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BUNDESTAG/9089: Heute im Bundestag Nr. 1236 - 06.11.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1236
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 6. November 2019, Redaktionsschluss: 13.50 Uhr

1. Abgeordnete fordern Rücktritt Brandners
2. Förderung von E-Dienstwagen verbessert
3. Wettbewerb im digitalen Zeitalter
4. Gesundheitsausschuss billigt Digitalreform
5. Wartungsarbeiten an Schleusen


1. Abgeordnete fordern Rücktritt Brandners

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/mwo) Die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz lehnen den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner als Vorsitzenden ab und haben ihn auf der Sitzung des Gremiums am Mittwoch zum Rücktritt aufgefordert. Jan-Marco Luczak (CDU) sagte zu Beginn der 68. Sitzung im Namen der Fraktionen, Brandner fehlten offenbar Eigenschaften, die für den Vorsitz des Rechtsausschusses, der über die Demokratie und den Schutz des Rechts wache, unabdingbar seien. Die Ausschussmitglieder von CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen wollten daher nicht länger von Brandner repräsentiert werden.

Luczak warf dem AfD-Politiker Grenzüberschreitungen und Diffamierungen sowie die bewusste Nutzung antisemitischer Begriffe vor. Brandner befinde sich damit "in fundamentalem Widerspruch zu all dem, wovon wir überzeugt sind". Brandners Agieren beschädige die Arbeit des Ausschusses und das Amt des Vorsitzenden und schade dem Ansehen des Gremiums und des gesamten Parlaments. Er sei deshalb "in dieser Funktion nicht tragbar". Seine offensichtlich nicht ernst gemeinte Entschuldigung vom 17.Oktober für einen Tweet nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle könne nicht akzeptiert werden. Luczak sagte, er gehe davon aus, dass Brandner nicht freiwillig zurücktreten werde, und forderte die AfD-Fraktion auf, ihn durch jemand anderen zu ersetzen. Er hoffe, zu einer guten Lösung zu kommen. Dessen ungeachtet werde der Geschäftsordnungsausschuss prüfen, welche Möglichkeiten für eine Abwahl Brandners bestehen. Diese wolle und werde man dann nutzen, um weiteren Schaden vom Amt des Vorsitzenden abzuwenden.

Brandner verwies in seiner Erwiderung auf das Recht, seine Meinung zu äußern, und auf fehlende konkrete Vorwürfe. Sollten die Äußerungen auf seinem Twitter-Kanal zur Bundesverdienstkreuzverleihung durch den Bundespräsidenten an Udo Lindenberg und die Verwendung des Begriffes "Judaslohn" gemeint sein, erfolge der Hinweis, dass er diese als Privatperson gemacht habe und sich auch andere exponierte Vertreter des Bundestages auf Twitter privat äußerten. Kritik an seiner Arbeit als Ausschussvorsitzender sei ihm nicht bekannt, sagte Brandner. Luczak warf er vor, einen Keil in die Fraktion der AfD treiben zu wollen, diese habe sich jedoch zuletzt am Vortag hinter ihn gestellt. Als "schäbige Unterstellung" bezeichnete er den Vorwurf, seine Entschuldigung vom 17. Oktober sei nicht ernst gemeint. Ausführlich begründete Brandner seinen "Judaslohn"-Tweet, der eine Replik auf Beschimpfungen der AfD durch Udo Lindenberg gewesen sei, und verwies darauf, dass dieser Begriff in der politischen Auseinandersetzung bislang nie in die Nähe des Antisemitismus gerückt worden wäre. Einen Grund für einen Rücktritt sehe er nicht.

Im Anschluss an den vorgezogenen Tagesordnungspunkt "Verschiedenes", für den der stellvertretenden Vorsitzende Heribert Hirte (CDU) die Sitzung leitete, befasste sich der Ausschuss mit mehreren Gesetzentwürfen und öffentlichen Anhörungen. Erneut von der Tagesordnung gestrichen wurden Gesetzentwürfe von AfD, Die Linke und FDP zum Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz (19/81,19/204, 19/218) sowie ein Antrag der AfD zur Befreiung der Antennengemeinschaften von der Vergütungspflicht für die Kabelweitersendung von Fernseh- und Hörfunksignalen gegenüber Verwertungsgesellschaften (19/5911). Der Ausschuss beschloss Änderungen bezüglich der Anhörung zur Modernisierung des Strafverfahrens am 11. November und zur Anhörung zum Thema "ortsübliche Vergleichsmiete" am 13. November. Keine Terminfestlegungen gab es zu den bereits dem Grunde nach beschlossene Anhörungen zu einem Gesetzentwurf der AfD zur Änderung des Aktienrechts (19/8233) und zu einem Gesetzentwurf der Grünen zur Stärkung der Kinderrechte (19/10552). Der Ausschuss beschloss die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Grünen zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes im Zusammenhang mit Bundeswehreinsätzen im Ausland (19/14025).

Das Gremium nahm zudem Empfehlungen des Unterausschusses Europarecht an und befasste sich mit einer Reihe von Gesetzentwürfen, Anträgen, Unterrichtungen und weiteren Vorlagen, bei denen er mitberatend ist.

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2. Förderung von E-Dienstwagen verbessert

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Förderung von E-Dienstwagen wird verbessert. Außerdem wird es weitere steuerliche Förderungen von Elektromobilität und Verbesserungen für Arbeitnehmer sowie weitere Änderungen im Steuerrecht geben. Der Finanzausschuss stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (19/13436, 19/13712) zu, nachdem die Koalitionsfraktionen zuvor über 30 Änderungen an dem Entwurf vorgenommen hatten. Zahlreiche Änderungsanträge, Entschließungsanträge und Anträge der Oppositionsfraktionen wurden von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Dem Gesetzentwurf in der vom Ausschuss geänderten Fassung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zu. AfD- und FDP-Fraktion lehnten ab, während sich die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten.

In dem Gesetz ist vorgesehen, die private Nutzung von Dienstwagen länger als bisher geplant zu fördern. Wenn ein Dienstwagen auch privat genutzt wird, wird dieser Vorteil grundsätzlich mit einem Prozent des inländischen Listenpreises versteuert. Im vergangenen Jahr wurde für Elektro- und extern aufladbare Hybridfahrzeuge diese Versteuerung auf ein Prozent des halben Listenpreises pro Monat halbiert. Die bis Ende 2021 befristete Maßnahme soll bis zum Jahr 2030 verlängert werden, um nachhaltige Impulse für mehr Elektromobilität zu setzen und eine längerfristige Planungssicherheit zu schaffen. Zugleich wird die Mindestreichweite der geförderten Hybridfahrzeuge angehoben. Für die Anschaffung neuer rein elektrisch betriebener Lieferfahrzeuge wird eine Sonderabschreibung eingeführt. Weitere Verbesserungen betreffen die Nutzung von Ladevorrichtungen beim Arbeitgeber, Dienstfahrräder und Lastenfahrräder. Verbesserungen gibt es bei Jobtickets und für Berufskraftfahrer, für die ein neuer Pauschbetrag eingeführt wird. Außerdem ist vorgesehen, dass die Verpflegungskostenpauschale für Beschäftigte bei mehrtägigen Dienstreisen in Zukunft pro Tag 28 Euro statt bisher 24 Euro betragen soll. Für sogenannte eBooks gilt in Zukunft der ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Die ermäßigte Umsatzsteuer wird auch auf Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene erhoben (bisher 19 Prozent).

Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich sehr erfreut, dass das umfangreiche Steuerpakt jetzt abgeschlossen werden könne. Ziel sei es, mehr E-Fahrzeuge in den Gebrauchtwagenmarkt zu bekommen, und das gehe am besten über die Fahrzeugflotten. Der innerstädtische Lieferverkehr solle Schritt für Schritt elektrifiziert werden. Die Fraktion verwies auch auf die Verbesserungen für Arbeitnehmer bei Dienstreisen und auf die per Änderungsantrag eingeführten Änderungen des Wohnungsbauprämiengesetzes. Damit werden ab 2021 Einkommensgrenzen, Förderhöchstsätze und Prämien deutlich angehoben.

Die SPD-Fraktion sprach von einer "sehr guten Weiterentwicklung des Steuerrechts" und betonte die Technologieoffenheit der Mobilitätsförderung, die auch Wasserstofftechnologie einbinde. Verwiesen wurde darauf, dass es jetzt keine Veränderungen bei der Umsatzsteuer im Bereich des Bildungswesens gebe, gegen die von Bildungsträgern in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses Bedenken erhoben worden waren. "Zeit gekauft" habe man sich auch beim Thema der steuerlichen Behandlung ausgefallener Kapitalforderungen (Verfall von Optionen). Die-SPD-Fraktion kündigte Regelungen zu einem späteren Zeitpunkt an.

Die AfD-Fraktion lehnte den Gesetzentwurf ab und warf der Koalition vor, mit der Ausweitung der E-Mobilitätsförderung auf den "Populismus auf der linken Seite des Plenums" einzugehen. Dieselfahrzeuge seien ökologischer als bestimmte Hybridfahrzeuge, die mit diesem Gesetz gefördert würden. Auch gebe es keine Förderung synthetischer Kraftstoffe. Mit Ausnahme einzelner Verbesserungen wie für Arbeitnehmer und Berufskraftfahrer sei der Gesetzentwurf eine "große ideologische Mogelpackung".

Nach Ansicht der FDP-Fraktion ist in dem Gesetzentwurf "nicht alles falsch, aber auch nicht alles gut". Bei der Mobilitätsförderung gebe es "lenkende Eingriffe". Technologieoffenheit sehe anders aus. Die einseitige Förderung von Elektroautos sei ökologisch und ökonomisch fragwürdig.

Die Linksfraktion begrüßte, dass auf die Änderungen der Umsatzbesteuerung im Bildungsbereich verzichtet worden sei. Kritisiert wurde der Mobilitätsteil des Gesetzes, durch den auch große E-SUVs gefördert würden. "E-SUVs braucht kein Mensch, und die muss man nicht fördern", sagte ein Sprecher der Fraktion. Kritisch äußerte sich auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur E-Mobilitätsförderung. Hier schreibe die Koalition nur ihre schon bislang falsche Ausrichtung fort. Das Dienstwagenprivileg müsse ökologisiert werden, verlangte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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3. Wettbewerb im digitalen Zeitalter

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/PEZ) Der Wirtschaftsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch mit führenden Wettbewerbshütern über die Folgen der Digitalisierung für Markt und Regulierung ausgetauscht. Bei dem gut eineinhalbstündigen Gespräch mit dem Vorsitzenden der Monopolkommission, Achim Wambach, und dem Bundeskartellamts-Präsidenten, Andreas Mundt, standen dabei sowohl europarechtliche Themen als auch Aspekte nationaler Regelungen in verschiedenen Wirtschaftszweigen im Fokus.

So stellte Wambach die Herausforderungen dar, mit marktmächtigen Plattformen und deren Datenschutz umzugehen. Generell ändere die Digitalisierung die Regeln der Märkte, sagte der Kommissionsvorsitzende. Wichtig sei zu überlegen, wie man Weichen so stellen könne, dass der Wettbewerb funktioniert. Auch Mundt sprach von einem "überragenden Marktmachtfaktor", den Daten hätten. Fragen kreisten darum, ob und wie Unternehmen Datenschätze zu teilen hätten, welche Kooperationsmodelle es zwischen Unternehmen geben könnte und wie solche Modelle reguliert werden könnten.

Die CDU/CSU-Fraktion warf Fragen nach einer Zusammenarbeit mit Nachbarländern und Zielen Deutschlands für die anstehende EU-Ratspräsidentschaft auf, während Vertreter der SPD-Fraktion ihr Votum für eine Buchpreisbindung bekräftigten und energiewirtschaftliche Themen ansprachen. Ein Vertreter der AfD-Fraktion verwies auf neue Herausforderungen auch dank der Digitalisierung von Dienstleistungen im Taxigewerbe, während die FDP-Fraktion in Frage stellte, ob nationale Kontrollen allein überhaupt noch möglich sind. Die FDP-Fraktion lenkte den Fokus außerdem auf den offenen Wettbewerb bei Ladesäulen für die E-Mobilität. Die Linksfraktion widmete sich dem Energie- und Strommarkt beziehungsweise Maßnahmen gegen Spekulation in diesem Bereich. Von den Grünen kamen Eingebungen zum Verbraucherschutz als Thema generell für Kartellbehörden.

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4. Gesundheitsausschuss billigt Digitalreform

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat die von der Bundesregierung geplante Digitalreform in veränderter Fassung mehrheitlich gebilligt. Für den Entwurf des Digitale-Versorgung-Gesetzes DVG (19/13438) votierten am Mittwoch im Ausschuss die Fraktionen von Union und SPD. Grüne und Linke lehnten den Entwurf ab, AfD und FDP enthielten sich der Stimme. Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag im Plenum verabschiedet werden.

Die Abgeordneten billigten zugleich mehrere Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen. So sollen Patientendaten, die von den Krankenkassen zu Forschungszwecken an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu übermitteln sind, anders als ursprünglich geplant pseudonymisiert werden. Die Neuregelung zielt darauf ab, den Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten zu verbessern.

Der Gesetzentwurf sieht im Kern vor, dass sich Patienten künftig bestimmte Gesundheits-Apps vom Arzt verschreiben lassen können. Darüber hinaus soll das digitale Netzwerk ausgebaut werden. Apotheken und Krankenhäuser werden dazu verpflichtet, sich an die Telematikinfrastruktur (TI) anzuschließen. Videosprechstunden werden gefördert.

Sprecher der Oppositionsfraktionen kritisierten den aus ihrer Sicht nicht ausreichenden Datenschutz sowie ein fehlendes Gesamtkonzept für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Sprecher der Koalitionsfraktionen werteten den Gesetzentwurf hingegen als Meilenstein für die Digitalisierung im Gesundheitssystem. Folgen soll in absehbarer Zeit ein weiteres Gesetz mit Regelungen zu elektronischen Patientenakte (ePA).

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5. Wartungsarbeiten an Schleusen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Die AfD-Fraktion will von der Bundesregierung wissen, welche Gründe zu der Entscheidung geführt haben, "die Außerbetriebnahme der Schleuse in Brunsbüttel zeitlich nicht mit der Außerbetriebnahme der Schleuse in Kiel-Holtenau zu koordinieren". In einer Kleinen Anfrage (19/14353) erkundigen sich die Abgeordneten zudem, ob der vorgesehene Zeitrahmen der Wartungsarbeiten eingehalten wird oder es zu Verzögerungen kommen kann.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1236 - 6. November 2019 - 13.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2019

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