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BUNDESTAG/9112: Heute im Bundestag Nr. 1259 - 11.11.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1259
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 11. November 2019, Redaktionsschluss: 18.05 Uhr

1. Expertenkritik an Waffenrechtsgesetz
2. Sorge um digitale Souveränität
3. Gesetzesnovelle zur Preisstatistik
4. Von Bargeldsteuer nichts bekannt
5. Investitionen der Deutschen Bahn erfragt


1. Expertenkritik an Waffenrechtsgesetz

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines "Dritten Waffenrechtsänderungsgesetzes" (19/13839) stößt bei Sportschützenverbänden auf Kritik. Während einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montagnachmittag sagte Jörg Brokamp, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Schützenbundes (DSB), die geplante Verschärfung des Waffenrechts drücke ein gewaltiges Misstrauen und einen Generalverdacht gegenüber den Schützenverbänden und ihren Mitgliedern aus. Die überzogenen Restriktionen führten zu Unverständnis und somit zu Politikverdrossenheit, sagte er. Friedrich Gepperth, Präsident des Bundes Deutscher Sportschützen (BDS), befand, der Entwurf stelle einen "Frontalangriff auf das Sportschützenbedürfnis zum Waffenbesitz" dar.

Mit dem Entwurf soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden, die die Kennzeichnungsanforderung für Schusswaffen und deren wesentliche Teile erweitert und eine umfassende Rückverfolgbarkeit aller Schusswaffen und ihrer wesentlichen Teile sicherstellen soll. Dazu will die Regierung das Nationale Waffenregister "zum Zweck der Registrierung des vollständigen Lebensweges von Waffen und wesentlichen Waffenteilen" ausbauen. Ferner ist vorgesehen, eine Anzeigepflicht für unbrauchbar gemachte Schusswaffen einzuführen. Zudem sollen unter anderem "bestimmte große Wechselmagazine sowie Schusswaffen mit fest verbauten großen Ladevorrichtungen zu verbotenen Gegenständen" werden. Dem "berechtigten Interessen" der Eigentümer solcher Gegenstände solle jedoch durch weitgehende Besitzstandsregelungen Rechnung getragen, heißt es in der Vorlage weiter. Neben dem Regierungsentwurf standen auch Anträge der AfD-Fraktion (19/14504), der FDP-Fraktion (19/14035) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/14092) auf der Tagesordnung.

DSB-Geschäftsführer Brokamp mahnte Änderungen bei der Prüfung des Bedürfnisses für den Waffenbesitz bei Sportschützen an. Statt einen Schießnachweis pro Waffe zu fordern, sollte lediglich die Waffengattung unterschieden werden (Kurz- oder Langwaffe). Auch sollte der Nachweis, ein Mal im Quartal oder sechs Mal im Jahr geschossen zu haben, ausreichen. Im Entwurf seien jährlich 18 Schießtage pro Waffe gefordert. Die Überprüfung sollte laut Brokamp nach fünf und nach zehn Jahren nach erstmaligem Waffenbesitz erfolgen. Anschließend sollte die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein ausreichend sein, um das Bedürfnis fortbestehen zu lassen.

BDS-Präsident Gepperth sagte, in keinem Land außer in Deutschland seien als Folge der Richtlinienumsetzung die Regelungen zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen für Sportschützen verschärft worden. Ebenso sei lediglich in Deutschland ein Verbot von "großen Magazinen" verhängt worden. Damit sei IPSC-Schießen, eine der größten Schießsportarten, in Deutschland nicht mehr möglich. Dabei sehe die EU-Richtlinie hierfür ganz klar eine Ausnahmemöglichkeit vor, sagte Gepperth.

An einen großen Sicherheitsgewinn durch das Verkaufsverbot großer Magazine glaubten auch die Vertreter der Sicherheitsbehörden nicht. Die Regelung sei überflüssig, befand Sebastian Fiedler, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Niels Heinrich von der Polizei Hamburg sagte, er glaube nicht an einen großen Sicherheitsgewinn, da Magazine extrem schnell ausgetauscht werden könnten. Heinrich verwies auf noch vorhandene Sicherheitslücken, die dazu führen könnten, "dass auch weiterhin Kriminelle und Extremisten Zugang zu Waffen und Munition erlangen können". So erfolge beispielsweise überhaupt keine Überprüfung von Angestellten und Mitarbeitern bei Waffenherstellern und Waffenhändlern. Aus dem vorgesehenen Überwachungsmodus würden zudem Personen fallen, die Inhaber eines Jagdscheins oder einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sind.

Fiedler kritisierte das "intransparente Gesetzgebungsverfahren". Die Waffenlobby habe auf den Entwurf mehr Einfluss nehmen können als die Sicherheitsbehörden, kritisierte er. Weiter sagte Fiedler, eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzämtern hinsichtlich einer Waffenerlaubniserteilung sei absolut sinnvoll, zielführend und erforderlich. Eine automatisierte Abfrage über das Bundesverwaltungsamt könne den Verwaltungsaufwand so minimieren, dass das Zusatzaufkommen beherrschbar sei, sagte Fiedler.

Andreas Speit, Journalist und Rechtsterrorismus-Experte, warnte davor, die Zusammenhänge zwischen militanten Rechtsterroristen und Schützenvereinen "einfach so wegzuwischen". Es gebe in der rechten Szene ein starkes Interesse an industriellen Waffen. Der Einsatz selbstgebauter Waffen wie beim Anschlag in Halle sei eher die Ausnahme, so Speit. Um an Waffen heranzukommen, würden sehr wohl Kontakte zu Schießsportvereinen ebenso wie zu Polizei und Bundeswehr aufgebaut. "Es geht nicht um einen Generalverdacht, sondern um eine generelle Kontrolle", sagte er. Dafür müsse auch die Zuverlässigkeit für Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis klarer definiert werden. Personen, über die Informationen zu ihrer Verfassungsfeindlichkeit vorliegen, müssten grundsätzlich als nicht zuverlässig gelten, forderte Speit.

Die Regelabfrage beim Verfassungsschutz sei eine Placebomaßnahme und führe zu zunehmender Politikverdrossenheit, sagte Katja Triebel, Vorsitzende der German Rifle Association. Kritik übte sie am Verbot des Neuerwerbs großer Magazine. Dafür gebe es keine Begründung. Die EU-Richtlinie gebe das auch nicht vor. Es sei ausreichend, wenn sichergestellt werde, dass nur nicht-berechtigte Personen die Magazine nicht kaufen können, sagte Triebel.

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2. Sorge um digitale Souveränität

Auswärtiges/Anhörung

Berlin: (hib/AHE) Die Risiken, die sich aus einer möglichen Beteiligung des chinesischen Konzerns Huawei beim Ausbau des Mobilfunkstandards 5G in Deutschland ergeben könnten, werden von Experten unterschiedlich beurteilt. Bei einer Anhörung des Auswärtigen Ausschusses am Montag äußerten einige von ihnen die Sorge, dass der chinesische Staat den Konzern dafür nutzen könnte, in den Datenverkehr hierzulande einzugreifen und etwa Daten zu ermitteln oder zu manipulieren. Mehrere Sachverständige plädierten für eine Kombination mehrere Anbieter beim Mobilfunkausbau oder eine "Hersteller-agnostische", an den eigenen Sicherheitserfordernissen ausgerichtete Betrachtungsweise, wie es Martin Schallbruch (European School of Management and Technology Berlin) formulierte.

Schallbruch machte darauf aufmerksam, dass es sich beim 5G-Standard um eine noch stärker Software-basierte Technologie als bei den Vorgängerstandards handle. 5G werde dezentraler organisiert sein, eine höhere Komplexität aufweisen, stärker auf die Identifizierung von Sicherheitslücken und damit einhergehend auf permanente Software-Aktualisierungen angewiesen sein. Insgesamt ergebe sich so eine größere Angriffsfläche - was insbesondere für die Sicherheit nachgelagerte Systeme staatlicher Daseinsvorsorge problematisch werden könne. Ein gemeinsam mit Huawei betriebener 5G-Test in Großbritannien habe mehrere Sicherheitslücken offengelegt und ergeben, dass "keine belastbaren Aussagen über die Sicherheit des Gesamtsystems" getroffen werden könnten.

Harald Görl (Universität der Bundeswehr München) warnte, dass der Ausschluss von Anbietern wie Huawei nicht dazu führen dürfe, dass man sich am Ende nur für einen der weltweit letztlich nur fünf 5G-Ausrüster entscheidet (neben Huawei sind das Ericsson, Nokia, ZTE und Samsung). Eine solche Monokultur sei der "worst case" - auch aus sicherheitstechnischen Aspekten "fliegt uns das um die Ohren". Entscheidend sei, beim Ausbau auf eine Anbieter-Mischung zu setzen. Die technologische Integrationstiefe Huaweis sei bereits weit fortgeschritten - der Konzern sei zum Beispiel zu einem der global führenden Anbieter bei mobilen Endgeräten aufgestiegen. Für Nationen, die ihren Markt zum Leitmarkt für 5G ausbauen wollen, dürfte es auch vor diesem Hintergrund schwierig werden, an Huawei-Technik vorbeizukommen.

Mikko Huotari (Mercator Institute for China Studies) sagte, dass Huawei zwar nicht "auf dem Schoß des Staates" sitze, es aber intransparente Unternehmens- und Besitzerstrukturen gebe und eine enge sicherheitspolitisch motivierte Verflechtung des Unternehmens mit dem chinesischen Staat, der das Unternehmen bei dessen Markteroberungen umfassend protegiere. Eine Selbstbindung des Unternehmens durch Recht sei angesichts mangelnder Rechtsstaatlichkeit und fehlender Gewaltenteilung in China nicht zu erwarten. "Kein chinesisches Unternehmen kann es sich leisten, unpatriotisch zu sein", sagte Huotari.

Der Vertreter Huaweis in Deutschland, David Wang, wehrte sich gegen die Vorwürfe: Die Technik seines Konzerns sei frei von Einfluss durch Dritte. Huawei verkaufe die Ausrüstung für den Betrieb von Mobilfunknetzen. Der Konzern besitze und betreibe diese Netze aber nicht, sondern sei Auftragnehmer im Rahmen von Verträgen mit den jeweiligen nationalen Mobilfunkanbietern. Wang bestritt zudem, dass das chinesische Nachrichtendienstgesetz Huawei verpflichte, Daten seiner Kunden und von deren Kunden im Ausland zu sammeln und nach Peking weiterzureichen. Der chinesische Premier Li Keqiang habe bekräftigt, dass die Regierung Unternehmen ihres Landes nie zu solchen Praktiken auffordern werde.

Mikko Karikytö, Vertreter des schwedischen Mobilfunkausrüsters Ericsson, bezeichnete die 5G-Technologie als "ultimativen Kern der kritischen Infrastruktur" eines Landes. Es sei eine Fehlannahme, dass Europa auf diesem Feld Asien völlig hinterherhinke: Europäische Mobilfunkanbieter kämen in Hochtechnologieländern wie den USA und Japan zum Zuge.

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3. Gesetzesnovelle zur Preisstatistik

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung

Berlin: (hib/PEZ) Die Mitwirkung statistischer Landesämter bei Datenlieferungen thematisiert der Bundesrat in einer Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Preisstatistik. Diese hat die Bundesregierung gemeinsam mit ihrer Gegenäußerung als Unterrichtung (19/14624) vorgelegt. Der Bundesrat bittet darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu klären, welche Mitwirkungsmöglichkeiten die statistischen Landesämter als Empfänger von Daten haben sollen. Er ist auch der Ansicht, dass diesen Ämtern durch die Nutzung neuer Datenquellen Kosten entstehen.

Die Bundesregierung entgegnet, die Mitwirkungsmöglichkeiten der statistischen Landesämter bei der Verarbeitung von Transaktionsdaten seien mithin nicht in Frage gestellt. "Im Statistischen Verbund besteht auf Fachebene allerdings weitgehend Einigkeit darüber, dass die Verarbeitung von Transaktionsdaten aufgrund der besonderen methodischen und technischen Herausforderungen während der Erprobungs- und Implementierungsphase zentral im Statistischen Bundesamt durchgeführt werden sollte", heißt es ergänzend. Bezüglich der Kosten erklärt die Bundesregierung, den Ländern würden bei einer zentralen Entgegennahme der Daten durch das Statistische Bundesamt keine Kosten entstehen.

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4. Von Bargeldsteuer nichts bekannt

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesregierung sind keine Vorschläge des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) bekannt, Bargeld mit einer Steuer zu belegen. Wie es in der Antwort der Bundesregierung (19/13662) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/13102) weiter heißt, vertraut die Regierung "seit Bestehen des Euro auf dessen Wertbeständigkeit und untermauert dies zum Beispiel mit einer nachhaltigen Wirtschafts- und Haushaltspolitik. Darüber hinaus achtet die Bundesregierung die Unabhängigkeit des Eurosystems, dass damit am besten seine Aufgabe, Preisstabilität im Euroraum zu gewährleisten, erfüllen kann."

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5. Investitionen der Deutschen Bahn erfragt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) "Investitionen der Deutschen Bahn" lautete der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/14625). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie hoch die Investitionen aus dem Bundeshaushalt jeweils in den Jahren 2009 bis 2019 in die jeweiligen Bundesländer im Bereich Schiene waren. Gefragt wird zudem, wie hoch der Elektrifizierungsgrad der Schienenwege in den einzelnen Bundesländer im Jahr 2009 und im Jahr 2019 war.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1259 - 11. November 2019 - 18.05 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2019

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