Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/9724: Heute im Bundestag Nr. 417 - 22.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 417
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2020, Redaktionsschluss: 17.41 Uhr

1. Haushalt: Corona-Maßnahmen beraten
2. Kein Corona-Nothilfefonds für den Sport
3. Covid-Folgen im Veranstaltungswesen
4. Grüne für freiwillige Gutscheinlösungen
5. FDP dringt auf Gutscheinlösung
6. FDP will Hilfen für Kulturwirtschaft


1. Haushalt: Corona-Maßnahmen beraten

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Haushaltsausschusses haben sich am Mittwochnachmittag mit diversen Aspekten der Corona-Krise befasst. Im Vorfeld der Videokonferenz der Mitglieder des Europäischen Rates am 23. April debattierten die Abgeordneten unter anderem die verschiedenen in der Diskussion befindlichen Instrumente zur Finanzierung europäischer Hilfsmaßnahmen. Ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums umriss in der Sitzung die Diskussionsstände zu verschiedenen Überlegungen rund um den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Europäische Investitionsbank, das europäische Kurzarbeitergeld ("Sure") und den sogenannten Recovery Fund der EU. Zudem berichtete der Ministeriumsvertreter über nationale Hilfsprogramme unter anderem über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Zudem tauschten sich die Ausschussmitglieder mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) über Themen wie beispielsweise die Modalitäten der Beschaffung von Schutzausrüstung aus.

Die Bundesregierung unterrichtete den Ausschuss über bereits bewilligte Anträge auf Deckung von Mehrbedarfen zur Bekämpfung der Pandemie. Für Ausgaben im Einzelplan des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) wurden vom Bundesfinanzministerium zwei im April gestellte BMG-Anträge für Mittel vor allem für die Beschaffung persönlicher Schutzausrüstung in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro - zwei Milliarden Euro für 2020 und summiert 500 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung (VE) für 2021 und 2022 - sowie in Höhe von bis zu 8,3 Milliarden Euro - 7,8 Milliarden Euro für 2020 und 500 Millionen Euro als VE für 2021 - genehmigt.

Im Einzelplan des Auswärtigen Amtes wurde ein Mehrbedarf von 300 Millionen Euro für den "humanitären Mehrbedarf" genehmigt. Die Mittel sollen laut Vorlage auf diverse internationale Organisationen verteilt werden.

Die Mehrbedarfe werden durch die Globale Mehrausgabe in Höhe von 55 Milliarden Euro im Einzelplan 60 gedeckt, die mit dem Nachtragshaushalt 2020 eingestellt worden war.

Zudem unterrichtete die Bundesregierung den Ausschuss über die beabsichtigte Einwilligung in eine außerplanmäßige Ausgabe im Einzelplan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Höhe von bis zu 40 Millionen Euro. Die Mittel sollen für "Investitionszuschüsse zur Ausweitung der Produktion von Vorprodukten für die Herstellung von medizinischen Schutzgütern" dienen. Beabsichtigt ist zudem die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe im Etat des Bundesverkehrsministeriums in Höhe von bis zu 78 Millionen Euro. Damit soll die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) beim Umgang mit der Corona-Krise und deren Auswirkungen auf den Luftverkehr durch eine Einzahlung in das Eigenkapital der Gesellschaft unterstützt werden.

Weiterhin beabsichtigt das Bundesfinanzministerium eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung für die kommenden Haushaltsjahre in Höhe von insgesamt bis zu rund 4.7 Milliarden Euro im Einzelplan 60 zu erteilen. Damit soll Vorsorge für mögliche Verluste aus dem "EU Covid-19 Garantiefonds" der Europäischen Investitionsbank getroffen werden. Für die Erstattung von Ausfällen aus der Garantie für das KfW-Sonderprogramm 2020 im selben Einzelplan hat das Bundesfinanzministerium eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro erteilt.

Zudem unterrichtete das Bundesfinanzministerium den Ausschuss über die Übernahme einer Gewährleistung in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro für Warenkreditversicherungen. Laut BMF-Vorlage sollen zunächst mit fünf in Deutschland tätigen Kreditversicherern entsprechende Garantieverträge geschlossen werden. Das Bundesfinanzministerium begründet die Übernahme der Garantien mit den möglichen Folgen, die ein flächendeckender Rückzug der Kreditversicherer für Lieferketten, Liquidität und Solvenz zahlreicher Unternehmen branchenübergreifend gehabt hätte.

*

2. Kein Corona-Nothilfefonds für den Sport

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Auflage eines Nothilfefonds für den Sport aufgrund der Corona-Krise, "ohne zu wissen, wer in welcher Form geschädigt ist", ergibt aus Sicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Stephan Mayer (CSU), derzeit keinen Sinn. Während der Sitzung des Sportausschusses am Mittwoch sagte Mayer, das BMI stehe in dieser Frage in einem engen Kontakt mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und habe gegenüber den Sportfachverbänden frühzeitig signalisiert, dass man offen für eine größtmögliche Flexibilisierung der Haushaltsmittel im Jahr 2020 sei und diese Mittel unkompliziert abfließen könnten. Es gebe derzeit keine größeren Kalamitäten bei den Sportfachverbänden, sagte der Staatssekretär, der auch das Vorziehen der für die Olympischen Sommerspiele 2020 geplanten Entsendekosten für andere Bereiche des Sports ablehnte. Die Entsendekosten würden für die in das Jahr 2021 verlegten Spiele übernommen. Eine anderweitige Auszahlung sei nicht geplant.

Mit Blick auf die Verschiebung der Olympischen Spiele von Tokyo seien die entsprechenden Fördersysteme für die Kaderathleten um ein Jahr verlängert worden, sagte Mayer. Ursprünglich bis Ende 2020 befristet beschäftigte Trainer sollen entsprechend bis Ende 2021 verlängert werden.

Mit der Verschiebung der Olympischen Spiele sei für Athleten und Trainer nach einer Phase der Verunsicherung Planungssicherheit geschaffen worden, sagte DOSB-Vertreter Christian Sachs. Allerdings würden sich damit auch Verschiebungen in der Lebensplanung einiger Athleten ergeben. Sachs verwies auf die für Olympia qualifizierten Hockeyteams der Frauen und Männer, in denen es Spielerinnen und Spieler gebe, die die Spiele als Abschluss ihrer sportlichen Karriere ansehen und ihre berufliche Entwicklung daran angepasst hatten.

Sachs bestätigte gleichwohl den Eindruck, dass die Bundeskaderathleten in einer relativ komfortablen Situation seien. Anders sehe es bei Sportlern und Sportarten aus, die sich hauptsächlich über Zuschauereinnahmen und Sponsorengelder finanzierten. So sei etwa in den semi-professionellen Ligen der Handballer, Basketballer oder Volleyballer, ebenso wie in den unteren Fußballigen, mit dem Rückzug oder dem Konkurs vieler Vereine zu rechnen. Der DOSB-Vertreter machte in diesem Zusammenhang auch deutlich, dass eine Erlaubnis für das Stattfinden sogenannter Geisterspiele ohne Zuschauer nicht nur exklusiv für den Fußball gelten dürfe.

Zu den Plänen der Deutschen Fußballliga (DFL), den Ligaspielbetrieb wieder aufzunehmen, zu denen auch intensive und regelmäßige Corona-Tests der Spieler gehören, äußerte sich auch ein Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Er warnte vor einer Ressourcenkonkurrenz. Die vorhandenen Testressourcen müssten prioritär für den Schutz gefährdeter Personengruppen genutzt werden, da es dort derzeit noch Knappheiten gebe, sagte er. Ein Schnelltest, ähnlich einem Schwangerschaftstest, befinde sich erst in der Entwicklung und könne noch nicht genutzt werden, so der Ministeriumsvertreter. Da es sich um den Berufsfußball handle, würden die Arbeitsschutzrichtlinien gelten. Daher sei die Bewertung des DFL-Konzeptes beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) angesiedelt.

Was die Möglichkeiten der Wiederaufnahme des Vereinssports angeht, so zeigte sich Innenstaatssekretär Mayer "nicht sehr glücklich" über den "bunten Flickenteppich" der Länder. Während einige Individualsportarten unter freiem Himmel in einigen Ländern schon jetzt wieder erlaubt seien, hielten sich andere Länder dabei noch zurück. Er hoffe, sagte Mayer, dass bei der den Ländern obliegenden Definition, was eine nicht erlaubte Großveranstaltung genau sei, nicht erneut ein solcher Flickenteppich entstehe. Zugleich machte er deutlich, dass derzeit noch nicht verlässlich gesagt werden könne, ab wann Hallensportarten wieder betrieben werden dürfen.

*

3. Covid-Folgen im Veranstaltungswesen

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MWO) Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD haben den Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht vorgelegt (19/18697), der die Abgabe von Gutscheinen vorsieht. Wie es in dem Entwurf heißt, hat die Ausbreitung des neuartigen SARS-CoV-2-Virus in Deutschland zu ganz erheblichen Einschränkungen geführt. Auch im Veranstaltungswesen und in Freizeiteinrichtungen machten sich die Auswirkungen der Pandemie durch Schließungen und Absagen deutlich bemerkbar. Für viele Veranstalter und Betreiber sei eine existenzbedrohlichen Situation entstanden. Mit dem Gesetz sollen sie berechtigt werden, den Inhabern von Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Der Gutschein könne dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine alternative Veranstaltung eingelöst werden. Der Inhaber des Gutscheins könne die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn ihm die Annahme des Gutscheins aufgrund seiner persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird.

Der Bundestag debattiert heute in erster Lesung über den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf.

*

4. Grüne für freiwillige Gutscheinlösungen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Faire und freiwillige Gutscheinlösungen im Veranstaltungs- und Freizeitbereich fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (19/18708). Wegen der Absage von Veranstaltungen im Musik-, Kultur-, und Sportbereich und der Schließung von Freizeiteinrichtungen bedürfe es eines umfassenden Pakets unterstützender Maßnahmen, heißt es darin. Gleichzeitig müssten die Maßnahmen fair und ausgewogen sein, da auch Verbraucherinnen und Verbraucher hart von der Krise getroffen seien.

Die Antragsteller begrüßen die Zielsetzung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht, eine absichernde Regelung dürfe jedoch nicht einseitig konzipiert werden. Der Bundestag solle die Bundesregierung daher auffordern, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Annahme von Gutscheinen auf freiwilliger Grundlage stärkt, insbesondere dadurch, dass die Gutscheine gegen die Insolvenz des Unternehmens abgesichert sind. Im Hinblick auf die von der Bundesregierung vorgeschlagene verpflichtende Gutscheinlösung sollte unter anderem gewährleistet werden, dass die Unternehmen darlegen müssen,weshalb sie nicht in der Lage sind, Erstattungsansprüche auszuzahlen. Darüber hinaus solle ein Rettungsfonds für Kulturschaffende und Kultureinrichtungen einzurichten. Über den Antrag der Grünen berät der Bundestag heute zusammen mit dem Gesetzentwurf zur Abmilderung der Covid-Folgen im Veranstaltungswesen und weiteren Anträgen.

*

5. FDP dringt auf Gutscheinlösung

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Für eine verbraucherfreundliche Gutscheinlösung vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen Absage von Leistungen durch Veranstalter spricht sich die FDP-Fraktion in einem Antrag aus (19/18702). Der Bundestag solle daher die Bundesregierung auffordern, im Veranstaltungsvertragsrecht einen Rechtsrahmen für die Ausgestaltung einer verbraucherfreundlichen Gutscheinlösung zu schaffen, die den Gläubigern die Wahlfreiheit zwischen unverzüglicher Rückerstattung des Ticket- beziehungsweise Eintrittspreises oder der Annahme eines Gutscheins für die nicht erbrachte Leistung ermöglicht. Auf europäischer Ebene solle sich die Bundesregierung für eine Anpassung des Reise- und Fluggastrechts einzusetzen, um einen Rechtsrahmen für die Ausgestaltung einer solchen verbraucherfreundlichen Gutscheinlösung zu schaffen. Dabei solle gewährleistet werden, dass das Insolvenzrisiko der Unternehmen nicht vollständig auf die Verbraucher abgewälzt wird, sondern die Werthaltigkeit von Gutscheinen zumindest quotenmäßig gesichert wird. Über den Antrag der FDP berät der Bundestag heute zusammen mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Abmilderung der Covid-Folgen im Veranstaltungswesen und weiteren Anträgen.

*

6. FDP will Hilfen für Kulturwirtschaft

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die FDP-Fraktion spricht sich für weitere Hilfen für die Kultur- und Kreativwirtschaft während der Corona-Krise aus. In einem Antrag (19/18668) fordert sie die Bundesregierung auf, die Bund-Länder-Vereinbarung so zu ändern, dass Solo-Selbständige Mittel aus der Soforthilfe nicht nur für Betriebskosten sondern auch für teilgewerbliche Kosten in Anspruch nehmen können. Um einen komplizierten Nachweis zu vermeiden, soll Solo-Selbständigen für drei Monate eine Soforthilfe in Höhe von 25 Prozent ihrer im Jahr 2019 angemeldeten Netto-Umsätze, maximal jedoch 9.000 Euro, gewährt werden. Die Hilfen sollen nur dann anteilig zurückgezahlt werden müssen, wenn das Jahreseinkommen 2020 das vom Vorjahr übersteigen sollte.

Zudem sprechen sich die Liberalen dafür aus, die Soforthilfen für Solo-Selbständige und kleine Betriebe mit bis zu zehn Angestellten auf Betriebe mit bis zu 249 Angestellte auszuweiten. Zudem solle geprüft werden, ob von der Soforthilfe auch gemeinnützige Unternehmen mit kulturellen Tätigkeitsschwerpunkten profitieren können. Darüber hinaus soll ein "Investitionsprogramm für digitale Geschäftsmodelle" für Freiberufler und Selbständige aufgelegt werden und hierfür die Fördermittel des "Innovationsprogramms für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen" des Bundeswirtschaftsministeriums genutzt werden.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 417 - 22. April 2020 - 17.41 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang