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BUNDESTAG/8518: Heute im Bundestag Nr. 661 - 06.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 661
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 6. Juni 2019, Redaktionsschluss: 12.01 Uhr

1. Ausstattung mit Naloxon gefordert
2. AfD will hohe Rentensteuer verringern
3. FDP will DDR-Heimkinder entschädigen
4. FDP fordert Reform des Kapazitätsrechts
5. Hochschulzulassung gerecht gestalten
6. Änderungsbedarf bei Richtlinienumsetzung


1. Ausstattung mit Naloxon gefordert

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Auf eine "Ausstattung von Angehörigen der Bundessicherheitsbehörden mit Naloxon" dringt die AfD-Fraktion in einem Antrag (19/10627), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin schreibt die Fraktion, dass für Angehörige der Bundespolizei und weiterer Sicherheitsbehörden wie dem Bundeskriminalamt und der Bundeszollverwaltung "ein zunehmendes Gefährdungspotenzial durch die unbeabsichtigte Aufnahme von Carfentanyl und Fentanyl-Derivaten" bestehe, die schwere gesundheitliche Folgen verursachen oder sogar lebensbedrohlich wirken könnten. Die Bundesregierung wird in der Vorlage aufgefordert, "schnellstmöglich eine angemessene Ausstattung der potenziell gefährdeten Angehörigen der Polizei- und Sicherheitsbehörden des Bundes" mit dem Gegenmittel Naloxon sicherzustellen sowie entsprechende Schulungen in der Handhabung durchzuführen.

In der Begründung führt die Fraktion aus, dass sich die synthetischen Opioide Carfentanyl und Fentanyl derzeit rasant in den USA verbreiteten. Sie dienten Drogenhändlern zur Streckung von Heroin, wodurch für Drogenabhängige und Einsatzkräfte wie Ersthelfer und Ermittler massive Gefahren entstünden. Schon der Hautkontakt mit wenigen Partikeln Carfentanyl sei tödlich. Daher würden Polizeibeamte in den USA flächendeckend mit dem Gegenmittel Naloxon ausgestattet werden. In etlichen Fällen sei Naloxon, das nasal verabreicht werden kann, bereits zur Wiederbelebung oder Linderung von Vergiftungssymptomen eingesetzt worden.

Laut Bundeskriminalamt befinde sich Carfentanyl auch in Deutschland auf dem Vormarsch, heißt es in der Vorlage weiter. Der Fraktion zufolge ist Naloxon seit September 2018 in Deutschland auch als Nasenspray erhältlich. In dieser Form sei es als Gegenmittel am besten handhabbar und werde von der New Yorker Polizei bereits im Streifenwagen mitgeführt. Das Naloxon-Nasenspray müsse auch in die Standardausrüstung der Bundespolizei und anderer gefährdeter Behörden aufgenommen werden. Naloxon diene dem Eigenschutz, aber auch dem Schutz Dritter wie etwa Drogensüchtiger mit Opiat-Überdosis.

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2. AfD will hohe Rentensteuer verringern

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll kurzfristig einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem eine "Zweifachbesteuerung" von Renten und ähnlichen Leistungen der Altersversorgung vermieden wird. Die AfD-Fraktion schreibt in einem Antrag (19/10629), die gesetzlichen Renten und Basisrenten würden sich im Übergang zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung befinden, die stufenweise eingeführt werde. Bei der nachgelagerten Rentenbesteuerung seien die Rentenversicherungsbeiträge steuerlich abzugsfähig. Andererseits würden die Rentenbezüge voll versteuert. Derzeit werde die Einkommensbesteuerung von der Beitragszahlungsphase in die Rentenzahlungsphase verschoben. Dabei ergebe sich ein Steuerstundungseffekt.

Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer nicht unerheblichen Zweifachbesteuerung komme, sodass auch der Anteil der Renten einer Besteuerung unterwerfen werde, der aus Beiträgen stamme, die bereits versteuert worden seien, schreibt die AfD-Fraktion. Dies entspreche nicht den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben. Im Alterseinkünftegesetz werde von einer zu kurzen Übergangsphase ausgegangen. Die steuerliche Behandlung der Einzahl- und Auszahlphase sei nicht hinreichend abgestimmt. "Legt man für einen Eckrentner eine Beitragszeit von 45 Jahren zugrunde, so dürfte, ausgehend von einer vollen steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beiträge ab 2025, eine volle Rentenbesteuerung erst ab einem Rentenbeginn im Jahr 2070 vorgenommen werden. Der Gesetzgeber hat die Übergangsphase jedoch um 30 Jahre verkürzt", kritisiert die AfD-Fraktion.

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3. FDP will DDR-Heimkinder entschädigen

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die FDP-Fraktion will die Bedeutung der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR vor 30 Jahre und die Rolle des Widerstandes gegen die SED-Diktatur und deren Opfer in der gesamtdeutschen Erinnerungskultur stärken. Zudem spricht sie sich für Verbesserungen bei der Rehabilitierung der in der DDR politisch Verfolgten aus. In einem entsprechenden Antrag (19/10614) fordern die Liberalen die Bundesregierung unter anderem auf, das Gedenkstättenkonzept des Bundes um einen Ort der Friedlichen Revolution zu ergänzen, der die Forschung und Aufarbeitung von SED-Diktatur, Widerstand und Opposition in den Fokus rückt, und dem Bundestag ein Konzept für ein Denkmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft vorzulegen. Zudem sollen die Erinnerungen und Schicksale von Zeitzeugen digital erfasst und als Informations- und Bildungsangebot nutzbar gemacht werden und das Thema Friedliche Revolution in der politischen Bildung und in den Lehrplänen vertieft werden.

Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll ehemaligen DDR-Heimkindern, deren Eltern politisch verfolgt waren, ein Anspruch auf Rehabilitierung und finanzielle Entschädigung für erlittenes Unrecht werden, die Gesetze zur Rehabilitierung und Entschädigung von SED-Opfern entfristet und die Beweislast bei der Anerkennung von gesundheitlichen Schäden umgekehrt werden. Das Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen soll zu einem Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur umgewandelt werden. Zudem soll die Bundesregierung die Einrichtung eines Härtefallfonds für Entschädigungsleistungen an Opfer der SED-Diktatur prüfen.

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4. FDP fordert Reform des Kapazitätsrechts

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die FDP fordert in ihrem Antrag (19/10620) die Reform des Kapazitätsrechts. Es soll gemeinsam mit den Ländern erarbeitet werden, so dass es spätestens 2021 in Kraft treten kann. Das Kapazitätsrecht regelt an den Universitäten die Zahl der bereitgestellten Studienplätze. Die Hochschulen müssten offen, digital und europäisch sein. Als zentrale Einrichtungen akademischer Bildung sollten sich Hochschulen für eine immer heterogenere Studierendenschaft öffnen. Studenten in Teilzeit, mit vorheriger Berufsausbildung, mit langen Selbststudienphasen, langjähriger Berufserfahrung, in berufsbegleitenden oder internationalen Online-Studiengängen prägten zunehmend das Bild. Sie alle sollten kompetenzbasiert den gleichen Zugang zu akademischer (Weiter-)Bildung erhalten wie junge Präsenz-Studierende in Vollzeit haben. Das erfordere individuelle und qualitativ hochwertige Lehrangebote der Hochschulen und einen Ausbau digitaler Lehr- und Lernmöglichkeiten.

Trotz rapide veränderter Anforderungen an hochschulische Bildung basiere die Vergabe von Studienplätzen und die Finanzierungslogik der Hochschulen immer noch auf dem Kapazitätsrecht der 1970er Jahre. Per Dreisatz schließe die Politik von theoretisch verfügbaren Lehrstellen einer Hochschule auf die aufzunehmende Anzahl Vollzeit-Präsenzstudenten je Studiengang. Dies verhindere sowohl wirksame Investitionen in bessere Betreuungsverhältnisse als auch in innovative Studienformate jenseits klassischer Vollstudiengänge. Das Kapazitätsrecht zementiere die starre Struktur der Studienmodelle vergangener Jahrzehnte.

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5. Hochschulzulassung gerecht gestalten

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Auswahlverfahren der Hochschulen, Studierfähigkeitstests und insbesondere Gespräche und andere mündliche Verfahren zur Auswahl von Studienbewerbern öffnen willkürlichen Entscheidungen und sozialer Selektion auf Grundlage habitueller Präferenzen Tür und Tor und können auch in strukturierter und standardisierter Form keine Chancengleichheit beim Hochschulzugang garantieren. Das schreibt die Linke in ihrem Antrag (19/10623). Die Fraktion fordert die Hochschulzulassungen gerecht zu gestalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2017 (BVerfGE vom 19.12.2017 - 1 BvL 3/14 u.a.) die Regelungen über die Studienplatzvergabe in der Humanmedizin für teilweise verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, eine Neuregelung zu treffen, die der Ausbildungs- und Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie dem Gebot der Gleichheitsgerechtigkeit Rechnung trägt. Der Deutsche Bundestag wird deshalb von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, um für klare, transparente und eindeutig überprüfbare Regelungen im Bereich der Hochschulzulassung zu sorgen, schreibt die Linke zum Hintergrund.

Die Linke fordert, dass für die Aufnahme eines grundständigen Studiums jenseits des bestandenen Fachabiturs, der allgemeinen Hochschulreife, einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder einen vergleichbaren Abschluss, alle weiteren Zugangsvoraussetzungen entfallen sollen. Notwendige Sprachkenntnisse und erforderliche Praxiserfahrung müssen im Rahmen des Studiums gesammelt werden können. grundständigen Studienabschluss im jeweiligen Fach hinaus entfallen.

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6. Änderungsbedarf bei Richtlinienumsetzung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Unterrichtung

Berlin: (hib/HAU) Der Bundesrat hat einer Unterrichtung (19/10520) zufolge Änderungsbedarf an einem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (19/9738), mit dem die Änderung der EU-Richtlinie "bezüglich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur" in nationales Recht umgesetzt werden soll. Laut dem Regierungsentwurf muss künftig ein Betreiber von Schienenwegen (EIU) rechtlich getrennt von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) - also den Anbietern der Dienstleistung - sein. In vertikal integrierten Unternehmen - wie etwa der Deutschen Bahn AG (DB AG) - muss der Neuregelung zufolge der Infrastrukturbereich von anderen Bereichen innerhalb des Unternehmens getrennt sein. Keiner der anderen Bereiche dürfe einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen des Betreibers der Schienenwege hinsichtlich der wesentlichen Funktionen ausüben, heißt es in dem Entwurf.

Die Länderkammer moniert unter anderem, dass im Entwurf der Bundesregierung die in der Richtlinien-Änderung enthaltene Anforderung, dass Betreiber von Schienenwegen und Eisenbahnunternehmen "völlig voneinander unabhängig sind", um als nicht vertikal integriert zu gelten, ignoriert werde. Damit würde laut Bundesrat jedes Unternehmen, das sowohl Betreiber der Schienenwege als auch Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, nicht den Bedingungen für vertikal integrierte Unternehmen unterliegen, "wenn nur die Bedingung erfüllt ist, dass es vom Bund oder von einem Land direkt kontrolliert wird". Es bedürfe insofern der Ergänzung um die Anforderung der Unabhängigkeit im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/2370.

Die Bundesregierung stimmt dem laut ihrer Gegenäußerung grundsätzlich zu. Das Gleiche gilt für die Vorschläge des Bundesrates hinsichtlich der finanziellen Transparenz der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die "nicht erforderlich, jedoch wegen des lediglich klarstellenden Charakters auch unschädlich" seien. Die weiteren Änderungsvorschläge der Länderkammer lehnt die Bundesregierung der Vorlage zufolge ab.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 661 - 6. Juni 2019 - 12.01 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2019

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