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PRESSEKONFERENZ/441: Regierungspressekonferenz vom 22. Juni 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 22. Juni 2012
Regierungspressekonferenz vom 22. Juni 2012

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Arbeitstreffen in Rom mit dem italienischen und dem spanischen Ministerpräsidenten sowie dem französischen Präsidenten, Reise der Bundeskanzlerin zum EM-Viertelfinale nach Danzig, Jahrestagung des Rats für Nachhaltige Entwicklung, Kabinettssitzung, Jahreskongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Empfang des Präsidenten von Singapur, Europäischer Rat in Brüssel)
weitere Themen: zunehmende Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen, europäische Schuldenkrise, europäische Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank, Umgang mit Flüchtlingen in Griechenland, Berichterstattung in ausländischen Medien über die Bundeskanzlerin, Praxisgebühr, Überfall auf ein Urlaubshotel bei Kabul, Nationaler Bildungsbericht 2012/Betreuungsgeld

Sprecher: SRS Streiter, Albrecht (BMG), Bruns (BMF), Schäfer (AA), Dienst (BMVg), Kinert (BMFSFJ)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Zunächst ein paar Worte zu dem heutigen Termin in Rom: Die Kanzlerin ist dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti sehr dankbar, dass er ihrer Bitte entsprochen und das Treffen mit den Kollegen Hollande und Rajoy vorverlegt hat. Die Kanzlerin wird nun um 14 Uhr in der Villa Madama, dem Ort des Treffens, ankommen, und nach einer gemeinsamen Arbeitssitzung ist von 15.40 Uhr bis 16.15 Uhr eine Pressebegegnung der vier Staats- und Regierungschefs vorgesehen.

Anschließend wird die Kanzlerin um 17 Uhr direkt nach Danzig fliegen. Um 20.45 Uhr wird der Anpfiff des Spiels Deutschland gegen Griechenland sein. Die Bundeskanzlerin wird bei ihrer Ankunft am Stadion durch den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, UEFA-Präsident Michel Platini sowie DFB-Präsident Wolfgang Niersbach begrüßt werden.

Am Montag, 25. Juni, wird die Bundeskanzlerin von 14.30 Uhr bis 15 Uhr bei der Jahrestagung des Rats für Nachhaltige Entwicklung im Haus der Kulturen der Welt zu Gast sein. Dort wird sie in ihrer Rede über die Ergebnisse von Rio und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie sprechen.

Am Mittwoch, 27. Juni, wird um 9.30 Uhr die Kabinettssitzung stattfinden.

Ab 14 Uhr wird die Bundeskanzlerin dann den Jahreskongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft in Berlin besuchen. Ein Jahr nach der Energiewende wird sie über Erreichtes sprechen und auf noch offene Fragen eingehen.

Am Nachmittag, um 15.30 Uhr, wird die Bundeskanzlerin dann den Präsidenten von Singapur, Tony Tan Keng Yam, im Bundeskanzleramt empfangen. Themen des Gesprächs werden die bilateralen Beziehungen, Wirtschaftsfragen sowie die Sicherheit in der Region sein. Bei der Begrüßung ist ein Bildtermin vorgesehen. Eine Pressebegegnung ist nicht geplant.

Donnerstag und Freitag, 28. und 29. Juni, wird die Bundeskanzlerin am Europäischen Rat in Brüssel teilnehmen. Der Gipfel wird am Donnerstag zunächst um 15 Uhr mit der Begegnung mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, beginnen. Nach dem sogenannten Familienfoto wird dann gegen 16.15 Uhr die erste Arbeitssitzung des Treffens beginnen. Um 19.15 Uhr ist ein Arbeitsabendessen vorgesehen. Am 29. Juni, dem Freitag, wird dann um 10 Uhr die zweite Arbeitssitzung beginnen. Etwa ab 13.30 Uhr plant der Präsident des Europäischen Rats ein kurzes Mittagessen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone. Dies geht auf die Vereinbarung zurück, dass es regelmäßig zwei Eurogipfel jährlich geben soll.

Schwerpunkte des Europäischen Rats werden die Aushandlung einer Wachstumsagenda für die Europäische Union und der Bericht der Präsidenten des Europäischen Rats, der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und der Eurogruppe zur Fortentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Weitere Themen werden der mehrjährige Finanzrahmen sowie die Justiz- und Innenpolitik und die Stresstests der EU-Kernkraftwerke sein. Es wird einen Bericht zu den bisherigen Ergebnissen geben, und diese Stresstests wurden nach der Katastrophe von Fukushima auch auf Initiative der Bundeskanzlerin hin durchgeführt. Außerdem wird es um Außenbeziehungen gehen, abhängig von der Situation in einzelnen Ländern, zum Beispiel in Syrien.

Dazu wird es das übliche Briefing mit Staatssekretär Seibert und dem Leiter der Europaabteilung im Bundeskanzleramt, Herrn Meyer-Landrut, am Mittwoch, den 27. Juni, um 15.30 Uhr hier im Saal geben. Sie werden dazu noch gesondert eingeladen. Auch dieses Briefing wird nach Brüssel übertragen. - Das waren die Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche.

Albrecht: Sie wissen, dass wir die Krankenkassen aufgrund der zunehmenden Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen als BMG aufgefordert haben - Minister Bahr hat das auch immer wieder persönlich gemacht -, die Möglichkeiten zur Auszahlung einer Prämie zu prüfen. Es hat einen Brief des Bundesverwaltungsamtes gegeben, in dem eine Frist bis zum 8. Juni gesetzt wurde. Die Technikerkrankenkasse hatte seinerzeit eine Fristverlängerung erbeten, weil am heutigen 22. Juni der Verwaltungsrat getagt hat. Wir sind soeben darüber informiert worden, dass der Verwaltungsrat den Beschluss gefasst hat, die Auszahlung einer Prämie und die Ausweitung von Leistungen beziehungsweise Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge zu prüfen. Wir begrüßen es sehr, dass das Verfahren jetzt weitergeht. Das zeigt, dass sich die Kassen des Potenzials, das dem innewohnt - also den Wettbewerb zwischen den Kassen zu befördern -, bewusst sind und dass es also weitergeht. Insofern sehen wir das auf einem guten Weg. Der Minister begrüßt es ausdrücklich, dass die Prämie in Erwägung gezogen wird.

Frage (zur europäischen Schuldenkrise): Herr Streiter, Herr Monti hat wiederholt, dass Italien eine Wende auf einem europäischen Niveau brauche, was die sogenannten Spreads angeht, die immer weiter steigen, unabhängig von der wirklichen wirtschaftlichen Lage Italiens. Wie reagiert die Bundesregierung darauf?

Ich möchte auch gerne wissen, ob die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt darüber nachdenkt, dass Italien Hilfe braucht. Muss Italien zurzeit einen Antrag an die EFSF stellen?

SRS Streiter: Dazu kann ich nur sagen: Es handelt sich ja nicht um Verhandlungen und Beratungen. Es handelt sich wirklich um einen reinen Besuch. Das sind keine formellen Beratungen. Es werden Meinungen ausgetauscht, Informationen ausgetauscht und keine Beschlüsse gefasst. Ich könnte mir vorstellen, dass der italienische Ministerpräsident der deutschen Bundeskanzlerin das dann sagen oder erläutern wird. Aber Sie können davon ausgehen, dass man dort keine Beschlüsse fassen wird. Es ist wirklich ein Besuch. Man wird sich dann ja nächste Woche wieder in Brüssel sehen.

Vorsitzender Leifert: Ich glaube, es stand darüber hinausgehend noch die Frage nach der Antragstellung für Hilfen im Raum.

SRS Streiter: Wenn das im Raum steht, dann wird er das dort möglicherweise auch zur Sprache bringen. Ich möchte dem Gespräch jetzt wirklich nicht vorgreifen.

Zusatz: Es geht nicht darum, vorzugreifen, aber es gibt doch schon eine Meinung der Bundesregierung. Zurzeit debattiert man nämlich viel in den Medien über die Möglichkeit, dass Italien einen Antrag stellt.

SRS Streiter: Möglicherweise werden die sich auch dort darüber austauschen. Wenn die Bundeskanzlerin dazu eine Meinung hat, wird sie die dem Ministerpräsidenten dann selbst sagen.

Frage: In diesem Zusammenhang habe ich zwei Fragen an das Bundesfinanzministerium: Welche Haltung hat die Bundesregierung zu den Plänen von Herrn Monti, EZB-Anleihekäufe zuzulassen oder zu erbitten? Wie betrachten Sie die Forderung von Frau Lagarde nach direkten Bankenhilfen aus den Rettungsfonds EFSF oder ESM?

Bruns: Vielen Dank für die Frage. Minister Schäuble hat sich dazu schon selbst geäußert oder wird sich jetzt parallel hierzu äußern. Dazu gibt es auch schon einige Agenturmeldungen, und deswegen will ich hier jetzt nichts parallel kommunizieren. Der Minister hat dazu Aussagen getroffen.

Ich habe zumindest teilweise gelesen, dass es dabei irgendeinen Widerspruch gebe. Man muss aber vor allen Dingen einmal das Verfahren betrachten. Es geht jetzt um die ganz allgemeine Frage der Banken, der Stärkung der Europäischen Union, des Fiskalpakts und der Bankenaufsicht. Hinsichtlich all dieser Fragen laufen derzeit Gespräche, und die werden sich dann ja auch mindestens bis zum nächsten Europäischen Rat hinziehen. Es ist der größere Rahmen, der jetzt diskutiert wird. Ich denke, das sind jetzt Stellungnahmen, Aspekte und Bereiche im Rahmen dieser größeren Diskussion, und da möchte ich auch nichts vorwegnehmen und insbesondere, wie gesagt, auch nichts parallel kommunizieren.

Zusatzfrage: Wir sind auch noch bei den Terminen der Kanzlerin. Vielleicht könnte Herr Streiter Licht ins Dunkel bringen, was die Termine der Kanzlerin im Zusammenhang mit dem Fiskalpaket, den Ländern und der Unterrichtung der Spitzen der im Bundestag vertretenen Parteien und Fraktionen angeht. Wann sind die genauen Termine? Morgen sollte ja eine Unterrichtung stattfinden, ich glaube, auf telefonischer Ebene. Wie wird es nächste Woche weitergehen?

SRS Streiter: Zunächst einmal wird es am Sonntag von 15 bis 17 Uhr im Bundeskanzleramt ein Gespräch des Chefs des Bundeskanzleramts mit Ministerpräsidenten zum Fiskalvertrag gegeben. Daran werden Ministerpräsident Seehofer, Ministerpräsident Haseloff, der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, Bundesminister Schäuble und Bundesminister Rösler teilnehmen.

Zusatzfrage: Was ist mit nächster Woche? Es hieß einmal, dass möglicherweise noch ein Gespräch der Kanzlerin mit den Partei- und Fraktionschefs hier in Berlin geplant sei.

SRS Streiter: Darüber ist mir derzeit nichts bekannt.

Zusatzfrage: Sieht die Bundesregierung den Fahrplan, den sie bisher hat - die Abstimmung am Freitag im Bundestag und im Bundesrat zum Fiskalpaket und zum ESM -, durch die Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts und die dadurch wahrscheinlich verzögerte Unterschrift des Bundespräsidenten gefährdet?

SRS Streiter: Nein. Da handeln alle Verfassungsorgane unabhängig voneinander. Der Bundestag hat das ja auf die Tagesordnung gesetzt, der Bundesrat ebenso, und daran wird sich voraussichtlich auch nichts ändern.

Zusatzfrage: Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung wollen ja mit diesen Abstimmungen auch ein Signal an die EU-Partner und die Finanzmärkte senden. Ist dieses Signal durch die wegen der Unterschrift des Bundespräsidenten verspätete oder spätere Ratifizierung nicht gefährdet?

SRS Streiter: Nein. Wenn Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit diesen beiden Vorhaben zustimmen, dann ist das ein ganz starkes Signal und auch das Signal, das gewünscht war.

Frage: An das Finanzministerium: Mit welchen möglichen Folgen rechnen Sie? Mit welchen Verzögerungen rechnen Sie? Gibt es einen neuen Starttermin für den ESM? Wird der jetzt verhandelt? In den Agenturen wird gemeldet, es könnte der 9. Juli sein. Ist das wahr? Welche Folgen könnte eine Verzögerung auf den Märkten haben?

Bruns: Zum einen ist das jetzt alles noch relativ spekulativ. Zum Teil suggerieren Ihre Fragen auch ein paar Dinge, die ich jetzt nicht aufnehmen möchte. Es ist die alleinige Entscheidung des Gerichtes, wie lange es dauern wird. Die Frage ist auch noch, was für eine Klage überhaupt konkret eingereicht wird und welche Punkte das betrifft. Es ist dann, wie gesagt, die Entscheidung des Gerichts, wie lange es brauchen wird. In der Vergangenheit gab es beispielsweise durchaus schon Verfahren, bei denen es sehr schnell gegangen ist, aber wir wollen eben nicht spekulieren. Das ist dann eben, wie gesagt, die Entscheidung des Gerichts.

Zusatzfrage: Sieht der Finanzminister diese Entwicklung gelassen? Sieht er aus der Verzögerung keine Folgen für die Märkte entstehen?

Bruns: Wir sehen das als ein ganz normales Verfahren in unserem Rechtsstaat an. Jeder hat das Recht, wenn er möchte, eine Klage einzureichen. Das ist ein normales Verfahren in unserem Rechtsstaat. Wir sind da nicht beunruhigt. Sie können auch davon ausgehen, dass wir intern alles geprüft haben, bevor ein Gesetz auf den Weg geht.

Frage: Ich habe noch einmal direkt eine Nachfrage zu der Frage des Kollegen. Das ist ein normales Verfahren in unserem Rechtsstaat - das ist klar. Aber die Frage war, ob Sie befürchten, dass es Auswirkungen auf den Finanzmarkt hat. Das ist ja noch ein anderer Aspekt.

Bruns: Zu Äußerungen und Spekulationen über die Frage finanzmarktrelevanter Aspekte - so leid es mir tut, aber das haben wir schon häufiger gesagt - wird von hier aus sicherlich nichts gesagt werden. Was ich eben allgemein gesagt habe, ist, dass wir nicht beunruhigt sind.

Zusatzfrage: Geht die Bundesregierung davon aus, dass für die Verabschiedung des ESM im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist?

SRS Streiter: Ja, deswegen ist das ja alles veranstaltet worden.

Zusatzfrage: Es gibt auch andere Auffassungen, nämlich dass der ESM - nicht der Fiskalpakt - keine Zweidrittelmehrheit nötig hat. Deswegen frage ich: Geht die Bundesregierung davon aus, dass - - -

SRS Streiter: Ja, wir sind davon ausgegangen, und deshalb hat es ja dieses ganze mühsame Verfahren und diese ganzen, vielen Gespräche gegeben.

Zuruf: Nach meinem Kenntnisstand bezieht sich die Zweidrittelmehrheit ausschließlich auf den Fiskalpakt und nicht auf den ESM, genauso wenig wie vorher auf die EFSF.

SRS Streiter: Ja, das war ein Missverständnis.

Frage: Herr Streiter, der SPD-Vorsitzende Gabriel hat der Regierung auch wegen der Verzögerung ein Höchstmaß an Unprofessionalität im Regierungshandeln vorgeworfen und begründet das damit, dass die Regierung erst kurz vor Torschluss begonnen hat, mit der Opposition zu sprechen, sodass sich das dann alles zu lange hingezogen habe. Können Sie noch einmal erklären, weshalb die Regierung erst monatelang nicht mit der Opposition gesprochen hat, dann aber in den letzten Tagen so lange, bis die Entscheidungsprozedur Ende nächster Woche eingeleitet werden kann?

Zur zweiten Frage: Bei den monatlichen Treffen der Kanzlerin mit dem Bundespräsidenten ist doch garantiert das Stichwort ESM/Fiskalpakt als Gesprächsgegenstand gefallen. Ich frage das deshalb, weil der Regierungssprecher, Ihr Chef, gestern dementiert hat, dass es eine Form von Wunsch oder Druck seitens der Bundeskanzlerin beim Bundespräsidenten gegeben habe.

SRS Streiter: Da kann ich gerne noch einmal wiederholen und bekräftigen, um die zweite Frage gleich zu beantworten: Die Bundeskanzlerin hat niemals mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck in Bezug auf die Frage und den Zeitpunkt der Ausfertigung der Gesetze zu ESM und Fiskalpakt gesprochen. Anderslautende Behauptungen entsprechen nicht den Tatsachen. Die Bundeskanzlerin ist im Übrigen davon überzeugt, dass jedes Mitglied der Bundesregierung genau wie sie selbst die Unabhängigkeit der Verfassungsorgane achtet. Das ist das eine.

Zum anderen kann ich Ihnen nur sagen, dass das natürlich ein relativ absurder Vorwurf ist. Man kann nun wirklich nicht sagen, dass diese Gesetze in irgendeiner Weise durchgepeitscht werden würden. Ich kann Ihnen einmal kurz das parlamentarische Verfahren darstellen: Am 16. Dezember 2011 hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom parlamentarischen Staatssekretär Kampeter an die Mitglieder des Haushalts und des EU-Ausschusses über erste Entwürfe des Fiskalvertrags informiert, am 18. Januar 2012 gab es eine Unterrichtung im Haushaltsausschuss über den Stand der Verhandlungen, und die erste Lesung im Bundestag fand bereits am 29. März 2012 statt. Ich glaube, an dieser Sitzung haben auch Vertreter der SPD und der Grünen teilgenommen. Man kann nun also wirklich nicht sagen, dass hier irgendetwas durchgepeitscht würde.

Ich kann das noch fortführen: Der Bundesrat hat sich am 11. Mai in einem ersten Durchgang damit befasst - -

Zusatzfrage: Aber Herr Streiter, das war ja nicht die Frage. Die Frage bezog sich darauf, dass es keine Verhandlungen mit der Opposition gegeben hat, um die nötige parlamentarische Mehrheit für den Fiskalpakt zu sichern. Diese Gespräche, so sagt der SPD-Vorsitzende, sind ziemlich spät - das wissen wir ja alle - eingeleitet worden, und das hält er für ein Höchstmaß an Unprofessionalität.

SRS Streiter: Wenn er das so sieht, kann ich ihm das ja nicht nehmen. Man kann nun aber wirklich nicht behaupten, dass keiner gewusst hätte, worüber geredet wird. Die finalen Texte liegen ja auch seit dem 16. Mai vor. Im Übrigen ist es so, dass wir hier über Fiskalpakt und ESM reden, die am Freitag völlig unverändert zur Abstimmung gelangen. Das, was gestern mit der SPD und den Grünen vereinbart worden ist, sind Ergänzungen; die sind nicht Bestandteil von Fiskalpakt und ESM, das sind vielmehr ergänzende gesetzliche Regelungen.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine letzte Nachfrage zu dem, was Sie zu den Routinegesprächen der Kanzlerin mit dem Bundespräsidenten gesagt haben. Wenn Sie sagen, dass die beiden zu keinem Zeitpunkt über die Frage Fiskalpakt gesprochen haben, würde ich schon die Frage stellen: Ist es nicht ein bisschen leichtfertig, dass die Kanzlerin das Thema nicht angesprochen hat?

SRS Streiter: Das können Sie beurteilen, wie Sie wollen.

Zusatzfrage: Das war eine Frage!

SRS Streiter: Ich werde Ihnen hier auf keinen Fall irgendeine Auskunft über irgendeinen Inhalt eines Gesprächs der Bundeskanzlerin mit einem anderen Verfassungsorgan mitteilen.

Zusatzfrage: Aber das haben Sie doch gemacht, indem Sie gesagt haben, die beiden hätten ausdrücklich nicht über das Thema Fiskalpakt gesprochen.

SRS Streiter: Diese Klarstellung hatte auch einen Grund, denn das wurde ja behauptet.

Frage: Herr Streiter, war die Bundeskanzlerin gestern überrascht über die öffentliche Äußerung aus dem Bundesverfassungsgericht, was die Unterschrift des Bundespräsidenten angeht?

SRS Streiter: Dazu möchte ich keine Stellung nehmen. Ich kann mich nur ganz allgemein fassen und sagen, dass alle Verfassungsorgane voreinander sehr großen Respekt haben. Kontakte sind nicht verboten, Kontakte sind manchmal auch geboten. Was das Verfassungsgericht macht, liegt völlig in seiner Freiheit, genauso wie der Bundespräsident völlig frei ist in seinen Entscheidungen und Handlungen, so wie alle anderen Verfassungsorgane auch.

Ich möchte noch eines ergänzen: Die Vorstellung, also allein der Gedanke, man könne das Bundesverfassungsgericht in irgendeiner Weise beeinflussen, ist nun wirklich völlig abwegig, denn die Stellung des Verfassungsgerichts ist so stark, dass sich wirklich jeglicher Gedanke daran verbietet.

Frage: Herr Streiter, hält die Bundesregierung an dem Ziel fest, dass der ESM zum 1. Juli in Kraft tritt?

SRS Streiter: Die Bundesregierung nimmt ja die Realitäten wahr.

Zusatzfrage: Das versuchen wir alle, aber halten Sie an dem Ziel fest, dass der ESM zum 1. Juli in Kraft tritt?

SRS Streiter: Nach all dem, was wir alle gehört und gelesen haben, kann es ja nicht sein.

Zuruf: Das kann ja ganz schnell gehen!

SRS Streiter: Es wäre schön, aber das hat die Bundesregierung nicht in ihrer Hand.

Zusatzfrage: Und was ist mit dem Termin des 9. Juli, der jetzt durch die Medien geisterte?

SRS Streiter: Ich glaube, der ist so zustande gekommen, wie viele Medienberichte zustande kommen: Da hat einer einfach einmal darüber nachgedacht, wie lange so etwas möglicherweise dauert. Ich glaube, der Termin 9. Juli ist einfach einmal so gegriffen.

Frage: Herr Streiter, die Grünen im Bundestag weisen darauf hin, dass ihre Vorsitzenden bereits in einem Brief vom, ich glaube, 11. August 2011 an die Bundeskanzlerin darauf hingewiesen haben, dass sie doch bitte möglichst schnell den ESM zur Verabschiedung bringen lassen solle und dass eine Verzögerung bis zum Ende des Jahres 2011 schlecht sei. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die jetzige Situation?

SRS Streiter: Gar nicht - ich kann doch jetzt nicht Stellung nehmen zu einem Brief der Grünen vom letzten Jahr. Den kenne ich gar nicht, tut mir leid. Da war ich noch gar nicht hier.

Zusatzfrage: Er müsste sich doch eigentlich in den Akten finden lassen. - Aber wenn der Hintergrund ist, dass bereits vor knapp einem Jahr darauf hingewiesen wurde, dass eine Verabschiedung des ESM dringlich geboten sei, und es fast ein Jahr später immer noch nicht passiert ist, muss man sich dann nicht doch den Vorwurf einer Verzögerung durch Regierungshandeln oder Unterlassen gefallen lassen?

SRS Streiter: Ich glaube, da haben Sie einen falschen Eindruck. Ich glaube nicht, dass die Bundeskanzlerin diejenige ist, die den ESM in irgendeiner Weise verzögert. Daran haben wir doch gar kein Interesse. Es war ja eigentlich ihr Ziel, es möglichst früh zu machen, und jetzt stellt sich heraus, dass es ein bisschen eng wird. Insofern ist es, glaube ich, vom Ansatz her ein seltsamer Gedanke, wenn man sagt, die Bundesregierung verzögere das. Wenn jemand vor einem Jahr einmal einen Brief geschrieben hat und jetzt sagt "Ich hatte Recht", dann kann ich nur sagen: Vielleicht war demjenigen dann auch nicht ganz klar, wie kompliziert so etwas ist. Das ist ja nicht eine rein deutsche Angelegenheit, sondern da gehören noch ein paar andere europäische Länder dazu.

Frage: Die neue griechische Regierung unter Antonis Samaras hat die Lockerung der Sparauflagen ins Spiel gebracht; dasselbe haben auch der SPD-Vorsitzende Gabriel und auch etliche europäische Politiker gemacht. Sieht die Bundeskanzlerin diesbezüglich nun einen Handlungsbedarf oder zumindest einen Gesprächsbedarf?

SRS Streiter: Da schalte ich jetzt wieder zurück auf Montag, 11.30 Uhr, und sage Ihnen genau das Gleiche, was ich Ihnen am Montag gesagt habe, nämlich dass die Bundesregierung jetzt erst einmal davon ausgeht, dass die Troika nach Griechenland fährt, dass die Troika zurückkehrt, dass die Troika einen Bericht verfasst und dass man sich das dann anschaut. Da hat sich nichts geändert, gar nichts.

Frage: Gibt es schon eine Information der Bundesregierung darüber, ob Herr Samaras beim EM-Viertelfinale in Danzig erscheint?

SRS Streiter: Nach allem, was wir wissen, wird er dort nicht sein. Es gibt dort also nur einen Samaras, nämlich den Stürmer.

Zusatzfrage: Sieht die Kanzlerin angesichts der Eurokrise und der Situation in Griechenland vielleicht einen Anlass, sich beim Jubeln oder beim Ärgern etwas zurückzunehmen, um nicht unnötige oder möglicherweise nicht gewollte Bilder zu produzieren?

SRS Streiter: Das ist vorher schlecht einzuschätzen; ich glaube, es hängt auch ein bisschen vom Verlauf des Spiels ab. Ich glaube aber, man wird schon merken, dass sie sich freut, wenn ein Tor auf der richtigen Seite fällt.

Frage: Herr Streiter, übernimmt die Bundeskanzlerin gegebenenfalls eine gewisse Mitverantwortung, wenn sie der deutschen Mannschaft kein Glück bringt und die heute Abend gegen die Griechen verlieren? Sie wird an der Rolltreppe ja offiziell vom DFB-Präsidenten begrüßt und dann bestimmt auch rechtzeitig zur Motivation in die Kabine gehen, aber es kann ja sein, dass das Spiel trotzdem danebengeht - und dann war es die Merkel, die Schuld war. Haben Sie sich im Kanzleramt strategisch auf eine solche Situation vorbereitet?

SRS Streiter: Das Schöne an einem Fußballspiel ist ja, dass dort elf Leute versuchen, das Runde ins Eckige zu bekommen, und dass darum herum 80 Millionen Bundestrainer sitzen. Ich glaube, da würden Sie der Bundeskanzlerin, die schon viele Päckchen zu tragen hat, ein ungerechtfertigtes Päckchen aufladen.

Zusatzfrage: Die Kanzlerin will mit einer Niederlage also nix zu tun haben?

SRS Streiter: Na, sie ist da Zuschauerin.

Frage: Herr Streiter, Sie hatten ja anfangs die Verlegung des heutigen Termins in Rom anders begründet und haben das ja später korrigiert und heute noch einmal damit begründet, dass die Kanzlerin das Fußballspiel in Danzig besucht. Nun ist am nächsten Donnerstag Halbfinale, das ist ja noch viel wichtiger. Ist es möglich, dass die Bundeskanzlerin dann auch einen Vorstoß macht, um den Europäischen Rat zu verschieben?

SRS Streiter: Darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren.

Zusatzfrage: Das heißt also, es ist möglich und nicht ausgeschlossen?

SRS Streiter: Da bin ich einmal vorsichtig - nachdem ich mich hier das letzte Mal schon vertan habe, möchte ich da diesmal nicht noch einmal auf der falschen Seite sein.

Frage: Wird die Kanzlerin in Danzig auch Vertreter Griechenlands treffen?

In diesem Zusammenhang an das Finanzministerium: Wird auch Herr Schäuble nach Danzig reisen?

SRS Streiter: Vielleicht können wir das zuerst beantworten?

Bruns: Das ist mir nicht bekannt.

SRS Streiter: Das ist mir auch nicht bekannt - ich wüsste es eigentlich. Da Minister Schäuble auch nicht in Rom dabei ist und sie direkt von Rom dahin fliegen, gehe ich einmal davon aus, dass er auch in Danzig nicht dabei ist. Gut, es wäre natürlich auch anders möglich.

Ob die Bundeskanzlerin dort Vertreter der griechischen Regierung trifft, ist unklar, das wissen wir nicht. Dass Herr Samaras nicht kommt, ist klar; ob jemand anders kommt, wissen wir einfach nicht. Sie wird dort aber andere Griechen sehen, nämlich die Mannschaft und den Trainer. Es gibt dort bestimmt auch Vertreter des griechischen Fußballverbands. Griechen wird sie also sehen.

Frage: Herr Streiter, wie sieht der Tipp der Bundeskanzlerin für den Ausgang des Spiels aus?

SRS Streiter: Da ist die Bundeskanzlerin klug genug, keinen Tipp abzugeben, damit sie dann hinterher nicht vorgehalten bekommt, sie habe keine Ahnung. Ich kann Ihnen nur sagen, dass menschlich, politisch und sportlich natürlich ihr Herz für Deutschland schlägt.

Frage: Ich wollte nur wissen, ob außer dem Bundestagspräsidenten, dem Bundessportminister und der Bundeskanzlerin heute noch andere hochrangige Staats- und Regierungsrepräsentanten der Bundesrepublik vor Ort auf der Ehrentribüne sind?

SRS Streiter: Das ist mir so genau nicht bekannt. Die Bundeskanzlerin hat ja eine Delegation in Rom dabei. Weil sie mit dem Flugzeug, das in Rom ist, dann nach Danzig fliegen, werden die anderen auch dort sein. Wo sie sich genau befinden werden, weiß ich nicht. Es wird sicher einige Leute geben, die das Spiel dort vorm Fernseher sehen.

Zusatzfrage: Ich dachte an andere Minister.

SRS Streiter: Nein, das ist mir nicht bekannt.

Zusatz: Das war jetzt keine kritische Frage danach, wer die ganzen Ehrenkarten bezahlt, sondern ich wollte einfach nur wissen, welche Bundesminister nach Freigabe der Reisemöglichkeiten spontan zum Spiel nach Danzig reisen.

SRS Streiter: Es gab weder eine Sperre noch eine Freigabe der Reisemöglichkeiten.

Zusatzfrage: Also sonst reist kein weiterer Bundesminister nach Danzig?

SRS Streiter: Das ist mir nicht bekannt.

Vorsitzender Leifert: Ich sehe einmal nach links und nach rechts. Keiner ergreift die Initiative. Deswegen gehen wir im Moment davon aus: Außer der Kanzlerin ist das Kabinett woanders.

Frage: Nach einem Bericht in der "Welt Online" soll die EZB künftig Europas Banken beaufsichtigen. Ich wollte fragen, ob Herr Streiter und das Bundesfinanzministerium dazu etwas sagen möchten.

SRS Streiter: Diese Frage habe ich am Mittwoch schon einmal beantwortet. Das ist ein bisschen untergegangen.

Es ist hierunter nicht der Einstieg in eine gemeinschaftliche Haftung zu verstehen, sondern hier geht es um eine starke übernationale Bankenaufsicht. Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, soll diese am liebsten unter dem Dach der EZB angesiedelt sein, so wie sie es auch in der Regierungserklärung letzte Woche erklärt hat.

Es geht hier um die Synchronisierung und Harmonisierung der Sicherungssysteme, aber der jeweils eigenen Sicherungssysteme der Staaten. Also es soll nicht dazu kommen, dass der eine Staat für die Schulden des anderen Staates haftet - das wäre ja auch verboten -, sondern es geht darum, dass dann die gleichen Standards gelten, die gleiche Aufsicht herrscht und im Zweifelsfall auch die gleichen Regeln für eine Abwicklung von Banken gelten. Daran hat sich nichts geändert, auch dadurch nicht, dass das jetzt eine Zeitung noch einmal für sich entdeckt hat. Das war am Mittwoch hier schon Thema.

Frage: In Griechenland werden die Ausländer, vor allem die Flüchtlinge, systematisch verfolgt, und zwar nicht nur von rechten Gruppierungen, sondern auch vom Staat. Es ist die erklärte staatliche Politik, die Ausländer massenweise auszuweisen und sie vorher einzusperren und auf die übelste Art und Weise zu behandeln. Ich habe diese Frage vor etwa einem Monat gestellt. Ihre Antwort, Herr Streiter, war: Warten wir, bis eine neue Regierung im Amt ist, und dann werden wir weitersehen.

Nun, die neue Regierung ist da. Gibt es eine Antwort von Ihnen auf diese Frage? Es geht um einen eklatanten Rechtsmissbrauch seitens des Staates in Griechenland.

SRS Streiter: Meine Antwort damals war, dass ich dazu keine Stellung nehme. Ich werde auch heute dazu keine Stellung nehmen.

Zusatzfrage: Und warum nicht, wenn ich fragen darf? Ist das nicht eine Frage, die auch die Europäische Union betrifft?

SRS Streiter: Wenn das dort jemand thematisieren möchte, kann er das ja tun. Aber ich möchte dazu heute nichts sagen - genauso, wie ich Ihnen dazu damals auch nichts sagen wollte.

Frage: Ich habe noch eine Frage zur Eurokrise, weil wir ja doch bei dem Thema sind. Ich würde gern von Herrn Streiter wissen, wie die Bundeskanzlerin denn auf Berichte und Fotomontagen reagiert, zum Beispiel in dem britischen Magazin "New Statesman", in dem sie als der Terminator des Wachstums dargestellt worden ist und als die gefährlichste deutsche Führungsfigur seit Adolf Hitler bezeichnet wird. Wie reagiert die Kanzlerin auf so etwas? Ärgert sie das, ist ihr das quasi Banane, oder wie muss ich mir das vorstellen?

SRS Streiter: Sie reagiert gar nicht darauf.

Zusatzfrage: Und die wiederholten Verunglimpfungen auf Titelbildern und die Nazi-Vergleiche in Griechenland gehen auch an ihr vorbei?

SRS Streiter: Sie nimmt das wahr, aber sie reagiert nicht darauf. Das ist Pressefreiheit.

Frage: Herr Albrecht, was ist eigentlich mit dem Wegfall der Praxisgebühr? Will das Herr Bahr noch, oder will er das bis zur Bundestagswahl nicht mehr als Minister?

Albrecht: Das erschließt sich mir jetzt nicht ganz, warum er das bis zur Bundestagswahl nicht mehr wollen soll.

Zusatz: Weil die CDU Nein gesagt hat.

Albrecht: Wir hoffen, dass wir das bis zur Bundestagswahl umgesetzt haben. Im Übrigen würde ich gern Ihren Augenmerk darauf lenken, dass es heute Presseberichte gab, dass es 100.000 Unterschriften im Bereich der KV Bayern gibt - das ist der Stand von heute -, die sich für die Abschaffung der Praxisgebühr einsetzen. Im Übrigen liegt der Vorschlag nach wie vor auf dem Tisch. Die Zahlen der Reserven der Krankenkassen gäben dies her. Das ist der Erfolg der Politik dieser Bundesregierung, dass wir auf die Praxisgebühr verzichten können.

Zusatzfrage: Ich habe es richtig verstanden, dass - -

Albrecht: Es steht nach wie vor auf der Agenda.

Zusatzfrage: Und es ist nicht von der Agenda genommen worden?

Albrecht: Nein.

Zusatzfrage: Auch nicht beim letzten Spitzengespräch der Partei- und Regierungsvertreter?

Albrecht: Nein.

Frage: An das Auswärtige Amt: Gibt es Erkenntnisse darüber, ob bei dem Überfall auf ein Urlaubshotel bei Kabul auch Deutsche in Mitleidenschaft gezogen worden sind?

Schäfer: Solche Erkenntnisse gibt es glücklicherweise nicht. In der Tat handelt es sich bei dem Hotel, das heute Nacht von Taliban-Kämpfern zum Teil auch mit Sprengstoffwesten, also Selbstmord-Attentätern, (angegriffen worden ist), um eine Örtlichkeit, die nach unseren Erkenntnissen auch von Ausländern frequentiert wird. Deshalb ist es zum jetzigen Zeitpunkt so kurz nach dem Ende der Befreiungsaktion nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass auch Ausländer betroffen gewesen sein könnten, in welcher Form auch immer. Aber die Erkenntnisse, die uns vorliegen, lassen erwarten und hoffen, dass keine Deutschen oder andere Ausländer betroffen sind.

Gleichwohl - das hat der Außenminister auch gerade auf seiner Reise in Indien gesagt - ist es selbstverständlich - das möchte ich hier für den Außenminister und für die Bundesregierung wiederholen -, dass wir die Geiselnahme in diesem Hotel bei Kabul auf das Schärfste verurteilen. Es ist in hohem Maße bedauerlich, dass dabei unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben. Der Terror wird die Bundesregierung auch weiter nicht davon abbringen, für Frieden und für eine bessere Zukunft in Afghanistan zusammen mit ihren Partnern zu arbeiten.

Frage: Eine Frage an Herrn Dienst: Waren deutsche Soldaten in irgendeiner Form in die Niederschlagung dieses Angriffs involviert?

Dienst: Nach unseren Kenntnissen ist der Angriff vor allem durch die afghanischen Sicherheitskräfte selbst niedergeschlagen worden. Sie sind dabei durch alliierte Kräfte aus dem ISAF-Kontingent unterstützt worden. Details dazu müssen Sie im ISAF-Hauptquartier abfragen. Deutsche Soldaten sind meiner Erkenntnis nach nicht beteiligt gewesen.

Frage: Der Bildungsbericht ist heute veröffentlicht worden. Das, was vorab schon zu lesen war, findet sich bestätigt, nämlich dass auch die KMK-Experten sehr skeptisch bezüglich der Auswirkungen des Betreuungsgeldes sind. Die Gefahr wird gesehen, dass damit eigentlich keines der Ziele mehr durch falsche Mittelverwendung erreicht werden kann. Hat das irgendeine Auswirkung auf die Diskussion oder Beschlussfassung der Bundesregierung?

Kinert: Der Stand ist genau der gleiche wie schon seit vielen, vielen Tagen - fast hätte ich Wochen gesagt. Wir sind im parlamentarischen Verfahren. Unsere Formulierungshilfe, unser Gesetzentwurf, liegt vor. Insofern sind wir nicht mehr Herr des Verfahrens.

SRS Streiter: Dann würde ich gern ergänzen, was ich am Mittwoch schon ergänzt habe: Dieser Bildungsbericht ist ja kein Gutachten über das Betreuungsgeld, sondern es ist ein ganz dicker Bericht, in dem ein Satz zum Thema Betreuungsgeld steht.

Zusatzfrage: Ja, aber wenn ein solcher Satz die Kernbotschaft enthält, dass das Betreuungsgeld, wie es jetzt im parlamentarischen Verfahren ist, eine falsche Lenkungswirkung entfalten könnte, dann ist das doch gravierend. Die KMK-Bildungsexperten und die OECD-Bildungsexperten sind nicht irgendwelche Personen. Dagegen steht im Wesentlichen die Expertise der CSU. Ist das kein Anlass, das Projekt doch noch einmal zu überdenken?

SRS Streiter: Nein, das ist eben wie immer in einem demokratischen Prozess: Der eine sagt so, und der andere sagt so.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 22. Juni 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/06/2012-06-22-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2012