Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/585: Regierungspressekonferenz vom 12. April 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 12. April 2013
Regierungspressekonferenz vom 12. April 2013

Themen: falsch deklarierte Lebensmittel mit Pferdefleisch, Termine der Bundeskanzlerin (Treffen mit dem britischen Premierminister David Cameron, Arbeitnehmerkongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jahresempfang des Bundesverbandes deutscher Banken, Wirtschafts- und Investitionsforum Katar, Deutscher Forstwirtschaftsrat, Bundeskabinett, Arbeitsbesuch des estnischen Ministerpräsidenten Andrus Ansip, Besuch des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, 50. Geburtstag von Bundesminister Niebel, Bundestag, Deutscher Caritasverband, Deutschland-Dinner)
weitere Themen: Steueroasen, Finanzhilfen für Zypern, Auftragsvergabe von Ministerien an Verlage, Interviewäußerung des Bundesfinanzministers in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zu Reparationszahlungen an Griechenland und dem griechischen Reformprogramm, Forderung nach Rückführung des 5. Strafsenats des BGH nach Karlsruhe, Emissionshandel, Platzvergabe beim NSU-Prozess, Treffen der Bundeskanzlerin mit Hinterbliebenen der NSU-Mordserie, Interesse der brasilianischen Regierung am Kauf von Flugabwehrkanonenpanzern des Typs "Gepard"

Sprecher: StS Seibert, Eichele (BMELV), Kothé (BMF), Flosdorff (BMAS), Paris (BMVg), Schäfer (AA), Albin (BMJ), Kraus (BMWi)



Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Eichele: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den jüngsten Meldungen aus den Niederlanden zum Pferdefleischskandal und der Debatte, die sich daran anschließt, würde ich Ihnen gerne einige aktuelle Informationen geben.

Bekanntlich haben die 16 betroffenen EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, gestern die Listen mit den Namen von möglicherweise betroffenen Betrieben erhalten. Damit können die Lebensmittelbehörden der Bundesländer jetzt mit der weiteren Aufklärung des Falls beginnen. Die Rückverfolgung in Deutschland ist angelaufen.

Mehr als 120 Betriebe in nahezu allen Bundesländern stehen im Fokus. Sie könnten in den letzten beiden Jahren Fleisch von diesem niederländischen Betrieb erhalten haben. Jetzt gilt es zu überprüfen, um welche Lieferungen es sich im Einzelnen handelt.

Da auch deutsche Zwischenhändler auf der Liste stehen, die uns die Niederlanden gestern übermittelt haben, ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden Tagen mehr Betriebe geprüft werden müssen als bislang bekannt. Die Untersuchungen und die Rückverfolgung der Warenströme werden zeigen, wie stark Deutschland von diesem Fall letztlich betroffen ist.

Für uns steht fest: Vorsorgender Verbraucherschutz hat immer Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen. Deshalb ist es richtig, dass Den Haag gestern vorsorglich diesen breit angelegten Rückruf für ganz Europa eingeleitet hat.

Die niederländischen Behörden haben versichert, dass hart durchgegriffen wird und dass alles getan wird, um den Hintermännern dieses Falls das Handwerk zu legen. Wir erwarten, dass diesen Ankündigungen nun auch Taten folgen. Dieser Fall muss vollständig aufgeklärt werden. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir haben einen klaren Strafrahmen. Der muss gerade in solch eklatanten Fällen ausgeschöpft werden.

Gestatten Sie mir noch kurz einige Bemerkungen zu der heute erhobenen Forderung nach der Gründung einer europäischen Lebensmittelpolizei, weil wir hierzu am Morgen einige Anfragen bekommen haben.

Grundsätzlich ist festzustellen: Bei diesem Skandal geht es um handfesten Betrug, der sich vor allem in Frankreich und in den Niederlanden ereignet hat. Hier sind Kriminalisten gefragt und keine Lebensmittelrechtler oder Biologen. Deshalb ist es richtig, dass die EU-Kommission bereits im Februar dieses Jahres Europol gebeten hat, aktiv zu werden.

Aus unserer Sicht hilft der reflexhafte Ruf nach zusätzlichen Behörden auf EU-Ebene nicht weiter. Wir haben ein strenges Lebensmittelrecht für die gesamte EU. Das sind Verordnungen und Vorschriften, die sehr konkret sind, die für alle 27 Mitgliedsstaaten gelten und die auch von allen 27 Mitgliedsstaaten eingehalten und kontrolliert werden müssen. Hier darf und soll sich niemand hinter europäischen Behörden verstecken können.

Die Annahme, eine zentralistisch organisierte Behörde in Brüssel könnte die Lebensmittelsicherheit für mehr als 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger besser gewährleisten als die Landesbehörden, ist schon fast naiv. Nur durch Kontrollen vor Ort sowie durch eine konsequente Ahndung und Veröffentlichung von Verstößen kann die Sicherheit von Lebensmitteln gewährleistet werden.

Frage: Eine Bitte um Präzisierung: Herr Eichele, heißt das, es kann nicht ausgeschlossen werden - denn das ist ja eine Folge der Ermittlungen, die seit Februar laufen -, dass man möglicherweise noch weiteren Händlern auf die Spur kommt? Denn Sie haben ja gesagt, es sei denkbar, dass noch weitere deutsche Betriebe betroffen sind.

Eine zweite Frage, damit ich das richtig verstehe: Lehnen Sie diese Lebensmittelpolizei oder Eurofood-Behörde, wie sie Herr Gabriel vorgeschlagen hat, grundweg ab, weil dies an dem Problem nichts ändern würde, oder warum würden Sie dies direkt ablehnen?

Eichele: Zu Ihrer ersten Frage: Es handelt sich hier, wie Sie richtig gesagt haben, nicht um einen neuen Skandal, sondern um die Aufarbeitung der Ereignisse, die wir schon im Februar gemeldet bekommen haben. Diese Firma war im Februar geschlossen worden.

Der Komplettrückruf der Produktion von zwei gesamten Produktionsjahren, nämlich 2011 und 2012, wurde von den niederländischen Behörden angeordnet, weil der Unternehmer nicht in der Lage war, den Warenausgang zu dokumentieren.

Ich habe gerade erwähnt: Wir haben in der EU strenge Gesetze und Verordnungen. Jeder Unternehmer muss in der Lage sein, für jedes Produkt, das sein Unternehmen verlässt, mit Tag, Datum, Gewicht, Tonnage und Adressat klar zu belegen, wohin die Ware gegangen ist. Dieses niederländische Unternehmen war dazu nicht in der Lage. Das ist schon an sich ein klarer Rechtsverstoß. Da müssen wir gar nicht mehr über die Umetikettierung von Rindfleisch sprechen. Weil das Unternehmen nicht in der Lage war, den Dokumentationspflichten nachzukommen, haben die niederländischen Behörden vorsorglich gehandelt und vorsorglich die komplette Jahresproduktion von zwei Jahren zurückgerufen. Daher erklärt sich auch die große Tonnage, die 50.000 Tonnen, für 16 Mitgliedsstaaten.

Was die Forderung nach einer Eurofood-Behörde betrifft: Auch über den Namen kann man sich vielleicht noch streiten. Der Name wird von verschiedenen Lebensmittelunternehmen, auch von einem Tiefkühlunternehmen in Deutschland, verwendet. Das sei einmal dahingestellt. Mir geht es um die Frage der Struktur.

Den Eindruck zu erwecken, dass eine zentrale und zentralistisch organisierte Behörde in Brüssel oder sonst wo in Europa vor Ort die Lebensmittelsicherheit für 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in 27 EU-Staaten sicherstellen könnte, ist aus unserer Sicht abwegig. Die Lebensmittelsicherheit kann nur durch Kontrollen vor Ort sichergestellt werden. Man muss dann in die Betriebe gehen und den Unternehmen auf die Finger schauen. Dafür gibt es klare Richtlinien. So muss zum Beispiel in einem Schlachtbetrieb, wie wir ihn hier in den Niederlanden haben, ein Amtsveterinär zugegen sein, wenn verarbeitet wird. Eine kritische Frage, die sich die Behörden im Ausland stellen müssen, ist, wie hier kontrolliert worden ist. Darauf erwarten wir uns Antworten.

Zusatzfrage: Frau Künast hat gestern in ihrem Statement eine Zentralisierung auch der Kontrollen in den jeweiligen Bundesländern gefordert. Sie hat Ihr Haus aufgefordert, sich mit den Ländern zusammenzusetzen. Jetzt gäbe es ja die Möglichkeit, das auf der Agrarministerkonferenz in Berchtesgaden zu tun. Ich glaube, sie läuft noch. Gibt es dazu Überlegungen in Ihrem Haus, oder ist auch das nicht des Rätsels Lösung?

Eichele: Die Möglichkeit, das zu diskutieren, gibt es auf der Agrarministerkonferenz. Die Ministerin wird sich in etwa einer Stunde bei der Pressekonferenz in Berchtesgaden äußern. Fachlich zuständig sind aber die Verbraucherschutzminister, die genau über dieses Thema schon diskutiert haben. Das kann Frau Künast in Erfahrung bringen, wenn sie vielleicht Herrn Remmel in Nordrhein-Westfalen oder Herrn Bonde in Stuttgart anruft.

Die Bundesministerin ist sich mit den Länderministern, auch mit den grünen Länderministern, darüber einig, dass wir für größere Strukturen, für größere Betriebe auf Länderebene eine Hochzonung brauchen. Es gibt einige Bundesländer, zum Beispiel Bayern, die Landesämter mit schlagkräftigen Kontrollgruppen geschaffen haben, die Großbetriebe, auch große Schlachthöfe und große Futtermittelhersteller kontrollieren, weil sich gezeigt hat, dass die Mitarbeiter in Landkreisen - ich versuche, es höflich auszudrücken - manchmal an Kapazitätsgrenzen stoßen, wenn sie mit der Kontrolle eines Großbetriebs konfrontiert sind, der zum Beispiel 4 Millionen Tiefkühlpizzen pro Jahr nach ganz Europa verschickt.

Aus dem Grund: Hochzonung - das ist Konsens. In Niedersachsen beispielweise ist das auf der Ebene der Futtermittel schon etabliert. In Bayern ist das mit dem LGL in Erlangen etabliert. In Nordrhein-Westfalen wird es, soweit ich weiß, von Minister Remmel gerade aufgebaut.

StS Seibert: Bei den Terminen der Bundeskanzlerin beginne ich ausnahmsweise schon heute; eigentlich wollen wir ja auf die kommende Woche schauen.

Heute Abend um 18 Uhr trifft die Bundeskanzlerin, wie wir schon bekannt gegeben haben, im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg den Premierminister des Vereinigten Königreichs, David Cameron. Heute Abend wird es ein Abendessen geben, und morgen Vormittag werden weitere Gespräche stattfinden.

Im Mittelpunkt dieser Unterredung geht es, wie man sich vorstellen kann, um die gerade aktuellen europapolitischen Fragen, natürlich auch um die Vorbereitung des G8-Gipfels im Juni, der unter britischer Präsidentschaft steht, und auch um internationale Themen, die uns alle bedrücken, wie beispielsweise die Lage in Syrien.

Am Montag, den 15. April, nimmt die Bundeskanzlerin am Arbeitnehmerkongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion teil, der unter dem Motto "Fit für die Zukunft durch gute betriebliche Qualifikationen" steht. Das Ganze findet im Reichstag statt. Um 15 Uhr hält sie dort eine Rede. Darin werden Bildung, Qualifizierung und Sicherung unserer Fachkräftebasis wesentliche Elemente sein.

Am Montag um 18 Uhr nimmt die Bundeskanzlerin am Jahresempfang des Bundesverbandes deutscher Banken in der Akademie der Künste am Pariser Platz teil. Dort wird das Amt des Präsidenten des Bankenverbandes von Andreas Schmitz auf Herrn Jürgen Fitschen übergehen. Die Bundeskanzlerin hält eine Rede, in der sie den scheidenden und den neuen Präsidenten würdigt.

Am Montagabend um 19 Uhr wird die Bundeskanzlerin das Wirtschafts- und Investitionsforum Katar im Hotel Maritim hier in Berlin eröffnen, und zwar zusammen mit dem Premier- und Außenminister von Katar, Scheich Hamad bin Jassim bin Jabor Al-Thani. Das Wirtschafts- und Investitionsforum Katar findet zum siebten Mal statt. Die Austragungsorte der letzten Jahre waren New York, London und Paris. Nun findet es zum ersten Mal in Deutschland statt.

Am Dienstag, dem 16. April, um 10.30 Uhr, gibt es eine Festveranstaltung des Deutschen Forstwirtschaftsrates aus Anlass des vor 300 Jahren erstmals formulierten Prinzips der Nachhaltigkeit. Das ist ein Begriff, der aus der Forstwirtschaft kommt. Die Veranstaltung findet im Beisein der Bundeskanzlerin statt, die dort ein Grußwort hält.

Am Dienstag um 13 Uhr gibt es ein gemeinsames Arbeitsessen mit dem Premierminister von Katar, an dessen Name ich mich gerade schon versucht habe. Im Mittelpunkt stehen die bilateralen Beziehungen und Wirtschaftsthemen der Regionen wie natürlich auch das Thema Syrien. Gegen 14 Uhr wird es gemeinsam mit dem Premierminister von Katar eine Pressekonferenz geben.

Am Mittwochvormittag tagt, wie immer um 9.30 Uhr, das Bundeskabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin.

Um 12.30 Uhr empfängt sie den Ministerpräsidenten Estlands, Herrn Andrus Ansip, zu einem Arbeitsbesuch im Bundeskanzleramt. Um 13.30 Uhr wird sie zusammen mit Herrn Ansip eine Pressekonferenz abhalten.

Am Mittwoch um 15 Uhr kommt der Präsident der Republik Ecuador, Rafael Correa, zu Besuch in das Bundeskanzleramt. Er wird dort mit militärischen Ehren empfangen. Auch nach diesem Gespräch gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz der Bundeskanzlerin mit dem Gast, und zwar etwa um 16.30 Uhr.

Am Mittwochabend ab 19 Uhr nimmt die Bundeskanzlerin an der Feier des 50. Geburtstags von Bundesminister Niebel teil.

Am Donnerstag ab 9 Uhr wird die Bundeskanzlerin an der Sitzung des Bundestages teilnehmen.

Am Donnerstagabend hält sie beim Jahresempfang des Deutschen Caritasverbands eine Rede. Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Familie schaffen wir nur gemeinsam". Dieser Empfang findet im Rahmen des 3. Caritaskongresses statt.

Am Donnerstagabend ab 19.30 Uhr ist die Bundeskanzlerin beim sogenannten Deutschland-Dinner mit "Handelsblatt"-Herausgeber Gabor Steingart im Gespräch. Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Eurorettung, Energiewende, Mittelstand: Wohin steuert Deutschland?" und findet im Deutschen Historischen Museum in Berlin statt.

Am Freitag wird die Kanzlerin ab 9 Uhr wieder an der Sitzung des Bundestages teilnehmen.

Frage: Zu dem Termin heute Abend beziehungsweise morgen mit Herrn Cameron: Ist das pure Routine, oder gibt es eine Botschaft, die von diesem Treffen ausgehen soll?

Zum Zweiten: Ist es richtig, dass Herr Cameron bei diesem Treffen auch von der Familie begleitet wird, auch von seinen Kindern? Ist es richtig, dass auf der anderen Seite auch Herr Sauer dabei ist? Was sagt mir das über den Charakter des Treffens?

StS Seibert: Dass es vielleicht doch nicht pure Routine ist. - Ich kann das bestätigen. Das ist ein Treffen, das sich an zahlreiche sehr intensive und gute Gespräche anschließt, die die Bundeskanzlerin mit Premierminister Cameron hat. Das ist eine sehr intensive Beziehung, die ja auch unserer engen Freundschaft und Partnerschaft mit Großbritannien entspricht.

Sie werden sich erinnern, dass die Bundeskanzlerin im Jahre 2011, glaube ich, gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Landsitz des britischen Premierministers in Chequers eingeladen war. Nun kann man Meseberg nicht ganz mit Chequers vergleichen. Nichtsdestotrotz ist dies deutlich idyllischer als das Kanzleramt und deswegen ein schöner Rahmen für Gespräche, die aber dann am Samstagmorgen auch all die aktuellen Themen betreffen, die uns gemeinsam gerade beschäftigen.

Zusatzfrage: Darf ich dazu einmal ganz platt fragen: Was macht man denn bei solch wichtigen Gesprächen, wenn es an einem Samstag regnet und die Kinder in Meseberg sind und sich langweilen?

StS Seibert: Sie müssen sich da gar keine Sorgen machen. Alle Anwesenden werden dort eine interessante Erfahrung und gute Gespräche haben.

Frage: Nur eine ganz kurze Frage: Sehe ich es richtig, dass da keine Presseunterrichtung geplant ist?

StS Seibert: Ja, Sie sehen das richtig.

Zusatz: Also nein.

StS Seibert: Ja, also nein.

Frage: Herr Cameron hat ja den sehr ambitionierten Plan, die EU neu zu gestalten und im Sinne der Subsidiarität Macht von Brüssel wieder nach London zurückzuholen. Wie steht Deutschland dazu? Was kann man von diesen Gesprächen erwarten?

Vielleicht noch kurz zu dem Thema Steueroasen. Die österreichische Finanzministerin hat gesagt, dabei gehe es auch um Großbritannien, die Virgin Islands usw. Steht vielleicht auch Deutschland diesbezüglich auf der Seite Österreichs? Wird dies bei den Gesprächen ein Thema sein?

StS Seibert: Wie ich schon gesagt habe, denke ich, dass dort alle aktuellen Themen, sowohl europapolitisch als auch weltpolitisch, auf den Tisch kommen können.

Die Haltung des britischen Premierministers in Sachen Europäische Union, Zusteuern auf ein Referendum ist bekannt. Er hat das vor einigen Wochen in einer Rede in London dargelegt. Das ist also für uns keine Überraschung.

Die Haltung der Bundesregierung ist ebenso bekannt: Für uns ist Großbritannien ein wichtiger und unverzichtbarer Partner in Europa. Das ist von der Bundeskanzlerin immer wieder betont worden. Insofern müssen Sie da jetzt nicht mit Neuem, nicht mit grundsätzlich neuen Haltungen aufseiten der Bundesregierung rechnen.

Dass der Kampf gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung eine internationale Aufgabe ist, ist gerade Deutschland und Großbritannien, so denke ich, sehr wohl bekannt. Es war ja eine Initiative des britischen Schatzkanzlers Osborne und unseres Finanzministers Schäuble, sich sehr intensiv mit dem Thema "Steuervermeidung durch internationale Konzerne" zu befassen. Soviel ich weiß, wird das auch ein Thema bei anstehenden internationalen Gipfeln sein. Das ist etwas, bei dem Deutschland und Großbritannien durchaus ähnliche beziehungsweise gleiche Ziele verfolgen.

Frage: Herr Seibert, hat es das Ihres Wissens schon einmal gegeben, dass ein ausländischer Regierungschef gleich mit der ganzen Familie anrückt und über Nacht bleibt? Ich glaube, er hat drei Töchter, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Wissen Sie, wie alt sie sind? Noch einmal die Frage: Ist da dann ein Kinderprogramm geplant, oder wie hat man sich das vorzustellen?

StS Seibert: Hinsichtlich der Frage über die Familie des britischen Premierministers möchte ich Sie an die britische Regierung oder an die britische Botschaft verweisen.

Mir fällt jetzt auf Anhieb kein anderes Beispiel ein. Aber die Einladung ist genau so ausgesprochen worden, zumal dieser familiäre Rahmen auch in Chequers gegeben war, als die Bundeskanzlerin ihrerseits dort war.

Wie gesagt: Sie müssen sich um die Gestaltung der Zeit gar keine Sorgen machen. Das wird sowohl für Erwachsene als auch für Kinder sicherlich eine schöne Erfahrung.

Frage: Ich möchte auf die Frage der Kollegin zurückkommen. Teilt die Bundesregierung die Sichtweise Österreichs, dass es auf britischer Seite durchaus besonderen Gesprächs- und auch Handlungsbedarf in Sachen Steueroasen in ihrem Einflussbereich gibt?

StS Seibert: Dazu kann sich sicherlich das Finanzministerium am besten äußern.

Kothé: Wie Herr Seibert eben schon gesagt hat: Wir haben ein sehr hohes Maß an Übereinstimmung und ein gemeinsames Interesse daran, zusammen mit Großbritannien überall gegen Steueroasen vorzugehen.

Zusatzfrage: Teilt die Bundesregierung die Meinung Österreichs im Hinblick auf Großbritannien oder nicht?

Kothé: Wir arbeiten da Seit' an Seit' mit Großbritannien. Die Meinung der österreichischen Finanzministerin kommentiere ich jetzt an dieser Stelle nicht.

Frage: Werden in Meseberg auch andere Kabinettsmitglieder anwesend sein, oder ist nur die Kanzlerin dort?

StS Seibert: Nein, keine Kabinettsmitglieder.

Zusatzfrage: Wird auch Herr Sauer anwesend sein?

StS Seibert: Ja.

Frage. Übernachtet die Kanzlerin auch dort?

StS Seibert: Ja.

Frage: Ich habe eine Frage sowohl an Frau Kothé als auch an Herrn Seibert. Jetzt sind ja in der Zypern-Frage überraschenderweise noch weitere Milliardendefizite aufgetaucht. Die Haltung der Bundesregierung war bisher, mit den zugesagten Hilfsleistungen sei die Verpflichtung der EU abgedeckt. Können Sie ausschließen, dass auf dem heute stattfindenden Treffen nicht doch eine andere Entscheidung getroffen wird?

Kothé: Fangen wir vielleicht einmal so an: Wie Sie es ganz richtig gesagt haben, hat die Eurogruppe am 24. März eine politische Verständigung darüber getroffen, wie das Hilfsprogramm für Zypern aussieht und welches Volumen es hat. Das sind 10 Milliarden Euro. Dieser Betrag steht nicht zur Disposition. Es besteht überhaupt kein Anlass dazu, da irgendwelche Anpassungen vorzunehmen. Es gibt das Hilfsprogramm der EU. Der IWF hat angekündigt, sich mit 1 Milliarde Euro zu beteiligen.

In den letzten Tagen sind bestimmte Zahlen durcheinandergerutscht. Richtig ist, dass die Troika in Vorbereitung der Sitzung der Eurogruppe am 24. März die ganze Finanzrechnung, die dem MoU zugrunde liegt, noch einmal angepasst hat. Das ist auch Grundlage der Beschlüsse über den Finanzbedarf gewesen, der sich ergeben hat. Dabei kam es zu einer Zahl, die in den Medien immer zitiert worden ist, nämlich der Finanzbedarf liege insgesamt bei 23 Milliarden Euro. Dieser würde sich ergeben, wenn es kein Programm und keine Anpassungsmaßnahmen gäbe. Von daher ist da nichts neu und gibt es auch keinen zusätzlichen Finanzbedarf, sondern das Programm ist auf diese Situation zugeschnitten. Die entsprechenden Maßnahmen, die die Troika in dem Entwurf vorgelegt hat, werden vorgeschlagen.

Heute tagt ja die Eurogruppe. Mein letzter Stand ist, dass die Beratungen noch nicht zu Ende sind. Über die Dokumente, über die Vorschläge der Troika wird beraten. Vielleicht gibt es, wie das nun einmal so ist, noch die eine oder andere Anpassung. Dann wird sozusagen der ganz offizielle Prozess auch national eingeleitet.

Zusatzfrage: Ich weiß jetzt nicht, ob ich das richtig verstanden habe. Das kam bei mir nämlich so an, als sei jetzt doch nicht ausgeschlossen - Sie haben ja gesagt, dass es vielleicht noch die eine oder andere Anpassung gibt -, dass vielleicht doch noch zusätzliches Geld bewilligt wird. Oder sind die 23 Milliarden Euro, die jetzt immer in Rede stehen, quasi schon in der bewilligten Zypern-Hilfe eingepreist?

Noch ein weiterer Punkt: Können Sie damit rechnen, dass jetzt wirklich alles auf dem Tisch liegt, oder gibt es da noch irgendwo Unsicherheiten?

Kothé: Da haben Sie mich falsch verstanden. Richtig ist, dass jetzt erst einmal Entwürfe vorliegen und dass die Eurogruppe heute die Billigung der ganzen Programmteile und Dokumente, wie sie vorliegen, anstrebt. Das ist bisher noch nicht erfolgt - darauf habe ich gerade hingewiesen -, weil die Eurogruppe im Augenblick noch tagt.

Nach unserem aktuellen Kenntnisstand ist jetzt alles eingepreist; wir gehen zumindest davon aus. Insbesondere hat sich noch einmal eine Verschlechterung ergeben. Ich glaube, das ist das, was immer durcheinandergeraten ist.

Es hat eine Verzögerung gegeben. Sie erinnern sich sicherlich an den 18. März. Das Programm wurde damals in Zypern abgelehnt. Daraufhin wurde noch einmal eine Anpassung vorgenommen, beispielsweise was das Makroszenario betrifft. Das alles ist dann in die Beschlussfassung am 24. März - das ist die Einigung, die zu beschließen und umzusetzen ist - mit eingeflossen.

Zusatzfrage: Und Weiteres?

Kothé: Nach dem jetzigen Stand ist das der Finanzbedarf, der sich aktuell ergibt. Das ist sehr intensiv - da können Sie sicher sein - berechnet und geschätzt worden.

StS Seibert: Ich möchte nur noch eines hinzufügen: Dieses internationale Kreditprogramm von ca. 10 Milliarden Euro - vielleicht sind es auch genau 10 Milliarden Euro, das weiß ich nicht - ist im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Landes Zypern, dem geholfen werden soll, sehr hoch. Das ist auch im Vergleich zu den internationalen Kreditprogrammen, wie sie für andere Programmländer geschnürt worden sind, sehr hoch.

Frage: Auch ich bin etwas irritiert; denn die Änderung im Finanzbedarf ist ja nicht ein paar Mark hinter der Kommastelle, sondern das sind letztlich fast 5,5 Milliarden Euro. Das ist mehr als ein Viertel des ursprünglich genannten Finanzbedarfs von 17,5 Milliarden Euro.

Ich habe Sie hoffentlich richtig verstanden, dass sich an den 10 Milliarden Euro auf alle Fälle nichts ändern wird?

Kothé: Ja.

Zusatzfrage: Ich frage dennoch Herrn Seibert: Wenn diese ganze Geschichte letztendlich schon durchdiskutiert und auch mit der zyprischen Seite so verabredet ist, wie kommt es dann, dass der zyprische Präsident sagt: "Angesichts dieses zusätzlichen Finanzbedarfs werde ich mit den Spitzen der EU noch einmal in Kontakt treten, um zusätzliche Hilfen zu erlangen"? Irgendwie scheint da etwas bei der Kommunikation nicht richtig gelaufen zu sein.

Ich frage auch: Hat sich der zyprische Präsident schon bei Ihnen, möglicherweise bei der Kanzlerin, mit einem Gesprächswunsch gemeldet? Ist Ihnen bekannt, dass er sich schon bei Herrn Van Rompuy oder bei Herrn Barroso mit einem Gesprächswunsch wegen zusätzlicher Aufstockungen gemeldet hat?

StS Seibert: Ich kann über die Kommunikation des zyprischen Präsidenten hier natürlich nichts sagen.

Wichtig ist: Der Anteil, den die internationalen Geber an diesem Kreditprogramm geben, beträgt 10 Milliarden Euro. Das soll sich nicht verändern. Das, was über dies hinaus an Finanzierungsbedarf vorhanden ist, soll von Zypern selbst getragen werden und kann nach der Einschätzung der Beteiligten von Zypern auch selbst getragen werden.

Im Übrigen gibt es heute das Treffen der Finanzminister in Dublin. Zypern ist dort vertreten und wird sicherlich auch seine Position dort vertreten.

Ich kenne keine Initiative von Herrn Anastasiadis, jetzt weitere Forderungen zu erheben oder Wünsche vorzulegen.

Zusatzfrage: Angesichts der Äußerungen von Parlamentariern frage ich, ob die Bundesregierung vor der Entscheidung im Parlament, die ja nächste Woche angesetzt ist, noch die Bitte an Zypern hat, genauer auszuführen, wie der zusätzliche Finanzbedarf aufgebracht werden soll. Denn das scheint der eine oder andere Abgeordnete für notwendig zu erachten, um in der nächsten Woche überhaupt vernünftig entscheiden zu können.

StS Seibert: Wie immer, wenn Hilfsprogramme dem Bundestag zur Abstimmung und Entscheidung vorgelegt werden, muss darüber sehr gut informiert werden, muss aufgeklärt werden und muss auch überzeugt werden. Auch muss dafür geworben werden, warum es richtig ist, wie es die Bundesregierung findet, einem solchen Hilfsprogramm zuzustimmen. Das tut der Bundesfinanzminister, das tut die Bundeskanzlerin, und das tun andere Mitglieder der Bundesregierung sehr intensiv.

Kothé: Noch einmal: Aus unserer Sicht gibt es keinen zusätzlichen Finanzbedarf. Wir werden, sobald sich die Eurogruppe heute geeinigt hat, natürlich auch den Bundestag in bewährter Weise informieren. Ich denke, das alles wird sich aufklären, wenn die entsprechenden Dokumente alle übersandt worden sind.

Zusatzfrage: Nur damit das klar ist: Sie machen sich also die Forderung nach verbindlicheren Ausführungen Zyperns, wie es den zusätzlichen Finanzbedarf aufbringen will, nicht zu eigen?

Kothé: Wie bei jedem Programm werden auch hier die Hilfen und die Auszahlung an ganz klare Vorgaben gebunden sein. Das jetzt in Rede stehende Hilfsprogramm mit einem Umfang von 10 Milliarden Euro wird - Sie kennen die ganzen Auflagen, die benannt sind - Schritt für Schritt überprüft werden. Es wird geprüft, inwieweit die Auszahlung des Programms umgesetzt wird. Das ist für uns selbstverständlich.

Frage: Generell die Frage an Frau Kothé oder vielleicht auch an Herrn Seibert: Halten nicht auch Sie es für unglücklich, was die öffentliche Wahrnehmung angeht, dass jetzt plötzlich ganz andere Zahlen durch den Raum schwirren? Natürlich bekommen dann die Leute irgendwann den Eindruck: Wir können uns eigentlich nie auf Zahlenangaben verlassen. Am Ende wird jedes Hilfsprogramm doch immer viel größer, als es ursprünglich geplant war.

StS Seibert: Aber genau das ist hier nicht der Fall. Das internationale Kreditprogramm hat die Größe von 10 Milliarden Euro, und dabei soll es bleiben. Das ist ja eine für die nationalen Öffentlichkeiten in den Euroländern wichtige Größe und auch eine wichtige Aussage.

Kothé: Ich kann das nur noch einmal unterstreichen: Es gibt keine neuen Zahlen, keinen neuen Finanzbedarf in Zypern. Das Programm bleibt bei diesen 10 Milliarden Euro.

Frage: Ich habe eine Frage zu der Auftragsvergabe von Ministerien an Verlage. In diesem Zusammenhang ist über die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei berichtet worden. Daraus ergibt sich offenbar, dass von mehreren Ministerien, zum Beispiel vom Verteidigungsministerium und vom Arbeitsministerium, unverhältnismäßig hohe Aufträge an einen Verlag erteilt worden sind, der sich zu 50 Prozent im Besitz der FDP befindet. Ich wüsste gerne, ob das der Wirklichkeit entspricht.

An Herrn Seibert habe ich die Frage, ob man, um da Missdeutungen auszuschließen, vielleicht der Überlegung nähertreten könnte, parteieigene oder teils parteieigene Verlage grundsätzlich von der Vergabe von Aufträgen aus Ministerien auszuschließen, um da nicht in ein falsches Licht zu geraten.

Flosdorff: Ich stecke da jetzt nicht im Detail drin. Ich kann mich nur erinnern, weil wir diese Frage schon einmal hatten. Dieser Verlag ist vor etlichen Jahren aus einer Ausschreibung hervorgegangen und hat auf dem Feld, auf dem er bei uns engagiert worden ist, sogar mehrere Preise gewonnen. Das ist das, was ich Ihnen jetzt aus meinem Gedächtnis noch sagen kann. Ich kann Ihnen jetzt keine Details nennen, in welcher Höhe das ist. Aber ich glaube nicht, dass es um unverhältnismäßig hohe Auftragssummen geht. Das kann ich hier wohl ausschließen.

Paris: Das Thema ist übrigens nicht ganz neu. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass die "taz" unter dem Datum 4. Juli 2012 unter dem Titel "Teures Schulmaterial von der Bundeswehr" bereits darüber berichtet hatte. Das nur zur Einordnung. Insofern ist das alles nicht neu.

Die Universum Kommunikation und Medien AG stellt unter pädagogischer Beratung der Stiftung Jugend und Bildung e.V. - dieser Stiftung gehören Bildungsexperten der Kultusministerien der Länder an - im Auftrag des Verteidigungsministeriums und auch anderer Ministerien Unterrichtsmaterial zur Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland her. Das sind sogenannte Lehrer-Schüler-Hefte, das sind auch Internetauftritte sowie monatliche Arbeitsblätter.

Die Stiftung Jugend und Bildung e.V. zeichnet als Herausgeberin verantwortlich für die Themenwahl und die gestalterische Präsentation der Unterrichtsmaterialen "Frieden & Sicherheit". Wir beraten dort zu dem Thema "Bundeswehr" fachlich. Wir haben in den vergangenen Jahren - meine letzte Notiz dazu bezieht sich auf das Jahr 2007 - Unterrichtsmaterialien entsprechend gestellt. 2010 wurde das zuletzt im Rahmen der Vorgaben der gültigen Vergaberichtlinien im Wettbewerb durch die zuständige nachgeordnete Organisationseinheit, dem BWB, gemacht. Eine entsprechende Ausschreibung ist dort gelaufen. Die Universum Kommunikation und Medien AG ist daraus als Sieger hervorgegangen. Das hatte ein Volumen von rund 300.000 Euro.

Das ist das, was ich dazu sagen kann. Es ist ein Vergabeverfahren durchgeführt worden. Sie sind als Sieger hervorgegangen. Insofern ist das unserer Sicht kein Problem. Das kann ich beitragen.

Kothé: Auch das Finanzministerium gibt seit den 90er-Jahren Unterrichtsmaterialien zum Thema "Finanzen und Steuern" heraus, die sehr nachgefragt werden. Das möchte ich von unserer Seite auch noch einmal hinzufügen.

Das Ministerium arbeitet mit dem Universum-Verlag unter Einbeziehung dieser Bildungsstiftung und anderen Experten zusammen. Auch bei uns ist dieser Auftrag mehrfach nach der jeweils geltenden Rechts- und Gesetzeslage ausgeschrieben worden.

Zusatzfrage: Dann wüsste ich gerne von Herrn Seibert, ob man, wenn das alles immer so korrekt läuft, vielleicht, um irgendwelche Missdeutungen von anderer politischer Seite auszuschließen, zu der Auffassung gelangen könnte, Verlage, die teils oder komplett einer Partei - noch dazu einer Koalitionspartei - angehören, nicht mit einzubeziehen.

StS Seibert: Das ist eine juristische Frage, die ich hier nicht beurteilen kann. Sie haben die Sprecher der Ressorts gehört. Es sind alle Vorschriften eingehalten worden. Das wäre eine gründlichere Prüfung, die ich jetzt hier sicherlich nicht vornehmen kann.

Paris: Ich möchte dazu noch einen Satz sagen. Bei Vergabeverfahren ist es so, dass die Vergabeverfahren Regelungen sind, an die sich die jeweilig Ausschreibenden auch zu halten haben. Bei solchen Angeboten ist es insbesondere wichtig - das nennt man den sogenannten Beutelsbacher Konsens - , dass sich derjenige, der auf dem Markt etwas anbietet, an diesen Beutelsbacher Konsens auch hält. Das bedeutet, dass insbesondere sehr transparent dargestellt werden muss, wie diese Informationen generiert worden sind. Daran hält sich die Universum Kommunikation und Medien AG, die seit über 30 Jahren Unterrichtsmaterialien zum Thema "Frieden & und Sicherheit" - das betrifft unseren Bereich - herausgibt. Insofern sehe ich da zumindest aus Sicht der Bundeswehr und des BMVg kein Problem. Das habe ich aber eben auch schon einmal gesagt.

Frage: Frau Kothé, welchen kausalen Zusammenhang sieht der Bundesfinanzminister zwischen möglichen Reparationsforderungen aus Griechenland an Deutschland und dem Reformprogramm des Landes, wenn er in dem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" warnt, die Menschen in Griechenland mit solchen Geschichten wie Reparationszahlungen nicht in die Irre zu führen? Haben Sie entsprechende Signale aus Griechenland bekommen?

Eine Frage an Schäfer. Sieht auch das Außenministerium den gleichen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Themen wie der Bundesfinanzminister?

Kothé: Sie haben jetzt aus einer Interviewäußerung einen kausalen Zusammenhang hergestellt, den ich nicht so erkenne. Das ist jetzt Ihre Bewertung.

Aus Sicht der Bundesregierung ist es so, dass die Reparations- und Entschädigungsfragen abschließend geklärt sind und wir andere Forderungen nicht anerkennen. Vielleicht können die Kollegen dazu noch etwas sagen. Das war hier auch schon Thema.

Schäfer: Ich kann für das Auswärtige Amt Folgendes sagen: Ich kann aus den Äußerungen, die Sie ansprechen, keinerlei kausalen Zusammenhang erkennen. Einen solchen kausalen Zusammenhang gibt es aus unserer Sicht auch nicht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Herr Seibert hat für die Bundesregierung vor einigen Tagen dazu Stellung genommen. Ich hatte das Vergnügen schon einmal, mit exakt den gleichen Worten zu der Frage von Reparationsforderungen aus Griechenland Stellung zu nehmen. Das ist geschehen. Dem gibt es aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.

Zusatz: Den Zusammenhang habe nicht ich hergestellt, sondern der Bundesfinanzminister, wenn er sagt, dass sich die Griechen nicht um Reparationszahlungen kümmern sollen, sondern um den Reformprozess.

Kothé: Da gibt es keinen kausalen Zusammenhang, ich kann Ihrer Interpretation wirklich nicht folgen. Der Bundesfinanzminister hat in dem Interview nur darauf verwiesen, dass er es wichtig findet, dass der Reformprozess in Griechenland weiter fortgesetzt wird. Das ist in dem Sinne auch nichts Neues.

Zusatzfrage: Herr Seibert, die Bundesregierung sagt immer, dass das Kapitel Kriegsreparationen geschlossen und erledigt ist. Zwischen Griechenland und Deutschland gibt es auch ein bilaterales Thema. Das ist der Zwangskredit, dem die Bank von Griechenland 1942 der damaligen Deutschen Reichsbank gewährt hat. Der griechische Außenminister hat gestern gesagt, dass die internationalen Gerichte dafür zuständig sind, zu entscheiden, ob dieses Thema erledigt ist oder nicht. Sehen Sie das auch so?

StS Seibert: Ich kommentiere nicht die Äußerungen des griechischen Außenministers. Für die Bundesregierung gibt es keine ausstehenden Reparations- oder Entschädigungsthemen mehr. Die Leistungen sind erbracht. Die Frage hat aus unserer Sicht ihre Bedeutung verloren. Das ist die Haltung der Bundesregierung. Der griechische Außenminister hat das Seine dazu gesagt.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert und möglicherweise an Albin. Der Präsident des BGH in Karlsruhe hat sich gestern dahingehend geäußert, dass er findet, dass der 5. Senat, der in Leipzig ansässig ist, mehr als zwei Jahrzehnte nach der Entscheidung über diese Verschiebung dieses Senats dorthin, wieder nach Karlsruhe wechseln könnte. Macht sich die Bundesregierung diesen Gedanken zu eigen? Findet Sie, dass das eine richtige Konsequenz aus dem Fortschreiten der deutschen Einheit ist? Wie sieht es aus?

StS Seibert: Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben, dass ich mangels Befassung mit diesem Thema Ihnen hier dazu keine Haltung der Bundesregierung sagen kann. Ich müsste mich bei unseren Experten dazu erkundigen und kann gerne etwas nachreichen.

Zusatz: Albin scharrt schon mit den Hufen.

StS Seibert: Das ist gut.

Albin: Albin hat das gehört und zur Kenntnis genommen. Aber dazu liegt noch keine Meinungsbildung des Bundesjustizministeriums vor. Ich kann Ihnen dazu noch nichts sagen. Ich habe die Meldung selbst gelesen. Ich habe darüber noch mit niemandem gesprochen. Die Bundesjustizministerin ist gestern Abend aus China zurückgekehrt, und ich hatte noch keinen Kontakt zu ihr. Ich habe keinen Stand, den ich Ihnen dazu mitteilen kann.

Zusatz: Dann würde ich Sie bitten, wenn Sie den Stand erfragen, dass Sie auch herausbekommen, was sie von dem Vorschlag halten würde, dass man den BGH vielleicht bei der Gelegenheit komplett von Karlsruhe nach Leipzig verlegt.

Albin: Das nehme ich auch zur Kenntnis.

Frage: Mein Thema ist der Emissionshandel. Nachdem der Umweltminister sich mit Kollegen aus Europa für eine Verknappung der Emissionszertifikate in einem Brief an Europa-Parlamentarier stark gemacht hat, ist meine Frage, ob das Wirtschaftsministerium, das nun immer anderer Meinung war, vielleicht auch plant, einen Brief mit europäischen Kollegen an Europa-Parlamentarier zu schreiben, in dem er vor einer Verknappung warnt.

Zum Zweiten würde ich gerne wissen, Herr Seibert, wie lange diese Regierung das Bild eines ständigen ungelösten Dissenses innerhalb der Regierung, das sich daraus ergibt, das Bild einer Form von Unentschiedenheit dieser Regierung noch tragen kann und ob es nicht irgendwann einmal Not tut, vielleicht doch zu einer Einigung zu kommen.

Kraus: Die Position des BMWi zum Thema "Backloading" hat sich nicht verändert. Diese ist nach wie vor gültig. Der Zertifikatehandel ist aus unserer Sicht zum Klimaschutz eingeführt worden und nicht als Finanzierungsinstrument für die Energiewende. Beim Klimaschutz sind wir auf Zielkurs. Das BMWi lehnt daher weiterhin politische Eingriffe in den Marktmechanismus des Zertifikatehandels ab.

Ihre Frage zur Zusammenarbeit: Ihre Schlussfolgerung kann ich so nicht teilen. Wie Sie wissen, gibt es zwischen Herrn Rösler und Herrn Altmaier eine sehr gute Zusammenarbeit. Es ist in einer Demokratie üblich, dass es Diskussionen über diverse Sachverhalte gibt. Das ist auch bei diesem Thema so. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass für die Positionen geworben wird. Das ist auch nichts Neues. Trotzdem bleibt es bei der Position für unser Haus.

StS Seibert: Was die gesamte Bundesregierung eint, ist die Überzeugung, dass der Emissionshandel im Zentrum unserer europäischen Klimapolitik steht und dass er aktiv zur Umsetzung der europäischen Klimaziele beitragen soll.

Es handelt sich auch nicht um eine ständige Unentschiedenheit, wie Sie das gesagt haben, sondern es handelt sich um noch unterschiedliche Herangehens- und Sichtweisen eines tatsächlich auch sehr schwierigen Problems, weil sich die Wachstumsraten gegenüber den ursprünglichen Annahmen vollkommen verändert haben und deswegen auch die Preise vollkommen verändert haben. Nun gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, welcher Schluss daraus gezogen werden soll.

Minister Altmaier hat ebenso wie seine Kollegen seinen Brief als ein Werben für seine ganz persönliche Meinungsäußerung dargestellt. Insofern drückt er derzeit nicht die Haltung der gesamten Bundesregierung aus. Aber es wird dann, wenn in Europa die Entscheidung fällt, eine abgestimmte und einheitliche Haltung der Bundesregierung vertreten werden.

Nun steht demnächst eine Entscheidung des Europäischen Parlaments an. Diese warten wir ab. Der weitere Zeitplan liegt dann in den Händen der Europäischen Kommission.

Zusatzfrage: Konkreter, wann dieser Punkt einer Position der Bundesregierung besteht, können Sie das nicht fassen?

StS Seibert: Ich sage ja: Der Zeitplan für die europäische Beschlussfassung liegt nicht in unserer Hand. Der Punkt wird auftauchen. Wir werden bis dahin die internen notwendigen und schwierigen Gespräche abgeschlossen haben.

Frage: Herr Seibert, hat die Kanzlerin, die ja auch einmal Umweltministerin war, sich dazu schon eine Meinung gebildet?

StS Seibert: Ich habe gerade davon gesprochen, dass sich entgegen den ursprünglichen Annahmen Veränderungen ergeben haben und dass sie vor dem Hintergrund durchaus Verständnis für Überlegungen hat, wie sie jetzt der Minister in seinem Brief ausgedrückt hat. Aber es käme natürlich völlig auf das Modell und die neue Ausgestaltung an. Deswegen gibt es keine Festlegung, sondern es wird einen Gesprächsprozess innerhalb der Bundesregierung geben, um zu dieser gemeinsamen Haltung bei diesem zugegebenermaßen sehr schwierigen Problem zu kommen.

Ich möchte darauf hinweisen: Es gibt auch andere Länder in Europa, die sich noch nicht festgelegt haben, wie sie sich in dieser Frage verhalten werden. Deutschland ist da weiß Gott nicht das einzige Land.

Frage: Herr Schäfer, Herr Seibert, Stichwort NSU-Prozess und Platzvergabe an ausländische Journalisten. Hat sich, nachdem das Oberlandesgericht in München offenbar eingeräumt hat, dass es eine Panne bei der Vergabe der Plätze gegeben hat, aus Ihrer Sicht eine Neubewertung der Lage ergeben? Oder bleibt es bei dem Appell, den Sie hier vor anderthalb, zwei Wochen einmal formuliert haben?

Zweite Frage: Herr Seibert, ist inzwischen klarer, ob und wann es einen Termin für das Treffen der Kanzlerin mit den Hinterbliebenen der Opfer gibt?

StS Seibert: Was den NSU-Prozess betrifft, hat sich an den Grundüberzeugungen natürlich nichts geändert. Die Grundüberzeugung ist, dass wir uns zur Unabhängigkeit der Justiz und des Gerichts bekennen und deswegen keine Ratschläge zu geben haben.

Aber es ist schon auch so: Die Achtung der Unabhängigkeit des Gerichts muss ja Politiker nicht daran hindern, Sorgen in einer Sache auszudrücken, die von so großer Bedeutung, auch für das Ansehen Deutschlands im Ausland, ist. Deswegen sind Sorgen von Politikern quer durch alle Parteien, der Opposition und auch in der Bundesregierung ausgedrückt worden, weil uns natürlich die Frage bewegt: Wie kann mit dem verständlichen großen Interesse an diesem Prozess gerade in der Türkei sensibel umgegangen werden?

Zusatzfrage: Die Frage zum Termin?

StS Seibert: An diesem Termin wird gearbeitet. Wir geben ihn bekannt, sobald er steht. Dieses Treffen soll auf jeden Fall stattfinden.

Zusatzfrage: Ich verstehe es richtig, dass es auch bei der Kanzlerin die Sorge gibt, dass das Ansehen Deutschlands unter diesem Procedere leidet? Oder wie darf ich Sie jetzt interpretieren und verstehen?

StS Seibert: Nein. Ich habe nicht von "leiden" gesprochen. Ich habe davon gesprochen, dass es doch erkennbar ein großes internationales Interesse gibt und dass die Art und Weise, wie die Platzvergabe stattgefunden hat, in manchen Ländern zu Irritationen geführt hat.

Wir verstehen, dass dieses Interesse so groß ist. Acht der Opfer waren Menschen mit türkischen Wurzeln. Wir hoffen, dass mit diesem Interesse auch sensibel umgegangen werden wird.

Frage: Herr Paris, eine Frage zu Brasilien und den "Geparden". Es gibt offensichtlich eine Anfrage oder ein Interesse. In welcher Form ist das bei Ihnen angekommen? Stößt das auf Gegenliebe?

Wenn ich mich recht erinnere, sind die Dinger irgendwann einmal außer Dienst gestellt worden. Stehen die jetzt einfach irgendwo herum? Oder hat sie jemand in Obhut genommen? Wie sieht das aus?

Paris: Lassen Sie mich voranschicken: Sie sprechen in diesem Fall - das ist auch eine Art von Rüstungsexport ins Ausland - den Richtigen an. Normalerweise wäre das die Kollegin aus dem Wirtschaftsministerium. Hier ist es so, dass wir über eine sogenannte Länderabgabe sprechen. Von Länderabgaben spricht man immer dann, wenn von Regierung zu Regierung über Altbestände der Bundeswehr gesprochen wird, also über solche Dinge, die wir einmal in unserem Portfolio hatten, aber nicht mehr haben, weil wir sie ausgesondert haben.

Das ist bei diesen "Gepard"-Panzern mit dieser Flugabwehrkanone auch passiert. Meines Wissens wurden die letzten 2010 aus dem Bestand der Bundeswehr ausgesondert. Sie werden zu einem Teil - ich will es einmal so nennen - langzeitkonserviert, dass man sie möglicherweise noch weiter verwenden kann; eher nicht bei uns, sondern andernorts.

So kam es auch zu dem Interesse der Brasilianer, uns zu fragen, ob wir bereit seien, Teile dieser ausgesonderten "Gepard"-Panzer zu übereignen. Diese Verhandlungen haben rund 2010 begonnen. Ich kann also bestätigen, dass diese Verhandlungen laufen. Ich kann auch sagen, dass wir davon ausgehen, dass diese Verhandlungen auch im Zuge dieses Jahres beendet sein werden. Dafür spricht, dass die entsprechenden Vertragsverhandlungen schon sehr weit vorangeschritten sind. Dafür spricht auch, dass begleitend zu den Vertragsverhandlungen bereits seit Anfang dieses Jahres - ich meine März - auch die ersten Ausbildungen von brasilianischem Personal bei der Industrie hier in Deutschland laufen, wo diese Panzer quasi gelagert werden.

Interessant ist, glaube ich, zu betonen, warum Brasilien Interesse an diesen Geräten hat. Es sind flugabwehrspezifische Kanonen, die dort aufgebaut sind. Sie wissen, dass die Brasilianer im kommenden Jahr mit der Fußball-WM 2014 ein sehr großes und brasilienweites Ereignis haben werden. Sie beabsichtigen, bei diesen sportlichen Großveranstaltungen mit diesen "Geparden" die Stadien vor möglichen terroristischen Angriffen zu schützen.

Das ist hier in den vergangenen Jahren im Rahmen dieser Länderabgabe geprüft worden. Bei der Länderabgabe ist es nicht so, dass nur das BMVg entscheidet "Machen wir oder machen wir nicht", sondern es gibt natürlich dort auch diese Richtlinien für die Exporte von Waffen ins Ausland. Hier ist es so, dass ein Verfahren gewählt wurde, dass die Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Wirtschaftsministerium außerhalb des Bundessicherheitsrats herbeigeführt wurde; deshalb darf ich auch darüber sprechen.

Ich habe Ihnen insofern eigentlich alles mitgeteilt, was ich dazu zu sagen habe. Es ist ein Vorgang, den es in den vergangenen Jahren immer schon einmal gegeben hat, in diesem Fall mit Brasilien in Bezug auf insgesamt 37 "Gepard"-Panzer, wovon 34 der Natur sind, dass sie einsatzbereit sind und drei Panzer mitgeliefert werden, die - ich nenne das einmal so - als mobiles Ersatzteillager mitgehen.

Zusatzfrage: Wenn wir in Deutschland eine terrorbedrohte Großveranstaltung hätten, mit welchem System schützten wir uns dann gegen eine Bedrohung aus der Luft?

Paris: Wir haben kein exakt vergleichbares Nachfolgesystem. Aber wir haben das System MANTIS. Ich würde das nicht unbedingt auf eine terroristische Bedrohung beziehen, aber es ergänzt und ersetzt sozusagen diese militärische Fähigkeit, die durch die Aussendung der "Geparden" verlorengegangen ist. Ich würde als das System, das am ehesten vergleichbar und sehr gut ist, das System MANTIS bezeichnen, über das die Luftwaffe verfügt.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 12. April 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/04/2013-04-12-regpk-breg.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2013