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PRESSEKONFERENZ/575: Regierungspressekonferenz vom 20. März 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 20. März 2013
Regierungspressekonferenz vom 20. März 2013

Themen: Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013, Demografie-Reise der Bundeskanzlerin, Symposium "300 Jahre Nachhaltigkeit 'made in Germany'", Kabinettssitzung (NPD-Verbotsantrag, Nationales Reformprogramm 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Apothekennotdienstes, Stellungnahme der Bundesregierung zum 19. Hauptgutachten der Monopolkommission), finanzielle Hilfe für Zypern, Strompreisbremse, Managergehälter, Haltbarkeit von Elektrogeräten, Vorschläge der EU-Kommission für mehr Souveränitätstransfers im wirtschaftspolitischen Bereich, Hausdurchsuchung bei IWF-Chefin Lagarde

Sprecher: StS Seibert, Enderle (BMELV), Westhoff (BMAS), Teschke (BMI), Junghanns (BMFSFJ), Albin (BMJ), Kotthaus (BMF), Geißler (BMU)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Enderle: Meine Damen und Herren, ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, Sie kurz über wichtige Entscheidungen zu informieren, die heute Nacht und in den frühen Morgenstunden in Brüssel gefallen sind. Nach mehrmonatigen Verhandlungen haben sich die Landwirtschaftsminister der Europäischen Union auf die Grundzüge zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 verständigt. Das, was beschlossen wurde, ist aus Sicht der Bundesregierung ein großer Erfolg und ein Erfolg, für den auch lange und hart verhandelt wurde. Trotz knapper Kassen konnten massive Einschnitte abgewendet werden. Damit ist auch für die Landwirtschaft Planungssicherheit hergestellt worden.

Der Kompromiss, die jetzt gefunden wurde, setzt wichtige Forderungen Deutschlands um. Ein Kernstück davon ist ein wirksames Screening. Das sind Umweltleistungen, von denen die Gesellschaft dann auch profitiert. Umweltschutz und Artenschutz werden künftig durch zusätzliche Anstrengungen der Landwirtschaft stärker in der Gemeinsamen Agrarpolitik verankert sein. Damit wird auch das Prinzip "Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen" stärker in den Vordergrund gerückt. Die Fördermittel der EU, die jetzt für eine siebenjährige Periode festgeschrieben wurden, sichern in Deutschland besonders die Existenz der vielen bäuerlichen Familienbetriebe, und sie sichern auch die Zukunft der ländlichen Räume.

Zum weiteren Verfahren: Das, was jetzt beschlossen wurde, ist auch die Grundlage für die weiteren Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament. Die endgültige Verabschiedung steht dann im Sommer dieses Jahres an.

Wir haben Ihnen alle Einzelheiten dieser Reform - also die Zahlen, die Zeitpläne und die Hintergründe - noch einmal auf unserer Webseite zusammengestellt und werden Ihnen die Details noch einmal um 14 Uhr im Rahmen einer Pressekonferenz erläutern. Dann wird Sie die Bundeslandwirtschaftsministerin noch einmal informieren und auch für Statements und Nachfragen zur Verfügung stellen. Das wird dann heute um 14 Uhr bei uns im Ministerium stattfinden.

StS Seibert: Guten Tag! Ich mache diese Terminankündigung schon heute, weil es Akkreditierungsfrist gibt, angesichts derer Sie ansonsten nicht mehr hinkämen. Es geht um den kommenden Montag. Wie Sie sicherlich wissen, wird die Kanzlerin bis Mitte Mai, bis zum Zeitpunkt des zweiten Demografiegipfels, in ganz Deutschland Initiativen besuchen, die sich in einer beispielhaften und vorbildhaften Weise mit den Herausforderungen und auch Chancen des demografischen Wandels in Deutschland beschäftigen. Sie wird im Rahmen dieser Reise am Montag bei zwei Einrichtungen zu Gast sein. Man könnte als Überschrift dafür vielleicht sagen, dass es dabei um Generationenzusammenhalt und um selbstbestimmtes Leben im Alter geht.

Sie wird zunächst von 11 Uhr bis 12.30 Uhr in Langenfeld in Mittelfranken das Mehrgenerationenhaus "Dorflinde" besuchen. Das ist ein sehr kleiner Ort mit etwa 1.000 Einwohnern, und dieses Mehrgenerationenhaus hat vielfältige Angebote für Jung und Alt. Sie können sich bis morgen um 16 Uhr beim Veranstalter anmelden.

Anschließend geht es nach Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz, wo die Kanzlerin ein Wohnprojekt besuchen wird. Es heißt "WohnArt". Grundidee dieses Projektes ist es, eine lebendige Nachbarschaft und Gemeinschaft zu schaffen, die auf gegenseitiger Unterstützung beruht und in der Menschen selbstbestimmt leben können. In diesem Genossenschaftsprojekt gibt es 21 Wohnungen, in denen 32 Menschen wohnen. Auch beim dortigen Veranstalter können Sie sich bis morgen um 18 Uhr anmelden. - Das sind dann auch schon die beiden einzigen öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der Woche vor Ostern.

Wo ich gerade bei Terminen bin, würde ich gerne noch einen hinzufügen, der kein Termin der Bundeskanzlerin ist, aber im Bundeskanzleramt stattfindet. Für Montag, den 25. März, lädt Bundesminister Ronald Pofalla in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung zu einem Symposium ins Kanzleramt ein. Der Titel lautet "300 Jahre Nachhaltigkeit 'made in Germany'". Ich ahne schon, dass Sie sich jetzt fragen: Was war vor 300 Jahren? Deswegen helfe ich nach: 1713 schrieb der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz ein forstwirtschaftliches Buch, in dem er den Raubbau an den Forsten - vermutlich Sachsens - beklagte und einen "nachhaltenden" Umgang mit den Wäldern und Forsten forderte. Das gilt allgemein als das erste Mal, dass dieser Begriff, der für uns heute in der Politik so prägend ist, aufgetaucht ist. Das nimmt man zum Anlass für ein Symposium, in dem in- und ausländische Vertreter von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft den Stand und die Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung und einer Politik für eine nachhaltige Entwicklung erörtern. Das Ganze wird in Zusammenarbeit mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung durchgeführt, wird um 10 Uhr beginnen und presseöffentlich sein.

Das Kabinett hat sich heute mit folgenden Punkten befasst, und von dem ersten - deshalb werde ich es kurz machen - haben sie bereits von Bundesinnenminister Friedrich erfahren: Das Kabinett hat heute beschlossen, keinen eigenen Antrag auf ein Verbot der NPD zu stellen. Ich werde den Beschluss noch einmal kurz vortragen, denn er enthält eigentlich alles, was das Kabinett dabei bewegt hat.

Erster Punkt: Der Bundesrat hat am 14. Dezember 2012 beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 21 Abs. 2 GG die Entscheidung zu beantragen, dass die NPD verfassungswidrig ist. Diese Entscheidung nimmt die Bundesregierung mit Respekt zur Kenntnis.

Zweitens: Bundesbehörden, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, haben in bedeutendem Umfang zur Sammlung des dafür relevanten Materials beigetragen. Entsprechend dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 5. Dezember 2012 wird das Bundesministerium des Innern bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemeinsam mit den Ländern die systematische Materialsammlung im Hinblick auf aktuelle Erkenntnisse zur weiteren unterstützenden Begleitung des Antrags des Bundesrates fortsetzen.

Drittens: Die Bundesregierung hält daher einen zusätzlichen eigenen Verbotsantrag für nicht erforderlich.

Viertens: Dessen ungeachtet ist die Bekämpfung und Ächtung des Rechtsextremismus, der sich auch in den von der NPD verfolgten verfassungsfeindlichen Zielen zeigt, eine politische und gesellschaftliche Daueraufgabe, die für die Bundesregierung von besonders hoher Bedeutung ist. Sie bekräftigt, dass Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben darf. Die Bundesregierung wird auch künftig alles Erforderliche tun, um den Rechtsextremismus politisch zu bekämpfen.

Anschließend hat das Bundeskabinett das Nationale Reformprogramm 2013 verabschiedet. Sie müssen das in einem europäischen Zusammenhang sehen, denn seit 2011 legt jeder EU-Mitgliedstaat einmal jährlich in diesem Nationalen Reformprogramm dar, wie er wichtige nationale und europäische Verpflichtungen umgesetzt hat. Das ist ein wichtiger Baustein dessen, was man das Europäische Semester nennt. Deutschland hat die länderspezifischen Empfehlungen des Rats der EU, die es wie jedes andere Mitgliedsland auch bekommen hat, umfassend aufgegriffen und in allen Bereichen - sowohl der öffentlichen Finanzen als auch der Finanzmärkte als auch der Erwerbsbeteiligungen und des Wettbewerbs - erhebliche Fortschritte erzielt. Mit dem Konsolidierungskurs der Bundesregierung - das haben wir ja in der letzten Woche angesichts der Haushaltseckpunkte hier auch vorgetragen - hat Deutschland die Schuldenregel schon 2012 eingehalten, also vier Jahre früher als im Grundgesetz vorgeschrieben. Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland weiter abgebaut worden. Wir haben im vergangenen Jahr 41 Millionen Erwerbstätige gehabt, darunter 28,9 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. In den letzten 20 Jahren hat es eine so hohe Zahl nie gegeben. Vor allem auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen konnte seit 2008 deutlich gesenkt werden.

Fortschritte hat die Bundesregierung des Weiteren bei der Bekämpfung von strukturellen Schwächen der Finanzmärkte gemacht. Deutschland ist hierbei in vielen Punkten Vorreiter bei der europäischen und internationalen Regulierung der Finanzmärkte. Mit der Umsetzung seiner wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zu mehr Stabilität, Wachstum und Beschäftigung in Europa. Das alles steht in diesem Nationalen Reformprogramm 2013, das das Bundeskabinett verabschiedet hat.

Der dritte Punkt ist der Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Apothekennotdienstes. Dies betrifft vor allem ländliche Räume und strukturschwache Gebiete in Deutschland. Dort wird der Apothekennotdienst weniger häufig als in der Stadt - man kann sich vorstellen, warum - in Anspruch genommen. Er fällt aber für jede einzelne Apotheke, weil es eben nicht so viele gibt, häufiger an. Nun ist es unser Anliegen, dass es flächendeckend und wohnortnah eine gleichmäßig gute medizinische Versorgung in Deutschland gibt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt für die Bundesregierung. Deswegen gibt es nun dieses Gesetz.

Es gibt einen weiteren wichtigen Baustein, um das zu erreichen: Zukünftig sollen die Apotheken unabhängig davon, ob oder wie häufig sie im Notdienst zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens Arzneimittel abgeben, eine Grundpauschale erhalten. So hat es das Kabinett beschlossen. Um also einen Ausgleich zu schaffen, wird der Festzuschlag für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel um 16 Cent pro Packung erhöht. Diesen Beitrag führen die Apotheken vollständig an einen Fonds ab, den der Deutsche Apothekerverband errichtet und auch verwaltet. Die Pauschale für den Notdienst, die nun eingeführt wird, wird aus diesem Fonds gezahlt. Die gesetzliche Krankenversicherung zahlt wie heute den Preis des Arzneimittels abzüglich der Zuzahlung des Versicherten. Dies ist eine wichtige Maßnahme für Menschen in den ländlichen Gebieten, damit auch sie die gleiche oder wenigstens eine angemessene Versorgung mit Apothekennotdiensten haben.

Vierter und letzter Punkt im Kabinett war eine Stellungnahme der Bundesregierung zum 19. Hauptgutachten der Monopolkommission. Diese Monopolkommission erstellt auf Grundlage des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen alle zwei Jahre einen Bericht. Es ist ein sehr umfangreiches Gutachten, in dem sie dann zu aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung nimmt und vor allem den Stand der Unternehmenskonzentration in Deutschland bewertet. Dazu hat das Kabinett heute die Stellungnahme der Bundesregierung beschlossen. Sie schließt sich im Wesentlichen den Schlussfolgerungen der Monopolkommission an. Für Einzelheiten würde ich Sie, wenn Sie sie denn wissen wollen, an den Sprecher oder die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums verweisen.

Frage: Herr Seibert, es gibt eine umfangreiche, lebhafte Debatte über das Pro und Kontra eines NPD-Verbots. Hat irgendein Minister zu erkennen gegeben, dass er nicht der Meinung des Vizekanzlers ist, nämlich dass die Regierung keinen Antrag stellen sollte? Oder kann man sagen, das war ein einstimmiges Votum des Kabinetts?

Wurde in diesem Zusammenhang - ich frage, weil Sie in Punkt 4 der Kabinettsvorlage ja erklärt haben, dass man alles tun werde, um Rechtsradikalismus usw. zu bekämpfen, und alles fördere - vielleicht auch dafür Sorge tragen, dass die finanziell Not leidenden "EXIT"-Programme für Aussteiger aus der rechten Szene endlich einmal auf eine dauerhaft seriöse finanzielle Grundlage gestellt werden, weil sie für 2014 ja nur maximal zur Hälfte gesichert sind?

StS Seibert: Das sind mehrere Fragen auf einmal. Erstens: Die Bundesregierung hat lange intern darüber diskutiert, wie sie sich zu der Frage eines NPD-Verbotsantrags verhalten soll. Das heutige Ergebnis, wie es das Kabinett beschlossen hat, ist das Ergebnis der gesamten Bundesregierung.

Zusatzfrage: Entschuldigung, aber heißt das "einstimmiges Votum der Bundesregierung"?

StS Seibert: Ich kann Ihnen von keinen abweichenden Voten berichten. Dies ist die Haltung, die die Bundesregierung heute als Ganzes vertritt.

Zweitens: In der Tat ist die Bundesregierung davon überzeugt, dass die politische Bekämpfung des Rechtsextremismus und allen verwandten Gedankenguts eine Daueraufgabe für alle bleibt, die in der Politik tätig sind, für die Zivilgesellschaft und für andere. Wenn die Bundesregierung sagt, sie wird alles tun, dann meint sie, dass sie wie bisher sowohl vorbeugende Maßnahmen trifft - das ist eben die Vielzahl der Förderprogramme, die es gibt, und in dieser Hinsicht können wir, wenn wir wollen, ins Detail gehen - als natürlich auch repressive Maßnahmen trifft, wo immer das notwendig ist, auch bis hin zum Verbot rechtsextremistischer Vereine. Das ist das feste Versprechen der Bundesregierung, sich genauso wie bisher weiterhin zu engagieren und ganz unabhängig von der Frage eines Verbotsantrags nicht nachzulassen. Der Bund führt Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten durch oder fördert sie, mit denen man also ganz besonders jugendliche Rechtsextremisten ermutigen will, aus dieser Szene herauszufinden.

Hinsichtlich der konkreten Frage, was das "EXIT"-Programm betrifft, könnte vielleicht besser ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums erklären, wie es sich damit verhält. Das ist nicht ganz einfach, weil das ein Programm ist, das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wird, und dieser Europäische Sozialfonds sieht Förderung immer nur für eine Übergangszeit vor. Diese Übergangszeit läuft ab. Es ist die Überlegung anzustellen, und sie wird angestellt, wie man auf diese Situation reagieren kann.

Westhoff: Bei dem einen oder anderen mag schon Verwunderung im Gesicht darüber zu erkennen sein, warum nun das Arbeitsministerium gefragt ist. In der Tat ist es aber so, dass hinsichtlich der Frage der Ausbildungs- und Arbeitsintegration Aktivitäten laufen, die Ausstiege aus der rechten Szene befördern sollen, tatsächlich auch über ESF-Programme vermittelt. In der Tat wird das Projekt "EXIT" als eines von elf oder 12 Programmen seit geraumer Zeit zu diesem Zweck gefördert. Für alle anderen Programme - unter anderem eines in Oberhausen namens "NinA" - läuft die Förderung über ESF-Mittel jetzt in der Tat Ende April aus.

Es ist eine Eigenart der ESF-Förderung, dass immer nur eine Anschubfinanzierung, eine Hilfe für den Einstieg gewährt werden kann, um dann eine Tragfähigkeit auch durch Förderung auf anderem Wege sicherzustellen. Das ist bei "EXIT" nicht anders als bei allen anderen ESF-Programmen auch. Es gibt tatsächlich europarechtliche Vorgaben und auch haushaltsrechtliche Vorgaben, die gar kein anderes Verfahren zulassen. Es ist in der Tat so, dass zur Eigenart dieser ESF-Förderung auch gehört, regelmäßig Ausschreibungen zu machen, auf die sich dann wiederum auch andere Initiativen bewerben können. Es ist also durchaus gewollt, dass sich jeweils Initiativen mit klugen Ideen und mit guten Ansätzen beweisen können, auch beweisen müssen sowie um Mittel bewerben und dass dabei auch eine gewisse Konkurrenz herrscht, eine gewisse Fluktuationen, eine Abwechslung stattfindet und keine dauerhafte institutionalisierte Förderung möglich ist. Das ist so in den Statuten festgeschrieben; darum kommen wir nicht umhin.

"EXIT" ist ein Programm, das an dieser Stelle sicherlich erfolgreich ist, das aber, wie gesagt, auch über viele Jahre hinweg mit geraumen Summen gefördert wurde und das auch durchaus weitere Finanzierungsquellen hat, nämlich über Spenden und über eine Stiftung, die dahinter steht. Man muss sich schon fragen, ob und wie diese Förderung eventuell verstetigt werden kann. Über ESF-Mittel ist das leider nicht möglich, aber zwischen der Ministerien, die dafür infrage kommen, laufen im Moment Gespräche, um zu schauen, ob man "EXIT" auf die eine oder andere Weise weiter aus anderen Töpfen fördern kann. Aber der Kampf gegen den rechten Extremismus lässt sich, wie gesagt, auch nicht allein an einer vorübergehenden möglichen Förderung von "EXIT" festmachen.

Teschke: Ich würde das gerne noch für das Innenministerium ergänzen. Es gibt ja das sehr gute Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe", das extra noch einmal vom Minister verlängert wurde. Es wäre sonst ausgelaufen. Es ist bis 2016 verlängert worden, und zwar mit einem jährlichen Fördervolumen von 6 Millionen Euro. Es fördert vor allen Dingen auch die Ausbildung von Demokratielehrern und -trainern. Wir stehen in Kontakt mit zahlreichen Vereinen und Verbänden. Daneben gibt es auch noch das Programm "Vereint gegen Rechtsextremismus". Das bietet ein Handlungskonzept von Sport und Politik zur Förderung von Toleranz. Außerdem gibt es die Bundeszentrale für politische Bildung, die natürlich auch selbst zahlreiche Initiativen unterstützt. Daneben gibt es aber auch noch beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Aussteiger-Hotline, die ebenfalls sehr gut angenommen wird.

Insofern gibt es allein in unserem Ressort, aber eben auch beim BMAS und beim BMFSJ eine Fülle von Programmen, die klarmachen, wie ernst die Bundesregierung den Kampf gegen Rechtsextremismus nimmt.

Zusatzfrage: Angesichts dieser Fülle - ich bin beim Mitschreiben kaum mitgekommen - frage ich: Gibt es jemanden innerhalb der Bundesregierung, der einen Überblick über den Umfang und die Vielzahl der verschiedenen Programme hat? An wen wendet man sich dafür? Oder muss man, wenn man als Projekt Interesse hat, der Reihe nach die verschiedenen Ministerien von Herrn Seibert bis zu Herrn Westhoff abklappern, um irgendwo Geld zu bekommen?

Die zweite Frage, weil das ja der konkrete Anlass ist: Wenn das alles so toll ist, wieso teilt das Familienministerium in Gesprächen mit Haushaltsexperten dann mit, dass leider nur noch Restmittel zu Programmförderung gegen den Rechtsextremismus zur Verfügung stehen, dass diese leider nur noch bis April 2014 ausreichen und dass dann Schluss ist? Versteht man das unter einer seriösen Planungsgrundlage und unter einem überzeugten Kampf ganz gegen den Rechtsextremismus?

StS Seibert: Mir ist jetzt nicht klar, ob Sie als Journalist eine Übersicht haben möchte, was ich gut verstehen könnte, oder ob Sie sich jetzt in die Situation von möglichen Antragstellern versetzt haben.

Zusatz: Ich wollte wissen, ob irgendjemand innerhalb der Bundesregierung behaupten kann, dass er eine Komplettübersicht über alle aufgelegten Programme hat, die aus irgendwelchen Töpfen der Bundesregierung gefördert werden.

StS Seibert: Wir können diese Übersicht für sie herstellen. Es geht tatsächlich um eine Vielzahl von Programmen. Darunter sind sehr erfolgreiche Programme; einige sind genannt worden. Ich kann Ihnen jetzt nicht ad hoc alle benennen, aber wir können diese Übersicht für Sie herstellen.

Junghanns: Noch einmal zum Thema "EXIT": Grundsätzlich sind für die Förderung von Aussteigerprogrammen primär andere Häuser wie zum Beispiel das BMAS zuständig. Aber das, was wir als Familienministerium im Fall "EXIT" tun können, werden wir tun. Wir prüfen derzeit unsere Möglichkeiten. Heute ist es aber noch zu früh für konkrete Ankündigungen.

Was richtig ist: Heute Abend wird es ein seit mehreren Wochen anberaumtes Gespräch zwischen "EXIT" und unserem Haus über das betreffende Thema geben. Ich möchte gerne an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass es die Abgeordnete Kristina Schröder war, die in der letzten Legislaturperiode als Innenpolitikerin mit dafür gesorgt hat, dass "EXIT" Bundesfördermittel erhalten hat. Die Ministerin fände es auch heute noch nicht richtig, wenn der Bund ausgerechnet aus der Förderung dieses Aussteigerprogramms aussteigen würde.

Albin: Ich wollte noch etwas erwähnen: Da die Förderung von "EXIT" so wichtig ist und "EXIT" ein Projekt ist, das auf keinen Fall an finanziellen Engpässen scheitern darf, hat sich das Bundesjustizministerium erstmals mit 30.000 Euro an einer Finanzierung dieses Projekt beteiligt. Das klingt jetzt nicht nach viel Geld, aber das Bundesjustizministerium verfügt im Rahmen seines Etats nicht über so große Geldmengen.

Frage: Einfach noch einmal zum Verständnis nachgefragt: Ist die Bundesregierung nach heutigem Stand nicht bereit - vielleicht gewillt, aber ad hoc nicht bereit -, eine Übergangsfinanzierung von "EXIT" in Aussicht zu stellen, und zwar so lange, bis eine neue Gesamtfinanzierung, vielleicht auch im europäischen Rahmen, gefunden wurde?

StS Seibert: Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass genau über diese Frage nachgedacht wird.

Frage: Herr Seibert, Ihr Kabinett beschließt heute, keinen NPD-Verbotsantrag zu stellen und unter Punkt 4 ein flammendes Bekenntnis dafür abzugeben, dass man alles tue, um gegen den Rechtsextremismus vorzugehen. Wenn Sie dann gleichzeitig zur laufenden Debatte über die Finanzunsicherheit bei "EXIT" erklären "Wir prüfen und tun alles", dann frage ich mich doch, wieso Sie das bis heute nicht klären konnten. Gibt es dafür eine politische Erklärung? Es hätte doch gut zum heutigen Tag gepasst, dass die Botschaft kommt: Auch "EXIT" ist dauerhaft gesichert, weil es der Wille der Bundesregierung so will. Wieso kommt die nicht?

StS Seibert: Ich würde Sie sehr bitten, die Frage der politischen Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht auf die Frage nach "EXIT" zu verengen. Wir haben Ihnen hier - wir können das auch noch ein bisschen ausführlicher betreiben - Beispiele für die finanzielle Förderung in Millionenhöhe von sehr wertvollen und im Übrigen auch erfolgreichen Programmen zur Prävention und auch von Aussteigerprogrammen genannt. Dann gibt es noch den Sonderfall "EXIT". Wir haben Ihnen auch zu erklären versucht, warum bei Programmen, die aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert werden, nach einer gewissen Anzahl von Jahren ein Ausstiegspunkt erreicht ist. Nun werden wir darüber nachdenken, wie wir diese erfolgreiche und anerkennenswerte Arbeit, die dort geleistet wird, weiter betreiben können und wie sie weiter betrieben werden kann. Sie werden jetzt vielleicht einfach noch einmal ein ganz kleines bisschen warten müssen, obwohl Ihnen eine Botschaft heute noch besser gefallen hätte; ich würde jedenfalls darum bitten.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, welche Form einer mögliche russische Hilfe für Zypern die Bundesregierung begrüßen und welche nicht begrüßen würde und welche Bedingungen sie daran stellt.

StS Seibert: Ich werde daran überhaupt keine Erwartungen formulieren. Wenn der zyprische Finanzminister in Moskau ist, dann führt er dort seine Gespräche, und man wird hören, was dabei herauskommt. Ich habe daran keine Erwartungen und schon gar nicht Bedingungen zu formulieren.

Die Bundeskanzlerin hat sich ja heute im Anschluss an ihren Besuch des Europaausschusses auch kurz zu Zypern geäußert. Das ist das, was ich auch gerne noch einmal sagen kann: Es ist jetzt an Zypern, der Troika einen neuen Vorschlag zu machen. Das zyprische Parlament hat den Vorschlag der Eurogruppe, der ja auch mit der zyprischen Regierung abgesprochen war, gestern nicht gebilligt. Das können wir nur bedauernd zur Kenntnis nehmen. Jetzt ist es an Zypern, der Troika einen neuen Vorschlag dazu zu machen, wie eine Lösung aussehen könnte, die tatsächlich die Basis für ein Memorandum of Understanding und für eine Hilfe aus dem ESM sein könnte.

Europa muss aus unserer Sicht zu seinen Prinzipien stehen und jetzt etwas aus dieser zugegeben schwierigen Situation machen. Wir sollten uns dabei allerdings auch an unsere Verfahren halten. Die Voraussetzungen, die stets gelten, wenn Hilfe aus dem ESM geleistet werden soll, müssen also auch im Falle Zyperns erfüllt werden. Das verlangt im Übrigen schon die Rechtslage hier in Deutschland. Insofern ist der Ball jetzt sozusagen bei den Zyprern. Unser Interesse als Partner und Freund Zyperns ist es absolut, eine Lösung zu finden.

Zusatzfrage: Meine Frage ging in Richtung Russland. Welche Hilfe seitens Russland würden Sie begrüßen und welche nicht?

StS Seibert: Darauf kann ich jetzt trotzdem nur noch einmal wiederholen, dass ich öffentlich keine Erwartungen an die Russland-Reise des zyprischen Finanzministers und ihre möglichen Ergebnisse formulieren möchte.

Frage: Noch einmal dazu: Es geht ja weniger um Erwartungen - das müssen die Russen ja selbst entscheiden - als vielmehr darum, was vorstellbar ist. Ist es denn grundsätzlich denkbar, dass der Finanzbedarf, den Zypern ja nun einmal hat, aus Mitteln gedeckt wird, die aus der EU und aus Russland kommen, also dass diese Schulden quasi von beiden getragen werden?

StS Seibert: Das, was vorstellbar ist, ist in den Eckpunkten niedergelegt, auf die sich die Eurogruppe mit der zyprischen Regierung am Samstagmorgen geeinigt hat. Das ist das, was vorstellbar ist. Das ist das, was tatsächlich einen Weg zu Stabilität für die angeschlagenen Banken in Zypern, für die zyprische Wirtschaft und im Übrigen auch für die zyprischen Bürger beschreibt.

Wir sind überzeugt, dass das, was da vorgelegt wird, den zyprischen Bürgern eine Zukunft in Stabilität ermöglichen würde. Wir sehen keine Zukunft, wenn der zyprische Staat von den eigenen Staatsschulden sozusagen erdrückt würde. Das ist das, was auf dem Tisch liegt. Das zyprische Parlament hat dies gestern zu unserem Bedauern abgelehnt. Nun warten wir auf Gegenvorschläge.

Frage: Herr Seibert, die Frage bei diesen russischen Interventionen ist, ob die Eurogruppe oder Deutschland damit einverstanden wäre, dass der Anteil, der von Zypern beziehungsweise von den Bankanlegern selbst übernommen worden müsste, dadurch verkleinert wird, dass Russland einen Teil beisteuert, dass also von den 5,8 Milliarden Euro zum Beispiel 4 Milliarden Euro aus Russland und der Rest aus Zypern käme. Damit hätte man nicht das erreicht, was man eigentlich ursprünglich in Brüssel wollte.

StS Seibert: Ich kann das eigentlich nur noch einmal wiederholen: Ich werde keine Erwartungen formulieren, was vom zyprischen Minister in Russland erreicht werden sollte oder womit wir zufrieden wären.

Es geht im Übrigen auch gar nicht um die Bundesregierung. Es sind keine bilateralen Verhandlungen zwischen Deutschland und der zyprischen Regierung. Es ist die Troika, die verhandelt und deren Verhandlungsergebnis anschließend von der Eurogruppe - und nicht von einzelnen Staaten - beurteilt wird. Ich möchte jetzt nicht weiter darauf eingehen.

Es gelten die gleichen Prinzipien: Es muss der Weg zu einer Schuldentragfähigkeit dargestellt werden. Dafür ist es nach Überzeugung der Eurogruppe notwendig, dass Zypern einen eigenen Beitrag leistet. Das mögliche Hilfspaket hat ja eine Größe, die, gemessen am Bruttoinlandsprodukt des betroffenen Landes, alles in den Schatten stellt, was wir je in Europa an Hilfsprogrammen aufgelegt haben.

Es tut mir leid, aber ich kann mich nur wiederholen: Da gab es einen Vorschlag, der von der zyprischen Seite, also vom Parlament, abgelehnt worden ist. Wir, wie übrigens die europäischen Partner sicherlich auch, haben das Interesse, konstruktiv zu sein. Der nächste Vorschlag, der Gegenvorschlag, wie man die Ziele erreichen könnte, müsste jetzt von der zyprischen Seite kommen.

Zusatzfrage: Das war aber nicht die Frage. Die Frage war, ob Deutschland zufrieden wäre, wenn ein Teil der 5,8 Milliarden Euro aus Russland käme.

Kotthaus: Ich glaube, der Regierungssprecher hat das sehr klar formuliert: Es geht darum, dass die Schuldentragfähigkeit erreicht wird. Nach allen Berechnungen, die wir - die Troika gemeinsam mit der zypriotischen Seite - angestellt haben, ist eine Programmgröße von 10 Milliarden Euro die Obergrenze. Danach kommt man in einen Bereich, wo es nicht mehr darstellbar ist, dass die Schuldentragfähigkeit erreicht werden kann.

Diese 10 Milliarden Euro haben sich so zusammengesetzt, dass man geschaut hat, wie hoch der Finanzbedarf ist. Sie wissen, dass ein Finanzbedarf von round about 17 Milliarden Euro definiert worden ist. Man hat dann geschaut, welche Schulden man dadurch erreicht und wo man hinkommt. Man hat dann gemeinsam mit der zypriotischen Seite definiert - mit "man" meine ich die Eurogruppe, die Troika und nicht Deutschland -, dass dann, wenn wir in Zypern eine Staatsverschuldung von ungefähr 20 Prozent von 100 Prozent erreichen, die Schuldentragfähigkeit gegeben ist. Daraus ergibt sich, dass die Programmgröße nicht höher als 10 Milliarden Euro sein kann. Da beißt die Maus keinen Faden ab - egal, welche anderen Formen es gibt, dazu beizutragen. Sobald die Staatsschuld sich über dieses Paket von 10 Milliarden Euro erhöht, haben wir ein Problem.

Das ist der Punkt, an dem wir stehen. Deswegen war der Vorschlag, den Finanzsektor zu beteiligen. Da gab es verschiedene Modelle, die Sie kennen. Es gab ein Modell, das sich intensiv mit den beiden Problembanken befasst hätte, was aber von der zypriotischen Seite abgelehnt wurde. Deswegen gab es den Vorschlag dieser Abgabe. Auch damit hätte man diesen Betrag senken können, sodass man mit allen Maßnahmen zusammen auf eine Programmgröße von 10 Milliarden Euro gekommen wäre.

Dieser Vorschlag, der in der Eurogruppe im Konsens am Samstagmorgen gefunden worden ist - ich betone nochmals: auch im Konsens mit der zypriotischen Seite -, ist mit diesem Element der Abgabe abgelehnt worden. Jetzt liegt der Ball eindeutig in Nikosia.

Zusatzfrage: Herr Kotthaus, wird der Finanzminister diese Woche den Haushaltsausschuss informieren?

Streben Sie vonseiten des Bundesfinanzministeriums an, noch diese Woche den Vorratsbeschluss des Bundestags für weitere Verhandlungen zwischen der Troika und Nikosia zu bekommen?

Kotthaus: Als ich das Büro verlasse habe, war mein letzter Stand, dass der Finanzminister um 14 Uhr im Haushaltsausschuss ist. Bevor wir nicht wissen, wie ein Programm für Zypern aussieht, macht es, glaube ich, keinen Sinn, einen Antrag einzubringen.

StS Seibert: Nur zur Ergänzung: Auch der Europaausschuss ist heute informiert worden, und zwar zunächst von Finanzstaatssekretär Steffen und anschließend von der Bundeskanzlerin. Auch da spielte das Thema Zypern eine Rolle, obwohl ihr Besuch im Europaausschuss eigentlich der Berichterstattung über den zurückliegenden Europäischen Rat galt.

Frage: Herr Kotthaus, eine kleine Frage zum Thema Euro-Austritt Zyperns: Es gibt die ersten Stimmen, die darüber spekulieren, dass ein solcher Austritt denkbar sei. Was hätte das für Auswirkungen?

Kotthaus: Ich weiß nicht, ob irgendwelche Stimmen darüber spekulieren. Ich werde mich daran nicht beteiligen.

Zusatzfrage: Gibt es Strategien im Bundesfinanzministerium für den Fall eines Staatsbankrott Zyperns? Sie haben gerade festgestellt, dass diese 10 Milliarden Euro die Obergrenze sind. Es scheint ja in Europa nicht Usus zu sein, dass ein Parlament ein so klares Votum gegen die Regierung abgibt, dass dort ein solcher Staatsbankrott droht.

Kotthaus: Ich glaube, wir können feststellen, dass sich die Eurozone in den letzten zweieinhalb Jahren weitgehenden und weitreichenden Reformen unterzogen hat und wir viele Mechanismen geschaffen haben, um die Eurozone, verglichen mit der Situation vor zweieinhalb Jahren, deutlich zu stabilisieren.

Sie können, glaube ich, zudem feststellen, dass Zypern mit diesem sehr stark aufgeblähten Finanzsektor, wie ihn vorhin der Regierungssprecher beschrieben hat, ein ganz spezieller und einzigartiger Fall ist.

Das ist die Situation. Ich glaube, mehr muss man dazu nicht sagen. Wie gesagt: An Spekulationen, welcher Art auch immer, beteilige ich mich nicht.

Frage: Ich habe zwei Terminfragen: Wird das Treffen der Eurogruppe noch diese Woche stattfinden? Gibt es dafür Termine?

Kotthaus: Nein, es gibt keine Termine.

Zusatzfrage: Die Bundesregierung hat Zypern aufgefordert, einen Lösungsvorschlag vorzulegen. Bis wann müsste das passieren?

StS Seibert: Die Eurogruppe hat Zypern aufgefordert.

Zusatz: Aber Frau Merkel auch!

StS Seibert: Ja, genau. Ich wollte nur sagen: die anderen auch.

Ich weiß nicht, ob eine Frist genannt wurde. Ich glaube, es ist allen Beteiligten durchaus klar, dass die Lage ernst ist. Zwei große zyprische Banken sind in einer ernsten Situation.

Kotthaus: Die Banken auf Zypern sind zurzeit geschlossen. Es gibt keine Fristen. Aber dass das nicht auf Ewigkeiten so sein kann, kann man, glaube ich, so mit hoher Wahrscheinlichkeit zu formulieren. Schauen wir mal. Es gibt momentan keine Frist. Ich glaube auch, dass der Eurogruppenvorsitzende gestern in seinem Statement im Rundfunk klar gemacht hat, dass der Ball in Nikosia liegt.

Zusatzfrage: Herr Brüderle hat heute gesagt, eine Insolvenz Zyperns wäre beherrschbar. Ich wüsste gerne, wie das die Bundesregierung einschätzt.

StS Seibert: Ich würde, genau wie Herr Kotthaus das gerade gesagt hat, auch hier nicht über die möglichen Folgen von Ereignissen spekulieren wollen, die wir zu vermeiden versuchen, indem wir unseren Beitrag zur Eurogruppe leisten, die genau einen Plan dafür vorgelegt hat, wie man eine Insolvenz vermeiden kann. Wir glauben, gemeinsam zwischen der zyprischen Regierung und der Troika einen guten Weg ausgearbeitet zu haben. Dieser Weg könnte beschritten werden. Er könnte auch variiert werden. Aber ein Weg etwa dieser Art wird es sein müssen.

Frage: Ich möchte noch einmal zum Thema "Schuldentragfähigkeit und mögliche russische Finanzhilfen" zurückkommen. Herr Kotthaus, Sie hoben an und sagten, die Schuldentragfähigkeit müsse gewährleistet sein. Sie endeten aber damit, dass Sie sagten, das Programm dürfe nicht größer als 10 Milliarden Euro sein. Das war unter dem Aspekt der bestehenden Verschuldung gerechnet.

Wenn ich mir überlege, dass zusätzliche Finanzmittel aus Russland kommen, müsste das europäische Programm wahrscheinlich kleiner werden. Die Schuldentragfähigkeit verbessert sich nicht durch zusätzliche Kredite von dritter Seite. Ist diese Überlegung richtig?

Kotthaus: Kredite, welcher Art auch immer, erhöhen normalerweise die Staatsschulden. Noch einmal: Ich werde hier nicht über irgendwelche Hilfen oder Leistungen durch Dritte spekulieren. Wenn wir eine Schuldentragfähigkeit erreichen wollen, beträgt das Gesamtvolumen eines Programms ungefähr 10 Milliarden Euro. Die sich daraus ergebenden Probleme für Leistungen von anderer Seite sollten allen Beteiligten bekannt sein.

Frage: Direkt dazu: Und wenn diese Hilfe aus Russland nicht als zusätzlicher Kredit, sondern als Gegenleistung für Verpfändungen von Gasvorkommen auf Zypern oder eine Marinebasis gewährt wird?

Kotthaus: Ich glaube, Herr Seibert und ich haben jetzt das Pingpong-Spiel gespielt. Wir spekulieren nicht über irgendwelche Verabredungen eines Mitgliedstaates der Eurozone mit Dritten. Daran sind wir nicht beteiligt, da sind wir nicht mit drin, darüber spekulieren wir nicht.

Frage: Wird das Thema Zypern bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Donnerstag eine Rolle spielen?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Dass es bei Gesprächen innerhalb der Bundesregierung eine Rolle spielt, können Sie sich vorstellen.

Zusatzfrage: Können Sie das Treffen des Koalitionsausschusses am Donnerstagabend bestätigen?

StS Seibert: Ich habe davon gehört, dass es stattfindet. Ich glaube, davon kann man ausgehen. Es sind sogar schon Tagesordnungen getwittert worden - aber nicht von mir.

Zusatzfrage: Es ist nur ein Teil der Tagesordnung getwittert worden, nämlich die Managergehälter. Welche Tagesordnungspunkte wird es sonst noch geben?

StS Seibert: Ich lese auch nur die Tweets, was das betrifft.

Frage: Gibt es Gespräche zwischen der Bundesregierung und Russland zum Thema Zypern?

Zweitens. Deutschland wird in Nikosia als Buhmann betrachtet. Halten Sie das für ungerecht? Bereitet Ihnen das Sorgen?

StS Seibert: Sorgen bereitet der Ernst der Lage, der sich jetzt in Zypern durch die Ablehnung der Eurogruppeneckpunkte ergibt. Darauf ist die Bundesregierung konzentriert. Sie ist auch darauf konzentriert, mitzuhelfen, dass wir alle zusammen - Europa und der zyprische Partner - einen Weg daraus finden. Das ist unsere Absicht. Darüber denkt die Bundesregierung nach.

Zu Ihrer ersten Frage: Da kann ich Ihnen von nichts berichten.

Frage: Ich wollte nach diesem Geschäftsmodell in Zypern fragen, das Herr Schäuble immer wieder kritisiert. Wie kommt es, dass dieses Geschäftsmodell vor fünf Jahren total akzeptabel war, als Zypern in die Eurozone aufgenommen wurde? Warum hat man sich in diesen fünf Jahren keine Sorgen darüber gemacht?

Kotthaus: Ich glaube, Sie verkürzen die Aussagen etwas. Der Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, dass es ein Geschäftsmodell gibt, das jetzt offensichtlich nicht mehr tragfähig ist. Er hat darauf hingewiesen, dass es schwer vorstellbar ist, dass man dieses Geschäftsmodell, das die Merkmale hat, die Sie kennen, jetzt in einer Form durchfinanziert würde, dass man alle Banken dementsprechend kapitalisiert. Das ist eben nicht vorstellbar.

Es ist eine ganz klare Einigung in der Eurogruppe gewesen, dass der deutlich überdehnte Bankensektor auf Zypern zurückgefahren werden muss, und zwar auf ein europäisches Durchschnittsniveau. Das finden Sie auch im Statement der Eurogruppe von Samstagmorgen wieder, was Sie mindestens so gut wie ich kennen. Wir haben momentan eine Situation, in der der Bankensektor in dieser Größe offensichtlich für die Größe der Insel nicht tragfähig ist. Wenn man in einer Situation ist, dass ein Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert, muss man es dementsprechend umgestalten. Das ist die Aussage des Finanzministers - nicht mehr und nicht weniger.

Noch einmal: Eine Lösung der gegenwärtigen Problematik auf Zypern liegt auf dem Tisch. Das Programm liegt auf dem Tisch. Es muss nur von der zypriotischen Seite auch angenommen werden.

StS Seibert: Wenn ich das noch sagen darf: Ich glaube, das ist doch ein Phänomen, das wir alle in den letzten Jahren miterlebt haben: Die Krise lässt Strukturprobleme und Defizite ungeschminkt hervortreten. Jetzt ist es die Aufgabe in Europa, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Frage: Die Zwangsabgabe ist Samstagmorgen einstimmig beschlossen worden. Ist es aus Sicht der Bundesregierung jetzt klar, dass das ein ziemlich grober politischer Fehler gewesen ist?

StS Seibert: Die Partner in der Eurogruppe waren sich darüber klar und sind sich weiterhin darüber klar, dass der zyprische Bankensektor einen eigenen Beitrag leisten muss. Da der zyprische Bankensektor so strukturiert ist, wie er strukturiert ist, nämlich dass er seine Finanzierung im Wesentlichen aus den Einlagen der Einleger bezieht, kommt man darauf, dass die Einleger einbezogen werden müssen. Wie das gestaffelt ist, ist nun in der Tat nicht die Sache der Eurogruppe gewesen, das der zyprischen Regierung vorzuschreiben.

Es war mit Sicherheit nicht die Bundesregierung, die diese Staffelung bevorzugt hat. Es war die zyprische Regierung, die diesen Weg vorgezogen hat, weil sie bei den Einlagen über 100.000 Euro nicht zu einer größeren Belastung kommen wollte.

Frage: Ich möchte die Frage der Kollegin gerne noch einmal aufnehmen: Was war vor fünf Jahren, als Zypern in die Eurogruppe aufgenommen wurde, hinsichtlich des Geschäftsmodell anders, was jetzt erst problematisch erscheint? War eine Umsatzsteuer von 10 Prozent vor ein paar Jahren weniger problematisch als heute?

Kotthaus: Ich glaube, Herr Seibert hat das gerade perfekt beantwortet: Durch diese Krise wurden die Schwachstellen der Geschäftsmodelle, die auf sehr dünnen Eis gebaut waren, aufgedeckt. Mit einem sehr niedrigen Steuersatz haben Sie auf der einen Seite den Vorteil, mehr Firmen anzuziehen, aber natürlich sind die Einnahmen des Staates dadurch auch entsprechend niedriger. Mit einem Geschäftsmodell mit hohen Einlagen und hohen Zinsen, wie es dort betrieben wurde, ist man im Falle einer Finanzkrise, wie wir sie haben, verletzbarer. Die Krise hat, wie gesagt, schlicht und ergreifend die Schwächen der Modelle, die auf weniger stabilem Grund gebaut sind, aufgedeckt. Das führte dementsprechend zu den verschiedenen Problemen der verschiedenen Banken.

Insofern müssen wir, wenn die Situation jetzt so ist, wie sie ist, damit umgehen. Das ist der Unterschied. Das ist kein Vorwurf; es ist jedem Staat in Europa frei, seine Steuern im Rahmen der europäischen Vorgaben so zu gestalten, wie er es möchte. Nur kann man dann auch nicht verlangen, dass ein Staat, der absichtlich extreme niedrige Steuersätze hat, durch die Steuereinnahmen der anderen Staaten voll durchfinanziert wird. Das ist ein Problem. Das ist nun also die Situation, und damit muss man umgehen. Wie gesagt, es liegt ja ein Paket auf dem Tisch, mit dem man die Situation in Zypern stabilisieren kann - für den Staat, für die Wirtschaft und für die Bürger.

Frage: Herr Seibert, nur um sicherzustellen, dass ich Ihre Antwort an Herrn Peel richtig verstanden habe: Der Fehler war also die Verteilung der Last, die vereinbart wurde, und nicht die Abgabe an sich?

Eine Frage an Herrn Kotthaus: Laut den Bundesbank-Zahlen haben deutsche Banken zurzeit rund 5 Milliarden Euro in Banken in Zypern investiert. Würden auch diese 5 Milliarden Euro von der Abgabe belastet, oder ist das ausgenommen worden? Ich meine mich zu erinnern, dass diesbezüglich früh am Samstag etwas entschieden wurde.

StS Seibert: Noch einmal: Bei zwei großen zyprischen Banken droht eine Insolvenz, die Lage ist ernst. Wir - wenn ich jetzt "wir" sage, meine ich die Eurogruppe - können diesen zyprischen Banken nicht ausschließlich auf Kosten der europäischen Steuerzahler helfen. Eine Sanierung soll ja möglich gemacht werden, aber das geht nur mit Beteiligung der Anleger. Wenn Insolvenz und Abwicklung einträten, wäre der Schaden für jeden einzelnen Anleger im Übrigen weit höher als das, was als Beteiligung vorgesehen gewesen wäre. Insofern ist es aus Sicht der Eurogruppe und damit auch aus Sicht der Bundesregierung unerlässlich, dass die Anleger beteiligt werden. Bezüglich der Frage, wie die Beteiligung zustande kommt und wie das ausgestaltet wird, hätte man sich auch andere Dinge vorstellen können.

Kotthaus: Die verschiedenen Abgaben und Beteiligungen bei dem Programm auf Zypern unterscheiden nicht nach Nationalitäten; es geht einfach nur darum, wer dort Anleger oder Eigentümer ist. Das ist der Anknüpfungspunkt. Ich kann die Zahlen, die Sie mir gerade genannt haben, nicht bestätigen, denn ich kenne diese Zahlen nicht. Aber wie gesagt: Das Programm knüpft an die Tatsache an, dass man bei einer zypriotischen Bank engagiert ist.

Zusatzfrage: Eigentümer sind aber nicht beteiligt und Anleger schon, oder?

Kotthaus: Die Eigentümer sind voll beteiligt, natürlich. Dass sie nicht beteiligt wären, ist ein Mythos, der hier herumgeistert. Wenn Sie sich das Eurogruppen-Statement angucken, wird das auch klar: Die Eigentümer sind beteiligt, die Anleger sind in der Form, wie wir es diskutiert haben, beteiligt, und die "bond holders" sind in der Form, die im Eurogruppen-Statement zu finden ist, beteiligt. Der Bankensektor wird substanziell zurückgefahren. Damit ist die Beteiligung absolut klar definiert.

Frage: Eine Frage an das Bundesumweltministerium und das Bundeswirtschaftsministerium zur Strompreisbremse: Rechnen Sie morgen mit einer Einigung?

Geißler: Morgen wird der Zwischenstand der Verhandlungen den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin vorgestellt. Ich kann die Ergebnisse nicht vorwegnehmen.

Zusatzfrage: Aber es ist doch so, dass Herr Altmaier schon gesagt hat, er rechne mit einer Einigung bis spätestens zum 21. März. Heißt das, dass doch noch im April weiterverhandelt werden kann?

Geißler: Das Bundesumweltministerium hat den 21. März als Zielmarke für die Verhandlung mit den Bundesländern genannt. Ob bis dahin eine Einigung in allen Punkten zu erreichen wäre, wurde vorher nicht angekündigt. Wir werden morgen sehen, was dabei herauskommt.

Frage: Bis wann muss man sich denn einigen, um die notwendigen Gesetzesschritte noch vor Auflösung des Bundestages auf den Weg zu bringen? Reicht auch noch eine Einigung im April oder Mai?

Geißler: Es gibt jetzt noch sieben oder acht Sitzungswochen. Je nachdem, ob man mit oder ohne Fristverkürzung eine Einigung bekommen möchte, müsste das schon noch im April passieren. Es gibt zwar auch nach der Sommerpause noch Sitzungswochen, aber wir wollen das vor der Sommerpause erledigen.

Zusatzfrage: Sie wollen bis Mitte April fertig werden?

Geißler: Es müsste bis Mitte/Ende April fertig sein, um noch vor der Sommerpause durchzukommen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesjustizministerium zum Thema Managergehälter. Die "WELT" berichtet heute von einem Änderungsvorschlag für das Aktienrecht, der aus Ihrem Hause kommen soll. Inhalt soll sein, dass künftig die Hauptversammlung über die Vergütungen obligatorisch abstimmen soll - sie tut es ja jetzt schon fakultativ. Ein zweiter Punkt sei eine Sollbestimmung, auch Angaben über eine Höchstvergütung einzubeziehen. Ich wüsste gerne, ob das stimmt, und ich wüsste gerne auch, ob Sie schon Vorstellungen über das gesetzgeberische Verfahren haben. Soll das möglicherweise an die bereits laufende Aktienrechtsnovelle angeschlossen werden?

Albin: Vielen Dank für die Frage. Eine Arbeitsgruppe im Bundesjustizministerium hat einen Vorschlag erarbeitet, die Eigentümerrechte von Aktiengesellschaften zu stärken. Eigentümer sollen verbindlich über die Gehaltsstruktur abstimmen können. Wesentlicher Bestandteil dieses Regelungsvorschlages wird es eben sein, dies in der Hauptversammlung zu tun und dort auch die genaue Höhe der maximal erreichbaren Vergütungen zur Diskussion zu stellen. Das ist eine Weiterentwicklung der im Aktienrecht schon angelegten Instrumente. Wie gesagt, das ist das Papier einer Arbeitsgruppe im BMJ. Heute ist die Ministerin auf Einladung der Koalitionsfraktionen zu einem Gespräch im Deutschen Bundestag, und dort wird ein erstes Meinungsbild eingeholt. Weiteres kann ich Ihnen dazu nicht berichten.

Sie hatten noch gefragt, ob das möglicherweise an die Aktienrechtsnovelle angehängt werden soll: Wie das genau eingeführt wird, ist eine Frage der rechtstechnischen Details; da können wir uns noch nicht festlegen und warten erst einmal das Meinungsbild im Deutschen Bundestag ab.

Frage: Herr Brüderle hat heute gesagt, dass dieser Gesetzentwurf im Prinzip fertig sei, dass eine große Zustimmung der Koalitionspartner erkennbar sei und dass das sehr rasch umgesetzt werden könne. Jetzt sagen Sie, das sei erst einmal eine Überlegung, die jetzt zu einem Meinungsbild führen soll. Wie sieht denn der Zeitplan aus? Herr Brüderle sprach auch noch davon, dass dafür nur geringfügige Veränderungen im Aktienrecht dafür notwendig seien.

Albin: Ich hatte es ja gesagt: Das ist eine konsequente Weiterentwicklung der im Aktienrecht schon angelegten Instrumente. Es gibt 87 und 127 Aktiengesetz; in denen ist die Angemessenheit schon geregelt, und es ist auch die Möglichkeit geregelt, dass der Aufsichtsrat der Hauptversammlung das Vergütungssystem zur Entscheidung vorlegt. Die meisten DAX-Unternehmen tun das auch - ich glaube sogar, alle DAX-Unternehmen tun das. Das kann man, wie Frau Wefers schon gesagt hat, fakultativ oder obligatorisch machen. Man kann vor allen Dingen Transparenz herbeiführen, indem nicht nur das System - flexible oder feste Bestandteile, Boni - zur Abstimmung gestellt wird, sondern indem auch gesagt wird, wie viel das am Ende in Euro und Cent ist. Insofern gilt tatsächlich, dass man nicht viel dafür braucht. Hinsichtlich der Frage, wie viel das am Ende sein wird, würde ich dann aber doch das Meinungsbild im Deutschen Bundestag abwarten. Ich kann auch nicht für Herrn Brüderle sprechen.

Zusatzfrage: Nein, aber die Frage ist: Gibt es einen fertigen Entwurf der Bundesjustizministerin, der rasch umgesetzt werden kann?

Albin: Es gibt ein Arbeitspapier.

Frage: Ich möchte nur noch einmal sichergehen: Was die Höchstvergütung betrifft, handelt es sich um Sollbestimmung?

Albin: Das ist als Sollbestimmung in diesem Papier enthalten. Das ist aber ein Diskussionsentwurf und wir befinden uns in einer dynamischen Diskussion. Ich bin gerade hier bei Ihnen, nicht im Deutschen Bundestag; ich kenne also das Meinungsbild nicht, über das dort heute gesprochen wird. Das müssen wir den Parlamentariern überlassen.

Zusatzfrage: Darf ich noch wissen, wann das besprochen wird?

Albin: Ich glaube, es wird gegenwärtig besprochen.

Zusatzfrage: Im Rechtsausschuss?

Albin: Nein, zwischen den Koalitionsfraktionen. Die beiden Berichterstatter der Koalitionsfraktionen haben Frau Leutheusser-Schnarrenberger eingeladen.

Frage: In diesem Zusammenhang: Können Sie bestätigen, dass der Vorsitzende der Regierungskommission für gute Unternehmensführung, Herr Müller, zurückgetreten ist? Treffen Berichte zu, dass das im Zusammenhang mit einer Ablehnung der Pläne zur Deckelung von Managergehältern steht?

StS Seibert: Jetzt muss ich gestehen, dass ich Ihnen das im Moment mangels Kenntnis nicht beantworten kann; da müsste ich eine Antwort nachreichen.

Albin: Da die Governance-Kodex-Kommission im Zuständigkeitsbereich des BMJ errichtet worden ist, kann ich vielleicht kurz etwas dazu sagen: Wir können bestätigen, dass es einen Brief von Herrn Müller gibt. Der Inhalt ist, glaube ich, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt; den werden wir also nicht mitteilen. Über die Gründe für sein Schreiben müssen Sie Herrn Müller selbst befragen.

Zusatzfrage: Hat die Kommission denn noch einen Vorsitzenden?

Albin: Sie hat einen Vorsitzenden.

Frage: Da Herr Müller in diesem Brief ja nicht den Rücktritt, sondern den Rückzug angekündigt hat und der Wechsel im Juni stattfinden soll, wenn die Corporate-Governance-Kommission turnusmäßig hier in Berlin ihre Jahrestagung abhält, möchte ich Sie fragen: Wie sieht das weitere Verfahren aus? Mitglieder der Regierungskommission werden ja, soweit ich weiß, auf Vorschlag der Bundesjustizministerin eingesetzt.

Albin: Vielen Dank für die Präzisierung, da war ich vielleicht ungenau. Herr Müller hat in der Tat gesagt, dass er sich zurückziehen möchte.

Das Verfahren sieht so aus: Das ist eine unabhängige Selbstverwaltungsorganisation der Wirtschaft, die als Regierungskommission eingesetzt worden ist. Die Mitglieder werden vom Bundesjustizministerium eingesetzt. Insofern können Sie daraus erkennen, dass es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Kodex-Kommission und der Bundesjustizministerin gibt. Zur Frage, wie das genaue Verfahren dann aussieht: Es gibt die gemeinsame Besprechung, wie Herr Müller in seinem Schreiben ja auch schon gesagt hat. Weitere Details können wir nicht mitteilen.

Frage: Eine Frage an das Verbraucherministerium: Frau Enderle, die Bundestagsfraktion der Grünen kritisiert, dass viele Elektrogeräte eingebaute Schwachstellen hätten, damit sie frühzeitig kaputtgehen - meistens nach Ablauf der Garantiefrist von zwei Jahren. Ist das aus Sicht Ihres Ministeriums ein signifikantes Problem? Muss man dagegen möglicherweise entsprechende Schritte einleiten?

Enderle: Ich kenne diese Untersuchung noch nicht - ich glaube, sie wird zur Stunde vorgestellt. Uns sind keine nachgewiesenen Fälle geplanter Obsoleszenz bekannt. Insofern kann ich dazu wenig sagen.

Zusatzfrage: Sie sehen auch nicht, dass dagegen etwas getan werden müsste oder dass da nach dieser Studie nachgeforscht werden müsste?

Enderle: Uns liegen keine Kenntnisse darüber vor, dass es solche Fälle gibt - meines Wissens liegen solche Kenntnisse übrigens auch der Stiftung Warentest nicht vor. Verbraucher, die diesen Verdacht haben, können sich an die Verbraucherzentralen wenden, denn dafür sind sie da; die können da Ratschlag geben. Ich glaube, die Rechtslage ist bei dieser Sache auch relativ klar. Es gibt, soweit ich weiß, die Forderung der Grünen, das Elektrogesetz zu ändern. Ich kann von hier aus aber nicht beurteilen, wie viel Sinn das macht; das müsste vielleicht das BMU machen.

Frage: Die EU-Kommission hat heute Vorschläge für mehr Souveränitätstransfers im wirtschaftspolitischen Bereich gemacht; es handelt sich dabei um die verbindlichen Verträge, die Deutschland eigentlich befürwortet hatte, und auch darum, dass man alle großen wirtschaftspolitischen Entscheidungen im Voraus auf EU-Level abspricht, bevor man das auf nationaler Ebene entscheidet. Wird das auch im Bundestag akzeptiert? Wie sieht die Bundesregierung diese zwei Vorschläge?

StS Seibert: Zunächst kann ich hier natürlich nicht über die Haltung des Bundestages berichten, dafür bin ich nicht der richtige Ansprechpartner. Die Vorschläge, die die Europäische Kommission gemacht hat, muss man jetzt natürlich gründlich prüfen. Ich will nur grundsätzlich sagen: Dass die Krise uns gezeigt hat, dass wir ganz besonders in der Eurozone, aber auch in Europa insgesamt wirtschafts- und finanzpolitisch intensiver und verbindlicher zusammenarbeiten müssen, ist, glaube ich, offensichtlich. Das ist jedenfalls die feste Überzeugung der Bundesregierung. Es wird in Europa im Juni einen Europäischen Rat in Brüssel geben, der sich genau mit diesen Fragen befasst - Wirtschafts- und Währungsunion weiterentwickeln, was heißt das, was sind die Lehren, die wir auch für unsere Struktur und für die Form und die Felder der Zusammenarbeit aus der Krise zu ziehen haben? In diese Richtung gehen auch Überlegungen der Bundesregierung.

Frage: In Paris ist das Haus von Frau Lagarde durchsucht worden. Hintergrund sind Ermittlungen, die sich gegen den Unternehmer Tapie richten. Meine Frage an die Bundesregierung: Könnte das irgendwelche Auswirkungen auf ihre Stellung als IWF-Chefin haben? Ganz allgemein gefragt: Wie bewerten Sie den Vorgang?

StS Seibert: Ich möchte hier als Sprecher der Bundesregierung Maßnahmen der französischen Justiz nicht kommentieren - ich weiß auch nicht genügend darüber -, und schon gar nicht möchte ich über mögliche Folgen spekulieren.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 20. März 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/03/2013-03-20-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2013