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BUNDESTAG/7318: Heute im Bundestag Nr. 468 - 28.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 468
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 28. Juni 2018, Redaktionsschluss: 10.04 Uhr

1. Bund kann 343,6 Milliarden Euro ausgeben
2. Deutschland auf dem Prüfstand in Genf
3. Expertenstreit über Paragraph 219a
4. Enquete zu »Beruflicher Bildung«
5. Öffentliche Tagung der Enquete
6. Fragen zur Digitalisierung von Anträgen


1. Bund kann 343,6 Milliarden Euro ausgeben

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Der Bund kann in diesem Jahr 343,6 Milliarden Euro ausgeben. Das beschloss der Haushaltsausschuss am frühen Donnerstagmorgen nach über 12-stündiger Beratung in der sogenannten Bereinigungssitzung. Gegenüber dem 2. Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2018 (19/1700) steigt der Ausgabenansatz damit um 2,6 Milliarden Euro. Die Einnahmen für dieses Jahr steigen in gleicher Höhe. Die Steuereinnahmen werden mit 321,307 Milliarden Euro veranschlagt. Im 2. Regierungsentwurf waren es 318,958 Milliarden Euro. 2017 hatte der Bund laut vorläufigem Haushaltsabschluss 325,38 Milliarden Euro ausgegeben und 330,401 Milliarden Euro eingenommen. Der Überschuss war in die Asyl-Rücklage geflossen.

Die Investitionen in diesem Jahren sollen laut Beschluss des Ausschusses gegenüber dem Entwurf um 2,762 Milliarden Euro auf 37,403 Milliarden Euro steigen. Für das Sondervermögen "Digitale Infrastruktur" ist eine investive Zuweisung von 2,4 Milliarden Euro vorgesehen.

Der Etat des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (Einzelplan 06) erhöht sich laut Ausschussbeschluss gegenüber dem Regierungsentwurf um 375,1 Millionen Euro auf 14,13 Milliarden Euro. 263 Millionen Euro davon sind für das sogenannte Baukindergeld vorgesehen. Den Etat des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Einzelplan 12) erhöhten die Haushälter um 204,7 Millionen Euro auf 27,9 Milliarden Euro. 175 Millionen Euro wurden in den parlamentarischen Beratungen für die Reduzierung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr eingeplant. Der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Einzelplan 11) wurde hingegen um 583,7 Millionen Euro auf 139,2 Milliarden Euro abgesenkt. Grund hierfür sind unter anderem gegenüber dem Regierungsentwurf geringere Ausgabenansätze für das Arbeitslosengeld II (- 500 Millionen Euro).

Der Etat soll abschließend in der kommenden Woche im Deutschen Bundestag beraten und beschlossen werden.

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2. Deutschland auf dem Prüfstand in Genf

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/AHE) Der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung ist eines der Themen, mit denen Deutschland im Rahmen der allgemeinen Staatenüberpüfung vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen konfrontiert worden ist. Das berichtete die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Die Fragen und Vorschläge in dem Gremium in Genf hätten in großer Bandbreite von der Senkung des Wahlalters bis hin zum Schutz der Privatsphäre gereicht.

Alle fünf Jahre berichtet jeder der 193 Staaten der Vereinten Nationen über die Umsetzung seiner menschenrechtlichen Verpflichtungen, nach 2008 und 2013 hat sich Deutschland im Mai dieses Jahres zum dritten Male der Überprüfung gestellt und Rechenschaft über die Umsetzung der angenommenen Empfehlungen seit der letzten Anhörung im Jahr 2013 abgelegt. Insgesamt seien von dem Gremium 259 Empfehlungen ausgesprochen worden, zu denen Deutschland bis zum Spätsommer Stellung nehmen muss, sagte Kofler. Die Bundesregierung kann dabei jede einzelne der Empfehlungen entweder lediglich zur Kenntnis nehmen oder aber anerkennen, woraus sich in der Folge konkrete Maßnahmen wie Gesetzesänderungen und Aktionspläne mit Blick auf die nächste Staatenüberprüfung in fünf Jahren ergeben. Die deutsche Positionierung befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung.

Eine Vielzahl von Fragen der anderen Staaten zielten laut Kofler in Genf auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Präsenz von Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. Weitere Schwerpunktthemen in Genf seien die Rechte von Kindern in Deutschland und die Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention gewesen. Außerdem hätten andere Staaten zum Thema Menschenrechte und Wirtschaft gefragt, also etwa zur Achtung und Durchsetzung von Menschenrechten in den Produktions- und Lieferketten weltweit agierender deutscher Unternehmen.

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3. Expertenstreit über Paragraph 219a

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/mwo) Die ganze Bandbreite der in der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatte um eine mögliche Streichung oder Änderung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche im Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches vertretenen Meinungen spiegelte die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwochabend wider. Die neun von den Fraktionen eingeladenen Sachverständigen aus Recht und Medizin sowie von Kirche und Gesellschaft beantworteten rund drei Stunden lang die Fragen der Abgeordneten, die bereits in der Plenardebatte über die drei Gesetzentwürfe von Linken, Grünen und FDP (19/93, 19/630, 19/820) im Februar kontroverse und zum Teil emotionale Standpunkte vertreten hatten.

Während Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP das Werbeverbot kippen beziehungsweise anpassen wollen, sind CDU/CSU und AfD dagegen. Auch die SPD hat einen Gesetzentwurf zur Aufhebung von 219a (19/1046) vorgelegt, der aber nicht Gegenstand der Anhörung war. In der Anhörung sprachen sich jeweils vier Sachverständige für eine Streichung beziehungsweise Beibehaltung des Paragrafen aus, einer plädierte für den Entwurf der FDP, der nur noch "grob anstößige" Werbung unter Strafe stellen will. Die leidenschaftliche geführte Debatte wurde wiederholt vom Ausschussvorsitzenden Stephan Brandner (AfD) unterbrochen, der zwischenzeitlich sogar drohte, die Gästetribüne räumen zu lassen, da Unterstützer der Gesetzentwürfe die Sitzung störten und seine Ordnungsrufe ignorierten.

In dem 1933 eingeführten Paragraf 219a heißt es unter der Überschrift "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" in Absatz 1: "Wer öffentlich ... eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruches ... anbietet, ankündigt, anpreist ..., wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Im November 2017 hatte das Amtsgericht Gießen eine Ärztin verurteilt, weil diese auf ihrer Internetseite über einen Link "Schwangerschaftsabbruch" eine PDF-Datei zum Download angeboten hatte, die allgemeine Informationen zum Schwangerschaftsabbruch sowie zu dessen Durchführung in ihrer Praxis enthielt.

Kontrovers diskutiert wurde in der knapp dreistündigen Anhörung unter anderem, was wichtiger sei: der Schutz des ungeborenen Lebens oder das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Bei diesem von den Abgeordneten alle Fraktionen immer wieder angesprochenen Thema gingen die Ansichten der Experten weit auseinander. Katharina Jestaedt vom Kommissariat der deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Berlin, und der Mannheimer Gynäkologe Michael Kiworr, Mitglied der Organisation "Ärzte für das Leben", vertraten die Meinung, weder aus der Perspektive der gesamten gesetzlichen Lösung zum Schwangerschaftsabbruch noch im Hinblick auf den von der Verfassung gebotenen und deshalb vom Gesetzgeber besonders herausgestellten Schutz des ungeborenen Lebens, sei eine Streichung geboten. Jestaedt regte an, das Konzept der staatlichen Beratung, das zum Teil unterschiedlich verstanden werde, zu evaluieren und dar aus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die auch von dem Augsburger Rechtsprofessor Michael Kubiciel vertretene Meinung, dass der Verbund der Schwangerschaftsabbruchparagrafen 218 und des Paragrafen 219a nicht aufgelöst werden dürfe, sorgte für heftigen Widerspruch der Professoren Ulrike Lembke vom Deutscher Juristinnenbund und Reinhard Merkel von der Universität Hamburg. Die Abschaffung von 219a würde mitnichten den mühsam errungenen gesellschaftlichen und rechtlichen Kompromiss der 1990er Jahre zum Schwangerschaftsabbruch in Frage stellen. Aus der Sicht von Lembke unterscheidet der Paragraf nicht zwischen rechtswidrigen und rechtmäßigen oder tatbestandslosen Schwangerschaftsabbrüchen und verfehle damit gerade den Kern des Kompromisses der 1990er Jahre. Lembke und Merkel empfahlen, nach einer Streichung des Paragrafen "anstößige Werbung" als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen.

Anders sieht das Andrea Redding, Geschäftsführerin des Vereins donum vitae zur Förderung des Schutzes des menschlichen Lebens, der bundesweit Beratungen anbietet. Sie mahnte, Lebensschutz Ungeborener und Selbstbestimmungsrechte von Frauen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. donum vitae sehe die beiden Paragrafen als zusammenhängendes Schutzkonzept, das nicht durch die Streichung von 219a beschädigt werden darf. Während Redding die Beratungspraxis als erfolgreich beschrieb, gab Daphne Hahn vom Beratungsstellenverbund pro familia zu Bedenken, dass wichtige Informationen über Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, nur schwer zu bekommen seien und dass Frauen unter hohem Zeitdruck beschwerliche Informationswege gehen müssten, um ein adäquates Versorgungsangebot zu finden. In einigen Regionen Deutschlands gebe es zudem keine Ärzte, sodass die Suche zusätzlich erschwert werde. pro familia spreche sich daher für die Streichung des Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch aus.

Christiane Tennhardt, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe aus Berlin und Fachberaterin des Familienplanungszentrum Balance, betonte in ihrer Stellungnahme, dass aus der Entwicklung um den Paragrafen 219a eine Bedrohungssituation entstanden sei, die dazu beitrage, dass sich letztlich zunehmend Ärztinnen und Ärzte aus der Versorgung zum Schwangerschaftsabbruch zurückziehen. Moralische oder rechtliche Sanktionen verhinderten den Abbruch nicht, beeinflussten wohl aber die Bedingungen, unter denen die betroffenen Frauen und Mediziner mit dieser Situation umgehen können. Sie beklagte, dass die Beratungsstellen ihrer Informationsverpflichtung zum Teil gar nicht oder nur unzureichend ausüben beziehungsweise unterschiedlich interpretieren. Ihr Kollege Kiworr gab zu Bedenken, man dürfe in der Diskussion nicht vergessen, dass auch Ärzte, die aus Gewissensgründen keine Abbrüche durchführen, unter hohem Druck stünden.

Der Gesetzentwurf der FDP wurde von den meisten Experten als nicht praktikabel angelehnt. So sagte Kubiciel, er verbessere nicht die Informationsversorgung und leide überdies an mehreren immanenten Widersprüchen, die sich nur auflösen ließen, wenn man für eine Streichung plädiere. Der Kölner Universitätsprofessor Thomas Weigend empfahl dagegen den FDP-Entwurf als sachgerechte Lösung. Es bestehe ein legitimes Interesse daran, aggressive und anreißerische Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten. Der geltende Paragraf 219a sollte daher auf ein Werbeverbot reduziert werden.

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4. Enquete zu »Beruflicher Bildung«

Bundestagsnachrichten/Antrag

Berlin: (hib/LBR) Die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Die Linke wollen eine Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" einsetzen. Dies sieht ein Antrag (19/2979) vor, der am Donnerstag im Plenum zur Abstimmung steht. Die Enquete-Kommission soll demnach "die Entwicklungsperspektiven der beruflichen Bildung in der künftigen Arbeitswelt untersuchen und die ökonomischen und sozialen Potentiale einer Modernisierung prüfen". Die Kommission soll unverzüglich eingesetzt werden und nach der parlamentarischen Sommerpause 2020 ihren Abschlussbericht mitsamt Handlungsempfehlungen vorlegen. Ihr sollen unter Vorsitz der CDU/CSU 19 Mitglieder des Deutschen Bundestags sowie 19 Sachverständige angehören.

Die Digitalisierung stellt Deutschland laut Antrag vor neue Herausforderungen in der Aus- und Weiterbildung. Veränderte Qualifikationsanforderungen in der modernen Arbeitswelt machten es nötig, dass Ausbildungsinhalte, Lehr-, Lern- und Prüfmethoden regelmäßig fortentwickelt werden. Auch die Qualifizierung von betrieblichem Ausbildungspersonal und Berufsschullehrern gehöre dazu. "Technische Entwicklungen müssen frühzeitig und kontinuierlich in die berufliche Bildung einbezogen und für sie verfügbar gemacht werden", heißt es weiter.

Ziel der Kommission soll es sein, eine klare Strategie für die Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu formulieren, die auch die Stärkung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung in einem Zeitalter des digitalen Wandels von Berufsbildern und Erwerbsbiographien herausstellt. Die Enquete-Kommission soll aufzeigen, an welchen Stellen und wie die berufliche Aus- und Weiterbildung an die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt angepasst werden muss und wo Hürden ab- und Stärken ausgebaut werden können. Dabei sollen auch "Aspekte wie die Sicherung des Fachkräftebedarfs, niedrigschwellige und diskriminierungsfreie Zugänge zu Bildungs- und Qualifizierungsangeboten sowie künftige Aufgaben unserer Gesellschaft", etwa im pflegerischen und pädagogischen Bereich, Berücksichtigung finden.

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5. Öffentliche Tagung der Enquete

Bundestagsnachrichten/Antrag

Berlin: (hib/LBR) Die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" soll umfassend öffentlich tagen. Das fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Änderungsantrag (19/3031). Die Einsetzung der Kommission auf Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Die Linke (19/2979) steht am Donnerstag im Plenum zur Abstimmung.

Die Öffentlichkeit sei erst hergestellt, wenn alle Sitzungen, Anhörungen und Fachgespräche regelmäßig öffentlich abgehalten würden, heißt es in dem Grünen-Antrag. Dazu gehöre auch, dass Presse und Zuhörer der Zutritt zu den Sitzungen gestattet sei und diese per Livestream im Internet übertragen würden. Auch Beteiligungsmöglichkeiten auf der Internetseite des Deutschen Bundestages müssten möglich gemacht werden, sodass Anregungen aus der Öffentlichkeit in die Arbeit der Kommission einfließen könnten.

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6. Fragen zur Digitalisierung von Anträgen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über das Antragsverfahren für familienpolitische Leistungen. In einer Kleinen Anfrage (19/2760) will sie unter anderem wissen, welche Anträge auf Leistungen bereits vollständig online gestellt werden können und ob dies teilweise oder vollständig barrierefrei für Menschen mit Sehbehinderung möglich ist. Zudem möchte sie erfahren, ob eine Evaluierung der bisherigen Digitalisierung von Antragsverfahren geplant ist. *

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 468 - 28. Juni 2018 - 10.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2018

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