Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/9590: Heute im Bundestag Nr. 281 - 11.03.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 281
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. März 2020, Redaktionsschluss: 15.43 Uhr

1. Folgen von Fukushima debattiert
2. Kompetenzen bei Windanlagenabstand
3. Aktionsplan gegen Rechtsextremismus
4. Maßnahmenkatalog gegen Hetze
5. Fortsetzung der Luftbetankung im Irak
6. AfD-Fraktion gegen Fallpauschalen


1. Folgen von Fukushima debattiert

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/LBR) Bei der Sicherung der Reaktorblöcke, der Bergung der Brennelemente und der Dekontamination im japanischen Fukushima hat es Fortschritte gegeben. Für die Sportler und Teilnehmer der im Sommer 2020 stattfindenden Olympischen und Paralympischen Spiele bestehe aus radiologischer Sicht kein beträchtlich erhöhtes Gesundheitsrisiko. Das berichteten Vertreter des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am Mittwochmittag.

"Heute vor genau neun Jahren fand die Reaktorkatastrophe in Fukushima statt", sagte die Vorsitzende des Ausschusses, Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen). Sie betonte, dass von Beginn an an der Dekontamination gearbeitet worden sei, um zur Normalität zurückkehren zu können. Es gebe aber diverse ungelöste Problemstellungen. Auch der im Zuge der Olympischen Spiele geplante Fackellauf durch belastete Gebiete und Bahnstrecken durch die Rote Zone seien Themen, die den Ausschuss interessierten, sagte Kotting-Uhl.

Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im BMU, sagte, die Situation in Fukushima sei stabil. Die Bewältigung der Katastrophe werde jedoch noch mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Es sei unklar, wie genau die Bergung der hochradioaktiven Mischung, die sich noch im Reaktordruckbehälter befinde, ablaufen solle. Jede der dafür in Frage kommenden Methoden habe eigene Risiken. Auch die Frage nach der Lagerkapazität und der Entsorgung von kontaminierten Wasser, das derzeit in Tanks gesammelt werde, bleibe eine Herausforderung.

In der Präfektur verbesserten sich die Zustände und es werde geprüft, ob weitere Orte aus der Evakuierung herausgenommen werden könnten, sagte sie. Mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele in Tokyo, die mit Wettkampfstätten auch in der Stadt Fukushima stattfinden sollen, käme es zu Belastungen von 0,1 bis 0,5 Mikrosievert pro Stunde, die "kein beträchtlich erhöhtes Gesundheitsrisiko" darstellen. Bei der Frage, ob der olympische Fackellauf durch Städte, die teilweise in der Sperrzone liegen, gehen müsse, habe auch das Olympische Komitee eine Verantwortung, sagte Schwarzelühr-Sutter.

Auch Florian Gering (BfS) betonte, dass sich die radiologische Situation stark verbessert habe. Die Sperrzone sei sukzessiv verkleinert worden: "Anfangs betrug sie noch mehr als 1.000 Quadratkilometer, jetzt sind es weniger als 400", sagte Gehring. Diese Gebiete könnten langfristig Sperrgebiete bleiben. Die Dekontamination habe sich vor allem auf Wohngebiete und solche Gebiete konzentriert, in denen sich Kinder aufhalten. Allerdings seien dabei auch etwa 20 Millionen Tonnen Abfall entstanden, die in der Präfektur verblieben.

In den freigegebenen Gebieten im Sperrgebiet käme es teilweise zu noch deutlich höherer Umgebungsstrahlung und einer großen Schwankungsbreite. "In den an der Küste gelegenen Gebieten ist die Strahlung eher niedrig, im Landesinneren dafür deutlich höher", sagte er dem Ausschuss. Bei der Bewertung der Datengrundlage stütze sich das BfS auf verschiedene Datenquellen. So würden auch Daten aus über 30 Millionen Messungen der japanischen Bevölkerung herangezogen, die die behördlichen Daten stützten, sagte Gering. Hotspots seien in den belasteten Gebieten immer zu finden, dem BfS seien aber "nur sehr kleinräumige Hotspots bekannt", berichtete Gering.

In ihren Nachfragen konzentrierten sich die Abgeordneten vor allem auf die langfristigen Folgewirkungen für die Präfektur. Karsten Möring (CDU) betonte, dass der Atomausstieg in Deutschland die richtige Entscheidung sei. Er wollte Details zum Umgang und der Entsorgung des kontaminierten Wassers erfahren. Rainer Kraft (AfD) verwies darauf, dass, wer sich Sorgen um Akkumulation von Strahlung mache, eher einige Bereiche in Deutschland meiden solle, als die Sommerspiele in Japan. Judith Skudelny (FDP) fragte, ob geplant sei, Gebiete mit erhöhter Strahlenbelastung in der Sperrzone für Besucher der Sommerspiele entsprechend zu kennzeichnen.

Nina Scheer (SPD) sagte, bei ihr entstehe der Eindruck, dass die Sommerspiele von Japan dazu genutzt würden, die Situation zu verharmlosen. Sie fragte die Bundesregierung nach Details zum Fackellauf und nach dem Import von kontaminierten Lebensmitteln aus Japan. Auch Hubertus Zdebel (Die Linke) sagte, die Spiele sollten Normalität demonstrieren. Er kritisierte es als "verharmlosend", dass Menschen in die Evakuierungszone zurückkehren sollen. Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) wollte wissen, ob es Sinn ergebe, über eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts für stark belastete Gebiete in der Präfektur Fukushima nachzudenken.

*

2. Kompetenzen bei Windanlagenabstand

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Ausschuss

Berlin: (hib/PEZ) Der Bauausschuss hat einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion abgelehnt, der die Rechte von Ländern bei den Abstandsregeln für Windanlagen stärken will (19/11094). Das Gremium stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungsfraktionen, der Linken und der Grünen gegen den Entwurf, die AfD-Fraktion enthielt sich. Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/15123), der auf einen raschen Ausbau der Windenergie abzielt, fand ebenfalls keine Mehrheit. Hier stimmten nur Grüne und Linke dafür, der Rest dagegen; der Bauausschuss hat bei letzterem Antrag allerdings keine Federführung.

Ein Vertreter der FDP-Fraktion erklärte, man wolle zu einer bis 2015 geltenden Regelung zurückkehren. Man brauche die Akzeptanz dort, wo Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Da Deutschland regional so unterschiedlich sei, müsse man die Verantwortung auf Länderebene legen.

Von der CDU/CSU-Fraktion hieß es dazu, der Entwurf greife zu kurz. Die Fraktion strebe vielmehr eine dreifache Lösung an - zu Abstandsregeln, zur Frage, wozu Abstand eingehalten werden soll - also die Siedlungsgröße - und zum Umgang mit Bestandsplänen. Außerdem wolle die Koalition bei ihrem eigenen Gesetzentwurf Mechanismen thematisieren, die das Ausbauziel für Windenergie im Blick halten sollen. Die SPD-Fraktion betonte, wie wichtig die Energieform für eine preisgünstige und sichere Stromversorgung sei. Außerdem habe das Beispiel Bayern gezeigt, dass pauschale Abstandsflächen nicht zu mehr Akzeptanz und damit Ausbau führen. In Bayern gelten strenge, auf das Bundesland bezogene Abstandsregeln. Zum Antrag der Grünen erklärte ein SPD-Abgeordneter, ein Großteil davon werde "durch tätiges Regierungshandeln erledigt".

Die AfD-Fraktion sah Akzeptanz als den entscheidenden Punkt in der Diskussion. Allerdings müssten Mindestabstände von seiten des Bundes vorgegeben werden. Auch die Linksfraktion dringt auf mehr Akzeptanz des Energieträgers und schlägt vor, Bürger vor Ort stärker an den Erlösen von Windanlagen zu beteiligen. Die Grünen untermauerten ihren Antrag mit den Worten, es gehe darum, erneuerbaren Energien den Weg zu ebnen statt sie weiter zu bedrängen.

*

3. Aktionsplan gegen Rechtsextremismus

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die FPD dringt auf einen "Aktionsplan zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt". In einem Antrag (19/17743), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, "die Vielzahl der rechtsterroristischen Anschläge und rechtsextremen Straftaten der jüngsten Vergangenheit zum Anlass zu nehmen, die Struktur und Arbeitsweise der deutschen Sicherheitsbehörden umfassend auf die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus auszurichten".

Ferner soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, "um sicherzustellen, dass Rechtsextremisten weder im Öffentlichen Dienst noch in der Zivilgesellschaft Fuß fassen können". So soll insbesondere der Schutz von Einrichtungen verbessert werden, an denen sich Angehörige besonders bedrohter Gruppen aufhalten. Auch plädiert die Fraktion für eine Reform der föderalen Sicherheitsarchitektur, um das Zusammenspiel von Bund und Ländern bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus zu verbessern.

Zudem soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge "ein finanzielles Sofortprogramm gegen Antisemitismus und Rassismus im Umfang von 20 Millionen Euro auf den Weg bringen". Ferner wird sie in der Vorlage aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Waffenbehörden der Länder und Kommunen sicherzustellen, "dass Rechtsextremisten und Reichsbürger keinen Zugang zu Schusswaffen erlangen können". Auch sollen nach den Vorstellungen der Fraktion Bemühungen intensiviert werden, "Schwerpunktstaatsanwaltschaften und spezialisierte Kammern für Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet einzurichten". Darüber hinaus will die Fraktion unter anderem sichergestellt wissen, "dass Rechtsextremisten und Personen, die mit extremistischen Einstellungen sympathisieren, keinen Platz im Öffentlichen Dienst finden".

*

4. Maßnahmenkatalog gegen Hetze

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will mit einem Maßnahmenkatalog "Hass und Hetze wirksam bekämpfen, Betroffene stärken und Bürgerrechte schützen". Zur "wirksamen Bekämpfung von Rechtsextremismus, der Bedrohung ganzer Bevölkerungsgruppen sowie von Hass und Hetze im Netz" bedürfe es einer koordinierten Gesamtstrategie, schreibt die Fraktion in einem Antrag (19/17750), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Darin wird die Bundesregierung zur Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen aufgefordert, um "die Zivilgesellschaft und Prävention gegen Rechtsextremismus nachhaltig zu stärken und zu fördern". So soll die "Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit zur Demokratiestärkung, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" nach dem Willen der Fraktion über ein Demokratiefördergesetz "nachhaltig gestaltet und finanziell strukturell abgesichert werden". Auch soll dem Antrag zufolge der Schutz vor rassistischer Diskriminierung sowie vor Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) "deutlich verbessert" und die Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes deutlich aufgestockt werden.

Ferner dringt die Fraktion auf eine wirksamere Ausgestaltung des Waffenrechts, "damit sich gewaltbereite Personen und Bewegungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung wenden, nicht auch noch legal bewaffnen können". Zudem plädiert sie dafür, es "mit Hass, Hetze und Bedrohung konfrontierten Personen" leichter zu ermöglichen, Auskunftssperren ihrer Meldeadressen vorzunehmen. Auch fordert sie unter anderem, ein " gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen nutzbares beschleunigtes Online-Verfahren zu schaffen durch einen entsprechenden Entwurf zur Änderung der Zivilprozessordnung".

*

5. Fortsetzung der Luftbetankung im Irak

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll die Luftbetankung beim Einsatz "Stabilisierung sichern, Wiedererstarken des IS verhindern, Versöhnung fördern in Irak und Syrien" über den 31. März hinaus fortführen. Das geht aus einem Antrag der Bundesregierung (19/17790) auf Ergänzung des Mandats für den Einsatz auf Drucksache 19/13290 hervor, das der Bundestag im Oktober vergangenen Jahres beschlossen hatte. Außerdem soll der Lufttransport für die internationale Anti-IS-Koalition, internationale Organisationen, Alliierte und Partner und die bodengebundene Luftüberwachung fortgesetzt werden. Beendet werden soll hingegen die deutsche luftgestützte Aufklärung.

Wie im Mandat vom Oktober gefordert, habe das Bundesministerium der Verteidigung für die Bundesregierung intensive Gespräche mit Partnern zur Ablösung der deutschen Beiträge zur luftgestützten Aufklärung und Luftbetankung geführt, schreibt die Bundesregierung. Italien habe die grundsätzliche Bereitschaft zur Übernahme von deutschen Aufträgen zur luftgestützten Aufklärung über Irak signalisiert. Eine formelle Bestätigung sei nach einer italienischen Kabinettsentscheidung im Laufe eines Monats zu erwarten. Italien habe seine Übernahme jedoch mit einer Betonung der Bedeutung der Fortführung der deutschen Luftbetankung für die gesamte Koalition verbunden.

Der Antrag der Bundesregierung hält zudem fest, dass die Beteiligung der Bundeswehr am Fähigkeitsaufbau der regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte auch im Rahmen der Nato-Mission im Irak erfolgen könne. Die Befristung des Einsatzes bis 31. Oktober 2020 bleibt laut Antrag unberührt. Die Zusatzausgaben für die Ergänzung des Bundeswehrmandats beziffert die Bundesregierung für 2020 auf rund 54,3 Millionen Euro.

*

6. AfD-Fraktion gegen Fallpauschalen

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die AfD-Fraktion fordert die Abschaffung der Fallpauschalen-Abrechnung (DRG) im Krankenhaus und die Einführung eines Prospektiv-Regionalen-Pauschalensystems (PRP). Die Fallpauschalen hätten zu Fehlentwicklungen und sogar zu einer Kostensteigerung geführt, heißt es in einem Antrag (19/17754) der Fraktion.

Auch die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen stelle keine ganzheitliche Lösung dar. Bei dem PRP handele es sich um ein Vergütungssystem, bei dem im Voraus eine Pauschale an das Krankenhaus entrichtet und von diesem verwaltet werde.

Die jährlich von den Krankenkassen erbrachte Pauschale richte sich nach regionalen Unterschieden wie etwa der Morbidität und der Bevölkerungsdichte in einer Region und stelle somit ein realistisches Abbild der Versorgungssituation dar. Die krankenhausinterne Verwaltung des Budgets führe dazu, dass die Über- und Fehlversorgung behoben werde.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 281 - 11. März 2020 - 15.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang