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BUNDESTAG/6667: Heute im Bundestag Nr. 420 - 05.07.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 420
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 05. Juli 2017, Redaktionsschluss: 09.59 Uhr

1. Koalition: Keine Massenüberwachung
2. Keine Tätigkeit für die Stasi festgestellt
3. Zugang von Abgeordneten zu Informationen
4. Umgestaltung der Regierungsbefragung
5. Energie-Initiative in Afrika
6. Brautkleid-Produktion in Asien


1. Koalition: Keine Massenüberwachung

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Bericht

Berlin: (hib/WID) Der 1. Untersuchungsungsausschuss ("NSA") hat nach Feststellungen der beiden Koalitionsfraktionen keine Hinweise dafür gefunden, dass Deutsche auf deutschem Boden massenhaft überwacht wurden. Weder habe sich aus der Beweisaufnahme eindeutig ergeben, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) in Kooperation mit amerikanischen Diensten in großem Umfang das Fernmeldegeheimnis verletzt habe, noch habe sich der Verdacht einer massenhaften illegalen Ausspähung deutscher Kommunikationsdaten durch Dienste verbündeter Staaten bestätigt, erklären CDU/CSU und SPD im Rückblick auf die Tätigkeit des Ausschusses, über dessen Abschlussbericht (18/12850) der Bundestag in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause debattiert hat.

Kein Bestätigung fand nach Ansicht der Ausschussmehrheit auch die durch Veröffentlichungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowden und Presseberichte genährte Vermutung, dass westliche Nachrichtendienste, insbesondere die NSA, auf deutschem Boden Wirtschaftsspionage betrieben hätten. Widerlegt sei schließlich der Vorwurf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) durch die Nutzung der von der NSA entwickelten Spionagesoftware XKeyscore in ein System "einer weltweiten Datensammlung" des US-Geheimdienstes eingebunden sei.

Allerdings hätten die fast drei Jahre andauernden Ermittlungen zahlreiche Missstände in den internen Abläufen des BND, technische und organisatorische Defizite sowie Kommunikationsmängel vor allem im Umgang mit Suchmerkmalen bei der Datenerfassung, sogenannten "Selektoren", ans Licht gebracht, stellen die Koalitionsfraktionen fest. Als wichtigstes Ergebnis der Ausschussarbeit bewerten sie deswegen die im Herbst vergangenen Jahres verabschiedete Novelle des BND-Gesetzes. Damit sei die vom Inland ausgehende Fernmeldeaufklärung des BND gegen ausländische Ziele auf eine klare rechtliche Grundlage gestellt und die parlamentarische Kontrolle nachhaltig verbessert worden.

Die Neufassung, die erste überhaupt seit Inkrafttreten des BND-Gesetzes 1990, habe die Rechtslage den Erfordernissen nachrichtendienstlicher Tätigkeit im digitalen Zeitalter angepasst und damit den Mitarbeitern des BND mehr Rechtssicherheit beschert. Behördenintern seien Verfahrensabläufe neu geregelt, zusätzliche Melde- und Berichtspflichten eingeführt und die Erfassung von Zielobjekten mit Bezug zu EU- und Nato-Ländern massiv eingeschränkt worden.

Die Neuregelung sei eine "gelungene Abwägung zwischen Freiheitsrechten und Sicherheitsbedürfnissen", zitiert die Ausschussmehrheit im Abschlussbericht aus der Debatte zur 3. Lesung des BND-Gesetzes am 21. Oktober vorigen Jahres. Die Mitarbeiter des BND seien "keine finsteren James-Bond-Bösewichte, die jeden Morgen mit dem Ziel aufstehen, Grundrechte zu verletzen und einen Überwachungsstaat zu errichten", stellte Unions-Obfrau Nina Warken damals fest. Der Obmann der SPD Christian Flisek sprach von "massiven Defiziten" und "eklatanten organisatorischen Missständen" beim BND: "Zur Wahrheit gehört auch, dass uns diese Erkenntnisse im Untersuchungsausschuss weder vom Bundesnachrichtendienst noch vom Bundeskanzleramt auf dem Silbertablett serviert wurden."

In einem Sondervotum hatten die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen den BND als Teil einer "weltweiten Überwachungsstruktur" und "willfährigen Dienstleister" der NSA bezeichnet. Der Vorwurf anlassloser Massenüberwachung habe sich durch die Ermittlungen des Ausschusses im Wesentlichen bestätigt.

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2. Keine Tätigkeit für die Stasi festgestellt

Bundestagsnachrichten/Bericht

Berlin: (hib/STO) In der ablaufenden Legislaturperiode haben 188 Bundestagsabgeordnete eine Überprüfung auf eine etwaige Tätigkeit oder politische Verantwortung für den DDR-Staatssicherheitsdienst beantragt. Dabei war in 164 Fällen eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit beziehungsweise Amt für Nationale Sicherheit nicht festzustellen, wie aus einem Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (18/12913) hervorgeht. In 22 Fällen wurde entsprechend den Regelungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes keine Überprüfung vorgenommen, da die Betroffenen zum Stichtag 12. Januar 1990 noch minderjährig waren. Ferner sind zwei der 188 Abgeordneten der Vorlage zufolge mittlerweile aus dem Bundestag ausgeschieden und daher in dem Bericht unberücksichtigt geblieben.

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3. Zugang von Abgeordneten zu Informationen

Bundestagsnachrichten/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf "über den Zugang von Abgeordneten zu Informationen" (18/12979) vorgelegt. Damit soll klargestellt werden, "dass Abgeordnete einen unmittelbaren Informationszugang zu den öffentlichen Informationen (Akten etc.) des Bundes haben", wie die Fraktion in der Begründung ausführt.

Darin verweist sie darauf, dass heute jeder Bürger nach den Informationsfreiheitsgesetzen grundsätzlich "unmittelbaren Zugang zu Schriftstücken, Akten, Dateien etc. des öffentlichen Bereichs" habe. Mitgliedern des Bundestages werde "ein entsprechendes Recht aus ihrem Abgeordnetenstatus hingegen in der - allerdings nicht konsistenten - Praxis der Bundesregierung immer wieder bestritten". Diese Praxis sei verfassungsrechtlich fragwürdig und den Notwendigkeiten einer transparenten Demokratie nicht mehr angemessen. Demokratie erfordere "gerade auch möglichst effiziente parlamentarische Kontrolle und Teilhabe am Wissen der Regierung".

Mit dem Entwurf soll "klarstellend" ein gesetzlicher Anspruch der Abgeordneten auf Informationszugang verankert werden. "Zugleich wird klargestellt, dass dieser Anspruch auch gerichtlich durchgesetzt werden kann", heißt es in der Vorlage weiter.

Danach soll der Anspruch "nach Wahl des oder der Anspruchsberechtigten durch Gewährung von Akteneinsicht oder auf sonstige Weise" unverzüglich, "in der Regel spätestens nach 14 Tagen" erfüllt werden. Die Bundesregierung soll den Informationszugang nur dann ganz oder teilweise verweigern dürfen, "wenn dies zum Schutz von Rechtsgütern mit Verfassungsrang erforderlich ist und die Weigerung auch nach Abwägung mit der Bedeutung des Informationsinteresses verhältnismäßig ist".

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4. Umgestaltung der Regierungsbefragung

Bundestagsnachrichten/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen macht sich für eine Umgestaltung der "Befragung der Bundesregierung" stark, die in den Sitzungswochen des Parlaments mittwochs vor der Fragestunde stattfindet und sich vorrangig mit der vorangegangenen Sitzung des Bundeskabinetts befasst. Ziel eines entsprechenden Antrages der Fraktion zur Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages (18/12983) ist es, "eine wirksame parlamentarische Kontrolle und einen lebendigen öffentlichen Austausch zu ermöglichen", wie die Fraktion in der Begründung ausführt. In der derzeitigen Form werde "das Potential, das Regierungsbefragung und anschließende Fragestunde für die politische Auseinandersetzung und für die öffentliche Wahrnehmung und Teilnahme an der politischen Debatte haben, höchst unzureichend genutzt".

Dem Antrag zufolge soll die Dauer der Regierungsbefragung von derzeit 30 auf 75 Minuten ausgeweitet werden. Zugleich soll die Dauer der sich anschließenden Fragestunde, in der vorab eingereichte Fragen der Abgeordneten auch von Parlamentarischen Staatssekretären beantwortet werden können, von 180 auf 75 Minuten reduziert werden. Bei einer möglichen Verlängerung der Regierungsbefragung auf mehr als 90 Minuten soll die darauf folgende Fragestunde entsprechend gekürzt werden.

Weiter plädiert die Grünen-Fraktion in der Vorlage dafür, dass die Themen der Regierungsbefragung "vom Parlament mitbestimmt werden, und zwar von den Fraktionen gleichermaßen im Wechsel". Während die derzeitige Regierungsbefragung für den einführenden Vortrag "lediglich ein von der Regierung selbst gewähltes Thema" aufweise, soll dieser Bericht nach den Vorstellungen der Fraktion künftig "die vorangegangene Kabinettssitzung insgesamt" betreffen und der Bundestag einen weiteren Bericht zu einem aktuellen Thema verlangen können.

Neben der "regelmäßigen Befragung der Bundesregierung" sieht der Antrag die Einführung von maximal einstündigen Regierungsbefragungen zu Themen des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union sowie zu aktuellen europapolitischen Themen" vor. Diese Befragung soll laut Vorlage vor einem Europäischen Rat der EU-Staats- und Regierungschefs obligatorisch sein, nach EU-Gipfeltreffen sowie vor oder nach Sitzungen des EU-Ministerrates indes nur auf Verlangen einer Fraktion oder der Bundesregierung erfolgen.

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5. Energie-Initiative in Afrika

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Der Bundesregierung liegen keine detaillierten Informationen zu den 19 Projekten der "African Renewable Energy Initiative (AREI)" vor, steht einer nachträglichen Betrachtung dieser Projekte vor dem Hintergrund der zu verabschiedenden Leitlinien AREI aber offen gegenüber. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/12855) auf eine Kleine Anfrage (18/12665) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Initiative wurde im Jahr 2015 während der Pariser Klimakonferenz beschlossen. Ziel ist es, in Afrika bis zum Jahr 2020 10.000 Megawatt zusätzlicher Leistung erneuerbarer Kapazitäten für die Energieversorgung bereitzustellen und bis zum Jahr 2030 sogar 300 Gigawatt erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Deutschland unterstützt die Initiative mit drei Milliarden Euro und ist damit Hauptgeber.

Die Bundesregierung unterstütze die Ziele der AREI über zudem existierende bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit, heißt es in der Antwort. Im Anschluss an die G7-Unterstützungserklärung zur AREI habe sie ihre Zusammenarbeit im Energiesektor in Afrika an der Zielsetzung der Initiative ausgerichtet. "An dieser Ausrichtung werden wir festhalten", versichert sie.

Sie habe zudem den Eindruck gewonnen, "dass die afrikanische Seite sehr bemüht ist, zügig offene Fragen zur Governance, einschließlich der Schaffung eines transparenten und praktikablen Prozesses für die Anerkennung von AREI-Projekten, zu klären, um insbesondere dem Prinzip der 'African Ownership' Rechnung zu tragen". Anschließend könnten Projektbewilligungen auf einer eindeutigen Verfahrensgrundlage getroffen werden.

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6. Brautkleid-Produktion in Asien

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/JOH) Die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Hochzeitskleidern in Asien sind Thema einer Kleinen Anfrage (18/12860) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Unter anderem wollen die Abgeordneten wissen, welche Erkenntnisse der Bundesregierung vorliegen bezüglich der Beschäftigung von minderjährigen Mädchen und Jungen in der Textilproduktion und wie viele Brautkleider aus Asien beziehungsweise Myanmar nach Deutschland und in die Europäische Union importiert werden.

Laut Grünen-Fraktion stammt ein großer Teil der in Deutschland und Europa verkauften Brautkleider aus asiatischer Produktion. Aufgrund der aufwendigen und feingliedrigen Herstellung der Kleider seien in den Fabriken besonders häufig minderjährige Mädchen beschäftigt, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 420 - 5. Juli 2017 - 09.59 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2017

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