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BUNDESTAG/9864: Heute im Bundestag Nr. 557 - 28.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 557
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 28. Mai 2020, Redaktionsschluss: 10.56 Uhr

1. Anpassung der Strafprozessordnung
2. Menschenrechts in Corona-Zeiten
3. Werbeverbot für Tabakerzeugnisse
4. Formulierungshilfen der Bundesregierung
5. Kampagne gegen Hamsterkäufe
6. Bekämpfung der Schweinepest


1. Anpassung der Strafprozessordnung

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Die FDP-Fraktion hat einen Antrag vorgelegt, mit dem die Revisionsbegründungsfrist des Paragrafen 345 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) angepasst werden soll (19/19503). Danach soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem die Frist vergleichbar der Regelung des Paragrafen 275 Absatz 1 StPO unter Berücksichtigung des Umfangs des Verfahrens gestaffelt wird. Außerdem soll die Vorschrift des Paragrafen 345 StPO so reformiert werden, dass die Revisionsbegründungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn dem Rechtsmittelführer das Urteil und das Hauptverhandlungsprotokoll zugestellt worden sind. Zusätzlich soll eine absolute Obergrenze für die Absetzungsfrist - also die Frist, innerhalb der ein schriftliches Urteil zu den Akten gebracht werden muss - gemäß Paragraf 275 Absatz 1-3 StPO geschaffen werden.

Wie die Antragsteller schreiben, haben die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft nach aktueller Gesetzeslage gemäß Paragraf 345 I StPO in Berufungsverfahren einen Monat Zeit, um nach eingelegter Revision und Urteilszustellung die Revisionsbegründung zu fertigen. Diese starre Frist könne insbesondere bei großen, langwierigen Verfahren, verbunden mit einer langen Absetzungsdauer des Urteils, dem Anspruch auf eine sachgerechte und bestmögliche Bearbeitung des Falles nicht gerecht werden. Am 21. April 2020 habe das Oberlandesgericht München das bereits am 11. Juli 2018 mündlich verkündete Urteil in einem in den Medien sehr präsenten Verfahren abgesetzt und damit gerade noch die Absetzungsfrist von 93 Wochen eingehalten, die am 22. April 2020 abgelaufen wäre. Der Verteidigung bleibe nun - ebenso wie der Bundesanwaltschaft - ab Urteilszustellung ein Monat Zeit, um das 3.025 Seiten lange Urteil zu prüfen und gegebenenfalls die Revision zu begründen. Neben der Urteilsbegründung müsse den Verteidigern dazu auch das Hauptverhandlungsprotokoll erst noch zugestellt werden. Dieser Vorgang nehme zusätzlich Zeit in Anspruch. Das angesprochene Urteil belege in besonders drastischer Weise die in der Praxis vielfach kritisierten Unzulänglichkeiten der genannten Fristen in zweifacher Hinsicht.

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2. Menschenrechts in Corona-Zeiten

Menschenrechte/Antrag

Berlin: (hib/SAS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, sich angesichts der weltweiten Bedrohung der Menschenrechte durch die Corona-Pandemie "vehement" für deren "Respektierung, Schutz und Gewährleistung" einzusetzen.

Sowohl das Virus selbst als auch die verhängten Maßnahmen zu dessen Eindämmung hätten "massive Auswirkungen auf eine Vielzahl bürgerlicher und politischer sowie wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte", heißt es in einem Antrag der Fraktion (19/19499).

Das Recht auf Gesundheit verpflichte die Vertragsstaaten des VN-Sozialpaktes, Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz zu treffen. Das Recht auf Gesundheit sei mit vielen anderen Menschenrechten verbunden und von ihnen abhängig, so etwa unter anderem dem Recht auf sauberes Wasser, auf Nahrung, Wohnen und Zugang zu Informationen. "Viele dieser Rechte werden unabhängig von der derzeitigen Corona-Pandemie weltweit nicht in vollem Umfang gewährleistet", monieren die Abgeordneten. Das wirke sich nun "zusätzlich negativ" auf die Gewährleistung des Rechts auf Gesundheit aus.

Gerade für "marginalisierte und strukturell benachteiligte Bevölkerungsgruppen" sei die Gefahr einer Infizierung mit dem Coronavirus besonders groß. Dazu zählten unter anderem Personen im Strafvollzug, Flüchtlinge, Migranten, Menschen ohne Papiere und Krankenversicherung oder Wohnungslose. Auch seien Frauen als im Fürsorge- und Pflegesektor Beschäftigte von der Viruserkrankung sowie den Folgen der Pandemiebekämpfung "überproportional" betroffen, schreiben die Grünen. Diese "vulnerablen Gruppen" zu schützen sei zentrale Aufgabe der Staatengemeinschaft.

Zudem fordert die Fraktion, dass demokratische Rechte, insbesondere politische Beteiligungsrechte wie die Presse- und Versammlungsfreiheit gewahrt werden. Die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung drohten die "Schwächung demokratischer und rechtsstaatlicher Standards weiter zu beschleunigen". "Weltweit ergreifen autoritäre Regierungen repressive Maßnahmen und schränken Menschen- und Bürgerrechte ein, vermeintlich im Namen der Pandemiebekämpfung, um ihre politischen Interessen durchzusetzen und ihre Machtposition zu verfestigen", schreiben die Abgeordneten. Sie beklagen zudem, Ausgangssperren und Grenzschließungen zögen massive sozioökonomische Folgen nach sich. Hunger und Armut nähmen zu.

Als Konsequenz verlangt die Grünen-Fraktion von der Bundesregierung, die in Deutschland zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlassenen Maßnahmen "fortlaufend auf ihre Verhältnismäßigkeit und zeitliche Notwendigkeit zu überprüfen". Zudem dringt sie darauf, dass "Opfer häuslicher und sexualisierte Gewalt ungehinderten Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten bekommen" und Menschen aus Risikogruppen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mithilfe von Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen gewährleistet wird. Die unverzügliche Aufnahme von "weiteren besonders schutzbedürftigen Geflüchteten aus den europäischen Hotspots der ostägäischen Inseln" ist eine weiter Forderung der Grünen.

Auf europäischer Ebene solle die Bundesregierung darüber hinaus, alle EU-Staaten auffordern, die Grund- und Menschenrechte einschränkenden Corona-Maßnahmen nur "zeitlich befristet" zu erlassen und durch nationale Parlamente stetig zu überprüfen. Die Regierung solle sich zudem gemeinsam mit den europäischen Partnerländern für die Wahrung und Förderung von Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen, so die Fraktion weiter, und damit eine "klare Gegenposition zu erstarkenden autokratischen Strömungen" einnehmen. Weiter plädieren die Abgeordneten für die Entwicklung einer "solidaritätsgeleitenden und ganzheitlichen" Strategie zur Pandemiebekämpfung. Bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 gelte es sicherzustellen, dass dieser "für alle Menschen weltweit zugänglich, verfügbar und bezahlbar" sei.

Innerhalb der Vereinten Nationen (VN) solle sich die Bundesregierung außerdem für eine Stärkung internationaler und zivilgesellschaftlicher Organisationen einsetzen. Insbesondere sei eine bessere Ausstattung und Stärkung des Mandats der Weltgesundheitsorganisation WHO erforderlich. Weitere Forderungen der Grünen zielen auf die Einhaltung der Agenda 2030, die Unterstützung des Appells von VN-Generalsekretär António Guterres für einen weltweiten Waffenstillstand sowie den Einsatz für die Freilassung von politischen Häftlingen und Menschenrechtsverteidigern.

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3. Werbeverbot für Tabakerzeugnisse

Ernährung und Landwirtschaft/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/FNO) Die Koalitionsfraktionen wollen den Konsum von Tabakwaren und elektronischen Zigaretten weiter senken. Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes (19/19495) von der CDU/CSU und SPD-Fraktion sieht starke Werbebeschränkungen für jegliche Tabakerzeugnisse vor, auch wenn diese kein Nikotin enthalten. Das Gesetz soll die bereits umgesetzte EU-Richtlinie 2014/40/EU ergänzen.

Konkret soll Außenwerbung künftig nur noch für Geschäfte des Fachhandels möglich sein, sofern diese an den Außenwänden oder im Schaufenster angebracht ist. Ferner soll die Kinowerbung weiter eingeschränkt werden. Ein generelles Verbot von Tabakwerbung vor Filme, bei denen Kinder und Jugendliche anwesend seien können, soll die bisher geltende zeitliche Beschränkung auf Filme nach 18 Uhr ablösen. Damit ist Werbung für Tabakwaren oder ähnliche Produkte nur noch bei Filmen ohne Jugendfreigabe möglich. Die Tabakwirtschaft hat für beide Werbeträger bisher jährlich etwa 100 Millionen Euro aufgewendet, diese Einnahmen fehlen der Werbeindustrie künftig. Die Einschränkungen für Außenwerbung sollen stufenweisen in Kraft treten, sie gelten ab dem 1. Januar 2022 für Tabakwaren, ab dem 1. Januar 2023 für Tabakerhitzer und ab dem 1. Januar 2024 für elektronische Zigaretten. Die veränderten Vorgaben für Kinowerbung und ein Verbot von Gratisproben soll schon zum 1. Januar 2021 gelten. Der Entwurf sieht zudem vor, nikotinfreie elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter den nikotinhaltigen Produkten gleichzusetzen.

Die Fraktionen begründen ihren Gesetzentwurf mit dem Gesundheitsschutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, da kein anders Produkt bei "bestimmungsgemäßem Gebrauch gleichermaßen gesundheitsschädlich wie Tabakprodukte" sei. Ein Werbeverbot sorge zudem für einen verbesserten Jugendschutz, da sich Jugendliche der Außenwerbung nicht entziehen können.

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4. Formulierungshilfen der Bundesregierung

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Formulierungshilfen der Bundesregierung" thematisiert die AfD-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/19376). Darin schreibt die Fraktion, es sei gängige Praxis, dass die Bundesregierung bei der Gesetzgebungstätigkeit des Bundestages Hilfestellung leistet. Dies geschehe auch "durch die Erarbeitung von Entwürfen einzelner Vorschriften (Regelfall) oder ganzer Regelwerke (Ausnahmefall)". Diese Entwürfe würden als Formulierungshilfen bezeichnet.

Wissen wollen die Abgeordneten, welche Formulierungshilfen "seit dem Beginn der 15. Legislaturperiode durch die Bundesministerien oder Bundesbehörden auf welcher Rechtsgrundlage für wen erstellt" wurden und in welchen dieser Fälle es sich um einzelne Vorschriften oder ganze Regelwerke handelt. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreift, "um eine mögliche Beeinträchtigung des Prinzips der Gewaltenteilung durch die Erstellung von Formulierungshilfen durch die Bundesministerien auszuschließen".

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5. Kampagne gegen Hamsterkäufe

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/FNO) Die vom Bundesministerium geplante Aufklärungsaktion "Kauf nur, was du brauchst" steht im Fokus einer Kleinen Anfrage (19/19308) der FDP-Fraktion. Die Fragesteller wollen wissen, in welchem Umfang die Kampagne stattfinden soll und welche Erfolgsaussichten die Bundesregierung sieht.

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6. Bekämpfung der Schweinepest

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/FNO) Die Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) unter den Bedingungen der Corona-Pandemie ist das Thema einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/19312). Gefragt wird unter anderem nach den benötigten Testkapazitäten für ASP-Verdachtsfälle. Auch die Auswirkungen von Kontaktsperren und verstärkten Grenzkontrollen auf die Ausbreitung der Schweinepest interessiert die Fragesteller.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 557 - 28. Mai 2020 - 10.56 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2020

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