärt hatte, weil aus Sicht des Gerichts die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Die Entscheidungen hätten "weitreichende Konsequenzen auch für tarifvertragliche Sozialkassenverfahren in anderen Branchen", erfüllten die von den Tarifvertragsparteien geschaffenen Sozialkassen doch "sozialpolitisch wichtige Aufgaben, die von der Berufsbildungsförderung über Urlaubskassenverfahren bis hin zur Alterssicherung reichen", schreibt die Regierung in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf.

Die geplante Änderung sei richtig und müsse möglichst schnell kommen, forderte Frank Schmidt-Hullmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Derzeit würden immer mehr Betriebe ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, was zu finanziellen Schieflagen bei den Sozialkassen führen würde.

Christian Schneider von der Lohnausgleichskasse für das Dachdeckerhandwerk sagte, das Gesetz sei zwingend erforderlich, um den Fortbestand des Sozialkassenverfahrens im Dachdeckerhandwerk und den anderen betroffenen Branchen zu sichern. Ansonsten sei die Altersversorgung hunderttausender Arbeitnehmer gefährdet, warnte er. Friedemann Berg vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks sagte, die geplante Einbeziehung nicht-tarifgebundener Arbeitgeber sei "von existenzieller Bedeutung". Ohne diese Einbeziehung würden die Sozialkassen weit weniger handlungsfähig sein. Michael Heilmann von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) betonte, die Einbeziehung aller Unternehmen sorge für Wettbewerbsneutralität. Gerade bei klein- und mittelständischen Unternehmensstrukturen sei ohne Sozialkassen zudem die Fortbildung der Arbeitnehmer "gar nicht vorstellbar".

Für den Einzelsachverständigen Thomas Klein ergibt sich das Recht des Gesetzgebers auf die Einbeziehung nicht-tarifgebundener Betriebe aus dem allgemeinen gesellschaftlichen Interesse an funktionierenden Sozialkassen. Die vorgesehene Rückwirkung der Regelung kollidiert aus seiner Sicht nicht mit dem Vertrauensschutz. Die BAG-Rechtsprechung sei so nicht absehbar gewesen, sagte Klein. Die Hoffnung einzelner Betriebe auf ein Urteil, mit dem die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen in Frage gestellt werden, stelle kein schützenswertes Vertrauen dar, sagte er.

Ähnlich sah das Professor Frank Bayreuther, für den "keinerlei schutzwürdiges Vertrauen der Beitragsschuldner bestand, nicht zu einschlägigen Beitragszahlungen herangezogen zu werden". Der Einzelsachverständige Benedikt Rüdesheim nannte das Gesetz ebenso wie seine Vorredner "dringend geboten". Die Änderung im Arbeitsgerichtsgesetz, wonach die Sozialkassen die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Ansprüche vorläufig durchzusetzen, sei angemessen, so Rüdesheim. "Wer die gemeinsamen Einrichtungen stärkt, stärkt auch die Tarifautonomie", sagte er.

Aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist die mit der Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes verbundene "bedeutsame Abweichung" von den bisherigen Verfahrensgrundsätzen vor den Arbeitsgerichten und die damit verbundene Durchbrechung des Rechtsschutzes des Beklagten "nur und ausschließlich vor dem Hintergrund der überraschenden Situation aufgrund der Entscheidungen des BAG zu rechtfertigen", sagte BDA-Vertreter Roland Wolf. "Diese Norm darf keine Beine bekommen", forderte er. Für den Einzelsachverständigen Franz Josef Düwell ist die Forderung nach einer Befristung der Änderung hingegen "rechtlich nicht nachvollziehbar". Gebe es Zweifel an der rechtspolitischen Sinnhaftigkeit der Norm, so sei die Aufnahme einer Evaluierungsvorschrift der richtige Ansatz, befand er.

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2. Regelung zur Bilanz der Stoffströme

Ernährung und Landwirtschaft/Verordnung

Berlin: (hib/EIS) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft legt eine Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen in landwirtschaftlichen Betrieben (18/12731) vor. Damit soll die sogenannte betriebliche Stoffstrombilanzierung eingeführt werden. Mit der Vorlage werden landwirtschaftliche Betriebe verpflichtet, die zugeführten und abgegebenen Nährstoffmengen an Stickstoff und Phosphor zu bilanzieren und in Bezug auf den Stickstoff zu bewerten. Dabei soll die Menge Stickstoff und Phosphor, die in Form von Futtermittel, Saatgut, landwirtschaftliche Nutztiere und Leguminosen dem Betrieb zugeführt wird, der Nährstoffmenge gegenübergestellt werden, die durch pflanzliche und tierische Erzeugnisse wie Wirtschaftsdünger, Futtermittel, Saatgut und Nutztiere den Betrieb verlässt. Diese Regelung soll dazu beitragen, die landwirtschaftlichen Betriebe bei der Stoffstrombilanzierung und beim Nährstoffvergleich einheitlich beurteilen zu können. Ziel der Verordnung sei die überprüfbare Darstellung der Nährstoffflüsse in der Landwirtschaft. Die Verordnung soll ab 1. Januar 2018 unter anderem für Betriebe mit mehr als 50 Großvieheinheiten je Betrieb oder mit mehr als 30 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche bei einer Tierbesatzdichte von jeweils mehr als 2,5 Großvieheinheiten je Hektar gelten. Ab dem 1. Januar 2023 sollen die Vorgaben auf Betriebe mit mehr als 20 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche oder mehr als 50 Großvieheinheiten je Betrieb ausgeweitet werden.

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3. Folgen des Spätfrosts auf den Obstbau

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Der Einfluss klimatischer Veränderungen auf den Obstbau in Deutschland ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12667). Die Bundesregierung soll unter anderem darüber Auskunft geben, wie viele Obstbaubetriebe in welchem Ausmaß vom Spätfrost in diesem Frühjahr betroffen sind. Insbesondere die Höhe der entstandenen finanziellen Schäden soll nach den betroffenen Kulturpflanzen aufgeschlüsselt angegeben werden. Auch die Möglichkeiten zur Unterstützung der geschädigten Obstbaubetriebe durch Bund und Länder sollen dargestellt werden. Die Abgeordneten wollen wissen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um bundesweit finanzielle Hilfen bei Ernteausfällen zu ermöglichen.

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4. Entwicklung der Pestizidmengen

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Menge der in Deutschland produzierten und abgesetzten Schädlingsbekämpfungsmittel steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12674). Die Abgeordneten verlangen von der Bundesregierung darüber Auskunft, wie sich in den Jahren 2006 bis einschließlich 2016 die Ausfuhr von Pestiziden aufgeschlüsselt nach Wirkstoffgruppen entwickelt hat. Die Grünen fordern zudem Auskunft darüber, welche Schritte die Regierung in dieser Wahlperiode unternommen hat, um den Einsatz von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Pestiziden zu verringern.

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5. Strukturwandel in der Landwirtschaft

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe und der damit verbundene Verlust von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12712). Die Bundesregierung soll unter anderem angeben, wie viele landwirtschaftliche Arbeitskräfte in den Jahren 2010, 2013 und 2016 gezählt wurden. Des Weiteren interessiert die Abgeordneten, welche Wertschöpfung landwirtschaftliche Betriebe unterschiedlicher Größe zwischen 20 bis 2.000 Hektar Fläche erzielen. Zudem soll die Bundesregierung bewerten, wie sich die Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen in den Jahren seit 2007 entwickelt haben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 375 - 19. Juni 2017 - 14.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2017

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