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PRESSEKONFERENZ/541: Regierungspressekonferenz vom 16. Januar 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 16. Januar 2013
Regierungspressekonferenz vom 16. Januar 2013

Themen: 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages, Kabinettsitzung (Jahreswirtschaftsbericht 2013, Gesetzentwurf zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union, Gesetzentwurf zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege, Luftfahrtstrategie der Bundesregierung), Situation in Mali, Flughafen Berlin Brandenburg, Europa-Rede des britischen Premierministers, Weltwirtschaftsforum in Davos, Meldungen über Einsatz chemischer Waffen in Syrien, sogenannte Magnitski-Liste, Zypern-Hilfen, Offshore-Netz-Ausbau

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Paris (BMVg), Rudolph (BMVBS), Blankenheim (BMF), Hoch (BMWi), Albrecht (BMG), Wendt (BMAS), Mänz (BMZ)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Bevor ich zu den Punkten der Kabinettsitzung komme, will ich kurz einen Terminhinweis geben, der am Freitag vielleicht ein bisschen zu kurzfristig wäre. Es geht um die Veranstaltung zur Feier der 50. Wiederkehr der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages. Sie wissen, dass am kommenden Dienstag - das ist der 22. Januar - es ganz genau 50 Jahre her ist, dass Deutschland und Frankreich diesen Élysée-Vertrag unterzeichnet haben. Er ist ohne Zweifel ein historischer Meilenstein in unseren Beziehungen. Er hat der dauerhaften Aussöhnung zwischen Deutschen und Franzosen den Weg geebnet. Er ist heute noch der politische Rahmen für unsere sehr tiefe Freundschaft, die heute sicherlich für jeden von uns selbstverständlich ist, dies aber 1962 weiß Gott nicht war.

Was wird in der nächsten Woche geschehen? Zunächst einmal werden das französische Kabinett sowie die Mehrheit der Abgeordneten der Assemblée Nationale aus diesem Anlass nach Berlin reisen. Es gibt eine Vielzahl von Aktivitäten und Feierlichkeiten von Regierungsvertretern, Parlamentariern, Vertretern der Zivilgesellschaft und Ehrengästen aus beiden Ländern. Ich will das jetzt nicht zu ausführlich machen, ich will nur die wesentlichen Punkte nennen.

Das gemeinsame Programm beginnt, zumindest für die Bundeskanzlerin und Präsident Hollande, bereits am Montag, den 21. Um 17.30 Uhr werden sie im Bundeskanzleramt gemeinsam mit 200 deutschen wie französischen jungen Menschen zusammentreffen und diskutieren. Das ist eine Veranstaltung, die im deutsch-französischen Kultursender Arte live übertragen werden wird. Anschließend gehen die Bundeskanzlerin und der Präsident zu einem bilateralen Abendessen im kleinen Kreise.

Dienstag, der 22. Januar: Es beginnt um 9.30 Uhr, wenn der französische Präsident in der französischen Botschaft hier am Pariser Platz die Kanzlerin zu einem gemeinsamen Austausch mit deutschen wie französischen Vertretern aus dem Kulturbereich begrüßt.

Gegen 11.35 Uhr wird die Bundeskanzlerin wiederum den französischen Präsidenten und Premierminister Ayrault im Kanzleramt begrüßen. Es wird ein Familienfoto beider Kabinette geben. Um 11.50 Uhr folgt der deutsch-französische Jubiläums-Ministerrat im Vollformat, das heißt mit allen Ministerinnen und Ministern im Bankettsaal. Eine gemeinsame Pressekonferenz Merkel/Hollande ist um 13.30 Uhr geplant.

Ab 14.15 Uhr werden die Kanzlerin und der Präsident im Deutschen Bundestag an dem zentralen Festakt teilnehmen. Sowohl die Kanzlerin als auch Präsident Hollande werden dort zu den Parlamentariern, den Regierungsvertretern und den Ehrengästen sprechen. Den genaueren Ablauf müssten Sie beim Deutschen Bundestag abfragen.

Im Anschluss an den Festakt im Reichstagsgebäude gibt es zur kulturellen Abrundung ein Konzert und einen Empfang auf Einladung des Bundespräsidenten in der Berliner Philharmonie. Auch daran werden die Kanzlerin und Präsident Hollande teilnehmen.

Das waren die wesentlichen Punkte. Auf die Akkreditierungsnotwendigkeiten hatten wir Sie ja schon hingewiesen.

Jetzt zur Kabinettsitzung, die als ersten Punkt den Jahreswirtschaftsbericht 2013 hatte. Er ist Ihnen hier ausführlich von Wirtschaftsminister Rösler vorgestellt worden. Ich will mich daher auf einige wenige Kernbotschaften beschränken.

Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist hoch. Das deutsche Wirtschaftswachstum ist, obwohl es erhebliche Belastungen und auch Risiken gibt, robust. Die Wachstumsrate wird jedoch 2013 wegen des schwachen Winterhalbjahres und natürlich schwächerer Investitionen in den letzten Monaten durchaus vorbelastet sein. Deswegen rechnet die Bundesregierung für 2013 mit einem Wachstum von 0,4 Prozent. Sie erwartet aber, dass die Wirtschaft im Jahresverlauf doch wieder deutlich auf Wachstumskurs geht und das Wachstum beispielsweise Richtung Jahresende kräftiger ausfallen wird.

Wir erwarten, dass das Rekordbeschäftigungsniveau, auf dem wir uns in Deutschland glücklicherweise zurzeit bewegen, gehalten werden kann. Zur Erinnerung: Ende 2012 waren 41,6 Millionen Personen in Deutschland erwerbstätig.

Als zentrales Risiko für die Entwicklung nennt der Jahreswirtschaftsbericht natürlich die weiterhin schwierige Situation in einigen Euro-Schuldenländern. Das belastet auch die Konjunktur in Deutschland. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, weiter an den angezeigten Strukturreformen zu arbeiten, um Haushalte zu konsolidieren, um Wettbewerbsfähigkeit herzustellen und so wieder nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.

Die Bundesregierung hält an dem bewährten wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierungskurs, den wir hier fahren, fest. Sie will ab 2014 einen Bundeshaushalt ohne strukturelles Defizit aufstellen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes von gestern zeigen im Übrigen, dass wir diesem Ziel näher kommen: Der Bundeshaushalt hat auch 2012 das Limit der Schuldengrenze bereits unterschritten. Das strukturelle Defizit 2012 betrug 0,32 Prozent.

Außerdem sei daran erinnert - das ist wichtig -, dass die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger zu Beginn dieses Jahres um insgesamt annähernd 8 Milliarden Euro entlastet. Da ist einmal die Erhöhung der Grundfreibeträge, zum anderen die Senkung der Rentenbeitragssätze. Das sorgt nach unserer festen Überzeugung für Leistungsgerechtigkeit, und es stärkt die Eigenverantwortung. So viel kurz zum Jahreswirtschaftsbericht 2013.

Der nächste Punkt in der Kabinettsitzung war ein Gesetzentwurf zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union. Am 9. Dezember 2011 ist ein Beitrittsvertrag mit Kroatien unterzeichnet worden. Er kann, wie vorgesehen, am 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten, wenn er bis dahin von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist. In Deutschland ist der Ratifikationsprozess im August des vergangenen Jahres per Kabinettsbeschluss eingeleitet worden. Dies erfordert nun zwingend die Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes.

Der wesentliche Punkt, den ich nennen möchte, sind die Regelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Mit der Einbeziehung in das EU-Arbeitsgenehmigungsrecht soll der Zugang von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Kroatien zum deutschen Arbeitsmarkt entsprechend den Beitrittsregelungen für einen Übergangszeitraum von zunächst zwei Jahren eingeschränkt bleiben.

Es gibt Ausnahmen für einige Berufs- und Bevölkerungsgruppen, die ich nennen will: Akademiker, die eine ihrer Hochschulausbildung entsprechende Beschäftigung annehmen, bedürfen von Anfang an keiner Arbeitserlaubnis. Auszubildende, die hier in Deutschland eine mindestens zweijährige Ausbildung absolvieren wollen, bedürfen ebenso keiner Arbeitserlaubnis. Das Gleiche gilt für Saisonarbeitnehmerinnen, die bis zu sechs Monate im Jahr ihre Tätigkeit hier ausüben. Auch für sie bedarf es keiner Arbeitserlaubnis.

Anschließend hat sich das Kabinett mit einem Gesetzentwurf zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege beschäftigt. In der Altenpflege haben wir schon heute einen Fachkräftemangel. Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, wird sich dieser Fachkräftemangel schon aufgrund der demografischen Entwicklung verschärfen. Deswegen haben Bund, Länder und Verbände im Dezember des vergangenen Jahres, also erst vor wenigen Wochen, die "Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege" beschlossen. Das ist auf insgesamt zehn Handlungsfeldern ein ganzes Paket von Maßnahmen, immer mit dem Ziel, Fachkräftesicherung für die Altenpflege zu schaffen.

Mit diesem heute verabschiedeten Gesetzentwurf soll also nun im Rahmen von beruflichen Weiterbildungen beispielsweise die bestehende Möglichkeit, die Ausbildung auf zwei Jahre zu verkürzen, ausgebaut, verstärkt werden. Das heißt, Menschen, die entsprechende Vorkenntnisse haben, können eine verkürzte Ausbildung von zwei Jahren durchlaufen. Wichtig ist: Das Ganze geht natürlich ohne Verzicht auf die Qualität der Ausbildung. Die hohen Anforderungen, die an die Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf gestellt werden müssen, werden selbstverständlich gewahrt.

Zuletzt hat sich das Bundeskabinett mit der Luftfahrtstrategie der Bundesregierung befasst. Das ist im Übrigen heute auch Thema der Regierungsbefragung im Bundestag. Der Parlamentarische Staatssekretär Hintze wird sich dazu äußern.

Es ist, glaube ich, einhellige Meinung, nicht nur in der Bundesregierung, dass eine leistungsstarke, eine wettbewerbsfähige Luftfahrtindustrie für Deutschland als ein führendes Industrieland eine große strategische Rolle spielt, und zwar technologisch wie wirtschaftlich. Die Bundesregierung will daher die Weiterentwicklung der Luftfahrtindustrie unterstützen. Sie hat deswegen heute dieser Luftfahrtstrategie zugestimmt. Sie umfasst die gesamte Luftfahrtbranche.

Ich will nur zwei Ziele nennen. Das eine heißt: Wir streben ein zukunftsfähiges Luftverkehrssystem an, mit hohen Ansprüchen in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Umweltverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Zum anderen wollen wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass wir hier in Deutschland eine international wettbewerbsfähige Luftfahrtindustrie haben, eine Industrie, die mit technologisch hochwertigen und innovativen Produkten ihre Position im globalen Wettbewerb dauerhaft erhalten und ausbauen kann.

Diese Luftfahrtstrategie, die die Bundesregierung heute in der Kabinettsitzung beschlossen hat, wird dem Bundestag und dem Bundesrat zur Unterrichtung zugeleitet. - Das war es.

Frage: Eine technische Frage: Am Montag werden sich ja Herr Hollande und Frau Merkel, wenn ich es richtig verstanden habe, mit den Schülern treffen.

StS Seibert: Nicht Schülern, jungen Menschen. Es mögen auch Schüler dabei sein, aber sicherlich auch welche, die schon deutlich weiter sind.

Zusatzfrage: Wie wurden sie ausgewählt, und woher kommen sie?

StS Seibert: Sie sind ganz unterschiedlichen Gruppen zugehörig. Einige werden sicherlich mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk zu tun haben. Es wird dabei junge Soldaten aus beiden Ländern geben. Es wird sicherlich junge Menschen geben, die universitär, also irgendwie akademisch, unterwegs sind, und es gibt auch welche, die berufstätig oder in Ausbildung sind.

Zusatzfrage: Konnte man sich dafür bewerben? Wie lief das Auswahlverfahren?

StS Seibert: Nein, es sind verschiedene Gruppen angesprochen worden.

Frage: Herr Seibert, beim letzten Jubiläum des Élysée-Vertrages in Frankreich gab es zur Krönung den Spiegelsaal in Versailles. Deutschland bietet jetzt die Lobby im Betongebäude Löbe-Haus als festlichen Höhepunkt für ein Bankett auf. Darf ich daraus eine politische Schlussfolgerung ziehen? Haben wir kein Schloss, oder wieso sind wir mit den Franzosen nicht in ein Schloss à la Versailles gegangen?

StS Seibert: Ich finde, Sie sprechen etwas abschätzig über das Löbe-Haus. Ich ziehe daraus auch keine Schlussfolgerung über Ihre Haltung zum deutschen Parlamentarismus. Ich glaube, wir werden eine sehr würdige deutsch-französische Feier erleben. Ich halte einen Ort, der dem deutschen Parlament zugehörig ist, für einen wunderbaren Ort, um da zusammenzukommen. Es sind parlamentarische Demokratien, die mit all ihrem Selbstbewusstsein hier auftreten werden.

Ich glaube, dass es im Übrigen auch in der Philharmonie ein wunderbares Konzert geben wird. Das Kanzleramt ist ein Ort, von dem ich auch immer höre, dass er ausländischen Staatsgästen gut gefällt. Ich glaube, es wird überhaupt keine Probleme mit den Orten geben.

Deutschland ist in der Art seiner Repräsentationsgebäude ein Hauch anders als Frankreich. Die Vielfalt macht doch den Reiz aus.

Frage: Herr Seibert, ist denn das Thema Mali und Unterstützung mit dem, was der Außen- und der Verteidigungsminister heute gesagt haben, abgehakt, oder wird das bei diesem Treffen noch einmal zur Sprache kommen?

StS Seibert: Das ist jetzt eine feine Verbindung von einem Terminhinweis und einem aktuellen Thema. Wir kommen ja vielleicht auf das Thema Mali noch. Da die Bundeskanzlerin am Abend mit Präsident Hollande viel Zeit hat, um bei einem Abendessen alle Themen durchzusprechen oder die wesentlichen Themen anzusprechen, die für beide Länder im Moment im Vordergrund stehen, kann ich mir vorstellen, dass dieses Thema auch zur Sprache kommt. Aber der deutsch-französische Kontakt ist ohnehin, auch gerade in dieser Frage, in diesen Tagen sehr eng.

Peschke: Es wird im Rahmen der Feierlichkeiten und der Regierungskonsultationen einen gemeinsamen Ministerrat geben, aber vorgeschaltet auch Einzelressortgespräche. Da wird es den deutsch-französischen Sicherheits- und Verteidigungsrat geben, den es vor jedem deutschen-französischen Ministerrat gibt. Da kommen die deutschen und französischen Verteidigungs- und Außenminister zusammen. Bei diesem Treffen - das kann ich Ihnen jetzt schon vorhersagen - wird es natürlich zu einem wesentlichen Teil um das Thema Mali gehen.

Frage: Die Zustimmungspflicht im Bundestag soll ja angeblich entfallen. Wie begründet sich das? Wird niemand in diesem Flugzeug sitzen, um es da hinzufliegen? Kann man das mal genauer erläutern?

Peschke: Die Mandatierungspflicht wird immer entlang des Parlamentsbeteiligungsgesetzes geprüft. In diesem Fall - so haben es die Minister ja auch gerade deutlich gemacht - ist für die geplante Logistikunterstützung diese Schwelle erst einmal nicht überschritten. Aber gehen Sie bitte davon aus, dass der Bundestag in jeder erdenklichen Form sehr eng eingebunden, unterrichtet und beteiligt werden wird. Vermutlich gibt es ja heute schon eine erste aktuelle Befassung zu dem Thema.

Dann wird auch immer beobachtet werden, wie sich die Lage entwickelt. Falls sich dann weitere Befassungserfordernisse ergeben, wird das natürlich umgehend eingeleitet.

Paris: Um nicht irgendwelchen Gerüchten hier Vorschub zu leisten: Natürlich fliegen die Flugzeuge mit Personal. Das trägt eine deutsche Uniform. Es sind Angehörige der Bundeswehr, der Luftwaffe.

Wir befinden uns bei dieser Lufttransportunterstützung deutlich unterhalb der sogenannten Einsatzschwelle. Wir werden zwei Transall-Flugzeuge zur Verfügung stellen. Diese werden den Auftrag haben, ECOWAS-Truppen von Drittländern in der Umgebung von Mali nach Bamako zu fliegen und dann von Bamako in ein weiteres Drittland zu fliegen, um dort weitere Truppen aufzunehmen. Das wird wie ein Pendelverkehr eingerichtet. Das ist deutlich unterhalb der Einsatzschwelle. Das ist der alleinige Auftrag.

Die Frage der Mandatierung hängt immer vom Auftrag ab. Weil das der Auftrag ist - so ist es heute Morgen mit den im Bundestag vertretenen Fraktionen auch konsultiert worden -, ist eine Mandatierungspflicht nicht erreicht. Rechtlich bildet es sich auf dem Hintergrund der Resolution des UN-Sicherheitsrates ab. Das ist die Resolution 2085 nach Kapitel VII, die unter anderen Dingen auch darum gebeten hat, die ECOWAS-Truppen zu unterstützen. Dieser Lufttransport ist eine logistische Unterstützung Deutschlands für ECOWAS.

Frage: Ich würde gern wissen, was unter dem Gesamtstichwort Mali voraussichtlich an finanziellen und materiellen Leistungen auf Deutschland, die Bundeswehr und auf den Bundeshaushalt zukommt.

Konkret, was das Ausbildungsprojekt der malischen Armee angeht: Ist die Annahme richtig, dass die Armee, die in reichlich desolatem Zustand ist, zunächst unter anderem mit deutscher Hilfe im materiellen und finanziellen Sinne ausgerüstet und aufgerüstet wird, um das zu tun, wofür sie dann ausgebildet werden kann?

Peschke:Ddas ist ja eine sehr globale Frage, und eine globale Antwort im Sinne einer Zahl, die alle Arten des Engagements abdeckt, kann ich Ihnen hier nicht liefern, zumal bestimmte Facetten unseres Engagements in Mali derzeit noch nicht schlussendlich feststehen und sich auch immer aktuell weiterentwickeln werden.

Ich kann Ihnen sozusagen die einzelnen Säulen unseres Engagements noch einmal kurz aufzählen, damit Sie zumindest eine etwas bessere Vorstellung bekommen, in welchen Bereichen wir im Einzelnen tätig sind. Das ist einmal - das wurde gerade erwähnt - die Logistikunterstützung für ECOWAS; den Umfang dafür hat Ihnen Herr Paris gerade geschildert.

Dann gibt es die Planung der Europäischen Union für eine Ausbildungsmission zur Unterstützung der Ausbildung der malischen Streitkräfte. Diese Mission befindet sich noch in der Phase der Planung. Morgen gibt es - das hat auch Deutschland angeregt - ein Sondertreffen der EU-Außenminister. Da wird aller Voraussicht nach ein Grundsatzbeschluss für diese Mission gefasst werden. Dann werden die Planungen zügig abgeschlossen, und in allernächster Zeit werden dann erste Vorkommandos einer möglichen Mission vor Ort sein, um den genauen Umfang und die genaue Art des Engagements festzulegen.

Deutschland hat seine Bereitschaft erklärt, an dieser Mission mitzuwirken, wenn die Voraussetzungen planerisch gegeben sind. Die Details, die diese Bereitschaft konkretisieren, kann ich Ihnen hier noch nicht geben, weil wir noch im Planungsprozess sind. Aber die deutsche Bereitschaft ist geäußert worden, und dazu stehen wir natürlich. Das ist der zweite Aspekt.

Der dritte Aspekt ist die ECOWAS-Mission - ich komme noch einmal darauf zurück -, also eine afrikanische Mission zur Stabilisierung, zur Unterstützung der Integrität Malis. Da haben wir jetzt eine Logistikunterstützung beschlossen. Darüber hinaus werden morgen die europäischen Außenminister besprechen, welche Unterstützung es für diese Mission darüber hinaus geben kann.

Es gibt europäische Töpfe, die zur Unterstützung solcher Einsätze infrage kommen könnten. Es gibt zum Beispiel die Afrikanische Friedensfazilität. Das ist eine Budgetlinie der Europäischen Union, die für andere afrikanische Einsätze bereits zurate gezogen wird. In welchem Umfang diese Budgetlinie gezogen wird, müssen die weiteren Beratungen ergeben.

Dann gibt es den Aspekt der Unterstützung für die malischen Flüchtlinge, der humanitären Notsituation. Außenminister Westerwelle hat heute Morgen für die Bundesregierung in Abstimmung mit allen beteiligten Ministerien, insbesondere dem BMZ, 1 Million zusätzlicher humanitärer Hilfe für malische Flüchtlinge, insbesondere in Städten Malis, in die sie sich aus dem malischen Norden geflüchtet haben, angekündigt.

Um Ihnen über dieses frisch zugesagte Geld hinaus einen Eindruck zu geben: Deutschland hat seit Ende 2011 für die gesamte Sahelregion, unter anderem zur Unterstützung humanitärer Notlagen und von Flüchtlingen, Mittel von 63,8 Millionen Euro zugesagt. Davon kommt ein Teil, nämlich 10,8 Millionen Euro, aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes. Der Rest - das kann auch gern die Kollegin weiter ausführen - wird aus dem Haushalt des BMZ bestritten.

Sie sehen: Es werden signifikante Mittel bereitgestellt, um dieser humanitären Notlage, die ja gerade in den letzten Tagen durch den Mali-Konflikt hervorgerufen wird, entsprechend zu begegnen.

Zusatzfrage: Ich versuche, die Frage präziser zu stellen: Gehört die Ausrüstung und Aufrüstung der malischen Armee zur Ausbildungskomponente, und geht das im Wesentlichen zulasten des deutschen Haushalts?

Peschke: Da muss erst einmal geklärt werden, in welcher Form das Training erfolgt. Das ist noch nicht abschließend festgelegt. Ich kann nicht ausschließen, dass in Verbindung mit dem Training auch bestimmte Ausrüstungsgegenstände leihweise zur Verfügung gestellt werden. Aber für nähere Details in diesem Zusammenhang ist es an dieser Stelle zu früh. Insofern kann ich Ihnen auch eine mittelmäßige Bezifferung an dieser Stelle nicht geben. Vielleicht kann Herr Paris das tun.

Paris: Ich kann das auch nicht.

Zusatzfrage: Es gibt also keine Zusagen, die jetzt schon vorliegen oder die bei den Verabredungen über das Ausbildungsmandat - die Planungen sind ja abgeschlossen - erfolgt sind?

Peschke: Die Planungen sind nicht abgeschlossen.

Paris: Die Planungen laufen ja schon eine gewisse Zeit. Sie werden jetzt noch einmal beschleunigt. Das ist auch der Grund, warum Lady Ashton morgen zu dem Sondertreffen der Außenminister eingeladen hat.

Im Kern der bisherigen Überlegungen stand die Ausbildungsunterstützung für die malischen Truppen. Wir sind weiterhin in der Planungsphase. Das wird sich morgen möglicherweise noch etwas deutlicher abzeichnen, als das heute schon der Fall ist. Deutschland hat die grundsätzliche Bereitschaft dafür signalisiert. In welcher genauen Art und Weise dann eine Ausbildungshilfe stattfinden wird, ist im Ergebnis der weiteren, auch planerischen Beratungen zu beurteilen und nicht heute aus dem noch zu blauen Dunst heraus.

Frage: Wann hat denn die französische Seite die Bundesregierung über ihren geplanten Einsatz in Mali informiert, vorher oder nachher?

Paris: Das ist schon mehrfach Thema gewesen. Dazu gab es bereits am Montag in einer großen deutschen Tageszeitung Äußerungen meines Ministers. Wir sind stets informiert gewesen. Insofern waren wir gut im Bilde.

Frage: Herr Peschke, es gab gestern Abend Informationen aus Brüssel, dass die EU-Trainingsmission aufgestockt werden solle, und zwar auf etwa 500, was ja fast eine Verdoppelung wäre. Können Sie das bestätigen, und würde das dann auch für Deutschland einen höheren als bisher angedachten Anteil bedeuten?

Peschke: Nein, Details kann ich Ihnen zu dieser Stunde, was den Umfang betrifft, nicht bestätigen. Ich will auch da den Beratungen der Außenminister morgen nicht vorgreifen. Da ist ein grundsätzlicher Ratsbeschluss ins Auge gefasst. Da werden Sie sich vielleicht bis morgen noch gedulden müssen und gedulden können; es ist ja nicht mehr allzu lange hin. Ich gehe davon aus, dass dann auch eine zahlenmäßige Quantifizierung verlässlicher möglich sein wird.

Richtig ist - das hat Herr Paris gesagt -, dass nicht zuletzt auf unser Betreiben hin die Planungen noch einmal beschleunigt wurden und wir sehr zuversichtlich sind, dass diese Trainingsmission jetzt doch sehr schnell handlungsfähig werden wird.

Frage: Ganz kurz noch einmal zu der Rolle des Bundestages: Hier wurde mehrmals der Begriff "Einsatzschwelle" genannt. Wie definiert man denn diesen Begriff qualitativ und quantitativ?

Paris: Es gibt keine quantitative Beschränkung. Es gibt Einsätze, bei denen Sie auch mit ein oder zwei Soldaten schon im Bereich der Mandatierungspflicht sind.

Die entscheidende Frage ist, in welcher Art und Weise Sie insbesondere an Kampfhandlungen teilnehmen. Davon sind wir weit entfernt, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass wir deutlich gemacht haben, dass sich dieses Lufttransportunterstützungsangebot auf den Zielort Bamako beschränkt. Wir haben auch zwei Maschinen in Aussicht gestellt, die quasi in der Region dann Truppenbewegungen unterstützen werden.

Es ist auch nicht daran gedacht, dort Stationierungen deutscher Soldaten vorzunehmen, sondern wir stellen durch zwei Transall-Maschinen rein diese Lufttransportkapazität zur Verfügung. Das ist weit von dem entfernt, was üblicherweise als Einsatz in dem Sinne zu verstehen ist.

Frage: Ich habe eine Frage zum Jahreswirtschaftsbericht. Mariano Rajoy hat heute in der "Financial Times" in einem Interview gesagt, dass Frau Merkel mehr für Wachstumspolitik in Europa und wahrscheinlich auch in Deutschland tun sollte. Was sagen Sie dazu?

StS Seibert: Wenn ich mich recht an das Interview erinnere, hat er davon gesprochen, dass starke Volkswirtschaften in Europa eine bestimmte Position oder einen bestimmten Kurs vertreten sollten. Ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass es Frau Merkel persönlich war. Aber egal. Ich glaube, dass Deutschland und Spanien in der Beurteilung der Lage in Europa - das hat sich auch in vielen Begegnungen und Gesprächen mit Ministerpräsident Rajoy gezeigt - sehr einig sind.

Wir haben zwei grundlegende Probleme in Europa: die langjährige Überschuldung und die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben ein gemeinsames Ziel, das ist nachhaltiges Wachstum und das Schaffen von Arbeitsplätzen, vor allem für unsere jungen Menschen. Wir werden diese Ziele nicht erreichen, wenn wir nicht konsequent unsere grundlegenden Probleme angehen. Das ist die Grundhaltung der deutschen Regierung.

Hier in Deutschland haben wir mit dem, was wir wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung nennen, sehr gute Erfahrungen gemacht; der Jahreswirtschaftsbericht geht ja auch gerade darauf ein. Wir haben damit unsere Position im eigenen Land erheblich verbessert. Wir sind damit gut durch die Krise gekommen. Weil Deutschland als eine besonders starke Wirtschaft, als ein großes Land in Europa nun einmal eine wichtige Position hat, haben wir damit auch Impulse für Europa gegeben, indem wir die richtigen, günstigen Bedingungen für unsere Unternehmen geschaffen haben, indem wir die Bürger, soweit es möglich war, entlastet haben und trotzdem die Neuverschuldung immer weiter abgebaut haben. Das ist das, was auch auf europäischer Ebene richtig ist.

Im Übrigen haben Spanien und Deutschland daran mitgewirkt, dass in Europa, in den Europäischen Räten das Thema Wachstum in den Mittelpunkt gerückt worden ist. Der Rat im Juni hat sich mit diesem Thema befasst. Er hat beispielsweise beschlossen, dass der EIB zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Dezember-Rat hat sich noch einmal mit dem Thema Wachstum befasst. Da ging es dann vor allem um Maßnahmen zur Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen. Es geht um Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Ich sehe - anders, als Ihre Frage das vielleicht ein bisschen durchscheinen lässt - da keine grundlegend andere Einschätzung in Madrid wie in Deutschland. Jedenfalls ist dies unsere Position.

Zusatzfrage: Denkt die Regierung angesichts dieser Prognose von 0,4 Prozent und der Rezession in der Eurozone nicht, dass vielleicht eine kleine Veränderung nötig wäre?

StS Seibert: Was für eine Veränderung?

Zusatzfrage: In dieser Politik, die uns diese Rezession in ganz Europa bringt und selbst in Deutschland nur eine Wachstumsprognose von 0,4 Prozent bringt.

StS Seibert: Ich will jetzt nicht noch einmal alles wiederholen, was Wirtschaftsminister Rösler hier gesagt hat, als er vor anderthalb Stunden den Jahreswirtschaftsbericht vorgestellt hat. Wir sind mit der Entwicklung unserer Haushalte sehr zufrieden. Wir glauben, dass wir genau im Sinne der wachstumsfreundlichen Konsolidierung das Richtige getan haben und dass dieses Land damit gut fährt. Wir haben vor, diesen Kurs weiterzufahren. Auch die Schuldenbremse, im Übrigen im Grundgesetz verankert, zwingt uns dazu. Wir erfüllen sie schon Jahre, bevor das notwendig wäre. Wir glauben, dass das der richtige Kurs für Deutschland ist. Weil Deutschland eine entscheidende Rolle in Europa spielt, ist es durch die Impulse, die er für Europa gibt, auch der richtige Kurs.

Ich glaube nicht, dass irgendjemandem in Europa geholfen wäre, wenn wir nun zu großen Investitionsmaßnahmen, die wir uns gar nicht leisten können und die unsere Verschuldung weiter hochtreiben, ausholen würden.

Frage: Herr Seibert, der Bund ist Minderheitsaktionär des fertigzustellenden Flughafens in Schönefeld. Nun hat der aus dem Amt scheidende Aufsichtsratsvorsitzende, Klaus Wowereit, heute dem Bund schwere Vorwürfe gemacht und Mitverantwortung bei dem Desaster des Flughafens zugeschoben. Sieht der Bund da eine Mitverantwortung?

StS Seibert: Ich denke, dass das der Sprecher des Ressorts, das diese Fragen federführend für die Bundesregierung bearbeitet, beantworten sollte und, ich glaube, sich auch in der Vergangenheit schon häufiger zu diesem Thema geäußert hat.

Rudolph: Klar, gerne. - Der Bund sieht sich in der Verantwortung, dieses Projekt Flughafen Schönefeld zum Erfolg zu führen. Dass da viele Schritte zu gehen sind, wissen wir alle. Dass sie aber gemeinsam gegangen werden, wird die heutige Aufsichtsratssitzung zeigen.

Zusatzfrage: Hat denn Herr Wowereit mit seinen konkreten Vorwürfen recht? Er spricht davon, dass Vertraulichkeiten gebrochen wurden. Er spricht davon, dass Papiere, die intern zu behandeln gewesen sind, von dem Anteilseigner Bund an die Medien "durchgestochen" worden sind etc. etc. Das können Sie ja nicht einfach so stehen lassen.

Rudolph: Das werde ich genau so stehen lassen, weil ich nicht der Versuchung erliege, das zu kommentieren. Aber ich glaube, das erwarten Sie auch nicht im Ernst. Er hat das geäußert. Das ist seine Meinung. Wir sagen, wir arbeiten im Aufsichtsrat vertrauensvoll mit den anderen Anteilseignern zusammen. Punkt.

Frage: Herr Rudolph, der Verkehrsminister hat gesagt, dass den beiden Aufsichtsratsmitgliedern des Bundes keine Vorwürfe zu machen sind. Worauf stützt denn Ihr Minister diese Einschätzung? Wurden da Briefwechsel angeschaut? Wurde mit ihnen gesprochen? Gibt es da Rechtsgutachten?

Rudolph: Es gibt zwei Punkte in dem Zusammenhang. Der eine Punkt ist - das war die Diskussion der vergangenen Woche -, mehr Expertise in den Aufsichtsrat zu bringen. Der Bund hat also insgesamt geschaut: Wer vertritt uns im Aufsichtsrat, und sind diese Vertreter - in diesem Fall die beiden Herren - kompetent? Diese Frage wurde seitens beider Minister - in diesem Fall darf ich den Finanzminister hier mit zitieren - mit Ja beantwortet.

Es ist auch grundsätzlich gefragt worden: Ist ihnen etwas zuschulden gekommen oder haben sie sich etwas zuschulden kommen lassen? Dazu hat der Minister immer gesagt: Nach seinem Wissen, nach seinem Kenntnisstand haben die Aufsichtsräte des Bundes ihren Job gut erledigt. Wir verweisen immer auch auf die Soko des Bundesverkehrsministeriums, die im Oktober festgestellt hat, dass das Flughafenmanagement den Aufsichtsrat in Gänze fehlerhaft beziehungsweise nicht umfassend informiert hat. Darauf bezogen sich dann die Äußerungen des Ministers.

Zusatzfrage: Es sitzen ja nicht nur in diesem Unternehmen, sondern in zahlreichen Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, vor allen Dingen Staatssekretäre als Aufsichtsräte. Gibt es Regularien oder irgendwelche typischen Verfahren, anhand derer der Bund prüft, wie seine Aufsichtsräte ihren Job machen? Gibt es da beispielsweise eine Checkliste, die regelmäßig abgearbeitet wird?

Rudolph: Ich kann das nicht für die gesamte Bundesregierung beantworten, ich kann Ihnen aber gerne spontan eine Einschätzung unseres Hauses geben.

Vor drei Jahren und ein paar Monaten gab es ja einen Wechsel. Dann schaut man sich an: Welche Aufsichtsratsmandate liegen vor und wie sind die zu besetzen? Da gibt es ganz unterschiedliche Prozeduren. Beim Flughafen zum Beispiel war es so, dass Staatssekretär Lütke Daldrup, der vorher für den Bund im Aufsichtsrat war und aus dem Amt geschieden ist, durch Staatssekretär Bomba, den Bau-Staatssekretär, ersetzt wurde. Da hat man sich angeschaut: Der Mann ist Diplom-Ingenieur und Kaufmann - ist er in der Lage, das zu machen? Die Antwort auf diese Frage war: Ja. Es gibt aber keine generelle Checkliste. Beim Aufsichtsrat der Bahn zum Beispiel sind die Prozeduren andere gewesen. Man muss das projektbezogen entscheiden.

Zu der auf die Aufsichtsräte bezogene Aussage hinsichtlich des Rechtsgutachtens, die Sie vorhin zitiert haben: Das ist eben immer im Zusammenhang damit zu sehen, was man vorliegen hat. Diese Aussage stützte sich auf Erkenntnisse der Soko. Die fließen jetzt in haftungsrechtliche Prüfungen ein, die angeschoben werden. - Das nur noch als Fußnote zu Ihrer ersten Frage.

Vorsitzender Leifert: Da Herr Rudolph nicht für die ganze Bundesregierung sprechen wollte, möchte ich die Frage vielleicht auch an Sie, Herr Seibert, weiterleiten: Beschäftigen die Leistung und die Arbeit der Aufsichtsräte das Kanzleramt?

StS Seibert: Ich habe dem, was Herr Rudolph gesagt hat, nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, da der Flughafen Berlin Brandenburg ja wichtig ist - egal, wie weit er gediehen ist -: Wieso bekennt eigentlich die Bundesregierung nicht Flagge im Aufsichtsrat und schickt den Verkehrsminister persönlich hinein? Berlin ist mit dem Ministerpräsidenten vertreten, Brandenburg ist mit dem Ministerpräsidenten vertreten, die Bundesregierung hingegen belässt es - ohne deren Qualität damit gewürdigt haben zu wollen - bei ein bis zwei Staatssekretären. Wäre es nicht ein Zeichen der Verantwortungsträgerschaft, wenn man in dieser Notsituation doch den besten Mann hineinschicken würde, den man hat?

StS Seibert: Es ist ja gerade gesagt worden, dass mit den beiden Staatssekretären, die die Bundesregierung im Aufsichtsrat vertreten, große Zufriedenheit herrscht. Die Tatsache, dass er nicht persönlich im Aufsichtsrat sitzt, nimmt ja nichts von dem Interesse und dem Engagement des Verkehrsministers für BER.

Zusatzfrage: Aber dadurch, dass er nicht direkt in der Mitverantwortung steht, hat er immer eine leichte Ausrede.

StS Seibert: Das kann ich so nicht empfinden. Er ist weder der Typ, der Ausreden sucht, noch hat er bisher welche gebraucht.

Rudolph: Dem kann ich nichts hinzufügen. Ich möchte aber ergänzen, dass die Einrichtung der Soko in unserem Hause zeigt, dass auch über die Aufsichtsräte hinaus Anstrengungen unternommen werden. Diese Soko ist Anfang Mai gegründet worden, als bekannt wurde, dass der damals vorgesehene Eröffnungstermin im Juni nicht zu halten sei. Da hat der Bund schon geschaut: Was ist notwendig von Bundesseite, damit der Bund seine Hausaufgaben auch weiterhin macht? Das ist ein Indiz dafür, dass das über die Aufsichtsratstätigkeit hinausgeht.

Frage: Herr Rudolph, Sie haben gerade von der Fachbezogenheit der Aufsichtsräte gesprochen und gesagt, dass auch nach fachlichen Kriterien entschieden wird, ob jemand da hineinpassen könnte. Könnte ein Grund dafür, dass Herr Ramsauer nicht im Aufsichtsrat sitzt, vor diesem Hintergrund sein, dass ihm schlicht die Expertise fehlt, um einen Aufsichtsrat mit zu begleiten?

Rudolph: Schlicht und einfach: Nein.

Zusatzfrage: Herr Ramsauer hat also die Expertise und bringt die fachliche Qualität mit, einen solchen Aufsichtsrat zu begleiten?

Rudolph: Bundesverkehrsminister Ramsauer bringt die Expertise mit, um Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu sein. Die Staatssekretäre des Bundes bringen die Expertise mit, um die Tätigkeit im Aufsichtsrat des Flughafens angemessen auszufüllen. Die Soko, die wir gegründet haben - mit Herrn Odenwald an der Spitze - verfügt über die Expertise, um ihre Arbeit sehr gut zu machen.

Frage: Ich möchte die Frage erweitern und auch das Finanzministerium fragen: Welche besondere Expertise bringt denn der Staatssekretär aus Ihrem Haus mit, um bei solch einem Bauprojekt zu kontrollieren? In welcher Art und Weise, in welcher Frequenz und wem gegenüber legt er denn Rechenschaft darüber ab, ob er sein Aufsichtsratsmandat im Sinne des Bundes ausübt?

Blankenheim: Das ist, wie der Kollege vom Verkehrsministerium gerade schon gesagt hat, projektbezogen zu sehen. Nähere Einzelheiten kann ich Ihnen im konkreten Fall nicht mitteilen, weil ich es schlichtweg nicht weiß.

Zusatzfrage: Können Sie da etwas nachliefern und uns vielleicht mitteilen, wie die Verfahren in Ihrem Hause sind?

Blankenheim: Müsste ich schauen, ja.

Frage: Herr Rudolph, ich habe noch eine Frage zu der von Ihnen schon mehrfach genannten Soko, die, glaube ich, im Mai eingesetzt worden ist. Nun haben wir in den letzten Wochen ja lernen müssen, dass das Desaster auf dieser Baustelle offenbar größer ist, als man noch im Mai oder im Sommer angenommen hat. Wann ist denn die Soko zum ersten Mal zu der Expertise gekommen, dass der jetzige Eröffnungstermin nicht zu halten ist und dass die Katastrophe so groß ist, wie sie sich uns jetzt darstellt?

Rudolph: Meinen Sie jetzt die aktuelle Verschiebung?

Frage: Ganz klar gefragt: Was hat die Soko denn eigentlich gebracht?

Rudolph: Zur aktuellen Verschiebung: Es ist so, dass alle Gesellschafter - das habe ich hier vor neun Tagen auch gesagt - die Post vom Flughafen mit Stempel vom 4. Januar bekommen haben. Die Soko hatte vorher nicht die Erkenntnis, dass der Eröffnungstermin nicht zu halten sei.

Was hat die Soko insgesamt gebracht? - Die Soko kümmert sich um die Hausaufgaben des Bundes. Allein im Verkehrsministerium arbeiten mehrere Abteilungen daran, ihre Hausaufgaben zu machen, ob es nun um den Flughafenbahnhof geht, ob es um die Deutsche Flugsicherung geht - da steht ein neuer Tower, der auch schon in Betrieb ist - oder ob es um den Deutschen Wetterdienst geht. Die Soko hat diese Kompetenzen bei uns im Haus gebündelt, weil wir gesagt haben - Anfang Mai war das -: Wenn sich die Eröffnung des Flughafens verschiebt, müssen wir gucken, dass wir bis dahin dann auch wieder unsere Hausaufgaben gemacht haben; denn der Umzug des Deutschen Wetterdienstes war beschlossen usw. Da gab es also einige Kaskaden, auch hinsichtlich der Frage: Wie schaffen wir das mit Tegel - auch in Absprache mit Berlin und Brandenburg, wenn sie denn berührt waren?

Was hat die Soko darüber hinaus gebracht? - Ich hatte vorhin über das Oktober-Protokoll gesprochen, in dem schwarz auf weiß steht, dass das Flughafenmanagement den Aufsichtsrat fehlerhaft oder nicht umfassend informiert hat. Das ist dort dokumentiert worden, und das liefern wir auch gerne bei den haftungsrechtlichen Prüfungen, die der Aufsichtsrat anschieben wird, zu.

Was hat die Soko darüber hinaus gebracht? - Expertise, begleitende Expertise, über die Sachlage am Flughafen.

Ein weiteres Beispiel noch - dann mache ich auch einen Punkt und gebe Ihnen die Chance, eine Frage zu stellen, wenn Sie noch eine haben -: Im Dezember war die Soko auch vor Ort und hat sich die Lage am Flughafen angeschaut. Dazu gibt es auch ein sehr interessantes Protokoll, das auch dem Flughafen zur Verfügung gestellt wurde, aus dem hervorgeht, dass noch einige Schritte zu gehen sind, um die Eröffnung zu realisieren. Dass sie Ende Oktober nicht realisiert werden kann, ist uns dann mit dem Schreiben des Flughafens mitgeteilt worden.

Zusatzfrage: Ich nehme gern Ihr freundliches Angebot und entgegen und nutze die Chance zu einer weiteren Frage: Wenn denn diese Soko schon sehr frühzeitig die Erkenntnis gehabt hat, dass das Flughafenmanagement den Aufsichtsrat unrichtig informiert hat, und die Sachlage an der Flughafenbaustelle schon eingeschätzt hat, warum ist der Soko dann nicht viel früher aufgefallen und warum hat sie dann nicht ihren eigenen Minister darüber informiert, dass dieser Flughafen nicht im Oktober eröffnet werden kann? Warum musste der Minister auf ein Schreiben der Geschäftsführung warten?

Rudolph: Es gab im Dezember mehrere Treffen, auch Treffen des Aufsichtsrates, in denen das Flughafenmanagement gesagt hat: Wir müssen Rauchgastests abwarten. Die ersten Tests sind im Dezember durchgeführt worden, und es hieß - ich glaube, das ist Mitte Dezember auch mit einer Pressemitteilung dokumentiert worden -: Diese Tests ziehen sich in den Januar hinein. Das war immer unser Kenntnisstand. Unabhängig davon, ob bestimmte Rolltreppen zu kurz sind oder andere Dinge nicht laufen: Die Rauchgastests müssen funktionieren, um den Flughafen zu eröffnen. Diese Rauchgastests sollten bis in den Januar hineingehen. Insofern stellte sich auch uns die Frage, warum dann Anfang Januar seitens des Flughafenmanagements entschieden wurde, dass der Termin nicht zu halten ist. Die Erklärung dafür ist, dass die Analyse, die Auswertung der ersten Rauchgastests, die im Dezember durchgeführt wurden, ergeben hat, dass das nicht mehr zu stemmen sei.

Zusatzfrage: Das heißt, die Soko, die schon im Oktober festgestellt hatte, dass die Aufsichtsräte unrichtig informiert wurden, hat dann angenommen, dass die Eröffnung nur noch an den Tests der Rauchgasanlage krankt, sie hat also dem Management geglaubt, dass nur noch ein paar Tests zu machen seien, und dann könne man munter im Oktober eröffnen? Habe ich das richtig verstanden?

Rudolph: Das ist ein bisschen verquer.

Zusatz: Finden Sie?

Rudolph: Finde ich schon. Ich erkläre es Ihnen aber gerne und beantworte Ihnen hier gerne noch viele weitere Fragen; denn ich nehme mir Zeit dafür, das wirklich auch ganz im Ernst darzustellen.

Das Soko-Protokoll vom Oktober spreche ich deswegen an, weil darin erstmals öffentlich dokumentiert wurde, dass das Flughafenmanagement den Aufsichtsrat nicht informiert hat. Wenn nun die Frage kommt, ob das die richtigen Aufsichtsräte sind, sagen wir: Ja, der Bund hat die richtigen Aufsichtsräte; sie müssen nur richtig informiert werden, um die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. - Das war der Oktober: grundsätzliche Kritik am Management. Die haben wir auch aufrechterhalten.

Darüber hinaus haben wir gesagt, dass viele Probleme anzugehen sind. Das K.o.-Kriterium, das uns von Flughafenseite genannt wurde, war aber die gesamte Brandschutzanlage, waren die Rauchgastests. Deswegen schließt das eine das andere aber nicht aus. Das eine ist die Feststellung, wie der Aufsichtsrat informiert worden ist, und das andere sind Untersuchungen und Erkenntnisse, welche Probleme noch bewältigt werden müssen. Das größte dieser Probleme waren eben die Tests der Rauchgasanlage; das war jedenfalls das K.o.-Kriterium, das schon den Juni-Termin ins Wanken kommen und zum Ende kippen lassen hat, und das war ja jetzt nach dem Schreiben auch wieder der Fall. Diese Tests waren aber im Dezember nicht abgeschlossen. Im Dezember hat der Flughafen vielmehr gesagt: Die ersten Tests waren gut. Die Klappen sind in diesen Tests aber zum Beispiel manuell bedient worden. Es ist jedoch klar: Am Ende muss die Steuerung funktionieren, muss das ganze System am Flughafen funktionieren.

Frage: Herr Rudolph, wenn es ausschließlich an der Informationspolitik der Flughafengesellschaft gelegen hat, dass der Aufsichtsrat im Moment ein bisschen komisch dasteht, dann war die Personalrochade von Herrn Wowereit und Herrn Platzeck doch völlig umsonst, oder nicht

Rudolph: Das ist jetzt Ihre weiter gedrehte Einschätzung? Was ich gesagt habe, ist, dass die Soko festgestellt hat, dass das Flughafenmanagement den Aufsichtsrat fehlerhaft beziehungsweise nicht umfassend informiert hat. Diese Erkenntnis gilt, diese Erkenntnis hat die Soko aufrechterhalten und diese Erkenntnis liefern wir auch möglichen haftungsrechtlichen Prüfungen zu.

Zusatzfrage: Würden Sie dann vonseiten des Bundesministeriums Ihren beiden Mitgesellschaftern Berlin und Brandenburg attestieren, dass dort auch keine Fehler gemacht worden sind?

Rudolph: Ich bin immer dafür, dass jeder für sich selbst attestiert, was er gut macht und wo er sich verbessern kann. Für die Rolle des Bundes im Aufsichtsrat war es und ist es so, dass die Aufsichtsräte ihren Job gemacht haben und deswegen auch weiter dem Aufsichtsrat angehören sollen, dass wir aber die Erkenntnisse der Soko zum Anlass nehmen - und auch schon genommen haben -, Kritik zu üben. Das ist auch in den Aufsichtsratssitzungen besprochen worden. Deswegen werden ja auch haftungsrechtliche Prüfungen angestrebt oder angeschoben, um zu schauen: Wo sind Versäumnisse passiert, wo lässt sich haftungsrechtlich etwas prüfen? Das muss angegangen werden und das wird angegangen. Das gilt für die Geschäftsführung und für den Aufsichtsrat.

Frage: Herr Seibert und Herr Peschke, was erwartet die Bundesregierung von der Grundsatzrede von David Cameron? Ist die Bundesregierung besorgt über eventuelle radikale Signale in der Richtung eines Austretens Londons aus der Europäischen Union? Oder hat die Bundeskanzlerin beziehungsweise die Bundesregierung in den letzten Kontakten bessere Signale bekommen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin ist schon im Dezember, Anfang Dezember, vom britischen Premierminister darüber informiert worden, dass er vorhat, eine solche Grundsatzrede zur Europahaltung seines Landes zu halten. Die soll nun Ende dieser Woche gehalten werden. Wir warten sie ab und formulieren mit Sicherheit keine Erwartungen an sie. Ich glaube aber, Europa und vor allem auch die Briten wissen, was unsere Haltung zur Rolle Großbritanniens in der EU ist: Wir wollen ein aktives und engagiertes Großbritannien in der Europäischen Union.

Frage: Herr Seibert, am nächsten Mittwoch beginnt das Weltwirtschaftsforum in Davos.

Erstens. Die Kanzlerin reist hin. Ich würde gerne wissen, was sie dort genau tun will und was ihre Botschaft ist.

Zweitens. Welche Ministerinnen und Minister der Bundesregierung werden ebenfalls dorthin reisen?

StS Seibert: Ich kann bestätigen, dass die Bundeskanzlerin nach Davos reisen wird. Wir geben, wie üblich, am Freitag die Termine für die nächste Woche bekannt. Dann wird auch der Zeitplan ihres Aufenthalts in Davos genauer feststehen.

Das Ziel einer solchen Reise ist eigentlich klar. Sie wird - und ich glaube, das ist auch genau das, was von einer Bundeskanzlerin dort erwartet wird - unsere wirtschafts- und finanzpolitischen Überzeugungen, die Grundsätze, nach denen die Bundesregierung in diesem Jahr, 2013, handeln wird, darstellen. Das ist der Sinn und Zweck dieses Treffens.

Vorsitzender Leifert: Weiß man denn schon, wer mitfährt?

StS Seibert: Ich weiß, dass einzelne Minister ebenfalls nach Davos reisen werden. Ich glaube, das sollten die betreffenden Ressorts kurz selber darstellen.

Peschke: Ich kann für den Außenminister nur ganz kurz sagen, dass er in der zweiten Hälfte der nächsten Woche zunächst nach Madrid, nach Spanien, reisen und Gespräche führen wird. Danach reist er nach Lissabon, nach Portugal, und führt dort politische Gespräche. Im Anschluss wird er am nächsten Freitag in Davos sein und sich dort am Freitagabend mit Regierungsvertretern aus anderen europäischen Ländern - unter anderem aus Spanien - an einer öffentlichen Gesprächsrunde zur Lage in der Eurozone beteiligen.

Blankenheim: Nach meinem Kenntnisstand der Planungen wird auch Minister Schäuble am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnehmen.

Dr. Hoch: Gleiches gilt für den Bundeswirtschaftsminister.

Albrecht: Gesundheitsminister Bahr wird ebenfalls nach Davos reisen und dort an einem Forum teilnehmen, das sich mit der nachhaltigen Gesundheitsversorgung in der Welt befasst.

Wendt: Auch Frau von der Leyen wird dabei sein. Genaueres kann ich zum Programm aber noch nicht sagen.

Mänz: Auch Minister Niebel wird nach Davos reisen und dort an mehreren Veranstaltungen - unter anderem zum Thema Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik - teilnehmen. Er wird dort auch an einer Veranstaltung zusammen mit dem GFATM, dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose, teilnehmen und eine Pressekonferenz abhalten.

Frage: An Herrn Peschke und vielleicht auch an Herrn Paris: In der vergangenen Nacht gab es aus den USA Meldungen, das State Department habe intern vermeldet beziehungsweise festgestellt, dass in Syrien chemische Waffen eingesetzt worden seien. Ich nehme an, diese Meldungen sind Ihnen bekannt. Können Sie irgendetwas dazu sagen?

Peschke: Ich kann nur sagen, dass wir keine eigenen Erkenntnisse dazu haben. Wenn ich die Nachrichtenlage richtig lese, wurde das von den Amerikanern ja auch dementiert. Wir haben jedenfalls keine eigenen Erkenntnisse. Die Bundesregierung und Außenminister Westerwelle haben aber immer wieder deutlich gemacht, dass sie in Richtung der Verantwortlichen in Syrien nur darauf hinweisen können, dass der Einsatz beziehungsweise die Vorbereitung des Einsatzes von Chemiewaffen ein Schritt ist, der auf keinen Fall gegangen werden darf und der in jedem Fall eine umfangreiche internationale Verantwortlichkeit nach sich ziehen würde. Jeder, der an so etwas auch nur ansatzweise denkt, muss wissen, dass er dafür zur Rechenschaft gezogen würde.

Paris: Keine Ergänzungen.

Frage: Zum Thema "Magnitski-Liste". Es gibt eine Empfehlung des Europaparlaments an den Rat, eine "Magnitski-Liste" in Europa zu erstellen, so wie es die Amerikaner gemacht haben. Das Ding hängt jetzt im Rat, und es gibt Medienberichte, wonach die Bundesregierung, also Deutschland, diese Sache blockiere. Erste Frage: Stimmt das? Zweite Frage: Was ist die Haltung der Bundesregierung zu einer solchen Initiative des Europaparlaments, die "Magnitski-Liste" auch in Europa, in der EU, einzuführen?

Peschke: Das ist eine Diskussion, die zunächst einmal in den zuständigen Gremien zu führen ist. Wenn im Ministerkomitee des Europarates darüber gesprochen werden wird, dann werden wir dort zunächst einmal intern darüber sprechen und uns dort gemeinsam mit den Kollegen eine Meinung bilden. Dazu habe ich hier öffentlich nichts vorwegzunehmen.

Ansonsten kann ich Ihnen nur allgemein unsere Lesart, unsere Sicht auf das deutsch-russische Verhältnis wiedergeben: Es ist ein sehr wichtiges, ein strategisches Verhältnis, das wir mit großer Ernsthaftigkeit und Intensität betreiben. Das hindert uns aber nicht daran, auch Defizite bei der inneren Entwicklung wahrzunehmen und auch offen mit der russischen Seite - vor den Kulissen und auch hinter den Kulissen - zu besprechen.

Frage: Herr Blankenheim, ich habe eine Frage zu den Zypern-Hilfen. Auf der einen Seite beantragt Zypern ja Unterstützung in Milliardenhöhe, auf der anderen Seite schädigt es mit Steuer-Dumpingsätzen andere europäische Länder, darunter auch Deutschland. Warum hat die Bundesregierung dem Land diese Steuer-Dumpingsätze bisher nicht abverhandelt?

Blankenheim: Es liegt bekanntermaßen ein Entwurf für ein MoU mit Zypern vor. Die Eurogruppe hat das auf dem jüngsten Treffen am 13. Dezember diskutiert und die Fortschritte der Troika und der zyprischen Regierung bei den Arbeiten an diesem Entwurf gewürdigt. Man muss schon sagen, dass der MoU-Entwurf zahlreiche Auflagen zur Restrukturierung des Finanzsektors enthält. Auch Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen, der von Ihnen genannte Punkt, eine bessere Bekämpfung von Geldwäsche sowie ein verbesserter Informationsaustausch in Steuerfragen sind Gegenstand dieses MoUs. Alle weiteren Fragen werden, wie ich das an dieser Stelle schon verschiedentlich betont habe, in der nächsten Sitzung der Eurogruppe in der kommenden Woche weiter diskutiert.

Zusatzfrage: Im Memorandum of Understanding ist ja gerade nicht von der Bekämpfung der Steuer-Dumpingsätze die Rede. Warum nicht?

Zweite Frage: Inwieweit ist es überhaupt eine Zielsetzung der Bundesregierung, von diesen Steuer-Dumpingsätzen wegzukommen?

Blankenheim: Ich habe Ihnen jetzt zum Stand der Dinge, der bekannt ist, Auskunft gegeben. Ansonsten wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass gerade Steuertransparenz ein wichtiger Punkt ist - auch für unseren Minister. Dem kann ich an dieser Stelle nichts hinzufügen.

Zusatzfrage: Steuertransparenz ist ja nicht gleichzusetzen mit der Höhe von Steuersätzen. Noch einmal die Frage: Gehört es zur Zielsetzung der Bundesregierung, Zypern von diesen Steuer-Dumpingsätzen im Rahmen der Verhandlungen über die EU-Hilfen abzubringen?

StS Seibert: Ich würde vielleicht ganz gerne etwas Grundsätzliches dazu sagen. - Das ist ja keine bilaterale Verhandlung der Bundesregierung mit Zypern. Vielmehr verhandelt mit Zypern ja die Troika, bestehend aus IWF, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission; es verhandeln also die europäischen Partner gemeinsam plus der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank mit Zypern. Im Übrigen sind diese Verhandlungen natürlich noch nicht abgeschlossen; der Prozess läuft ja noch. Es ist vollkommen klar: Wenn man einerseits das Haushaltsdefizit abbauen muss - das wird in Zypern gar nicht anders möglich sein - und andererseits die niedrigsten Körperschaftssteuersätze in Europa hat, dann ist das ein Widerspruch, der möglicherweise zumindest mit in die Betrachtungen einfließen muss.

Frage: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Heute Morgen hat das Unternehmen TenneT bekanntgegeben, einen externen Investor für die Stromleitungen auf die Nordsee für die dortigen Windparks gefunden zu haben. Gleichzeitig konnte man lesen, dass das Unternehmen Ende Januar im Wirtschaftsministerium Rede und Antwort stehen soll, warum das mit diesen Stromleitungen alles so langsam geht. Was erwartet das Ministerium von TenneT bei diesem anstehenden Termin? Wird dieser Termin vor dem Hintergrund der Investitionsentscheidung überhaupt noch stattfinden?

Dr. Hoch: Zunächst einmal hat sich der Bundeswirtschaftsminister zum Thema TenneT und Offshore-Ausbau heute schon geäußert. Er hat dargelegt, dass es eine gute Nachricht ist, dass diese Einigung stattgefunden hat, weil wir dadurch jetzt erste Erfolge auf dem Weg zu besseren Investitionsbedingungen bei Offshore sehen können. Der Offshore-Ausbau nimmt nun Fahrt auf; das hat der Minister dargelegt. Im Übrigen finden Gespräche generell statt. Ich kann Ihnen hier jetzt aber nicht im Vorgriff von Gesprächen Details dazu nennen.

Zusatzfrage: Was erwarten Sie denn? Muss TenneT weitere Investoren beibringen oder reicht dieses gute Zeichen jetzt, ist es damit getan?

Dr. Hoch: Der Minister hat dargelegt, dass es natürlich darum geht, weitere Investoren zu gewinnen. Wir sind zuversichtlich, dass TenneT die entsprechenden Gespräche auch vorantreibt.

Zusatzfrage: Erwarten Sie bei diesem Gespräch konkrete Zusagen?

Dr. Hoch: Wie gesagt, wir sind zuversichtlich, dass diese Gespräche voranschreiten und auf diese Weise weitere Investoren gefunden werden können.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 16. Januar 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/01/2013-01-16-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2013