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BUNDESTAG/7514: Heute im Bundestag Nr. 666 - 13.09.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 666
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 13. September 2018, Redaktionsschluss: 16.31 Uhr

1. Verfassungsschutz hatte Amri früh im Blick
2. Modernisierung deutscher Binnenschiffe
3. Ermittlungen gegen Lkw-Mautbetreiber
4. Bundeseigene Verwaltung der Autobahnen
5. Ausgestaltung der Lkw-Maut ab 2019
6. Nachfragen zur Toll Collect Privatisierung


1. Verfassungsschutz hatte Amri früh im Blick

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid)Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat bereits ein knappes Jahr vor dem radikalislamischen Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz eine Personenakte über den Attentäter Anis Amri geführt. Dies bestätigte die zuständige Sachbearbeiterin am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Nach den Worten der Zeugin Lia Freimuth galt Amri als Islamist mit Gefährdungspotenzial. Die heute 33-jährige Beamtin wertet seit 2008 Informationen über Bestrebungen islamischer Extremisten aus.

Die ersten Erkenntnisse über Amri hätten im Januar 2016 vorgelegen, elf Monate vor dem Anschlag am 19. Dezember, berichtete Freimuth. Sie habe daraufhin veranlasst, dass im Februar und März 2016 Verbindungsleute des Verfassungsschutzes im radikalislamischen Milieu zur Person Amris befragt wurden. Allerdings lieferte die Aktion keine wesentlich weiterführenden Ergebnisse.

Ohnehin sei sie in ihrer täglichen Arbeit insgesamt "relativ selten" mit Amri in Berührung gekommen, betonte die Zeugin. Nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz habe sie die gesammelten Erkentnisse über ihn ausdrucken lassen. Das Material habe lediglich einen schmalen Leitz-Ordner gefüllt. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte nach dem Attentat darauf hingewiesen, Amri sei ein "Polizeifall" gewesen, mit dem der Verfassungsschutz "nur am Rande befasst" gewesen sei. Die Zeugin erklärte dazu, da gegen Amri verschiedene staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren liefen, habe die "Federführung" in der Tat bei den Polizeibehörden gelegen.

Als Auswerterin betreut Freimuth rund 500 mutmaßlich verfassungsfeindliche Islamisten, sammelt und archiviert die aus verschiedenen Quellen einlaufenden Erkenntnisse und leitet sie weiter. Unter diesen 500 Zielpersonen seien etwa 40 bis 50, die die Polizei als "Gefährder" einstufe, was bedeutet, dass ihnen ein Attentat zuzutrauen ist. Amri habe zu dieser Gruppe gehört, sagte Freimuth. Allerdings habe in seinem Fall im Laufe des Jahres 2016 eine Attentatsneigung zunehmend "als eher unwahrscheinlich" gegolten.

Zuvor hatte ein Polizeibeamter aus Baden-Württemberg dem Ausschuss über die Umstände der Einreise Amris nach Deutschland am 6. Juli 2015 berichtet. Er habe allerdings keine eigene Erinnerung mehr an den Mann, betonte der Zeuge Eckhard Knak, der im Freiburger Polizeirevier Nord Amris Meldung als Asylbewerber entgegengenommen und routinemäßig Anzeige wegen unerlaubten Grenzübertritts erstattet hatte. Auch den Anschlag in Berlin habe er zunächst nicht mit der damaligen Begegnung auf seiner Polizeiwache in Verbindung gebracht: "Ich habe mir das Bild auch noch mal angeguckt von Herrn Amri. Ich kann mich an diese Person überhaupt nicht erinnern."

Nach Aktenlage referierte der Zeuge, dass Amri wie 99 Prozent der Einreisenden, die vor seinem Schreibtisch gesessen hätten, kein Ausweisdokument mitgeführt und nur Arabisch und Französisch gesprochen, das Wort "Asyl" aber verständlich vorgebracht habe. Er erinnere sich nicht mehr, ob er einen Französisch sprechenden Kollegen beigezogen habe, sagte Knak. In der Regel habe die Anweisung gegolten, bei solche Erstbegegnungen keinen Dolmetscher einzusetzen und keine Fragen zu stellen: "Wir sollten so schnell wie möglich diese Leute durchschleusen."

Er habe Amri einen Zettel hingeschoben und ihn gebeten, darauf seinen Namen und sein Geburtsdatum zu schreiben. Diese Angaben habe er notgedrungen ungeprüft in die Papiere aufgenommen, mit denen er Amri registriert habe. Dieser hatte sich in Freiburg unter dem Namen "Amir" vorgestellt.

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2. Modernisierung deutscher Binnenschiffe

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung fördert bereits seit April 2007 die Modernisierung deutscher Binnenschiffe durch nicht rückzahlbare Zuschüsse für den Einbau von emissionsärmeren Dieselmotoren, Partikelfiltern und Katalysatoren. Das geht aus der Antwort (19/4178) der Regierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/3936) hervor. Aktuell unterstütze die Bundesregierung deutsche Eigner von Binnenschiffen durch die "Förderrichtlinie über Zuwendungen für Binnenschifffahrtsunternehmen zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen", die am 21. Juli 2015 in Kraft getreten sei, heißt es in der Antwort weiter. Seitdem seien insgesamt 295 emissionsärmere Hauptmotoren, 49 emissionsärmere Hilfsmotoren zum Manövrieren und 131 emissionsärmere Schiffsbetriebsmotoren zur Energiegewinnung an der Liegestelle gefördert worden. Darüber hinaus sei der Einbau von Partikelfiltern und Katalysatoren und Kraftstoff-Wasser-Emulsionssystemen gefördert worden, die ebenfalls den Emissionsausstoß von Binnenschiffen deutlich vermindern würden.

Wie die Regierung schreibt, standen im Jahr 2017 für das Förderprogramm vier Millionen Euro an Haushaltsmitteln zur Verfügung (2016: drei Millionen Euro). Bewilligt worden seien Haushaltsmittel in Höhe von drei Millionen Euro (2016: 2,7 Millionen Euro). Für das Jahr 2018 seien die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vor dem Hintergrund der geplanten stärkeren Nutzung alternativer Antriebe in der Binnenschifffahrt nochmals auf sechs Millionen Euro aufgestockt worden, heißt es in der Antwort.

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3. Ermittlungen gegen Lkw-Mautbetreiber

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Mautbetreiber Toll Collect aufgrund des Verdachts des Betrugs thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/4191). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, welche Konsequenzen das Bundesverkehrsministerium daraus gezogen hat, "dass Toll Collect systematisch Abrechnungen für nicht erstattungsfähige Aufwendungen gegenüber dem Bund tätigt". Gefragt wird auch, ob die Rechnungen, die Toll Collect dem Bund während der gesamten Geschäftsbeziehung in Rechnung gestellt hat, die aus Sicht des Bundes jedoch nicht vergütungsrelevant waren, Teil der Schiedsgerichtsvereinbarung geworden sind.

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4. Bundeseigene Verwaltung der Autobahnen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Auf die 2017 erfolgte Grundgesetzänderung, wodurch die von den Ländern im Auftrage des Bundes geführte Verwaltung der Bundesautobahnen in die bundeseigene Verwaltung überführt wird, bezieht sich eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/4109). Zu dem oben genannten Zweck sei das Fernstraßen-Bundesamt, das zum 1. Januar 2021 auch die Durchführung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für den Bau und die Änderung von Bundesautobahnen übernehmen soll, errichtet worden, heißt es in der Vorlage. Wie die Grünen schreiben, plant die Bundesregierung in Artikel 143e des Grundgesetzes einen Absatz 3 einzufügen, der dem Bund die Möglichkeit eröffnet, "durch gesetzliche Regelungen die Aufgabe der Durchführung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs einem Land in Bundesauftragsverwaltung zu überlassen, wenn ein Land dies beantragt". Zudem könnten die Verwaltungsaufgaben auf Antrag eines Landes an den Bund zurückübertragen werden.

Die Abgeordneten fragen nun, aus welchen Gründen die Bundesregierung "die mit dem Gesetzentwurf zur Grundgesetzänderung angestrebte gesplittete Wahrnehmung und Verantwortung für Planfeststellungs- und Plangenehmigungsprozesse zwischen Bund und Ländern für zweckmäßig hält". Wissen wollen die Parlamentarier auch, wie vor dem Hintergrund der Rückübertragungsmöglichkeiten der Planfeststellungs- und Plangenehmigungskompetenzen durch die Länder eine einheitliche Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs gesichert ist.

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5. Ausgestaltung der Lkw-Maut ab 2019

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Kleine Anfrage (19/4190) zur "Ausgestaltung der Lkw-Maut ab 2019" vorgelegt. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, inwiefern die Bundesregierung Berechnungen angestellt oder beauftragt hat, die aufzeigen, welche CO2- und Schadstoff-Einspareffekte sich durch eine Ausweitung der Ausnahmen der Mautpflicht auf weitere alternative Antriebsformen oder andere schadstoffarme Lkw-Fahrzeugtypen ergeben würden. Gefragt wird auch, ob die Mautpflicht für Fernbusse geprüft wurde und welche Ergebnisse diese Prüfung in Hinblick auf mögliche Mauteinnahmen, den Wettbewerb zwischen verschiedenen Verkehrsträgern, CO2- und Schadstoff-Einspareffekte und die Lärmbelastung gebracht hat.

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6. Nachfragen zur Toll Collect Privatisierung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Das Schiedsgerichtsverfahren zwischen dem Bund und dem Lkw-Mautbetreiber Toll Collect thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/4192). Die Abgeordneten fragen unter anderem, wann und in welcher Form die Bundesregierung welche weiteren Unterlagen des Schiedsgerichtsverfahrens dem Bundestag zur Verfügung stellen wird und welche Unterlagen sie nicht zu veröffentlichen plant. Aus welchen Gründen die Verhandlungen im Schiedsgerichtsverfahren Toll Collect I erst im Jahre 2008 und nicht mit Eröffnung des Verfahrens im Jahr 2004 begonnen haben, interessiert die Abgeordneten ebenso.

Fragen haben die Grünen auch hinsichtlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der erneuten Privatisierung von Toll Collect durch den Bundesrechnungshof, zum Zustand der Toll Collect GmbH bei Übergang in das Eigentum des Bundes und zur Ausgestaltung der Interimsphase, in der der Bund die Toll Collect-Anteile hält.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 666 - 13. September 2018 - 16.31 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2018

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