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BUNDESTAG/7293: Heute im Bundestag Nr. 443 - 25.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 443
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 25. Juni 2018, Redaktionsschluss: 13.35 Uhr

1. Sorge über Verlust von Pflegefachwissen
2. Markenrecht wird reformiert
3. Bußgelder wegen Meeresverschmutzung
4. Unzulässige Abschalteinrichtung
5. Digitale Stellwerke im Netz der DB AG
6. Graffitischäden bei der Deutschen Bahn


1. Sorge über Verlust von Pflegefachwissen

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten haben die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe im Grundsatz begrüßt, sehen in der Regierungsvorlage aber noch Verbesserungsbedarf. In einer öffentlichen Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses am Montag in Berlin warnten mehrere Sachverständige, auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen, vor einem Verlust an Fachwissen in der Kinderkranken- und Altenpflege.

Nach der Verabschiedung des Pflegeberufegesetzes (18/12847) im Juni 2017 hat die Bundesregierung die dazugehörige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (19/2707) vorgelegt. Das neue Ausbildungskonzept soll die drei Berufszweige Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege zusammenführen und den Pflegefachkräften so flexible berufliche Einsatzmöglichkeiten eröffnen. Im Zentrum der Pflegeberufereform steht die dreijährige generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft. Künftig sind jedoch weiter differenzierte Abschlüsse möglich in der sogenannten Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege.

Mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung werden die Details der Ausbildung geregelt: Mindestanforderungen, Prüfungen und die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Die Verordnung beinhaltet auch Regelungen für die nunmehr mögliche akademische Pflegeausbildung sowie für die Errichtung einer Fachkommission, die sich mit Rahmenlehr- und Rahmenausbildungsplänen befasst. Die neue Pflegeausbildung soll 2020 beginnen. Die Verordnung ist auch im Bundesrat zustimmungspflichtig.

Bedenken äußerten Experten hinsichtlich der künftigen Altenpflegeausbildung. Der Deutsche Pflegerat sprach von einer "Abwertung der Altenpflegeausbildung, die sich in den Kompetenzbeschreibungen zeigt". Altenpfleger könnten somit keine sogenannten Vorbehaltstätigkeiten ausüben und in der Folge nur an der Seite einer Pflegefachkraft arbeiten. Dies werde nicht zur Steigerung der Attraktivität des Berufs führen und auch nicht zu einer besseren Bezahlung, warnte der Verband.

Ähnlich äußerte sich die Pflegewissenschaftlerin Barbara Knigge-Demal, die von einem im Berufsverständnis "deutlich abgesenkten Niveau" sprach. Viele alte Menschen litten unter chronischen Erkrankungen, die von den Pflegefachkräften berufliche Erfahrung und "Bewältigungsstrategien" erforderten. Komplexe Krankheitsverläufe und altersbedingte Mehrfacherkrankungen, die sogenannte geriatrietypische Multimorbidität, sei eine der Hauptursachen für Pflegebedürftigkeit.

Die Abstimmung und Koordinierung der Pflege unter der Verantwortung der Altenpfleger (vorbehalte Tätigkeiten) sei von existenzieller Bedeutung, betonte die Wissenschaftlerin. Die "Absenkung des Anspruchsniveaus" werde gravierende Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung alter Menschen haben.

Die kirchlichen Sozialverbände Caritas und Diakonie werteten die Verordnung als "wesentlichen Beitrag zu einer zukunftsfähigen und qualitativ hochwertigen Pflegeausbildung". Die Auszubildenden würden befähigt, Wissen fachbezogen wie auch fachübergreifend zu erwerben, zu vertiefen und anzuwenden. In einer Ausbildung, die Spezialisierungen zulasse, müssten die Anforderungen an die Absolventen jedoch gleich gehalten werden. Diesem Anspruch genüge die künftige Ausbildung zum Altenpfleger nicht. Kompetenzniveaus dürften nicht abgesenkt werden, um die Zielgruppen zu erweitern. Mehrere Sachverständige schlossen sich in der Anhörung in dem Punkt den Bedenken an.

Nach Ansicht des Arbeitgeberverbandes BDA wird mit der Verordnung die Ausbildung zum Altenpfleger "sinnvoll und zukunftsträchtig modernisiert". Der Entwurf werde dem Anspruch gerecht, einen für einen weiten Personenkreis realistischen Berufsabschluss in der Altenpflege zu erhalten. Die Kompetenzanforderungen für Altenpfleger seien gemäß den Anforderungen aus der Praxis "sachgerecht überarbeitet" worden. Die Ausbildung zum Altenpfleger müsse für Personen offengehalten werden, "die nicht mit überdurchschnittlichen Zeugnisnoten während ihrer Schulzeit glänzen", aber Empathie für ältere Menschen aufbrächten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht insbesondere Probleme, die Pflichteinsätze in der Kinderkrankenpflege zu gewährleisten. Den rund 6.650 Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege (Pädiatrie) stünden rund 130.000 Auszubildende in der Kranken- und Altenpflege gegenüber. Die "pädiatrischen Pflichteinsätze" für Auszubildende der Kranken- und Altenpflege in Kinderkrankenhäusern und Kinderabteilungen könnten somit kaum gewährleistet werden. Die jetzige Planung werde zu einem "Nadelöhr" in der generalistischen Ausbildung führen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) monierte, eine generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft mit nur einem verpflichtenden Vertiefungseinsatz in der pädiatrischen Versorgung befähig nicht dazu, Säuglinge, kleine und große Kinder eigenständig zu pflegen. Eine selbstständige Pflege von Kindern sei mit einem generalistischen Pflegeausbildungsabschluss ohne Nachqualifikation nicht möglich. Ein Verbandssprecher sagte in der Anhörung, von Kinderkrankenschwestern werde eine hohe Kompetenz in verschiedenen, sehr speziellen Situationen verlangt. Daher dürfe die Qualität der Ausbildung auf keinen Fall vernachlässigt werden.

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2. Markenrecht wird reformiert

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/mwo) Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Angleichung der Markenrechtsvorschriften vorgelegt (19/2898). Die europäische Markenrechtsreform und das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG) verfolgen danach das Ziel, ein kohärentes System von nationalen und unionsweiten Markenrechten zu etablieren. Oberstes Ziel sei das ausgewogene Nebeneinander von Unionsmarke und nationaler Marke, heißt es in dem Entwurf. Weiter soll die Eintragung von Marken erleichtert und die wachsende Produktpiraterie effektiv bekämpft werden. Dazu soll die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Zusammen mit dem Entwurf übersandte die Bundesregierung als Anlagen die Stellungnahmen des Nationalen Normenkontrollrates und des Bundesrates sowie die Gegenäußerung des Bundesregierung zur Bundesratsstellungnahme.

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3. Bußgelder wegen Meeresverschmutzung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Im Jahr 2016 stellten nach Aussage der Bundesregierung die Wasserschutzpolizeien der deutschen Küstenländer in 1.780 Fällen Verstöße gegen die Bestimmungen des MARPOL-Übereinkommens (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung) beziehungsweise der See-Umweltverhaltensverordnung fest. Das geht aus der Antwort (19/2675) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2365) hervor. In 359 Fällen ist der Antwort zufolge die Weiterleitung von Ermittlungsergebnissen an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) als zuständige Bußgeldstelle erfolgt. Es seien 230 Bußgelder mit einer Durchschnittshöhe von 496,62 Euro verhängt worden, schreibt die Regierung. In 72 Fällen seien Verstöße gegen die Anlage V des MARPOL-Übereinkommens (Regeln zur Verhütung der Verschmutzung durch Schiffsmüll) mit einem durchschnittlichen Bußgeld von 176,82 Euro geahndet worden, heißt es weiter.

Für das Jahr 2017 seien von den 1.612 durch die Wasserschutzpolizeien festgestellten Verstößen insgesamt 213 Verfahren an das BSH abgegeben worden, deren Bearbeitung noch nicht vollständig abgeschlossen sei. Bisher wurden laut der Antwort in 134 Fällen Bußgelder erhoben, deren Durchschnittshöhe 370,87 Euro betragen habe. In 14 Fällen seien Zuwiderhandlungen gegen die MARPOL Anlage V mit einem durchschnittlichen Bußgeld von 526,99 Euro geahndet worden.

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4. Unzulässige Abschalteinrichtung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat im Mai 2018 wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Emissionskontrollsystem in den Modellen Audi A6 und Audi A7 mit 3,0 l Dieselmotor (Euro 6) mit den Motorkennbuchstaben CRT ein Anhörungsverfahren eingeleitet. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/2712) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2390) hervor. Nach Ablauf der Anhörungsfrist habe das KBA am 4. Juni 2018 einen Bescheid erlassen, mit dem nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung angeordnet wurden, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen, heißt es in der Antwort. Damit sei der Hersteller verpflichtet worden, die Produktion so umzustellen, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr verbaut werden. Im Weiteren werde dem Hersteller auferlegt, die Auslieferung von nicht umgerüsteten Fahrzeugen in den Handel zu stoppen. Gleichzeitig habe das KBA ein Zulassungsverbot für betroffene und bereits im Handel befindliche Fahrzeuge und einen Rückruf für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge angeordnet.

Betroffen von der unzulässigen Abschalteinrichtung seien weltweit rund 60.000 Fahrzeuge, davon 33.000 in Deutschland, schreibt die Regierung. Die Emissionstypgenehmigungen für die in Rede stehenden Fahrzeuge sei von der luxemburgischen Behörde SNCH - die Gesamtfahrzeugtypgenehmigung vom KBA erteilt worden. Das KBA habe im Zuge des Verwaltungsverfahrens die eingeleiteten Maßnahmen mit der luxemburgischen Genehmigungsbehörde abgestimmt, schreibt die Regierung. Außerdem seien die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten offiziell über die Erkenntnisse informiert worden. Die Auslieferung betroffener Fahrzeuge von Deutschland ins Ausland ist nach Aussage der Bundesregierung nicht untersagt worden.

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5. Digitale Stellwerke im Netz der DB AG

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Das Netz der Deutschen Bahn AG (DB AG) umfasst derzeit 385 elektronische Stellwerke, 718 mechanische Stellwerke und 311 elektromechanische Stellwerke. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/2711) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/2289) hervor, die sich nach der "Digitalisierung im deutschen Schienennetz" erkundigt hatte. Auf die Frage, wie die Bundesregierung den finanziellen Bedarf für einen etwaigen Ersatz sämtlicher mechanischer und elektromechanischer Stellwerke im Netz der bundeseigenen Schienenwege durch digitale Stellwerke einschätzt, heißt es in der Antwort: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) untersuche im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die bundesweite Einführung digitaler Stellwerke in Kombination mit ETCS (European Train Control System). Dies umfasse auch die bundeseigenen S-Bahnen. Erste Ergebnisse würden Ende 2018 erwartet. In den Ersatz von Altstellwerken zu elektronischen Stellwerken seien nach Angaben der DB AG 477 Millionen Euro in 2015, 560 Millionen Euro in 2016 und 553 Millionen Euro in 2017 aus Bundesmitteln investiert worden, heißt es in der Vorlage.

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6. Graffitischäden bei der Deutschen Bahn

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Die Deutsche Bahn AG (DB AG) hat im Jahr 2017 etwa sieben Millionen Euro für die Beseitigung von Graffiti an ihren Fahrzeugen aufgewendet. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/2682) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/2207) hervor. Laut der Antwort gab es bei der DB AG 2017 etwa 18.100 Fälle von Graffiti, bei denen 12.992 Fahrzeuge betroffen waren. Statistisch erfasst seien weniger als zehn Ausfälle von Fahrzeugen, die in den Zusammenhang mit Graffitis gebracht werden können.

Wie es in der Antwort weiter heißt, wurden im Jahr 2017 durch die Bundespolizei 1.340 Personen ermittelt. "Informationen zu den von den Landesbehörden festgestellten Tätern oder Tätergruppen haben ausschließlich die jeweils zuständigen Landesregierungen", schreibt die Bundesregierung. Keine Auskunft kann sie laut der Vorlage auch zu den erfragten "politischen Spektren" der Täter machen. Daten im Sinne der Fragestellung würden von der Bundespolizei nicht erhoben. Die Verurteilung von Straftätern erfolge durch die zuständigen Gerichte der Länder. "Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse", heißt es in der Vorlage.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 443 - 25. Juni 2018 - 13.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2018

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