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PRESSEKONFERENZ/584: Regierungspressekonferenz vom 10. April 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 10. April 2013
Regierungspressekonferenz vom 10. April 2013

Themen: Standortsuchgesetz, Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten der Expertenkommission "Forschung und Innovation 2013", Lage in Nordkorea), Neubesetzung des deutschen Botschafterpostens in Afghanistan, Besteuerung von Freiwilligendiensten, Anschaffung von Kampdrohnen für die Bundeswehr, Finanzhilfen für Zypern, Brief der G5 an die EU-Kommission zum internationalen Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, Reparationsansprüche von Griechenland an Deutschland, deutsch-indische Regierungskonsultationen, Aufdeckung rechtsextremistischer Informationsnetzwerke in deutschen Gefängnissen, Pkw-Maut

Sprecher: StS Seibert, Geißler (BMU), Albrecht (BMG), Augustin (AA), von Jagow (BMFSFJ), Dienst (BMVg), Beyer-Pollok (BMI), Wieduwilt (BMJ), Strater (BMVBS)



Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Wie Sie alle wissen, haben sich die Bundesregierung, die Bundesländer und fast alle Fraktionen des Deutschen Bundestages gestern darauf geeinigt, ein Standortsuchgesetz auf den Weg zu bringen, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Für die Bundeskanzlerin möchte ich hier sagen, dass sie diese Einigung ausdrücklich begrüßt. Sie hat immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass wir auf diesem Gebiet, über das so lange Zeit so erbittert gestritten worden ist, zu Gemeinsamkeit und zu gemeinsamen Lösungen kommen. Im Energiekonsens des Sommers 2011 hatte die Bundesregierung dazu den Anstoß gegeben.

Die Verhandlungen - das wissen auch alle - waren nicht immer einfach. Deswegen ist es ein umso positiveres Zeichen, dass jetzt alle Beteiligten die Bereitschaft gezeigt haben, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und eine Einigung herbeizuführen. Diese gemeinsame Verantwortung muss nun natürlich auch weiterhin tragen, denn auch die nächsten Schritte werden nicht ganz einfach werden. Wir sind jetzt aber auf einem guten Weg, einen wirklich jahrzehntelangen Konflikt zu befrieden.

Frage: Ich würde gerne wissen - vielleicht von Ihnen, Herr Seibert, oder auch vom Sprecher des Umweltministeriums -, ob es denn für Sie irgendeinen Spielraum in den Gesprächen mit der Industrie zur Frage der Kostenübernahme gibt. Das, was als erste Reaktion von den Kraftwerksbetreibern kam, war nämlich: Wir haben bei Gorleben genug für Kostenübernahmen investiert, und darüber hinaus sehen wir eigentlich keine Grundlage dafür. - Ich hatte nun verstanden, dass die Bundesregierung das anders sieht.

Geißler: Ich will Sie nur darüber informieren, dass es gestern die Übereinstimmung aller Beteiligten gab, dass die anfallenden Kosten von den Betreibern zu schultern seien. Das ist auch die gesetzliche Grundlage, und daran ändert sich nichts.

Zusatzfrage: Die Frage, die sich jetzt natürlich aufdrängt, ist: Stehen wir jetzt vor langen juristischen Auseinandersetzungen, wenn auch die Betreiber sagen, dass sie ihren Verpflichtungen in Sachen Gorleben nachgekommen seien und anderes nicht sähen, wenn also offenbar juristisch unterschiedliche Auffassungen bestehen? Hat man sich jetzt also auf langwierige Prozesse einzustellen?

Zweitens: Hat es denn nicht im Vorfeld oder vielleicht sogar nach gestern Abend noch einmal irgendwelche Kontaktaufnahmen gegeben? Gibt es irgendwelche Gesprächstermine, die man schon organisiert hat?

Geißler: Peter Altmaier wird mit allen Betroffenen Gespräche führen; das hat er gestern auch schon angekündigt. Wir gehen davon aus, dass wir einvernehmlich zu einer Lösung kommen werden.

StS Seibert: Dann würde ich Sie gerne kurz durch die verschiedenen Themen führen, mit denen sich das Bundeskabinett heute befasst hat.

Das erste war der Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung. Was steckt dahinter? Dahinter steckt, dass die Einführung der Pflicht zur Versicherung in Deutschland mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz stattgefunden hat. Personen, die ihre Krankenkassenbeiträge nicht mehr zahlen können, können ja nicht mehr aus der Krankenkasse herausgeworfen werden, sondern häufen zum Teil äußerst hohe Schulden an. Da setzt dieses Gesetz an. Versicherte, die ihre Krankenkassenbeiträge nicht mehr zahlen können, sollen zukünftig vor Überschuldung geschützt werden. Daher kommt es zu diesem Entwurf eines Gesetzes.

Bisher ist es so, dass bei der gesetzlichen Krankenversicherung ein Säumniszuschlag in Höhe von 5 Prozent des rückständigen Beitrags für jeden angefangenen Monat erhoben wird. Zukünftig soll nur noch der reguläre Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent gelten.

Für die private Krankenversicherung soll Folgendes gelten: Es wird ein Notlagentarif eingeführt. Dieser Notlagentarif versichert dann für eine Notfallversorgung. Deshalb sind die Versicherungsprämien natürlich wesentlich geringer und auch für die Betroffenen leichter bezahlbar. Der bisherige Versicherungsvertrag ruht so lange. Sobald die Rückstände eingezahlt worden sind, ist dann auch eine Rückkehr in den regulären Tarif wieder möglich.

Der zweite Tagesordnungspunkt der Kabinettssitzung war der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften. Es geht um zwei verschiedene Themengebiete. Das eine Thema ist Doping. Bisher ist der Besitz von Arzneimittelwirkstoffen, die zum Doping geeignet sind, verboten. Künftig wird auch der Erwerb von Arzneimitteln und Wirkstoffen, die für Doping geeignet sind, verboten. Diese Änderung beruht auf Erkenntnissen aus dem Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, der vor einiger Zeit vorgelegt wurde.

Außerdem wird klargestellt, dass auch für Arzneimittel des Bestandsmarktes erst nach dem Abschluss eines Verfahrens zu Nutzenbewertung Klagemöglichkeiten bestehen. Somit gelten die gleichen Regelungen wie bei der frühen Nutzenbewertung neuer Wirkstoffe.

Der dritte Punkt ist, dass pharmazeutische Unternehmen, wenn sie vorübergehend oder endgültig ein Arzneimittel vom Markt nehmen, künftig gegenüber den Zulassungsbehörden begründen müssen, warum diese Maßnahme stattfindet. Es gibt eine europäische Richtlinie, die das fordert und die mit diesem Gesetz nun in Deutschland umgesetzt werden soll.

Der dritte Punkt war die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten der Expertenkommission "Forschung und Innovation 2013". Ich glaube, darüber hat die zuständige Bildungs- und Forschungsministerin, Frau Wanka, der Presse heute schon berichtet. Ich mache es ganz kurz: Die Hightech-Strategie der Bundesregierung ist insgesamt ein großer Erfolg. Sie tut dem Land und der Forschungslandschaft in diesem Land ausgesprochen gut. Ein wesentlicher Erfolg ist: Deutschland erreichte das Ziel, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufzuwenden, inzwischen mit 2,9 Prozent fast. In dieser Hightech-Strategie bündelt die Bundesregierung ihre Forschungs- und Innovationsaktivitäten über die Ressorts hinweg, und sie bündelt sie auf fünf Bedarfsfeldern, die auch globale Herausforderungen darstellen: Klima und Energie, Gesundheit und Ernährung, Kommunikation, Mobilität sowie Sicherheit.

Zu den Erfolgen der Hightech-Strategie zählt darüber hinaus, dass Deutschland beim nachhaltigen Wirtschaften Innovationen ganz besonders vorantreibt. Man sieht das unter anderem am Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch: 2009 betrug er 1,9 Prozent, 2012 waren es 12,6 Prozent.

Im Gesundheitsbereich hat Deutschland seine Forschungslandschaft erheblich gestärkt. Das ist zum Beispiel an der Zahl der wissenschaftlichen Publikationen in diesem Bereich abzulesen, die jährlich um 5 Prozent steigt.

Ich will nur noch ein Weiteres erwähnen, nämlich die Informations- und Kommunikationsbranche, in der Deutschland zu einem Leitanbieter für vernetzte, intelligente Produktion geworden ist. Das alles hat immer auch Relevanz für den Arbeitsmarkt und für die Zahl der Jobs: Die Zahl der Beschäftigten in dieser Branche ist in den letzten fünf Jahren um 8,5 Prozent auf mehr als 900.000 Menschen gestiegen. - Den Rest hat Ihnen, glaube ich, Frau Wanka schon ausführlich dargestellt.

Zum Schluss hat Außenminister Westerwelle kurz über die Lage in Nordkorea berichtet und darauf verwiesen, dass dieses Thema natürlich auch beim heute und morgen in London stattfindenden G8-Außenministertreffen auf der Tagesordnung stehen wird.

Frage: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium: Haben Sie Zahlen dazu zur Hand, wie viele Menschen das betrifft, die mit solchen Beiträgen in Verzug sind, und vielleicht auch zur Gesamtsumme, die aussteht?

Albrecht: Was die GKV betrifft, reden wir von 144.000 Versicherungsverhältnissen, und was die PKV betrifft, etwa von 100.000. Uns ist eben, wie gesagt, wichtig, dass sich die Beitragsschulden nicht noch weiter erhöhen, weil wir ja wollen, dass diese Schuldner wieder in ihre normalen Versicherungsverhältnisse zurückkehren können.

Vielleicht noch eine dritte Zahl, nach der in diesem Zusammenhang auch immer wieder einmal gefragt wird: Seit der Einführung der Versicherungspflicht - die haben wir ja eingeführt, um die Zahl der nicht Versicherten zu drücken - liegt die Zahl der nicht Versicherten, also derjenigen, die in keinem Versicherungsverhältnis stehen, in Deutschland aktuell bei 137.000. Diese Zahl ist aber seit 2007 auch drastisch zurückgegangen. Damals lag sie bei ca. 450.000.

Frage: Hat das Kabinett denn über einen neuen Botschafter für Afghanistan abgestimmt oder nicht?

DR. Augustin: Zum Kabinett kann ich jetzt nichts sagen, aber ich kann Ihnen bestätigen, dass es eine solche Planung für Herrn Jäger gibt.

Zusatzfrage: Gab es eine Abstimmung in der Kabinettssitzung oder nicht?

StS Seibert: Wir müssten nur noch in der Personalienliste des Kabinetts nachschauen, die ich jetzt hier nicht vorliegen habe, um festzustellen, ob diese Personalie heute beschlossen worden ist.

DR. Augustin: Ich würde das jetzt nicht so sehr an dieser Kabinettsbefassung festmachen. Es gibt immer eine ganze Reihe von Schritten, die bis zur Berufung eines Botschafters erfolgen müssen. Es muss dann auch noch ein Agrément usw. eingeholt werden.

Zusatzfrage: Wenn ich jetzt nichts anderes mehr von Ihnen höre, dann gehe ich davon aus - gestern hieß es, dass das heute im Kabinett beschlossen werden würde -, dass das heute beschlossen worden ist. Wenn es anders ist, dann melden Sie sich noch einmal. Wie wäre dieses Verfahren?

DR. Augustin: Machen wir es so!

Frage: Die nordkoreanische Führung hat die verbale Eskalation ja sehr weit getrieben. Welche Überlegungen gibt es, um die nordkoreanische Regierung beziehungsweise Führung aus dieser Sackgasse herauszuholen? Gibt es konkrete Überlegungen oder Pläne?

DR. Augustin: Wir haben natürlich - zunächst einmal in Gestalt von Minister Westerwelle, aber eben auch auf anderer Ebene - auf diese verbale Eskalation reagiert, die Sie genannt haben. Darauf muss man mit deutlichen Worten reagieren und sie eben auch zurückweisen. Das haben wir getan.

Ansonsten muss man sagen, und das ist auch in dem Interview, das der Minister heute der "FAZ" gegeben hat, noch einmal zum Ausdruck gekommen: Diese Kriegsrhetorik des nordkoreanischen Regimes hat, sage ich einmal, wenig mit Südkorea, wenig mit den USA, wenig mit dem Westen und sehr viel mit Nordkorea selbst zu tun. Insofern ist es in erster Linie Sache Nordkoreas, von diesem Pferd, auf das man sich selbst gesetzt hat, wieder herunterzukommen. Dafür müssen auch der richtige Zeitpunkt und die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sein. Ich glaube, das müssen wir jetzt erst einmal abwarten. Aber dafür, dass wir jetzt seitens des Westens anfangen, Angebote zu machen, ist, glaube ich, nicht der richtige Zeitpunkt.

Zusatzfrage: Heißt das, man wartet die nächsten Tage noch in Bezug darauf ab, ob es nach der verbale Eskalation zu realen Schritten kommt?

DR. Augustin: So ist es. Es stehen ja bestimmte Drohungen seitens Nordkoreas im Raum. Wir müssen jetzt einmal sehen, ob die sich realisieren. Es gibt auch eine Haltung innerhalb Südkoreas, die aussagt: Wir warten jetzt einmal ab, was davon wirklich wahrgemacht wird. Es stand zum Beispiel auch die Vermutung im Raum, dass Nordkorea noch einmal einen Raketentest durchführen wird, wie es das zuletzt im Dezember des letzten Jahres getan hat. Das wäre ja leider nicht der erste. Aber wir würden Nordkorea jetzt erst einmal kommen lassen.

Man muss auch sagen: Es gibt bestimmte Termine innerhalb Nordkoreas, die vielleicht eben auch sehr stark mit dieser Kriegsrhetorik im Zusammenhang stehen.

Zuruf: Sie spielen auf den 15. April an, den Geburtstag des sogenannten "Ewigen Führers".

DR. Augustin: So ist es. Man muss jetzt abwarten, ob Nordkorea das Verstreichen solcher Daten nutzt, um selbst wieder ein bisschen von dieser Rhetorik, die man aufgebaut hat, herunterzukommen.

Frage: Ich habe eine Nachfrage zu deutschen Botschaft in Pjöngjang: Wie ist die Arbeitsfähigkeit? Wie wird das dort gehandhabt?

DR. Augustin: Die Arbeitsfähigkeit wird weiter aufrechterhalten. Die Kollegen sind nach wie vor dort. Auch der Botschafter ist nach wie vor dort. Damit befinden wir uns auch in völligem Einvernehmen mit den anderen europäischen Ländern, die dort vertreten sind, sowie mit weiteren Ländern. Zum Beispiel hat sich Russland in genau der gleichen Weise geäußert. Wir wollen uns jetzt also nicht provozieren lassen. Der Minister hat am Wochenende auch mit Botschafter Thiedemann telefoniert; das hatten wir auch herausgegeben. Die gemeinsame Haltung unter den ausländischen Vertretungen vor Ort, die dabei ständig abgestimmt wird, ist, dass man jetzt bis auf Weiteres erst einmal dortbleiben wird.

Selbstverständlich werden die Sicherheitslage und auch die Arbeitsfähigkeit der Vertretung ständig im Lichte der Ereignisse neu bewertet. Dann wird eben entschieden werden, wie man vorgeht. Aber im Moment sehen wir überhaupt keinen Anlass dafür, irgendetwas daran zu ändern. Sie werden auch gesehen haben, dass wir die Reise- und Sicherheitshinweise sowohl für Nordkorea als auch für Südkorea in den letzten Tagen unverändert gelassen haben.

Frage: Welche Informationen haben Sie über die Zahl von deutschen Staatsangehörigen, die sich über das offizielle Personal hinaus - die Welthungerhilfe ist immer noch dort vertreten - in Nordkorea aufhalten? Wie sieht es mit Touristen aus? Haben Sie darüber Informationen?

DR. Augustin: Eine ganz genaue Zahl kann ich Ihnen nicht nennen, aber die Zahl der Deutschen in dem Land liegt im niedrigeren zweistelligen Bereich. Das betrifft neben deutschen Entsandten und den von Ihnen Genannten, die für Hilfsorganisationen arbeiten, immer auch eine Handvoll Touristen und Geschäftsleute, die dorthin reisen. Aber es sind wirklich sehr wenige. In aller Regel kennt die Botschaft diejenigen, die dorthin reisen, sozusagen persönlich und mit Namen.

Zusatzfrage: Gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass die jetzt versuchen, so schnell wie möglich dort herauszukommen?

Dr. Augustin: Nein. Aber natürlich beobachten alle die Situation genau, und die Botschaft hat auch Kontakt zu den Deutschen, die dort vor Ort sind. Man tauscht sich also eng miteinander aus und wird natürlich auch ständig bereit sein, zu reagieren, wenn sich neue Anhaltspunkte ergeben.

Dr. von Jagow: Ich wollte gerne Agenturmeldungen von heute richtigstellen, in denen von einem neuen Vorstoß der schwarz-gelben Koalition für die Besteuerung von Freiwilligendiensten die Rede ist. Diese Meldungen sind von der Tonlage her falsch. Richtig ist: Für die Freiwilligendienstleistenden spielt die Frage der Besteuerung in der Praxis keine Rolle, da nahezu alle Freiwilligen ohnehin unterhalb des allgemeinen Steuerfreibetrags bleiben. Aktuell verzichten die Steuerbehörden im Wege einer Billigkeitsregelung schon jetzt auf die Steuereinziehung, weil die heute vom Kabinett beschlossene Steuerbefreiung bereits angekündigt war. Die aktuell geplante faktische Steuerfreiheit nimmt also nur das geplante Gesetz vorweg.

Dienst: Auch ich darf auf Agenturmeldungen Bezug nehmen, die sich mit dem Thema bewaffnungsfähiger Drohen beziehungsweise deren geplanter Beschaffung beschäftigen. Ich zitiere aus der Agenturmeldungen: "Verteidigungsminister Thomas de Maizière will vor der Bundestagswahl nun doch keine Entscheidung mehr über die Anschaffung von Kampdrohnen für die Bundeswehr herbeiführen." Da dies eine Grundsatzdebatte ist, die zurzeit ganz im Sinne des Ministers verläuft, muss ich eine entsprechende Einordnung vornehmen, da hierbei leicht Äpfel mit Birnen verwechselt werden.

Ich darf grundsätzlich dazu anmerken, dass der beste inhaltliche Bezug, was die Position des Ministers angeht, nach wie vor die Aktuelle Stunde ist, die vor ein paar Wochen, nämlich am 31. Januar, im Deutschen Bundestag stattgefunden hat und bei der Minister de Maizière seine Position in sieben Punkten dargelegt hat.

Gestern hat sich Minister de Maizière gegenüber den Kollegen der "Rheinischen Post" ebenfalls zu dem Thema "Anschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen" geäußert. Ich darf hier die entsprechende Passage zitieren:

"In dieser Legislaturperiode wird es keine Bitte an den Deutschen Bundestag zur Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen geben. Das ist mit den Regierungsfraktionen so auch seit Wochen abgestimmt. Natürlich arbeiten wir aber weiter an der Klärung vieler Fragen. Dazu gehört sicherlich der ethische Aspekt. Ich freue mich beispielsweise auf die öffentliche Diskussion mit den Militärbischöfen Ende des Monats dazu. Aber auch andere Fragen sind zu prüfen: industriepolitische - Was kann und sollte Europa leisten? - , rechtliche Zulassungsfragen für den deutschen und europäischen Luftraum oder auch Finanzierungsfragen."

Ich darf hier darauf hinweisen, dass es sich um einen zweistufigen Ansatz bei der Nachbeschaffung handelt. Erstens handelt es sich um die Auswahlentscheidung im Hause BMVg. Diese ist nach wie vor vor der Bundestagswahl geplant. Das ist auch das, worauf der Minister immer, wenn er über das Haus redet, Bezug nimmt. Dem folgt dann logischerweise und konsequent - wie immer bei Beschaffungsangelegenheiten - die Beschaffungsentscheidung im Parlament. Diese wird, weil das organisatorisch gar nicht anders geht, aller Voraussicht nach der Bundestagswahl fallen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Frage: Herr Dienst, es bleibt dabei, dass es im zweiten Quartal noch eine Entscheidung des Hauses geben wird, ob - wenn ja, wann - solche Drohnen beschafft werden sollen?

Dienst: Es ist angestrebt, die Beschaffungsentscheidung im zweiten Quartal im Hause treffen zu können. Ich darf das noch einmal betonen.

Ob das im zweiten Quartal oder irgendwann vor der Bundestagswahl möglich sein wird, hängt von den Gesamtparametern ab. Ein paar hat der Minister in dem von mir eben erwähnten Zitat angeführt. Aber eine Auswahlentscheidung bedingt im Zweifelsfall mehr. Wenn nicht alle Parameter für die Entscheidung im zweiten Quartal vorhanden sind, wird es unter Umständen das dritte Quartal werden. Aber es ist nach wie vor angestrebt, diese Entscheidung vor der Bundestagswahl zu treffen.

Zusatzfrage: Geht es um marktverfügbare Lösungen? Oder geht es darum, generell zu sehen, dass es ein Nachfolgemodell für bisherige Drohnen - ähnlich der HERON 1 in Afghanistan - gibt?

Dienst: Um es in aller Kürze zu sagen: Es gibt erst einmal die Frage der Zwischenbeschaffung, also eine Ablösung des derzeit geleasten Modells, welches wir in Afghanistan rein zu Aufklärungszwecken betreiben, um dann unter Umständen nach dieser Zwischenlösung in eine europäische Lösung überzugehen. Das ist nach wie vor der Entscheidungsrahmen.

Was für diese Zwischenlösung beschafft wird - ob marktverfügbar in den Vereinigten Staaten, ob marktverfügbar in Israel, ob marktverfügbar sonst wo -, wird Bestandteil der Entscheidung sein. Wenn die Entscheidung so fällt, dass man keine Zwischenlösung wählt, weil keines dieser angedachten Modelle gangbar ist, dann ist auch das letztendlich eine Entscheidung. Ich kann sie nicht vorwegnehmen, weil sie bisher im Hause läuft und noch nicht gefallen ist.

Frage: Herr Kotthaus, nachdem das "Memorandum of Understanding" zu Zypern nun vorliegt, können Sie uns aus Regierungssicht etwas zu den Inhalten oder zu den Highlights sagen? Können Sie womöglich schon eine Kommentierung dieses Papiers vornehmen?

Kotthaus: Nein, das kann ich nicht.

Zusatzfrage: Können Sie gar nichts zu den Inhalten sagen?

Kotthaus: Es ist ja nicht so, dass nur das "Memorandum of Understanding" vorliegt. Es sind ja mehrere Dokumente, die eingereicht worden sind und die uns jetzt von den Mitgliedstaaten erreicht haben. Das ist einmal das "Memorandum of Understanding", das wiederum im Wesentlichen den Katalog wiedergibt, was die zypriotische Seite machen muss, um diese verschiedenen Reformen zu erbringen. Da sind die Themen, die Sie alle kennen, enthalten: Geldwäsche, Restrukturierung des Finanzsektors, Konsolidierung. Zum Zweiten ist darin auch die Schuldentragfähigkeitsanalyse enthalten - Sie kennen das Thema -: Größe des Programms bedingt durch die Größe des BIP, Staatsschulden dürfen den Staat nicht erdrücken. Welches Makroszenario entwirft die Troika, um zu sehen, ob die Schuldentragfähigkeit des Programms gegeben ist?

Dann gibt es den eigentlichen Kreditvertrag mit dementsprechenden Fragen wie Zinsen, Laufzeiten und Ähnliches mehr. Dann gibt es nach dem ESM-Verfahren eine sogenannte Finanzbedarfsanalyse.

Die ganzen Dokumente zusammen umfassen etwas unter 100 Seiten. Diese werden wir jetzt auswerten. Wir werden sie umgehend und unverzüglich dem Deutschen Bundestag zur Verfügung stellen. Da wir sie erst jetzt bekommen haben, wird der eigentliche Entschlussantrag zusammen mit der offiziellen Übermittlung an den Bundestag - dann auch mit Übersetzungen und Ähnlichem mehr - wahrscheinlich erst zum Wochenende gehen. Am Wochenende werden sich auch die Finanzminister im Rahmen des informellen Treffens in Dublin mit den jetzt eingereichten Dokumenten beschäftigen und sie diskutieren. Wenn dann noch offene Fragen sind, werden sie dort zu klären sein. Wie gesagt: Nächste Woche wäre dann die Zeit, dass sich der Bundestag mit den Dokumenten beschäftigt.

Ich möchte jetzt noch keine Zwischenbewertung abgeben. Die Dokumente werden zurzeit ausgewertet. Ich glaube, die wesentlichen Themen kennen Sie. Sie sind alle genannt worden. Sie scheinen auch auf den ersten Blick enthalten zu sein. Noch einmal: Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, mich in diese 70 Seiten zu vertiefen. Ich will schon seriös arbeiten und nicht nach einem kurzen Durchsausen irgendetwas kommentieren.

Frage: Nur weil ich es wieder vergessen habe: Gibt es eigentlich noch einen zahlenmäßig konkret gefassten Beitrag, den Zypern im Rahmen dieser ganzen Geschichte liefern soll? Oder gibt es diese Festlegung nicht mehr? Ich beziehe mich auf einen Bericht der "Bild"-Zeitung von heute, wo Bundestagsabgeordnete damit zitiert werden, dass Zypern wohl einen größeren Beitrag leisten müsse.

Kotthaus: Ich glaube, dieser Hinweis mit dem zypriotischen Beitrag ist vielleicht insoweit etwas in die Irre leitend, als es dabei darum geht, dass die Troika festgestellt hat, dass die maximale Programmgröße - also das Geld, das IWF und ESM in das Programm für Zypern würden stecken können - ungefähr 10 Milliarden Euro beträgt, weil danach eine Schuldentragfähigkeit des Programms nicht mehr gewährleistet wäre.

Um dementsprechend den Finanzbedarf, der, wie Sie wissen, als höher definiert worden ist, reduzieren zu können, hat man sich in der Sitzung der Eurogruppe darauf geeinigt, dass man mit einem "Bail-In" arbeitet, dass dementsprechend der Finanzbedarf des Finanzsektors gesenkt wird und wir dadurch dahin kommen, dass wir nur ein Programm von ca. 10 Milliarden Euro brauchen werden, damit wir Zypern die Zeit geben, die erforderlichen Reformmaßnahmen durchzuführen und dementsprechend wieder wirtschaftlich auf die Beine zu kommen.

Noch einmal: Ich habe die Papiere noch nicht studiert. Ich gehe davon aus, dass sich ein Teil der Schuldentragfähigkeitsanalyse genau auf die Frage richtet: Wie ist das jetzt gegeben? Haben wir die Möglichkeit, dementsprechend zu agieren? Ist der Finanzbedarf genauso geblieben, wie wir ihn vereinbart haben? Das wird man jetzt noch sehen müssen. Da man sich in der Eurogruppe auf sehr klar definierte Parameter geeinigt hat und die Dokumente uns jetzt so übermittelt worden sind, gehe ich davon aus, dass dieser Eckwert von 10 Milliarden Euro für das Programm, womit die Schuldentragfähigkeit gewährt ist, auch nicht überschritten wird.

Frage: Herr Kotthaus, Sie haben uns gestern Abend mit einem Brief der fünf großen europäischen Volkswirtschaften zum Thema Steuerhinterziehung überrascht. Mich interessiert zum einen: Warum sind Sie eigentlich erst gestern Abend damit gekommen, nachdem wir morgens so schön mit dem US-Finanzminister zusammengesessen haben?

Zum Zweiten interessiert mich: Was verstehe ich denn unter der Formulierung, man strebe ein Pilotprojekt des automatischen Informationsaustausches an, und zwar in der Form, dass der über die EU-Zinsrichtlinie hinausgeht? Vielleicht können Sie mir konkret sagen, was für Formen von Kapitalerträgen für welche Regionen man im Auge hat.

Am Ende interessiert mich natürlich auch, ob dieses Pilotverfahren sich auch zum Beispiel auf die Kanalinseln Großbritanniens erstreckt, die steuerlich besondere Bedingungen haben.

Kotthaus: Ich verstehe nicht ganz was Ihr Rätseln über die Pressekonferenz am Vormittag mit dem amerikanischen Kollegen und die Initiative der fünf europäischen Staaten angeht. Das sind zwei verschiedene Hüte.

Nichtsdestotrotz ist richtig, dass in der Pressekonferenz mit dem neuen amerikanischen Finanzminister klar wurde - das hat auch sein Vorgänger in den Diskussionen während der G20-Treffen deutlich gemacht -, dass auch die Amerikaner an dem Thema Steueroasen sehr interessiert sind und sich daran beteiligen wollen, dass wir dieses Thema offensiv angehen. Wir ernten langsam die Früchte eines langen Bemühens, dass wir international gewisse Allianzen schmieden können.

Dass diese fünf Staaten gestern gemeinsam einen Brief an den zuständigen EU-Kommissar Semeta unterzeichnet haben, geht sicherlich auf die Tatsache zurück, dass diese fünf Staaten mit den Amerikanern das FATCA-Abkommen unterzeichnet haben, in dem bestimmte Informationen beinhaltet sind, die ausgetauscht werden.

Die Zinsrichtlinie bezieht sich, wie Sie wissen, nur auf reine Zinseinnahmen. Das ist eingeschränkt. Jetzt geht es darum, über alle relevanten Kapitaleinkünfte einen Austausch herbeizuführen. Diese fünf Staaten haben gesagt, dass sie das untereinander aufnehmen wollen. Sie hoffen sicherlich damit, dass man dementsprechend auf der europäischen Ebene diesen Schritt wird gehen müssen und können. Sie haben vielleicht gestern die Twitter-Meldungen von Kommissar Semeta gesehen, der ausdrücklich begrüßt hat, dass diese fünf Staaten diese Initiative in Europa übernommen haben. Sie haben auch gesehen, dass wir nicht zuletzt auf Betreiben eines mir nahestehenden Finanzministers in Dublin auch die Diskussion zu den Themen Steuern, Austausch von Informationen und der weiteren Vorgehensweise in Sachen Steueroasen führen werden.

Das sind alles verschiedene Mosaiksteine, die zusammenpassen. Ich glaube, es ist durchaus angemessen, die Erklärung des luxemburgischen Premierministers von heute Morgen ausdrücklich zu begrüßen. Ich glaube, man muss ihm hohen Respekt dafür zollen. Das ist sicherlich für Luxemburg auch kein leichter Schritt. Auch da bewegt sich etwas, was wir mit hohem Respekt und Anerkennung zur Kenntnis nehmen.

Prinzipiell diskutieren wir über das gleiche Thema seit einer Woche. Die ganzen Bemühungen über viele verschiedene Themen - angefangen von den über 40 Informationsabkommen mit Drittstaaten bis hin zu diesem Brief - sind viele Mosaiksteine, die dazu führen, dass wir das Thema Steueroasen sehr offensiv angehen. Langsam stellen sich die Früchte ein.

Noch einmal: Die Diskussion wird sicherlich in Dublin weitergeführt werden, wie weit die anderen Staaten es auch so sehen, dass dieses Pilotprojekt, also der Austausch über alle relevanten Kapitaleinnahmen, innerhalb der EU auf eine breitere Basis gestellt wird.

Zusatzfrage: Nur ganz konkret: Ab wann Pilotprojekt? Was ist in diesem Pilotprojekt alles eingeschlossen? Alle Kapitalerträge oder Teile von Kapitalerträgen?

Kotthaus: Ich bilde mir ein, wir hätten den Brief auch herumgemailt. Ich bilde mir ein, dass es prinzipiell um alle relevanten Kapitalerträge geht, die ich gerade schon genannt habe. Der automatische Informationsaustausch würde dann ab 2015 angestrebt werden. Dafür muss man vorher noch ein paar technische Dinge bereitstellen. Das wäre dann für 2015 angepeilt.

Frage: In Griechenland ist die Frage der Reparationsansprüche gegenüber Deutschland neu aufgeflammt. Der Anlass dafür ist der Bericht einer Historikerkommission, der im Auftrag der griechischen Regierung erstellt wurde. Meine Frage ist, ob die deutsche Regierung bereit wäre, über solche Ansprüche zu diskutieren. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Der Bundesregierung liegt ein solcher Bericht, von dem Sie sprechen, nicht vor. Deswegen kann ich für die Bundesregierung nicht zu einem solchen Bericht Stellung nehmen.

Was ich festhalten möchte, ist, dass Deutschland sich immer zu seiner Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und auch seiner Verantwortung gegenüber Opfern und Schäden, die es in Griechenland gegeben hat, intensiv bekannt hat, dass wir das nicht vergessen lassen. Deutschland hat im Rahmen verschiedener Abkommen Reparations- und Entschädigungsleistungen im hohen Maße erbracht. Insofern geht die Bundesregierung davon aus, dass vor diesem Hintergrund diese Frage ihre Bedeutung verloren hat.

Zusatzfrage: Was bedeutet genau, dass diese Frage ihre Bedeutung verloren hat? Heißt das, dass die Bundesregierung nicht bereit ist, darüber zu diskutieren, falls es zu einer entsprechenden Anfrage vonseiten der griechischen Regierung kommen wird?

StS Seibert: Das ist eine völlig hypothetische Frage, die Sie stellen. Die Bundesregierung kennt diesen Bericht nicht und kann ihn deswegen nicht kommentieren.

Ob ein solcher Bericht die Bundesregierung je offiziell erreichen wird, kann ich hier nicht mutmaßen. Wenn das so wäre, würden wir wieder erneut darüber sprechen. Das wäre dann eine andere Sachlage. Ich habe Ihnen dargelegt, was die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage generell ist.

Frage: Eine Frage zu den deutsch-indischen Regierungskonsultationen: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung des Verhältnisses zwischen den beiden Ländern seit den ersten Konsultationen, die vor zwei Jahren stattfanden?

StS Seibert: Die Bundesregierung ist erst einmal froh, dass es diese Konsultationen gibt und dass sie jetzt ihre Fortsetzung finden. Das zeigt die Intensität unseres Verhältnisses zu Indien.

Der Vorteil des Formates Regierungskonsultationen ist ja, dass man in eine sehr spezifische Diskussion miteinander kommt: Von Ressort zu Ressort bespricht man konkret Maßnahmen, gemeinsame Projekte, gemeinsame Ziele, die man sich setzt. So wird man bei der morgigen Ausgabe der Regierungskonsultationen sicherlich betrachten: Was ist uns seit dem Anfang gelungen und wie können wir das weiterentwickeln? Das ist der Vorteil dieses Formats, und es ist gut, dass wir das mit Indien haben. Die deutsch-indischen Handelsbeziehungen entwickeln sich vital, aber natürlich geht da immer noch mehr.

Ansonsten würde ich darauf verweisen, dass sich die Bundeskanzlerin und der indische Ministerpräsident morgen auch der Presse stellen werden. Dann hören Sie das alles aus viel berufenerem Munde.

Augustin: Vielleicht noch eine kleine Ergänzung dazu: Unser Minister trifft sich schon heute - beziehungsweise traf sich gerade - im Auswärtigen Amt mit seinem indischen Counterpart.

Zusatzfrage: Da es so gar keine Informationen gab, möchte ich noch die Frage an die Ressorts stellen: Gibt es irgendetwas an Highlights - so nenne ich es jetzt einmal - bei dem, was morgen mit der indischen Seite verabredet wird? Bis jetzt sind mir nur die Uhrzeiten bekannt.

Vorsitzender Wefers: Wer möchte?

StS Seibert: Ich könnte lediglich anbieten, dass ich mich mit der Frage noch einmal intensiver befasse und wir möglicherweise am Nachmittag dazu noch einmal telefonieren könnten oder so.

Vorsitzender Wefers: Vielleicht könnten Sie dann mit uns telefonieren? Dann könnten wir das sozusagen generell verteilen.

StS Seibert: Wir könnten versuchen, Ihnen am Nachmittag noch ein paar zusätzliche Informationen zukommen zu lassen.

Vorsitzender Wefers: Das wäre geradezu wunderbar.

Albrecht: Ich habe noch einen Nachtrag zu den Beitragsrückständen in der Krankenversicherung: Ich hatte da einen Dreher in meinen Informationen. Ich hatte Ihnen die Zahlen 100.000 und 144.000 genannt; das müssen aber 146.000 sein. Die 146.000 gelten für die private Krankenversicherung und die 100.000 gelten für die gesetzliche Krankenversicherung. Ich hatte es Ihnen, glaube ich, andersherum erzählt. Das wollte ich noch richtigstellen.

Kotthaus: Auch ich habe noch einen Nachtrag beziehungsweise eine leichte Korrektur: Ich hatte eben im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt von 2015 geredet. Das ist nicht komplett richtig, denn ein Teil der Pflichten, die in diesem Pilotprojekt beinhaltet sind, gilt ab 2015 für alle Staaten. Prinzipiell gilt für das Pilotprojekt, das diese fünf Staaten verabredet haben: so schnell wie möglich. Ich kann aber noch kein präzises Datum nennen, ab dem dieser Informationsaustausch laufen wird. Wie gesagt - ich habe es vorhin schon angedeutet -, dazu gehört auch eine gewisse technische Vorbereitung. Die klare Aussage zu 2015 war in dieser Form aber nicht zutreffend.

Frage: Eine Frage an Innen- und Justizministerium zu der Aufdeckung rechtsextremistischer Informationsnetzwerke in deutschen Gefängnissen vor allem in Hessen: Was ist Ihre Reaktion darauf? Sehen Sie jetzt in irgendeiner Weise den Bund am Zug?

Beyer-Pollok: Die Meldungen resultieren ja aus Angaben aus den Ländern, insbesondere der hessischen Justizbehörden. Was jetzt konkret den Fall betrifft, der heute schon Berichterstattung ausgelöst hat, so gilt es zunächst natürlich, dazu erst einmal die laufenden Ermittlungen der Justizbehörden beziehungsweise der Sicherheitsbehörden in den Ländern abzuwarten. Dem können wir natürlich nicht vorgreifen.

Darüber hinaus ist es natürlich so, dass Aktivitäten zur Unterstützung rechtsextremistischer Gefangener kontinuierlich von den Bundes- und auch von den Landesbehörden beobachtet werden; das ist selbstverständlich. Das ist das, was man dazu allgemein sagen kann.

Beispielhaft kann ich darauf verweisen - das kennen Sie ja auch -, dass der Bundesinnenminister schon im Jahr 2011 einen Gefangenenhilfsverein verboten hat, nämlich die HNG. Das war seinerzeit die größte neonazistische Vereinigung, die auch zum Zwecke hatte, in organisierter Form rechtsextreme Inhaftierte in der gewaltbereiten Szene zu halten, sie ideologisch weiter zu aktivieren und sie weiter zu "betreuen". Insofern gab es damals - weil es ein bundesweiter Verein war und Verbotsgründe vorlagen - genug Gründe, diesen Verein zu verbieten. Das ist inzwischen auch höchstrichterlich bestätigt worden. Das nur als kleine Ergänzung aus unserem Bereich zu der damaligen HNG.

Wieduwilt: Da gibt es eigentlich keinen großen Ergänzungsbedarf. Soweit es um solche Verbote geht, ist das BMI zuständig. Der Strafvollzug wiederum ist Ländersache. Insofern ergibt sich für das BMJ keine Notwendigkeit, darauf zu reagieren.

Frage: Auch wenn es Ländersache ist: Haben Sie denn Informationen darüber, ob die hessischen Justizbehörden durch Informationen von außen veranlasst wurden, die Zellen zu durchsuchen? Oder waren das reine Routineuntersuchungen der Zellen, bei denen dann diese Informationen zutage kamen?

Wieduwilt: Ist das eine Frage an mich oder an meinen Nachbarn?

Zusatz: Wer auch immer sie am besten beantworten kann.

Wieduwilt: Ich würde darauf verweisen, dass das ein laufendes Ermittlungsverfahren ist und wir uns schon aus diesem Grunde nicht zu dieser Frage äußern können.

Beyer-Pollok: Genau so ist es.

Frage: Herr Beyer, wenn das regelmäßig beobachtet wird: Wo treffen die Beobachtungen denn auf einen Befund und wie viele Bundesländer sind davon betroffen?

Beyer-Pollok: Das trifft natürlich dann auf einen Befund, wenn es Gegenstand von Ermittlungen ist. Dann ist es in der Regel ja auch ein Verfahren, das von einer Staatsanwaltschaft geführt wird. Aber noch einmal: Zu den laufenden Ermittlungen in Hessen können wir jetzt von hier aus keinen Zwischenstand und auch keine Einschätzung geben, die Ihre Frage beantworten lässt.

Zusatzfrage: Ich wollte nichts zu Hessen wissen, ich wollte vielmehr wissen, welche Bundesländer nach dem Befund Ihrer Beobachtungen noch betroffen sind.

Beyer-Pollok: Das kann ich Ihnen jetzt nicht nach Ländern aufschlüsseln.

Zusatzfrage: Aber es sind mehrere Länder betroffen?

Beyer-Pollok: Was meinen Sie jetzt mit "betroffen"?

Zusatz: Dass es dort Befunde von neonazistischen Netzwerken in Justizvollzugsanstalten gibt.

Beyer-Pollok: Naja, das basiert ja auf Angaben, die Vertreter auch der hessischen Behörden beziehungsweise der hessischen Landesregierung gestern und heute gemacht haben. Dass mehrere Länder betroffen sind, kann ich von dieser Seite aus aber nicht bestätigen.

Frage: Ich versuche es einmal andersherum, Herr Beyer: Hat diese Meldung aus Hessen, dass es zum einen rechtsextremistische Netzwerke in Haftanstalten gibt und diese zum zweiten unter Umständen auch eine Verbindung zur NSU haben könnten, das Bundesinnenministerium überrascht?

Beyer-Pollok: Das wäre eine eher emotionale Frage. Ganz nüchtern möchte ich nur darauf verweisen, dass Bundes- und Landesbehörden auch in den letzten Jahren - das meinte ich mit dem Hinweis der kontinuierlichen Beobachtung - immer auch die Szene im Blick gehabt haben und dass aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre immer auch damit gerechnet werden muss, dass sich Extremisten - egal, welcher Couleur und welcher Herkunft - auch dann weiter vernetzen, wenn einzelne von ihnen zu einer Haftstrafe verurteilt wurden und einem Freiheitsentzug unterliegen. Dieser Grundsachverhalt ist sicherlich auch für Beobachter auf Ihrer Seite nichts Neues. Auch das im Endeffekt daraus resultierte Verbot der HNG-Vereinigung war damals ein klarer Beleg dafür, dass es so etwas gibt und dass es das auch in anderen Bereichen gibt.

Zusatzfrage: Wenn Sie auch selbst sagen, dass aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre schon damit gerechnet werden musste: Gehen das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium nach der Mitteilung von Hessen davon aus, dass es mehr als nur das Bundesland Hessen betreffen wird?

Beyer-Pollok: Das will ich jetzt nicht so gemeint haben, dass es etwas mit der aktuellen Geschichte zu tun hat. Wie gesagt, wir müssen abwarten, was die weiteren Ermittlungen ergeben. Dazu gibt es jetzt eben die entsprechenden Mitteilungen der hessischen Behörden, auf die ich nur verweisen kann.

Zusatzfrage: Vielleicht noch ein letzter Versuch: Betrifft das aus Ihrer Kenntnis heraus bislang nur das Bundesland Hessen?

Beyer-Pollok: Ich habe keine Informationen über die Länder.

Frage: Ich habe eine Nachfrage zu den Beitragsrückständen: Habe ich die Zahlen richtig gehört, dass es 100.000 in der GKV und 146.000 in der PKV sind?

Albrecht: Genau, 146.000 in der privaten Krankenversicherung und 100.000 in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Vorsitzender Wefers: Und die Einheit sind Personen und nicht Euro.

Frage: Noch eine ganz andere Frage an das Verkehrsministerium: Es gab heute ein Interview mit Herrn Ramsauer zum Thema Verkehrsschilder. Ich möchte jetzt aber nicht wissen, wie das Verkehrsschild "Geisterfahrer" aussehen könnte; mich interessiert vielmehr die Frage der Pkw-Maut. Was heißt es konkret, wenn sich Herr Ramsauer wieder konkret für die Einführung einer Pkw-Maut auf allen Straßen ausspricht, und in welchem Zeitraum ist das gedacht?

Strater: Dazu müsste ich eine Gegenfrage stellen: Wo hat sich der Minister zu einer Erhebung der Pkw-Maut auf allen Straßen ausgesprochen?

Zusatz: Zumindest, was die Vorabmeldung der "Passauer Neuen Presse" von heute betrifft, fordert Herr Ramsauer die Einführung einer Pkw-Maut in ganz Deutschland. Da heißt es, jetzt gehe es um mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für den Straßenausbau, und die CSU sei entschlossen, für die Pkw-Maut beziehungsweise eine Vignette zu kämpfen.

Strater: Also in ganz Deutschland, nicht "auf allen Straßen". Wir können ja nur für die Bundesfernstraßen sprechen - das sind die Bundesautobahnen und die Bundesstraßen, dafür haben wir die Baulast und dafür können wir sprechen. Für die anderen Baulastträger - Kommunen, Kreise, Länder - können wir nicht sprechen.

Sie wissen, dass sich die Verkehrsministerkonferenz der Länder mit diesem Thema, der Infrastrukturfinanzierung, auseinandersetzt. Es gibt dort einen Bericht der Daehre-Kommission, der verschiedene Instrumente vorlegt. Darüber werden die Verkehrsminister morgen diskutieren. Auch bezüglich dieser Diskussion muss man nun abwarten, wie die Länder dazu stehen.

Die Position des Bundes ist Ihnen bekannt - der Minister hat sich dazu schon des Häufigeren geäußert -: Uns fehlt das Geld im Verkehrshaushalt, um den Nachholbedarf, den wir insbesondere im Bereich des Erhalts und der Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur haben, abzuarbeiten; der Verkehrshaushalt ist strukturell unterfinanziert. Wenn wir diese Lücke schließen wollen, müssen wir zu irgendeiner Art von Nutzerfinanzierung kommen. Dazu, wie die aussehen kann, hat der Minister auch schon diverse Dinge gesagt. Wir müssen den weiteren Verlauf der Diskussionen - vor allen Dingen auch mit den Ländern - auf der VMK jetzt aber abwarten.

Frage: Nur, damit ich das jetzt nicht falsch verstehe: Sie sagten, die Haltung des Bundes sei bekannt. Es gibt doch gar keine einheitliche Haltung; es gibt doch auch Stimmen - zum Beispiel die Bundeskanzlerin, glaube ich -, die gesagt haben, dass sie keine Pkw-Maut wollen.

Strater: Da sprechen Sie jetzt die Diskussion innerhalb der CDU an. Der Minister äußert sich ja auch diverse Male als stellvertretender CSU-Vorsitzender. Seine Position als Verkehrsminister habe ich Ihnen gerade klar und deutlich umrissen: Uns fehlt Geld im Verkehrshaushalt, wenn wir all die Dinge abarbeiten wollen, die wir abarbeiten müssen. Das hat nicht nur mit Erhalt und Modernisierung zu tun, sondern das hat auch mit den vielen, vielen Projekten im Bundesverkehrswegeplan zu tun, die noch offen sind, die noch abzuarbeiten sind. Ich nenne als Beispiele nur Ortsumfahrungen oder den Ausbau von Engstellen auf Autobahnen - sechsstreifiger Ausbau usw. Das alles kostet enorm viel Geld; wir haben im normalen, konventionellen Haushalt aber nur begrenzte Mittel. Da gibt es also eine Lücke, und die muss man schließen.

Der Minister hat sich dafür eingesetzt - auch in den vergangenen Jahren innerhalb dieser Legislaturperiode -, dass dafür im Verkehrshaushalt zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das Stichwort sind hier die Infrastrukturbeschleunigungsprogramme I und II, durch die schon 1,75 Milliarden Euro auf den regulären Haushalt drauf gekommen sind. Natürlich laufen diese Bemühungen, die Investitionen auf einem hohen Niveau zu halten, stetig weiter. Wir müssen aber auch über Alternativen diskutieren. Da ist eine Variante die private Finanzierung von Autobahnen - ÖPP ist hier das Stichwort. Die andere Variante, nämlich eine Form von Nutzerfinanzierung, habe ich genannt. Die Diskussion darüber kennen Sie auch.

Zusatzfrage: Noch eine Verständnisfrage: Die Maut ist doch eigentlich nicht zweckgebunden für den Erhalt von Straßen, oder sehe ich das falsch? Dann stellt sich auch die Frage: Wenn sich Herr Ramsauer für eine Maut auf allen Straßen, die in der Verantwortung des Bundes liegen, ausspricht, ist damit dann eine zweckgebundene Abgabe zum Erhalt der Bundesstraßen gemeint, oder kann diese Abgabe noch irgendwo anders im Haushalt verwendet werden?

Strater: Beginnen wir einmal mit der Lkw-Maut, weil wir die schon haben: Die Maut ist eine Abgabe und keine Steuer. Die fließt in einen bestimmten Titel in unserem Haushalt, im Einzelplan 12. Das Ganze nennt sich "Finanzierungskreislauf Straße". Das heißt, aus diesen Mitteln werden wieder Investitionen in die Bundesfernstraßen - also Bundesstraßen und Autobahnen; das wird nicht getrennt - realisiert. Insofern fließen diese Mittel - nach Abzug der Betreiberkosten, das kennen Sie - auch wieder in die Bundesfernstraßen zurück. Das ist der "Finanzierungskreislauf Straße". Das wäre, wenn wir eine Pkw-Maut hätten, auch der Fall: Die wäre dazu da, wieder in die Straße investiert zu werden - von der Straße in die Straße.

StS Seibert: Ich möchte doch noch einmal ganz kurz etwas für die Bundesregierung als Ganzes sagen. - Was der Sprecher des Verkehrsministers darlegt, ist ja vollkommen richtig: Es gibt einen enormen Bedarf an Investitionen in die Infrastruktur. Die Infrastruktur dieses Landes ist für uns als Wirtschaftsnation von enormer Bedeutung. Die Bundesregierung ist sich dieses Bedarfs sehr bewusst. Es ist ja schon gesagt worden, dass dafür auch zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt worden ist. Gleichwohl hat diese Bundesregierung als Ganzes keine Pläne für eine Pkw-Maut.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 10. April 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/04/2013-04-10-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2013