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PRESSEKONFERENZ/631: Regierungspressekonferenz vom 5. Juli 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 5. Juli 2013
Regierungspressekonferenz vom 5. Juli 2013

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Festveranstaltung von General Electric, Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag im Kloster Banz, 34. Bayerisches Wirtschaftsgespräch, Kabinettssitzung, Besuch bei Miele in Gütersloh, Empfang der Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union, Treffen mit den deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der 42. Worldskills Berufsweltmeisterschaft, Besuch der slowenischen Ministerpräsidentin), Vorratsdatenspeicherung/Mindestspeicherfrist, anstehende Reise des Innenministers in die USA, Lage in Ägypten

Sprecher: StS Seibert, Beyer-Pollok (BMI), Paris (BMVg), Zimmermann (BMJ), Schäfer (AA)



VORS. Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich beginne mit Montag, dem 8. Juli. Dann wird die Kanzlerin ab 15 Uhr hier in Marienfelde an der Festveranstaltung von General Electric am dortigen GE-Standort teilnehmen. Die Festveranstaltung hat das 130-jährige Jubiläum der Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens in Deutschland zum Anlass.

Am Dienstag, 9. Juli, wird die Kanzlerin dann an der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag im Kloster Banz teilnehmen. Das wird von 15 Uhr bis 17 Uhr sein.

Am Dienstagabend wird sie dann beim "34. Bayerischen Wirtschaftsgespräch" in München im Hotel Bayerischer Hof sein. Sie wird dort eine Rede zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themenstellungen halten und anschließend Fragen aus dem Publikum beantworten.

Am Mittwoch wird, wie üblich, das Kabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin tagen.

Am Mittwoch wird sie um 13.30 Uhr nach Gütersloh zum Unternehmen Miele reisen. Es wird dort einen Werksrundgang geben, eine Begegnung mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat sowie auch eine ausführliche Begegnung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Miele. Die Themen, die dort sicherlich im Raum stehen werden, sind Energieeffizienz, Ressourcenschonung, die generelle Frage der Innovationsfähigkeit des Unternehmens und der deutschen Industrie sowie die Fragen von Aus- und Weiterbildung.

Am Donnerstag, dem 11. Juli, wird dann um 12 Uhr die Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union, Frau Nkosazana Dlamini-Zuma, ins Bundeskanzleramt kommen. Sie wird mit militärischen Ehren empfangen. Sie wissen, dass die Afrikanische Union in diesem Jahr 2013 ihr 50-jähriges Jubiläum feiert. Frau Zuma ist seit letztem Herbst die Vorsitzende der AU-Kommission. Es wird dann ein Arbeitsmittagessens und anschließend, gegen 13.15 Uhr, eine gemeinsame Pressebegegnung geben. Themen dieser Begegnung mit Frau Dlamini-Zuma werden mit Sicherheit die Rolle der Afrikanischen Union bei der Schaffung einer Sicherheitsstruktur für den afrikanischen Kontinent sowie die einzelnen sicherheitspolitischen Fragen - von Mali bis zur Demokratischen Republik Kongo, Somalia und Sudan/Südsudan - sein.

Anschließend, um 14.30 Uhr wird die Kanzlerin dann - wir sind immer noch beim Donnerstag - die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der diesjährigen 42. Worldskills Berufsweltmeisterschaft im Bundeskanzleramt treffen. Diese Berufsweltmeisterschaft läuft zurzeit in Leipzig. Die deutsche Mannschaft besteht aus 41 Auszubildenden und jungen Fachkräften, die in diesen verschiedenen Wettbewerbsdisziplinen antreten. Es wird dazu um 14.30 Uhr einen Bildtermin geben.

Am Freitag wird die slowenische Ministerpräsidentin Alenka Bratusek zu einem Antrittsbesuch in das Bundeskanzleramt kommen. Das Ganze wird um 14 Uhr stattfinden. Sie wird ebenfalls mit militärischen Ehren empfangen werden, und es wird auch dabei gegen 15.15 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung geben. - So weit, so gut!

Frage: Herr Seibert, wenn die Kanzlerin am Dienstag in Bayern sein wird, wird sie dann die Gelegenheit nutzen, sich beim Ministerpräsidenten des Freistaates danach zu erkundigen, wie denn jetzt die Haltung der Koalition zum Thema Vorratsspeicherung beziehungsweise Mindestspeicherfrist ist.

StS Seibert: Ich kann die Themen, die die Bundeskanzlerin mit Herrn Seehofer bei dieser Gelegenheit möglicherweise besprechen wird, natürlich überhaupt nicht vorwegnehmen. Es ist ein Wirtschaftsgespräch. Deswegen gehe ich von eher wirtschaftspolitischen Zusammenhängen aus. Aber ich kann, wie gesagt, nichts vorwegnehmen.

Zusatzfrage: Gibt es denn hinsichtlich dieses Themas Gesprächsbedarf? Es gibt jetzt Meldungen, wonach die CSU an der Vorratsdatenspeicherung beziehungsweise der Mindestspeicherfrist nicht festhalten möchte. Ist das die Position der Bundesregierung?

StS Seibert: Diese Meldungen kenne ich auch. Sie betreffen Wahlprogramme. Dafür bin ich als Regierungssprecher natürlich nicht zuständig.

Ansonsten ist die Haltung der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung ja hinlänglich bekannt und hier auch zahlreich vorgetragen worden.

Zusatzfrage: Könnten Sie mir trotzdem angesichts der heutigen Meldung den Gefallen tun, diese Haltung der Bundesregierung noch einmal in zwei Sätzen zu umreißen?

StS Seibert: Erster Satz: Deutschland ist nach wie vor verpflichtet, die geltende Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Das gilt für die Bundesregierung sowohl aus fachlichen wie aus rechtlichen Gründen.

Frage: Ich möchte den Sprecher des Bundesinnenministeriums fragen, wie denn die Haltung des Bundesinnenministers angesichts dieser Diskussion aussieht. Hat sie sich geändert, nachdem es heißt, dass sich die CSU auf die Position der Justizministerin zubewegt?

Beyer-Pollok: Ja, der Bundesinnenminister hat sich heute geäußert oder wird es, besser gesagt, heute Mittag tun, wenn ein ohnehin geplanter Pressetermin in Nürnberg stattfinden wird, wo ein Sicherheitsabkommen zwischen dem Freistaat Bayern und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet werden wird.

Schon einmal vorab als erste Äußerung: Es ist genau so, wie es der Regierungssprecher eben schon sagte. Die Haltung der Bundesregierung hat sich nicht geändert, auch nicht die Haltung des Bundesinnenministers als Mitglied dieser Regierung. Innenminister Friedrich stellt auch noch einmal unmissverständlich klar, dass es hier keine Veränderung der Position und auch keine Veränderung seiner Haltung gibt.

Man sieht hier wahrscheinlich eher eine Diskussion um Begriffe, genauer gesagt um Synonyme. Denn das Wort Mindestspeicherfrist bedeutet dasselbe wie das Wort Vorratsdatenspeicherung. Es findet sich auch in Interviews und Mitteilungen der Sicherheitsbehörden sowie zum Beispiel auch in den entsprechenden Pressemitteilungen unseres Hauses. Das wird immer als Synonym verwendet. Es gibt einen Begriff, die Vorratsdatenspeicherung, der insbesondere von Kritikern der entsprechenden EU-Richtlinie verwendet wird, und auf der anderen Seite gibt es als Synonym den Begriff der Mindestspeicherfrist, den wir im Übrigen und den der Bundesinnenminister im Besonderen für präziser hält, weil er genau den Kern dessen ausdrückt, was mit der EU-Richtlinie gemeint ist, nämlich nicht das Speichern von Kommunikationsinhalten, sondern nur das Speichern der Verbindungsdaten, der Telefonnummern oder IP-Adressen. Die werden auch nicht bei staatlichen Behörden gespeichert, sondern bei den Telekommunikationsanbietern. Das ist sozusagen der Kern dieser EU-Richtlinie. Daran muss man noch e inmal und immer wieder erinnern.

Der Bundesinnenminister lässt auch keinen Zweifel an seiner Position, dass diese EU-Richtlinie aus rechtlichen und auch aus inhaltlichen Gründen sowie auch eingedenk der Erkenntnislagen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes auch in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Dabei gibt es ja im EU-Recht diese Bandbreite bezüglich einer Mindestspeicherfrist zwischen einem halben Jahr und maximal zwei Jahren. Dazu ist unsere Vorstellung ja, dass wir uns an der unteren Grenze dieser EU-Richtlinie orientieren sollen.

Im Übrigen ist natürlich der Schutz der Privatsphäre der Bürger ein hohes Gut. Wir tragen dem auch durch entsprechende datenschutzrechtliche Vorkehrungen sowie insbesondere auch durch die strenge Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, welches die EU-Richtlinie ja unter bestimmten Einschränkungen, die dann auch erfolgen sollten, für verfassungsgemäß erklärt hatte. - So viel vielleicht zur Einordnung vonseiten des Bundesinnenministers.

Frage: Herr Seibert, warum ist diese EU-Richtlinie denn jetzt knapp dreieinhalb Jahre nach dem Verfassungsgerichtsurteil noch nicht in deutsches Recht umgesetzt worden, wenn das doch die Position der Bundesregierung ist, wie Sie sagten?

StS Seibert: Ich glaube, dass das BMI das gerade sehr klar dargestellt hat. Es gibt, wie Sie wissen, auch anhängige Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Wir haben hier die Haltung der Bundesregierung vorgetragen. Es gibt - das ist auch kein Geheimnis - durchaus noch Abstimmungsbedarf, aber die Haltung steht, und sie ist auch nicht erschüttert.

Zusatzfrage: Wenn die Haltung steht - mir ist unbekannt, dass solche anhängige Verfahren eine aufschiebende Wirkung für die Umsetzung einer EU-Richtlinie haben, und ein anderer EU-Partnerstaat, nämlich Schweden, wurde gerade zu Millionenzahlungen verdonnert, weil er diese Richtlinie auch nicht umgesetzt hat -, können Sie dann vielleicht doch noch einmal beschreiben, woran es hakt und woran es liegt, dass das nicht umgesetzt wird?

StS Seibert: Es gibt - Sie sprachen die Millionenzahlungen an - noch keinen Termin für ein mündliches Verfahren dazu. Deshalb sind wir selbstverständlich noch gar nicht in dieser Phase.

Zusatzfrage: Meine Frage bezog sich darauf, dass Schweden verurteilt wurde, nicht Deutschland. Das steht ja noch an. Aber warum - - -

StS Seibert: Genau, ich habe aber sozusagen die Parallele zurückgewiesen.

Zusatzfrage: Woran hängt es denn jetzt? Wenn die Haltung der Bundesregierung klar ist, dass man sich verpflichtet sieht, diese Richtlinie umzusetzen, und wenn es zwar Verfahren gibt, diese aber keine aufschiebende Wirkung haben, woran hängt es denn dann?

StS Seibert: Wir haben das hier doch alles schon zahlreiche Male erklärt: Die Bundesregierung muss sich, und zwar zwischen den beiden Ressorts, noch auf einen richtlinien- und verfassungskonformen Gesetzentwurf einigen.

Zusatzfrage: Darf ich noch einmal das Justizministerium fragen? Ist denn das Justizministerium an einer EU-konformen Umsetzung dieser Richtlinie interessiert?

Zimmermann. Ich kann Ihnen dazu sagen: Es wird ja am kommenden Dienstag, dem 9. Juli, die mündliche Verhandlung vor dem EuGH stattfinden. Dabei geht es um die Klagen aus Irland und Österreich. Der EuGH selbst hatte ja in diesem Zusammenhang auch einen umfangreichen Fragenkatalog eingereicht.

Die Bundesjustizministerin selbst hat immer wieder betont, dass sie durchaus große Zweifel an der Vereinbarkeit der Richtlinie mit europäischem Recht hat. Aber man wird sehen, was der Europäische Gerichtshof entscheiden wird.

Zusatz: Das ist eine Antwort, aber nicht auf die Frage!

Frage: Herr Beyer, Frau Zimmermann, wenn Ihre Häuser miteinander verhandelt haben, haben sie dann den Begriff Mindestspeicherfrist oder den Begriff Vorratsdatenspeicherung verwendet?

Zimmermann: Dazu kann ich Ihnen jetzt konkret nichts sagen. Mir ist jetzt nicht in jedem einzelnen Zusammenhang bekannt, ob, wenn Dinge auf Fachebene abgestimmt werden, einmal der Begriff Vorratsdatenspeicherung oder Mindestspeicherfrist verwendet wurde.

Zusatzfrage: Haben Sie daran eine Erinnerung, Herr Beyer?

Beyer-Pollok: So präzise jetzt nicht, weil ich den Schriftverkehr mit dem BMJ sozusagen auch nicht (kenne). Das findet ja auf Fachebene statt, nicht auf Sprecherebene. Von daher bitte ich um Nachsicht.

Ich habe einmal nachgeschaut, zum Beispiel auf unserer Internetseite oder auch in Publikationen unseres Hauses, und ich hatte eben schon von Pressemitteilungen gesprochen. In einer Auflistung der innenpolitischen Arbeit des BMI finden sich die Begriffe "Mindestspeicherfrist von Telekommunikationsverbindungsdaten" oder "Mindestspeicherfrist von Verkehrsdaten", die auch unter dem Stichwort der Vorratsdatenspeicherung bekannt sind. Das nutzen wir als Fachterminus. Solche Formulierungen sind das dann. Man sieht also auch an diesem Beispiel wieder: Das ist ein Synonym. Das sind zwei Begriffe, die gleichbedeutend zum Ausdruck bringen, um was es bei der EU-Richtlinie geht.

Zusatzfrage: Ich scheine eine Wahrnehmungsschwäche zu haben, denn ich kann mich immer nur an Diskussionen hier im Saal über die Vorratsdatenspeicherung erinnern. Dann hätte ich gerne einmal gewusst, wann denn dieser Umschwung in Richtung Synonymisierung erfolgt ist.

Beyer-Pollok: Nach der Lektüre der heutigen Frühmeldungen habe ich in der Tat auch einmal geschaut. Es dauerte aber auch nur wenige Minuten, um dann festzustellen: Aha, der Unterschied, der darin darzustellen versucht wurde, ist in Wahrheit keiner. Das sind Synonyme, die verwendet werden.

Zusatzfrage: Können Sie das zeitlich nicht konkretisieren und sagen, seit wann Sie das synonymisieren?

Beyer-Pollok: Doch. Ich kann es nicht auf den Tag genau sagen - sehen Sie es mir nach -, aber wir haben hier in der Bundespressekonferenz oder auch bei anderen Gelegenheiten - das war beim jetzigen Innenminister so und auch bei seinem Amtsvorgänger - beide Begriffe verwendet, je nachdem. Man sieht: Gut, in der Öffentlichkeit läuft es - da gebe ich Ihnen recht - eben unter diesem Begriff der Vorratsdatenspeicherung. Aber ich denke, das ändert nichts daran, dass es um dasselbe Thema geht, auch wenn man verschiedene Begriffe dafür hat. Das ist bei anderen Beispielen auch der Fall. Wenn wir vom Parlament reden, dann sprechen wir auch nicht immer vom Deutschen Bundestag, aber es ist ja dasselbe gemeint. Wenn man in einem Programm vom Parlament spricht, würde auch keiner unterstellen, dass man den Bundestag in Abrede stellt oder dessen Existenz verschweigt. Das, denke ich mir, muss man einfach als Begrifflichkeit sehen und vielleicht auch etwas unaufgeregter berichten.

Frage: Frau Zimmermann, benutzt Ihre Ministerin auch beide Begriffe synonym, oder hält sie einen der beiden für präziser?

Zimmermann: Dazu kann ich Ihnen jetzt nichts sagen. In der Regel und allgemein, denke ich, haben wir überwiegend den Begriff Vorratsdatenspeicherung benutzt. Ich denke auch: Das sind semantische Feinheiten. Ich habe jetzt keine Auflistung darüber vorliegen, in wie vielen Fällen die Ministerin das Wort Mindestspeicherfristen oder das Wort Vorratsdatenspeicherung in den Mund genommen hat.

Frage: Ich habe noch eine Lernfrage an das Innen- und das Justizministerium: Wir häufig in den letzten zwölf Monaten haben sich denn Ihre Häuser getroffen, um eine Lösung für die Umsetzung der EU-Richtlinie anzustreben?

Ich habe auch eine Frage an Herrn Paris in seiner alten Funktion als Sprecher des Innenministeriums: Erinnere ich mich richtig, dass auch Thomas de Maizière seit Beginn seiner Amtszeit als Minister immer von einer Mindestspeicherfrist gesprochen hat?

Zimmermann: Wir stehen, wie gesagt, im ständigen Gespräch. Wie oft ganz genau, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.

Beyer-Pollok: Genau so ist es. Beide Häuser befinden sich im Gespräch über das Thema. Es gibt natürlich eine ressortmäßige Federführung für das Thema der Umsetzung dieser Richtlinie - das wissen Sie -, und die hat das BMJ inne. Aber wie wir schon gesagt haben, geht es der Bundesregierung darum, dass die Häuser miteinander im Gespräch sind, um eine Lösung zu finden. Die Positionen kennen Sie ja. Die sind hinreichend bekannt, auch die Positionen der Ministerin und des Ministers.

Zusatz: Deshalb wundere ich mich, dass der Regierungssprecher von einer einheitlichen Haltung der Bundesregierung spricht.

Paris: Sehen Sie es mir nach: Ich äußere mich von dieser Bank aus nur zu Themen, für die ich aktuell zuständig bin, nicht zu Themen, für die ich einmal zuständig gewesen bin.

Vorsitzende Sirleschtov: Herr Beyer-Pollok wollte noch etwas nachreichen.

Beyer-Pollok: Genau. Da war noch die Frage nach der Chronologie, wie weit man das zurück verfolgen kann. - Das habe ich jetzt nicht alles hier vorliegen. Aber im Internet werden Sie da sehr schnell fündig.

Ich habe als schnelles gegriffenes Beispiel einen Text von der BKA-Herbsttagung, also der Jahreskonferenz des Bundeskriminalamtes, vom 19. Oktober 2010. Das ist die Amtszeit, in der Thomas de Maizière Minister des Innern war. Da hatte er seine Position zum Erfordernis von Mindestspeicherfristen von Kommunikationsdaten deutlich gemacht und u. a. gesagt - Zitat -: "Die Lücke, die der Verzicht auf Mindestspeicherfristen bereits heute schon in der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung reißt, ist viel zu groß, als dass man auf dieses Mittel verzichten könnte." - Zitatende.

Nehmen Sie das als ein Beispiel, das wir Ihnen jetzt als Haus BMI geben können.

Frage: Herr Beyer, hat Ihr Minister mittlerweile Terminklarheit, was seine Reise in der kommenden Woche in die USA angeht? Wann hat er entschieden oder wann hat die Kanzlerin entschieden, dass er fährt? Wen wird er treffen?

Beyer-Pollok: Zur Reiseplanung: Es ist so, wie wir es gestern im Laufe des Nachmittags mitgeteilt haben. Als wir es bekanntgeben konnten, haben wir es dann anhand der bis dahin erfolgten Pläne gemacht. Wir haben mitgeteilt, dass der Bundesminister des Innern Ende der kommenden Woche in die USA reisen wird, um dort hochrangige Gespräche mit seinen amerikanischen Partnern zu führen. - Weitere Details der Reise können wir gern nachliefern. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das erst einmal das, was wir Ihnen mitteilen können.

Zusatzfrage: Also Sie können im Moment nicht sagen, wen er treffen wird, und Sie wollen auch nicht sagen, wann er oder die Kanzlerin entschieden haben, dass er reist?

Beyer-Pollok: Die zweite Frage kann ich jetzt nicht einordnen. Wir haben es gestern mitgeteilt, als wir es mitteilen konnten. Üblicherweise veröffentlichen ja die Minister oder die Ministerien Auslandsreisepläne dann, wenn man sie veröffentlichen kann. Da sehe ich jetzt keinen Ergänzungsbedarf. Weitere Details werden folgen, wenn wir sie benennen können.

Frage: Herr Beyer, es fliegt ja vorher noch eine Delegation mit einem ähnlichen Anliegen. Wie groß ist die Delegation? Wer gehört dazu? Ist der Geheimdienstkoordinator dabei? Sind die Dienste dabei? Oder ist das eine reine Delegation des Innenministeriums? Was können Sie uns dazu sagen?

Beyer-Pollok: Zur Delegation hatte ja auch schon der Regierungssprecher in den letzten Sitzungen hier Ausführungen gemacht, auf die ich verweisen kann. Wir als Bundesinnenministerium sind Teil dieser Delegation. Wir sind in der Delegation auf einer hochrangigen Beamtenebene vertreten. Von dem Ablauf her ist zuerst diese Fachdelegation in den Vereinigten Staaten, und darauf aufbauend wird dann der Bundesinnenminister Gespräche auf seiner Ebene fortsetzen.

Zusatzfrage: Dann noch einmal die Frage an Herrn Seibert: Sind die Dienste und der Geheimdienstkoordinator da vertreten?

StS Seibert: Also vertreten sein werden - das kann ich Ihnen nicht namentlich auflisten - das Bundeskanzleramt, das Innenministerium, das Justizministerium und das Auswärtige Amt sowie die Dienste.

Frage: Herr Seibert, war denn von der einen und/oder der anderen Reise auch die Rede in dem Telefonat zwischen der Bundeskanzlerin und dem Präsidenten?

StS Seibert: Ich verweise auf die Pressemeldung, die wir nach dem Telefonat herausgegeben haben, in der auch die Reise der deutschen Delegation, über die wir gerade gesprochen haben, erwähnt ist. Insofern war davon die Rede. Es war auch die Rede von der Reise einer EU-Delegation, die sich mit amerikanischen Vertretern treffen und am 8. Juli Gespräche aufnehmen wird.

Zusatzfrage: Aber von der Reise des Innenministers war nicht die Rede?

StS Seibert: Ich habe Ihnen gesagt, was in der Pressemeldung stand.

Frage: Noch einmal an Herrn Beyer-Pollok: Können Sie denn wenigstens einen dieser hochrangigen Vertreter der US-Regierung benennen, mit dem Herr Friedrich zusammentreffen wird? Auch wenn Sie nicht genau spezifizieren können, wann die Reise geplant wurde, können Sie wenigstens sagen, ob sie schon lange anstand? Oder ist das jetzt eine kurzfristige Entscheidung gewesen?

Beyer-Pollok: Weiter präzisieren, was die Gesprächspartner angeht, möchte ich momentan noch nicht.

Zusatzfrage: Und die andere Frage, ob das eine kurzfristige Entscheidung gewesen ist?

Beyer-Pollok: Wir haben das mitgeteilt, als man es mitteilen konnte.

Zusatzfrage: Aber ich habe nicht gefragt, wann Sie es mitteilen konnten, sondern wann es geplant wurde. Wissen Sie das?

Beyer-Pollok: Das wurde bei uns im Haus geplant. Als man dann sagen konnte "Jetzt ist es möglich, das mitzuteilen", haben wir es auch umgehend getan.

Zusatzfrage: Aber das war nicht die Frage. Die Frage war: Ist die Reise schon geplant worden, also gleich, als das mit der NSA herauskam? Oder ist das jetzt kurzfristig entschieden worden?

StS Seibert: Wenn ich dazu etwas sagen darf: Ich würde sagen, es reicht üblicherweise, dass wir die Reisen zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekanntgeben können. Das haben wir in diesem Falle getan. Über Planungsvorlauf wird hier üblicherweise nicht berichtet. Es gibt auch keinen Grund dafür.

Zuruf: Und warum nicht?

StS Seibert: Weil das nicht üblich ist. Wir geben die Reisepläne der Minister und der Bundeskanzlerin bekannt. Das tun wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt, damit Sie sich journalistisch darauf einrichten können. Ich denke, das ist eine gute Übung.

Zusatzfrage: Und wenn man charakterisieren möchte, ob das jetzt eine kurzfristige Entscheidung war, die Reise anzutreten oder nicht, dann bekommt man von Ihnen keine Auskunft?

StS Seibert: Dann müssen Sie diese Wertung selber treffen. Wir haben die Reise bekanntgegeben, so früh sie bekannt gegeben werden konnte. Wir sind jetzt in der Phase der Sachaufklärung. Dem dient die Reise der Delegation, von der wir sprachen. Dem dient natürlich auch die Reise des Bundesinnenministers.

Frage: Eine kurze Frage an Herr Seibert oder an Herrn Beyer: Die deutsche Delegation in Washington wird am Montag, den 8. Juli, ihre Gespräche beginnen. Ist das richtig?

StS Seibert: Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen das jetzt nicht auf den Tag genau sagen. Ich weiß, dass die EU-USA-Gespräche am 8. Juli beginnen. Das ist bekanntgegeben worden. Was die deutsche Delegation betrifft, weiß ich nicht, wann die Gespräche beginnen. Das müssten wir nachreichen.

Zusatzfrage: Aber die deutsche Delegation wäre doch ein Teil der EU-USA-Gespräche?

StS Seibert: Nein, das sind zwei verschiedene Gesprächsstränge.

Frage: Herr Seibert, man hat in Ägypten einen Militärputsch erlebt. Wie sieht die Bundesregierung, was in Ägypten passiert ist? Bis jetzt hört man, der Westen beziehungsweise Deutschland verzichtet auf ein klares Urteil. Ist das nach Meinung der Bundesregierung ein Militärputsch oder nicht?

StS Seibert: Sie wissen vielleicht, dass die Bundeskanzlerin sich gestern Nachmittag dazu geäußert hat. Ich glaube, dass diese Aussagen der Bundeskanzlerin für sich stehen. Ich kann sie hier jetzt nur noch einmal wiederholen.

Sie hat von umwälzenden Ereignissen gesprochen, die die Bundesregierung und sie selber mit großer Sorge verfolgen. Sie hat einen dringenden Aufruf an alle Seiten zum Gewaltverzicht ausgesprochen. Sie hat gesagt, es sei wichtig, dass nach diesen umwälzenden Ereignissen möglichst schnell wieder ein verfassungsgemäßer rechtsstaatlicher, demokratischer Zustand in Ägypten hergestellt wird und die Menschenrechte aller Ägypter zu achten sind.

Ich glaube, dass das eindeutig für sich spricht. Wir erwarten, dass auf dem Weg zurück zu Rechtsstaatlichkeit und verfassungsgemäßer Ordnung ein inklusiver Prozess stattfindet, also einer, der alle wesentlichen politischen Strömungen einschließt und auch frei agieren lässt.

Schäfer: Ich will ergänzen, dass sich gestern auch der Außenminister zu den Ereignissen in Kairo und in Ägypten geäußert hat. Er hat - das haben Sie vielleicht gelesen oder im Fernsehen gesehen - von einem schweren Rückschlag gesprochen, den die Ereignisse des Vorabends bedeutet hätten. Er hat ferner davon gesprochen, dass dieser Rückschlag im Zusammenhang mit einer Aussetzung der verfassungsmäßigen Ordnung in Kairo steht. - Ich glaube, auch aus heutiger Sicht beschreibt das ziemlich korrekt, eigentlich sehr korrekt, den Gang der Ereignisse.

Ich nehme Ihre Frage zum Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Außenminister auch jetzt noch in großer Sorge über die Lage in Ägypten ist. Es ist aus seiner Sicht sehr wichtig, dass jetzt in Kairo Entscheidungen getroffen werden, die in die richtige Richtung führen, nämlich in Richtung einer schnellstmöglichen Rückkehr zum demokratischen Transformationsprozess in diesem außerordentlich wichtigen Land in der arabischen Welt.

Es ist dem Außenminister darüber hinaus sehr wichtig noch einmal darauf hinzuweisen, dass bei diesem Prozess keine gesellschaftliche Gruppe und keine politische Kraft ausgeschlossen werden darf. Gewalt darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung in dieser schwierigen Lage in Kairo sein. Es ist ganz besonders wichtig, dass es nicht zu politisch motivierten Verfolgungen oder willkürlichen Verhaftungen kommt. Denn die Errungenschaften der ägyptischen Revolution, die sich die Menschen vor zweieinhalb Jahren auf dem Tahrir-Platz erkämpft beziehungsweise erstreikt haben, dürfen auch in dieser für das Land sehr schwierigen Lage nicht aufs Spiel gesetzt werden. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass die Presse- , die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in Ägypten nicht angetastet werden dürfen.

Frage: Herr Schäfer, erkennt die Bundesregierung die neue Putsch-Regierung in Ägypten an?

Schäfer: Ich sehe mich jetzt, ehrlich gesagt nicht in der Lage, auf diese Frage zu antworten. Ich könnte versuchen, auf eine Frage zu antworten, die Sie nicht gestellt haben, aber die ich mir jetzt stellen könnte.

Zuruf: Versuchen Sie es doch einmal.

Schäfer: Denn die Worte, die Sie erwähnt haben, sind nicht die Worte, die die Bundesregierung wählen würde. Ich hoffe, das ist durch diese Eingangssätze deutlich geworden.

Die Anerkennung, die im Völkerrecht und in der Staatenpraxis üblich ist, bezieht sich nicht auf Regierungen und auch nicht auf Staatsoberhäupter, sondern sie bezieht sich auf Staaten.

Selbstverständlich unterhält die Bundesrepublik Deutschland mit dem souveränen Staat Ägypten weiter diplomatische Beziehungen. Welche Art der Zusammenarbeit die Bundesregierung, die Bundesrepublik Deutschland, mit der neuen Staatsführung in Ägypten aufnehmen wird, welche Beziehung sie pflegen wird, das kann ich jetzt im Detail nicht sagen. Das hängt natürlich auch vom Verlauf der weiteren Ereignisse ab. Dazu werden Sie von mir jetzt eine ganz konkrete Stellungnahme nicht hören. Aber es ist völlig klar, dass die Bundesregierung zu Ägypten weiter Beziehungen pflegen wird. Das ist ein ganz wichtiger Staat - nicht nur, weil er groß ist und über eine große Bevölkerung verfügt, sondern weil er auch einen wichtigen Platz in unserer deutschen Außenpolitik hat und ein Schlüsselland für die arabische Welt ist.

Natürlich erwarten wir von der neuen Staatsführung einen politischen Fahrplan, der deutlich macht, wie es gelingen kann und gelingen wird, schnellstmöglich zu dem demokratischen Transformationsprozess zurückzukommen, den wir glücklicherweise in den letzten zweieinhalb Jahren in Ägypten erlebt haben.

Vorsitzende Sirleschtov: Wenn niemand mehr eine Frage zu Ägypten stellen möchte, würde ich gern Herrn Seibert die Gelegenheit geben, noch einmal die Reisepläne der deutschen Delegation nach Washington zu präzisieren.

StS Seibert: Nun ist die Dame allerdings weg, die die Frage gestellt hat. Aber es wird sie hoffentlich auch so erreichen.

Also nach bisheriger Planung wird die deutsche Delegation am Mittwoch ihre Fachgespräche in Washington führen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 5. Juli 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-05-05-regpk.html;jsessionid=778932330459B1F63D588485EC2491D6.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2013