Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/718: Regierungspressekonferenz vom 10. Januar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 10. Januar 2014
Regierungspressekonferenz vom 10. Januar 2014

Themen: Termin der Bundeskanzlerin (Kabinettssitzung), Reisen des Bundesaußenministers zu einem Treffen der Kerngruppe der Freunde des syrischen Volkes nach Paris sowie zu Gesprächen in Israel und den palästinensischen Gebieten, Vorschlag der EU-Kommission zur Verschiebung der SEPA-Einführung, Stellungnahme der EU-Kommission zur Gewährung von Sozialleistungen für Migranten aus anderen EU-Staaten in Deutschland, neue Besetzung des Amtes des Koordinators für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit, Diskussion um Aufnahme des Themas "Homosexualität" in Lehrpläne von Schulen, Familienarbeitszeit, Lage in der Zentralafrikanischen Republik

Sprecher: StS Seibert, Fischer (AA), Dünow (BMWi), Kothé (BMF), Westhoff (BMAS), Fels (BMBF), Herb (BMFSFJ)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Für die kommende Woche habe ich Ihnen anzukündigen, dass die Bundeskanzlerin am Mittwoch, wie üblich, um 9.30 Uhr die Sitzung des Kabinetts leiten wird.

Bei zwei schon ins Auge gefassten Terminen wird sie aus den bekannten Gründen durch andere Mitglieder der Bundesregierung vertreten. So wird am Montagvormittag an ihrer Stelle Vizekanzler Gabriel die "Sterne des Sports" in Gold verleihen. Das wird hier in Berlin in der DZ-Bank am Pariser Platz stattfinden. Am Dienstag wird statt ihrer Bundesminister Altmaier nach Essen fliegen, um eine Rede beim energiepolitischen Kongress des politischen Forums Ruhr e. V. und des Initiativkreises Ruhr GmbH zu halten.

Fischer: Guten Tag! Ich möchte Sie gerne mit den Reiseplänen des Bundesaußenministers vertraut machen. Außenminister Steinmeier wird am Sonntag zunächst zu einem Treffen der Kerngruppe der Freunde des syrischen Volkes nach Paris reisen. Von dort wird er am Sonntagnachmittag aufbrechen, um am Montag, dem 13. Januar, Gespräche in Israel und den palästinensischen Gebieten zu führen.

Das Treffen der Kerngruppe der Freunde des syrischen Volkes in Paris dient der Vorbereitung der Syrien-Konferenz, die am 22. Januar in der Stadt Montreux in der Schweiz stattfinden soll. Die Konferenz der Kerngruppe ist eine erste Gelegenheit für Außenminister Steinmeier, die Mitglieder der Kerngruppe und der Vertreter der syrischen Opposition zu treffen. Bei dem Treffen wird es darum gehen, wichtige Impulse auf dem Weg nach Montreux zu setzen. Wie Sie wissen, ist die Teilnahme an der Syrien-Konferenz in Montreux innerhalb der syrischen Opposition durchaus umstritten. Eine Entscheidung wurde auf den 17. Januar vertagt. In dieser sozusagen entscheidenden Phase der Beratungen der syrischen Opposition wollen wir durch die Teilnahme eine deutliche Botschaft der Ermutigung aussenden.

Der Minister wird dann von Paris nach Israel und in die palästinensischen Gebiete aufbrechen. Dort wird er zunächst mit Premierminister Netanjahu und Staatspräsident Schimon Peres zusammentreffen, aber er wird auch ein Gespräch mit Außenminister Lieberman führen. Zudem sind Treffen mit Tzipi Livni, der Justizministerin, geplant, die, wie Sie wissen, auch für die Friedensgespräche zuständig ist, sowie mit dem Oppositionsführer Jitzchak Herzog. In Ramallah wird Außenminister Steinmeier mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammenkommen.

Sie wissen: Die Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern befinden sich in einer wichtigen Phase. In diesem Zusammenhang ist der Besuch ein Signal der Ermutigung und Unterstützung. Dem Außenminister geht es darum, sich bei seinem ersten Besuch in Israel und den palästinensischen Gebieten seit dem Amtsantritt ein eigenes Bild von der Lage zu machen. Aber wie Sie wissen, war er auch in der Vergangenheit sowohl als Außenminister als auch als Fraktionsvorsitzender schon häufig in der Region. - Das war es von meiner Seite.

Dünow: Mein Name ist Tobias Dünow. Seit gestern bin ich für den kompletten Kommunikationsbereich im Bundeswirtschaftsministerium verantwortlich. Ich habe hier vor vielen Jahren gelegentlich für das BMU gesprochen. Den einen oder anderen von Ihnen kenne ich aus weitestgehend freudvoller Tätigkeit in den letzten vier Jahren. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

Vorsitzender Leifert: Wir auch. Vielen Dank, Herr Dünow!

Frage : Herr Staatssekretär, gibt es schon einen konkreten Termin für die Erklärung der Bundeskanzlerin zur Politik der neuen Bundesregierung?

StS Seibert: Nein, den kann ich Ihnen noch nicht nennen.

Frage : Ich würde die Bundesregierung beziehungsweise das Finanzministerium gerne fragen, was man von diesen Plänen hält, die SEPA-Einführung zu verschieben, und ob das Bundesfinanzministerium, das ja wohl im Rat zustimmen muss, diesem Verschiebungsbegehren der EU-Kommission zustimmen wird.

Kothé: Es ist zutreffend: Die Kommission hat gestern einen Vorschlag vorgelegt, mit dem sie eine Verschiebung der SEPA-Einführung um sechs Monate vorschlägt. Vielleicht vorab aber noch einmal der Hinweis: Durch SEPA soll ja in Europa ein einheitlicher Zahlungsverkehrsraum mit vielen Vorteilen für Verbraucher und Unternehmen entstehen. Die Bundesregierung hat in Deutschland zusammen mit Verbänden und auch der Bundesbank diesen Prozess, der nicht leicht war, mit großem Engagement vorangetrieben. Wir gehen davon aus, dass die Einführung und Umstellung eigentlich pünktlich zum 1. Februar, wie es bislang vorgesehen ist, zu schaffen ist und auch in Deutschland klappen würde. Deshalb appellieren wir jetzt auch an alle Beteiligten in Deutschland, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen.

Zur Positionierung: Wir werden den Kommissionsvorschlag aber jetzt natürlich prüfen, werden uns auch auf europäischer Ebene mit der Europäischen Zentralbank und mit der Bundesbank abstimmen und uns dann positionieren.

Zusatzfrage : Ich verstehe das nicht ganz, wenn Sie sagen, nach Auffassung der Bundesregierung wäre die Einführung zum 1. Februar eigentlich schon möglich und machbar. Daraus müsste doch normalerweise folgern, dass man sagt: Nein, diesem Begehren stimmen wir nicht zu.

Kothé: Herr Heller, es ist immer üblich, dass, wenn die Kommission einen Vorschlag macht - sie hat ihn gestern gemacht -, man sich den auch genau anschaut und noch mal mit allen Beteiligten darüber spricht. Ich kann hier nur für die Bundesregierung, für Deutschland sprechen. Wir in Deutschland sind der Auffassung, in Deutschland wäre das machbar.

Es ist natürlich zu schauen, wie die Situation in anderen Ländern ist und was die Kommission genau zu diesem Vorschlag bewogen hat. Das hören wir uns jetzt alles an, und dann werden wir uns festlegen.

Zusatzfrage : Steht die Bundesregierung auch mit bestimmten anderen Partnerländern hinsichtlich dieses Themas in Kontakt, oder wird jetzt quasi aus der Binnensicht von Deutschland heraus erst einmal für sich entschieden, wie man sich positioniert?

Kothé: Ich habe es ja gerade gesagt: Wir werden uns natürlich - wie bei allen europäischen Vorhaben - erst einmal mit unseren europäischen Partnern darüber austauschen. Das wird jetzt zügig erfolgen. Über diesen Vorschlag muss jetzt auch sehr kurzfristig beraten werden.

Natürlich entscheiden wir das nicht nur aus der Binnensicht, sondern gerade umgekehrt. Also werden wir uns das anhören. Nur ist es aus deutscher Sicht eben so, dass wir der Auffassung sind, dass wir die Einführung in Deutschland - und auch nur das können wir aus deutscher Sicht beurteilen -, so die überwiegende Einschätzung, gut schaffen könnten.

Frage: Ich würde die Bundesregierung und die Ministerien, die sich berufen fühlen, um eine Stellungnahme bitten, nämlich zur Stellungnahme der EU-Kommission, was die Sozialleistungen für EU-Zuwanderer angeht. Es sieht ja so aus, wenn es so kommt, wie die EU-Kommission es sieht, dass die dann in Deutschland in Zukunft deutlich leichter zu bekommen wären.

Westhoff: Ich fühle mich einfach einmal angesprochen. In der Tat hat die Kommission eine Stellungnahme abgegeben und dabei eine Meinung vertreten. Das stellt allerdings keinerlei Präjudiz für eine Entscheidung des EuGH dar. Beim EuGH sind inzwischen verschiedene Vorlagebeschlüsse zu diesem Themenkomplex anhängig, wenn ich das so laienhaft ausdrücken darf. Mit einer Entscheidung des EuGH in diesem Fall ist nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2014 zu rechnen; es kann auch 2015 werden.

In diesem Verfahren geben alle möglichen Stellen und Beteiligten eine Stellungnahme ab. Die formulieren darin ihre Auffassung, ihre Meinung, ihre Gedanken zu dem Thema. Diese Stellungnahme darf also nicht mit irgendeiner Form von Vorabfestlegung für den Europäischen Gerichtshof verwechselt werden.

Dies vorweggeschickt wird die Bundesregierung natürlich die EuGH-Entscheidung in diesem konkreten Fall wie auch in anderen Fällen abwarten. Sie vertritt weiterhin ganz klar die Rechtsauffassung, die hier auch schon verschiedentlich Thema war, nämlich dass ein Ausschluss von ALG-II-Leistungen, also einer Form von Sozialhilfe, beziehungsweise von solchen beitragsunabhängigen Leistungen in den ersten drei Monaten generell und darüber hinaus so lange, wie sich der Zweck des Aufenthaltes nur in der Arbeitssuche erschöpft, gerechtfertigt ist und rechtens ist - auch, um Fehlanreize zu vermeiden.

Zusatzfrage: Das dürfte doch aber, ehrlich gesagt, die Debatte über das gesamte Thema der Zuwanderung noch einmal befeuern, wenn das jetzt noch einmal mit eingebracht wird, oder?

Westhoff: Das ist sicherlich so. Es gibt eine Debatte über Zuwanderung, und die haben wir ja zum Teil auch hier geführt. Die Tatsache, und wir haben darauf verschiedentlich verwiesen, dass bisher eine übermäßige Inanspruchnahme von ALG-II-Leistungen zum Beispiel durch Rumänen und Bulgaren nicht nachweisbar ist, mag ja damit zu tun haben, dass das Verfahren bisher so war, wie es war, nämlich eher restriktiv. Deshalb sagt die Bundesregierung ja auch: Berechtigte Ansprüche auf Sozialleistungen stehen hier überhaupt nicht infrage oder zur Debatte. Aber da, wo das SGB II glasklar Leistungen ausschließt, muss es aus unserer Sicht auch dabei bleiben. Das hat aber nichts mit der Freizügigkeit zu tun, mit der Zuwanderung von Fachkräften oder mit der Inanspruchnahme von Sozialleistungen, bei denen überhaupt nicht infrage steht, dass sie gerechtfertigt sind; ich nenne als Beispiel einmal das Kindergeld. Insofern gilt: Ja, das bereichert die Debatte, aber umso größer ist die Herausforderung, diese Debatte jetzt auch sauber zu führen und das eine vom anderen zu trennen.

Frage: Mir ist jetzt nicht ganz klar, wie die Verbindungen sind. Sie sagen, die Bundesregierung wartet die EuGH-Entscheidung ab. Das kann ja dauern. Die deutsche Rechtslage hat demnach Bestand, was ja logisch ist. Es gibt aber gleichzeitig diesen Staatssekretärsausschuss, der sich mit diesen Fragen beschäftigen soll. Soll der denn einfach die Hände stillhalten und sagen "Die deutsche Rechtslage bleibt unverändert"?

Westhoff: Über den Staatssekretärsausschuss wurde ja hier vor zwei Tagen ganz ausführlich gesprochen, und ich hoffe, dabei ist zum Ausdruck gekommen, dass der sich eben nicht in erster Linie mit der Frage beschäftigt, ob wir SGB-II-Leistungen oder das SGB II ändern müssen. Man wird sich vielmehr erst einmal anschauen, wo die Probleme in den Kommunen liegen, wo es Fehlentwicklungen gibt und wie darauf zu reagieren ist. Bei der Einsetzung des Ausschusses stand, glaube ich, nicht die Frage in vorderster Linie, ob wir das SGB II ändern müssen. Insofern gibt es da keinen Widerspruch.

Frage: Herr Westhoff, können Sie noch einmal etwas zum Thema der EU-Freizügigkeitsrichtlinie sagen? Wenn ich die recht verstanden habe, dann ist es ja den nationalen Gesetzgebern erlaubt, Beschränkungen für den Bezug von Sozialleistungen durch EU-Einwanderer festzulegen. Ist diese Regelung nicht eigentlich ein Bestandteil dieser Freizügigkeitsrichtlinie, die jetzt von Brüssel infrage gestellt wird?

Westhoff: Gut, darüber streiten im Moment die Rechtsgelehrten, welche europäischen Normen was vorschreiben oder zulassen. So wie ich es verstanden habe, gibt es darüber eben unterschiedliche Rechtsmeinungen und die Meinung, dass sich dabei bestimmte Dinge auf europäischer Ebene widersprechen. Es gibt die Aufenthaltsrichtlinie, es gibt die Freizügigkeitsbestimmungen, und dann gibt es noch den Unterschied zwischen beitragsabhängigen Leistungen - also wenn Anwartschaften erwirtschaftet werden; denn wenn jemand hier einwandert und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlt, dann ist es selbstverständlich, dass er Ansprüche erwirbt - und beitragsunabhängigen Sozialleistungen, die der Sicherung des Existenzminimums dienen. Dieser Unterschied wird jetzt sicherlich zur Sprache kommen, wenn der EuGH dann entscheiden wird, und der wird auch im weiteren Verfahren zur Sprache kommen, an dem sich die Bundesregierung natürlich maßgeblich beteiligen wird.

Zusatz: Jetzt gab es diese Beschränkung ja auch bei beitragsunabhängigen Leistungen, bei Hartz IV. Das ist ja nicht vom Beitrag abhängig.

Westhoff: Das meine ich. Es gibt den Gleichbehandlungsgrundsatz, aber der bezieht sich nach hiesiger Auffassung, ohne jetzt in die Details gehen zu wollen, auf die beitragsabhängigen Leistungen. Es ist völlig klar, dass jemand, der hier Beiträge bezahlt hat, auch Anwartschaften erwirbt und nicht schlechter gestellt werden darf, zum Beispiel hinsichtlich der Ansprüche auf das Arbeitslosengeld I. Etwas anderes ist es in der Tat bei steuerfinanzierten, beitragsunabhängigen Sozialleistungen wie dem ALG II. Genau da, meinen wir auch, gibt es die Möglichkeit, Leistungen einzuschränken, um Fehlanreize zu verhindern.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundesregierung als solches Verständnis für die jüngste Empfehlung der Kommission?

Zweite Frage: Welche konkreten Schritte beabsichtigt die Bundeskanzlerin, um die Kommission hinsichtlich des Themas, das ja offenkundig eine Erklärungsthema innerhalb der Europäischen Union ist, auch im Zusammenspiel zwischen der Regierung und der Kommission in ihre Schranken zu verweisen?

StS Seibert: Zunächst einmal ist niemand in seine Schranken zu verweisen. Das ist ein laufendes Rechtsverfahren vor dem EuGH. Dazu hat die Bundesregierung in einer ausführlichen Stellungnahme ihre Rechtsauffassung dargelegt, wie es Herr Westhoff gerade auch klar gesagt hat. Es haben dort übrigens auch andere Staaten ihre Rechtsauffassung klar dargelegt, und die entsprach der der Bundesregierung. Die Europäische Kommission hat ihrerseits auch eine umfangreiche Stellungnahme mit ihrer Rechtsposition abgegeben. Es wird jetzt noch eine mündliche Verhandlung zu diesem Thema geben, und auch dabei wird sich die Bundesregierung wieder über ihre Rechtsauffassung auslassen. Das ist ein Rechtsverfahren, in dem erkennbar - das wissen wir ja nun seit der Stellungnahme der Europäischen Kommission - unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen. Das ist zunächst einmal ein normaler Vorgang bei einem Rechtsverfahren. Wir sehen im Moment keinen Grund, an unserer Rechtsauffassung zu zweifeln.

Zusatzfrage: Sieht die Bundesregierung also auch keinerlei Anlass, das Thema auf Spitzenebene zur Diskussion und zur Beratung zu stellen, um zu einer deckungsgleicheren Position zwischen Kommissions- und Regierungsmeinung zu kommen?

StS Seibert: Ein Verfahren vor dem EuGH ist zunächst einmal ein juristischer Vorgang, der nicht durch Gespräche im Rat der Staats- und Regierungschefs beeinflusst wird, sondern das ist ein juristischer Vorgang. Das haben wir hier darzulegen versucht. Natürlich ist dieses Thema auch ein Thema, das angesprochen wird, wenn Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, und es ist ein Thema der nationalen Politik, wie wir hier neulich auch ausführlich erörtert haben. Deswegen ist ein Staatssekretärsausschuss eingesetzt worden.

Zusatzfrage: Sie sagen, das sei natürlich auch ein Thema, das bei den Zusammenkünften der Staats- und Regierungschefs sowie der Minister zur Sprache komme. Heißt das, ich darf davon ausgehen, dass die Bundeskanzlerin dieses Thema bei nächster Gelegenheit gegenüber den Staats- und Regierungschefs ansprechen wird, wenn sie wieder fußläufig unterwegs sein kann und bei Gipfeln mit ihnen zusammenkommen wird?

StS Seibert: Ich werde hier jetzt nicht die Tagesordnung des nächsten Europäischen Rates verkünden. Das kann ich auch gar nicht. Die wird vom Präsidenten des Europäischen Rats zusammengestellt. Das werden wir dann sehen.

Dieses Thema ist erkennbar, und man muss dabei sehr vorsichtig und sehr präzise Dinge auseinanderhalten. Auch das hat Herr Westhoff gerade ganz klar gesagt. Es gibt ein EuGH-Verfahren zu einem konkreten Fall. Wir haben in Deutschland einen Staatssekretärsausschuss eingesetzt, der aber mit diesem konkreten Fall zunächst einmal auch nichts zu tun hat. Man muss die Dinge also genau auseinanderhalten. Das werden wir tun und uns ihrer politisch annehmen.

Frage: Es drängt sich ein bisschen der Eindruck auf, dass die EU-Kommission diesen Gleichbehandlungsgrundsatz anders als mehrere EU-Mitgliedsländer interpretiert. Täuscht dieser Eindruck? Sie sagten, die deutsche Position sei, das beziehe sich auf die Beitragsleistungen, nicht auf alle Leistungen, und die EU-Kommission sagt ja, wenn wir diese Stellungnahme richtig lesen, gerade das nicht, sondern spricht grundsätzlich von Gleichbehandlung, dann auch für solche Leistungen. Ist das der Kern dieses Konfliktes, in dem wir uns gerade bewegen?

Westhoff: Ich habe dieses Beispiel von den beitragsabhängigen und den beitragsunabhängigen Leistungen nur einfach einmal in die Debatte hineingeworfen. Ich bin, wie gesagt, kein Jurist, und ich kann hier auch keine juristische Debatte führen. Ich habe das in Debatte geworfen, um deutlicher zu machen, welche Aspekte dabei auch eine Rolle spielen. Das ist aber bei Weitem nicht erschöpfend gewesen. Auch hier in Deutschland haben ja Landessozialgerichte unterschiedliche Urteile gefällt. Das ist also gar nicht einmal eine Sache von "Deutschland versus Kommission", sondern es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen, die sich aus unterschiedlichen Rechtsnormen speisen, hinsichtlich derer vermeintlich Widersprüche existieren, die jetzt zunächst einmal aufzuklären sind. In diesem Prozess sind wir gerade.

Wenn Sie sich die Stellungnahme der Kommission genau durchlesen - ich hatte heute Morgen leider noch keine Gelegenheit, das zu machen -, dann werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass dieser Gegensatz - nach dem Motto "Deutschland macht alles falsch" oder dass wir sagen "Die Kommission sieht das alles völlig falsch" - so einfach gar nicht existiert, sondern hierbei geht es um konkrete Rechtsfragen und konkrete Rechtsfälle. In diesem Fall ging es ja um eine junge Mutter, die in Deutschland lebte und gar nicht nach Arbeit suchte. Wenn wir also immer darüber sprechen, dass Leistungen ausgeschlossen werden können, solange der Zweck des Aufenthaltes die Arbeitssuche ist, dann ist hierin ja schon noch eine Erweiterung und eine wiederum weitere Dimension zu erkennen, die dabei mitspielt. Von daher ist das eine komplexe Materie, die da zur Verhandlung steht. Deshalb noch einmal das Plädoyer, das differenziert zu betrachten! Man darf das sicherlich nicht darauf herunterbrechen, dass jetzt Deutschland gegen die Kommission steht. Ich habe zum Beispiel auch noch Äußerungen von Vertretern der Kommission aus den letzten Wochen im Ohr, die sagten: "Was seht ihr denn Handlungsbedarf auf europäischer Ebene? Jedes Land darf doch selbst entscheiden, wie es seine Sozialleistungen verteilt." Das hat, glaube ich, Frau Reding gesagt. Dadurch wird auch deutlich: So ganz hermetisch ist die Position der Kommission auch nicht zu betrachten. Das muss man auch differenziert betrachten.

Frage : Herr Seibert, wie war denn die Reaktion der Bundeskanzlerin auf diese Einschätzung der EU-Kommission? Hat sie sich darüber aufgeregt oder das gelassen zur Kenntnis genommen?

Herr Westhoff, gibt es eigentlich auch den umgekehrten Fall, dass Deutsche Arbeit im europäischen Ausland suchen, also beispielsweise in Spanien oder Rumänien? Stehen dann auch den Deutschen entsprechende Sozialleistungen zu? Wenn ja, in welcher Größenordnung?

StS Seibert: Ich denke, zur Stellungnahme der Europäischen Kommission in dem Verfahren vor dem EuGH und zur deutschen Rechtsposition ist hier jetzt alles gesagt worden, was wir heute sagen können.

Zusatzfrage : Vielleicht gibt es noch ein Wort zur Reaktion der Kanzlerin. Ich meine, Sie werden ja mit ihr in Kontakt stehen, auch wenn sie möglicherweise nicht im Kanzleramt ist.

StS Seibert: Ich habe hier für die Bundesregierung und für die Bundeskanzlerin das gesagt, was ich dazu zu sagen habe. Das ist ein laufendes Verfahren vor dem EuGH. Es wird noch eine mündliche Verhandlung geben. Darüber möchte ich hier nicht hinausgehen.

Westhoff: Die Sozialleistungen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt immer wieder Versuche, Überblicke darüber zu schaffen, wo es was gibt und wer wie lange Anspruch darauf hat. Was man, glaube ich, generell sagen kann, ist, dass dieses System aus ALG I, ALG II, der Sozialhilfe und des Sozialgelds für die nicht erwerbsfähigen Leistungsbezieher in Deutschland erstens sehr komplex und ausdifferenziert ist und dass es das zweitens so woanders nicht gibt, jedenfalls nicht deckungsgleich.

In welchem Ausmaß - was die Personenzahl betrifft, eventuell in Euro gerechnet - Deutsche im Ausland und im europäischen Ausland Sozialleistungen beziehen und unter welchen Umständen, kann ich Ihnen leider von hier aus jetzt nicht erschöpfend darlegen. Ich kann gerne schauen, ob es darüber Aufschlüsse gibt. Ich weiß nicht, wer das statistisch erfassen soll. Schon bei uns ist es nämlich so, dass Sozialleistungen nicht unbedingt immer nach Herkunft oder nach landsmannschaftlicher Herkunft statistisch aufgeschlüsselt werden. Ob das woanders der Fall ist, weiß ich nicht. Ob Eurostat Angaben zur Inanspruchnahme oder Gewährung von Sozialleistungen hat, nach Nationalitäten aufgeschlüsselt, kann ich so nicht sagen. Ich kann das gerne noch einmal in Erfahrung bringen und würde das dann über den allgemeinen Verteiler kundtun.

Frage: Entschuldigen Sie, wenn ich noch einmal darauf zurückkomme. Mir ist beim Regierungshandeln überhaupt nicht klar, was dieser Staatssekretärsausschuss für einen Spielraum hat. Sie, Herr Seibert, haben ja eben zu Recht gesagt, man müsse die Dinge auseinanderhalten. Die Debatte der letzten Tage ist doch dadurch gekennzeichnet worden, dass alles durcheinandergeworfen worden ist und man den Eindruck hatte, man könne hier ohne Weiteres und locker in das Sozialsystem einwandern. Jetzt zeigt diese Kontroverse zwischen der EU und Deutschland, dass es nicht so ist. Herr Westhoff hat gesagt, an den Gesetzen, was Hartz IV betrifft, sei vorläufig nichts zu ändern oder solle nichts geändert werden. Das funktioniere so, wie es ist; die deutsche Rechtsauffassung sei so. Kümmern sich denn dann die Staatssekretäre, also die Ministerien, um die Situation der Kommunen, oder was machen die? Es hieß bei der Einsetzung, es gehe auch um die Prüfung der Frage, ob gesetzgeberisch etwas getan werden müsse.

StS Seibert: Zunächst einmal habe ich gesagt, dass der Ausschuss unter dem gemeinsamen Vorsitz von BMAS und BMI seine Arbeit schnellstmöglich aufnehmen wird. Nun bitte ich um etwas Geduld. Wenn er seine Arbeit aufgenommen hat, wird darüber noch leichter zu sprechen sein.

Zweitens. Sie sagen, es sei alles durcheinandergeworfen worden. Das stimmt für einen Teil der Medienberichterstattung. Das stimmt nicht für die Bundesregierung. Wir haben sehr fein unsere Überzeugung auseinandergehalten, dass die Freizügigkeit in Europa ein hoher Wert ist, an dem wir festhalten, den wir verteidigen und von dem wir wissen, dass er für Deutschland auch von Nutzen ist. Wir haben gleichzeitig festzustellen, dass es in einzelnen Kommunen schwerpunktmäßig und punktuell durchaus soziale Probleme gibt, die im weitesten Sinne mit Migration zusammenhängen - nicht unbedingt mit der Freizügigkeit und schon gar nicht mit der Freizügigkeit für die Angehörigen von zwei Nationen, die seit dem 1. Januar gilt, denn diese Probleme sind schon vorher beobachtet worden.

Es gibt - darüber haben wir hier sehr ausführlich gesprochen - einen Brief von 15 oder 16 Oberbürgermeistern, die über diese sozialen Probleme in ihren Kommunen berichten. Eine Aufgabe des Staatssekretärsausschusses wird es sein festzustellen: Wie ist die Lage? Wodurch ist sie entstanden? Wodurch ist die Problemlage, die in einzelnen Kommunen beobachtet wird, entstanden? Wie kann darauf reagiert werden? Welche operativen, auch welche gesetzgeberischen Maßnahmen existieren schon oder können vielleicht auch vorgeschlagen werden, um einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch EU-Angehörigen zu unterbinden? - Das ist im weitesten Sinne der Auftrag dieses Staatssekretärsausschusses.

Frage: Herr Westhoff, ist nach Ihrer Kenntnis Deutschland das einzige Land in der EU, das Leistungen der Grundsicherung für Zuwanderer begrenzt? Oder ist das auch in anderen Ländern der Fall? Wenn ja, wissen Sie, in welchen Ländern das der Fall ist und in welcher Form das vor allem passiert?

Westhoff: Da muss ich passen und die Antwort im Zweifel nachreichen. Ich glaube zu wissen, dass es in nicht vielen Ländern - wenn überhaupt, in einem anderen Land - so ist, dass Sozialhilfe, also eine beitragsunabhängige, das Existenzminimum sichernde Leistung, an EU-Ausländer gezahlt wird, die nicht gearbeitet haben, nicht auf Arbeitssuche sind oder die nur im Land sind, um Arbeit zu suchen. Ich glaube zu wissen, dass es in keinem anderen Land so ist, dass eine solche sozialhilfeartige Leistung dort gewährt wird. Aber ich muss spekulieren, weil ich es nicht hundertprozentig weiß und versuche, das nachzureichen. Ich glaube, dass das, was aus unserer Sicht im EU-Recht angelegt ist, nämlich die Möglichkeit zum Ausschluss solcher Leistungen gerade zur Verhinderung von Fehlanreizen, in den anderen Ländern entsprechend genutzt oder umgesetzt wird und in nationales Recht Eingang gefunden hat.

Zusatzfrage: Das heißt aber doch, dass sich die EU-Kommission eigentlich gegen alle Länder und nicht nur gegen Deutschland wenden müsste.

Westhoff: Das hängt wiederum sehr stark sozusagen mit den Innereien dieser dort vorliegenden und von der EU-Kommission kommentierten Fälle zusammen. Es gibt konkrete Fälle, in denen vielleicht Besonderheiten zu berücksichtigen sind, die ich auch nicht bis zum Ende überblicken kann - das hatten wir ja gerade auch deutlich gemacht. Es geht um den Charakter und vielleicht auch um die Definition von ALG II, also um die Frage: Was ist das für eine Leistung?

Es gibt, wie gesagt, Landessozialgerichte - zuletzt in NRW -, die gesagt haben: Es kommt gar nicht darauf an, ob jemand Arbeit sucht. Wenn jemand wegen fehlender Qualifikation oder wegen fehlender Sprachkenntnisse keine Chance auf Arbeit hat, dann ist er per Definition auch gar nicht auf Arbeitssuche. Er hält sich in dem Land auf und hat deshalb Anspruch, weil sein Existenzminium gesichert sein muss. Es war ja im Herbst letzten Jahres Thema, dass in Dortmund oder Gelsenkirchen einer Familie Leistungen zugesprochen wurden. Zwei Wochen später wurde publik, dass es dann wiederum ein Problem mit dem Aufenthaltsrecht geben kann. Wenn jemand in einem Land ist, ohne sich selber über Wasser halten zu können, mag es sein, dass er sein Aufenthaltsrecht verliert.

Ich weiß nicht, welche Leistungen es in anderen Ländern gibt, unter welchen Voraussetzungen sie dort vorenthalten werden und ob es dort überhaupt Rechtstreitigkeiten gibt, die es bis zum EuGH schaffen und damit auch Stellungnahmen der Europäischen Kommission erfordern.

Frage: Herr Seibert, grundsätzlich: Wer gibt nach Auffassung der Bundesregierung den letztendlichen Ausschlag für die Regelung des Zugangs zum Sozialsystem im Fall von Zuwanderern? Das nationale, das bundesdeutsche Recht oder die Rechtsauffassung der EU-Kommission? Wo ist der letztlich entscheidende Posten - national oder in Brüssel - nach Auffassung der Bundesregierung?

StS Seibert: Es gibt in dieser Sache ein nationales Recht. Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, dass das richtig ist und verteidigt es deswegen auch vor dem EuGH. Mehr möchte ich nun zu diesem Verfahren nicht sagen.

Zusatzfrage: Das letzte Wort sollte also nicht Brüssel, sondern Berlin haben, um Sie zu übersetzen.

StS Seibert: Ich betrachte die Ausgestaltung der Sozialgesetzgebung in diesem Punkt als eine nationale Angelegenheit. Das ist richtig. Nichtsdestotrotz kann sie vom EuGH in einem konkreten Fall auch überprüft werden.

Frage: Diese Freizügigkeitsregelung ist schon viele Jahre alt. Sind Ihnen Bedenken aus Brüssel schon vorher bekannt geworden? Die EU hätte theoretisch ja auch die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens. Ist Ihnen zur Kenntnis gekommen, dass Brüssel gegen die deutsche Praxis Bedenken hat?

Westhoff: Ich glaube, da gilt die Regel: Wo kein Kläger, da kein Richter. Es gibt jetzt Rechtsstreitigkeiten, die den Weg auf die europäische Ebene und damit auch in den Horizont der Kommission gefunden haben. Deshalb gibt es jetzt Anlass für die Kommission, sich dazu zu äußern. Noch einmal: nicht generell, sondern in speziellen Fällen. Die Kommission hat nicht gesagt, dass Deutschland etwas Unrechtes tut, sondern sie hat in der Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, dass nach Meinung der Kommission Jobcenter in diesem konkreten Fall und bei dieser betroffenen Person mit ihrem Kind Leistungen nicht generell ausschließen dürfen. Es kommt auf die Begründung an, die das Jobcenter angeführt hat. Es ist gar nicht einmal ausgeschlossen, dass das Vorgehen an sich richtig war, Leistungen auszuschließen, sondern dass nur die Begründung falsch war. Das kann am Ende auch dabei herauskommen. Dann wird man über die Folgen nachdenken müssen.

Noch einmal: Das Thema taucht jetzt auf, weil es in Deutschland tatsächlich Rechtsstreitigkeiten gab und gibt, die den Weg zum EuGH finden. Das hiesige Bundessozialgericht und die hiesigen Gerichte legen dem EuGH zunehmend Fälle vor, und damit kommen sie dort an.

Frage : Ich habe noch eine kleine Detailfrage: Gibt es, was diesen Staatssekretärsausschusses angeht, inzwischen Einladungen, die verschickt worden sind? Gibt es einen Termin, wann die Arbeit aufgenommen wird? Hat man eine Vorstellung davon, wie lange sich die Arbeit hinziehen kann?

StS Seibert: Die zeitliche Perspektive hatten wir am Mittwoch schon genannt. Es hieß, dass Ergebnisse bis Ende Juni vorgelegt werden sollen, dass aber Zwischenergebnisse deutlich davor schon möglich sind.

Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, wann die erste Sitzung stattfindet. Möglicherweise kann ich das nachreichen; das werden wir herausfinden.

Frage: Eine Frage zur Ernennung von Herrn Erler zum Russland-Koordinator: Kann man das als Signal betrachten, dass die Bundesregierung neue Akzente in der Russland-Politik setzen möchte, insbesondere stärker auf Annäherung statt auf Konfrontation zu gehen?

StS Seibert: Zunächst einmal ist die Entscheidung noch nicht in Kabinett gewesen, und deswegen werde ich das auch nicht anhand von Personalien kommentieren. Nur die grundsätzliche Bemerkung: Die Ausrichtung der Russland-Politik der Bundesregierung ist im Koalitionsvertrag klar geregelt. Dort steht, dass es das Ziel ist, die engen Beziehungen zu unserem wichtigen Partner Russland im konstruktiven Dialog zu vertiefen und auch kritische Fragen dabei offen anzusprechen.

Ich kann Ihnen grundsätzlich sagen: Die Überzeugungen, nach denen Deutschland seine Russland-Politik gestaltet, ändern sich nicht von Legislaturperiode zu Legislaturperiode. Außenpolitik ist bei uns immer auch wertegeleitet. Daher gibt es da eine große Kontinuität.

Fischer: Dem kann ich vonseiten des Auswärtigen Amtes nur zustimmen. Es ist klar: Russland bleibt ein wichtiger Partner für Deutschland und Europa. Wir wissen alle, dass es Sicherheit und Frieden in Europa nur mit und nicht gegen Russland geben kann. Wie der Staatssekretär schon sagte, gibt es natürlich auch Meinungsunterschiede, aber deren Lösung streben wir in einem offenen und fairen Dialog an. Gleichzeitig ist es aber so, dass wir gerade bei schwierigen Fragen sehen, dass sich diese einvernehmlich mit Russland lösen lassen. Das betrifft zum Beispiel die E3+3-Verhandlungen mit dem Iran, bei denen Russland eine sehr konstruktive Rolle gespielt hat, oder auch die konstruktive Zusammenarbeit im Bereich der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen.

Frage: Ich wollte nur fragen, wann Herr Schockenhoff denn über seine Abberufung unterrichtet wurde. Er hat vor ganz kurzer Zeit noch zu einem Pressegespräch eingeladen, das dann abgesagt wurde. Deswegen vermute ich, dass die Mitteilung eher kurzfristig kam.

Eine zweite Frage in dem Zusammenhang: Auf welcher Ebene wurde - in Anführungsstrichen - die parteipolitische Verteilung zwischen dem Koordinator für transatlantische Beziehungen und dem Russland-Koordinator verabredet und besprochen? War das ein Ergebnis eines Spitzengesprächs der drei Parteivorsitzenden, eine Frage zwischen Außenminister und Kanzleramt? Auf welcher Ebene wurde darüber befunden, Herr Seibert?

StS Seibert: Ich wiederhole noch einmal: Da die Entscheidung noch nicht im Kabinett waren, werde ich hier nicht auf einzelne Personalien eingehen. Deswegen kann ich zu Ihrer ersten Frage nichts sagen.

Ansonsten ist es klar, dass die Frage, wer Beauftragter beispielsweise für die Russland-Politik oder für die transatlantische Politik wird, eine ist, die im engen Kontakt zwischen den Spitzen der Koalition miteinander besprochen wird.

Zusatzfrage: Es kann also durchaus sein, dass Herr Schockenhoff erst gestern oder vorgestern von seiner Abberufung Kenntnis erhalten hat?

Herr Seibert, aus dem, was Sie gesagt haben, schlussfolgere ich, dass die drei Parteivorsitzenden die Besetzung dieser Posten besprochen haben.

StS Seibert: Ich kann Ihnen zu der ersten Frage einfach nichts sagen. Ansonsten werden diese Fragen im engen Kontakt in der Koalition miteinander besprochen. So ist es. Das ist auch in diesem Fall der Fall gewesen.

Frage : Aus gegebenem Anlass - ich meine den Fall Hitzlsperger - eine Frage an das Bildungsministerium: Gehört nach Auffassung des Bildungsministeriums das Thema "Homosexualität" in den Schulunterricht?

Fels: Sie wissen, dass Schule Ländersache ist. Insofern haben wir dafür nicht die originäre Zuständigkeit. Ich habe leider auch keinen Überblick, inwieweit in den einzelnen Lehrplänen das Thema "Homosexualität" bereits verankert ist.

Zusatzfrage : Die Zuständigkeiten sind klar. Welche Empfehlungen geben Sie oder würden Sie gegebenenfalls geben?

Fels: Ich fürchte, wir sind nicht in der Position, den Ländern Empfehlungen zu geben.

Zusatzfrage : Es gibt in Baden-Württemberg eine Initiative, die sich dagegen ausgesprochen hat. Wie bewerten Sie denn diesen Vorgang?

Fels: Wie gesagt, die Zuständigkeit für die Schulen liegt bei den Ländern. Wir würden diese Initiative, die ich auch nicht kenne, nicht bewerten wollen.

Frage : Ich würde gerne vom Ministerium von Frau Schwesig wissen, inwiefern ihre Vorstellungen zur Frage Elternteilzeit bereits Eingang in Gespräche innerhalb der Regierung gefunden haben.

Ich würde gerne von Herr Seibert wissen, was die Kanzlerin von diesen Vorstellungen hält.

Ich würde gerne, wenn von einem teilweisen Lohnausgleich die Rede ist, im Detail wissen, was ich mir darunter vorzustellen habe. Was für einen Teil des ausgefallenen Lohns bei einer solchen Teilzeit soll denn ausgeglichen werden? Ist der Bundesfinanzminister darauf eingestellt, von dieser Seite die Kasse etwas aufmachen zu müssen?

StS Seibert: Wen möchten Sie zuerst hören?

Zusatzfrage : Fangen wir doch bei Ihnen an. Wie weit ist denn die Kanzlerin von diesen Vorstellungen informiert?

StS Seibert: Ministerin Schwesig hat einen persönlichen Debattenbeitrag gemacht. Sie selber spricht ja von "ihrer Vision". Ich kann Ihnen sagen, dass der Kern der Arbeit der Bundesregierung das ElterngeldPlus sein wird, wie es ja auch in der Koalitionsvereinbarung steht. Das weist bereits in die Richtung, die uns allen wichtig ist, nämlich die größere Flexibilisierung im Arbeitsleben. Daran arbeitet die Bundesregierung.

Es ist klar, dass in Zukunft immer weniger das dominante Rollenmodell sein wird, dass die Frau Teilzeit und der Mann Vollzeit arbeitet. Es wird mit Sicherheit immer mehr Menschen, ob Männer oder Frauen, geben, die flexible Lösungen, flexible Arbeitszeiten wollen, um in ihrem Leben Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können. Die Bundesregierung wird das, was sie tun kann, für eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten tun, ohne dabei zusätzliches Steuergeld einzusetzen. Um diese Flexibilisierung zu erreichen, gilt unsere Konzentration auch vor allem natürlich dem weiteren Ausbau der Betreuungsplätze. Da ist in den vergangenen Jahren nun schon viel erreicht worden. Es gibt heute eine ganze andere Grundlage der Unterstützung für Männer und Frauen, für Paare, die Kinder und Beruf miteinander vereinbaren wollen. In diese Richtung wird die Bundesregierung weiter arbeiten.

Herb: Ich möchte auch klarstellen, dass Frau Schwesig immer von "zum Beispiel 32 Stunden" gesprochen hat, dass sie sich keinesfalls darauf festgelegt, sondern dass es grundsätzlich um die gesellschaftliche Debatte geht und darum, diese anzustoßen, dass Mütter und Väter, wenn sie kleine Kinder haben, die Möglichkeit haben sollen, die Arbeitszeit zu reduzieren, ohne große Nachteile zu haben.

Sie können das gerne im Koalitionsvertrag nachlesen. Auf Seite 98 ist das Thema "ElterngeldPlus" aufgeführt. Dort ist auch nachzulesen, dass es vor allen Dingen um die Partnerschaftlichkeit geht, wenn es um die Erziehung der Kinder geht. Wenn ich das kurz zitieren darf: "Mit dem ElterngeldPlus werden wir einen Partnerschaftsbonus zum Beispiel in Höhe von 10 Prozent des Elterngeldes einführen. Ihn erhalten alle Elterngeldbeziehenden, die beide" - jetzt kommt es - "parallel 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten."

Insofern: Es geht generell um das Anstoßen einer Debatte, dass es für beide Eltern möglich ist, die Arbeitszeit zu reduzieren, und dass das auch zu einer Art Normalität wird. Denn wir wissen ja auch: Wenn sich Väter zum Beispiel entscheiden, im Beruf ein bisschen kürzer zu treten, dann wird das entweder belächelt oder zumindest nicht ganz so positiv bewertet wie in anderen Fällen.

Kothé: Ich glaube, ich muss dem, was Herr Seibert gesagt hat, nicht viel hinzufügen. Auch die finanziellen Vereinbarungen, die im Koalitionsvertrag getroffen worden sind, sind ja hinlänglich bekannt; deshalb glaube ich, Herr Heller, dass ich sie Ihnen nicht noch einmal zu erläutern brauche.

Frage: Frau Herb, noch einmal zur Begrifflichkeit: Sind denn Elterngeld plus Partnerschaftsbonus und Steuermittel, die jetzt von der Ministerin in der "Bild"-Zeitung genannt werden, identisch, oder sind das drei verschiedene Sachen?

Zweitens. Sie haben gerade aus dem Koalitionsvertrag vorgetragen, dass der gerade Partnerschaftsbonus ausdrücklich an eine Beschäftigung zwischen 25 und 30 Stunden geknüpft ist. Die Ministerin spricht jetzt aber von 32 Stunden. Ist das eine neue Leistung oder wie passt das zusammen?

Herb: Das ElterngeldPlus wird ein erster Schritt sein. Zu den 32 Stunden empfehle ich Ihnen tatsächlich eine Studie des DIW, denn die haben einmal berechnet - und das auch als Beispiel mit 32 Stunden -, was es kosten würde, wenn die Arbeitszeit reduziert wird. Entsprechend kommt man auf die zum Beispiel 32 Stunden; das ist einfach eine exemplarische Rechnung. In erster Linie steht das ElterngeldPlus im Fokus; das wird jetzt ein erster Schritt sein. Wo man das erarbeiten wird und wie das geregelt wird, können Sie sich, wie gesagt, im Koalitionsvertrag noch einmal anschauen.

Frage: Frau Herb, jetzt ist mir aber nicht ganz klar: Sind die 32 Stunden plus Steuerbonus eine Vision von Frau Schwesig oder ein konkreter Plan? "Vision" hat ja der Staatssekretär gesagt - andere sagen, wenn man eine Vision hat, muss man zum Arzt gehen.

StS Seibert: Das war ein Zitat. Frau Schwesig selber hat gesagt: Das ist meine Vision. - Wenn ich das so sagen darf.

Zusatzfrage: Es ist also eine Vision und kein Plan?

Herb: Es ist eine Vision und eine Vorstellung, in welche Richtung es langfristig führen soll.

Zusatzfrage: Langfristig heißt: In der nächsten Legislaturperiode?

Herb: Ein erster Schritt in diese Richtung in dieser Legislaturperiode wird sein, das ElterngeldPlus einzuführen.

Zusatzfrage: Und die Vision kommt nach 2017?

Herb: Eine Vision bestätigt, dass es mit einem langfristigen Ziel ist.

Frage : Wenn wir einmal bei dem ersten Schritt, dem ElterngeldPlus bleiben: Wie sehen denn die Gesetzespläne und die Zeiträume aus, in denen man da zuschlagen will?

Herr Seibert, Sie sprachen, glaube ich, von "ohne zusätzliches Steuergeld". Habe ich das richtig verstanden oder war das etwas schief? - Vielleicht hat das das Finanzministerium besser verstanden als ich?

Herb: Was die gesetzlichen Regelungen angeht, kann ich Ihnen jetzt noch keinen konkreten Zeitrahmen nennen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass das auf jeden Fall in der Abstimmung ist und dass das jetzt anlaufen wird. Aber wie gesagt, einen konkreten Zeitrahmen kann ich Ihnen dafür noch nicht nennen. - So bald wie möglich.

StS Seibert: Das ElterngeldPlus ist tatsächlich, wie es die Kollegin gerade auch gesagt hat, im Zentrum der Arbeit. Das ist im Koalitionsvertrag so vorgesehen, und es ist das Ziel der gesamten Bundesregierung, sich da an die Umsetzung zu machen.

Zusatzfrage : Aber habe ich die Formulierung "ohne zusätzliches Steuergeld" richtig verstanden?

StS Seibert: Das bezog sich auf den anderen Debattenbeitrag.

Frage: Frau Herb, Sie haben gesagt, die 32 Stunden seien eine exemplarische Rechnung, in der das einmal genau durchgerechnet worden ist. Wenn das so genau durchgerechnet worden ist: Mögen Sie uns verraten, was diese Vision kosten würde?

Herb: Ich kann Ihnen die Zahl nennen, die das DIW da errechnet hat: Wenn man davon ausgeht, dass beide Partner für einen bestimmten Zeitraum auf 22 Stunden reduzieren, dann würde das jährlich - ich zitiere jetzt das DIW - etwa 140 Millionen Euro kosten. Das können Sie detailliert in der Studie des Instituts nachlesen.

Frage : Frau Herb, da muss ich doch noch einmal nachfragen: Diese Zahl von 140 Millionen impliziert ja, dass es total billig wäre, diese Maßnahme irgendwann einmal ins Leben zu rufen. Was ist das denn für Geld? Ist das reiner Lohnausfall oder sind das die 250 Euro, von denen die Rede war? Um das Pferd von der anderen Seite aufzuzäumen: Im Mikrozensus werden allein über eine Millionen vollbeschäftigte Frauen mit Kindern unter 15 Jahren geführt - was ja wahrscheinlich so ein bisschen die Zielgruppe wäre. Dafür würden diese 140 Millionen Euro ja nicht einmal annähernd ausreichen. Können Sie das noch einmal ein bisschen in Zusammenhang stellen? 140 Millionen Euro kann doch hinten und vorne nicht stimmen.

Herb: Das sind die Berechnungen, die das DIW angestellt hat. Da kann ich mich auch nur auf das berufen, was die Berechnungen der Forscher da ergeben haben. Wenn Sie sagen "Das ist ja ziemlich wenig Geld", dann obliegt das Ihrer Bewertung dessen.

Zusatz : Entschuldigung, das war ja nicht mein Vorschlag, das war ja der Vorschlag der Ministerin; daher kommt ja die Zahl, das ist ja nicht meine Zahl.

Herb: Genau. Wie gesagt, das ist eine Beispielrechnung, wissenschaftlich unterlegt von den Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft, und da sind die 140 Millionen Euro aufgeführt. Das ist der Stand, den ich jetzt mitteilen kann. Die Bewertung dessen obliegt allerdings Ihnen.

Frage: Frau Herb, seien Sie mir nicht böse, aber das ist ja nun doch ein Vorschlag Ihrer Ministerin und nicht ein Vorschlag des DIW. Was kann man aus diesen 140 Millionen Euro bezahlen, was bekommt die einzelne Mutter? Das müssten Sie jetzt doch einmal vorrechnen können.

Herb: Die Pläne sind noch nicht so ausgereift, dass ich Ihnen das jetzt konkret sagen kann. Wir müssen ja erst einmal abwarten - das ist ja auch davon abhängig, wie viele Eltern das für sich in Anspruch nehmen, wenn es umgesetzt wird. Haben Sie einfach Verständnis dafür, dass ich Ihnen jetzt noch nicht sagen kann, was dann am Ende für jeden Elternteil herauskommt. Ich kann jetzt, wenn Sie nach konkreten Zahlen fragen, einfach nur auf die Zahlen des DIW verweisen, und bitte Sie, das einfach nachzulesen.

Frage: Ist es dann das politische Ziel der Ministerin, dass sie sagt: Wenn junge Eltern nur zu 80 Prozent arbeiten, müssen die 20 Prozent Lohnausfall erstattet werden?

Herb: Wie gesagt, wir sprechen von einer Vision. Es geht nicht - das ist sicherlich auch nachzulesen - um eine komplette Lohnausfallerstattung, sondern es geht darum, dass das zum Teil aus Steuermitteln finanziert werden sollte.

Frage: Ich möchte auch noch einmal bei den 140 Millionen Euro einhaken. Sie sagen, das ist genau durchgerechnet: Dann muss man doch die einzelnen Faktoren kennen. Wie kommt man auf diese Zahl? Man muss doch wenigstens eine Schätzung haben, wie viele Personen das in Anspruch nehmen, wenn sie auf welche Arbeitszeit reduzieren. Wenn Sie hier eine Zahl in den Raum werfen, möchte ich das gerne auch ein bisschen konkreter haben.

Herb: Ich kann das jetzt so detailliert nicht wiedergeben. Deshalb würde ich Sie einfach bitten, dass ich das nachreichen darf.

Zusatz: Das wäre schön.

Herb: Das mache ich sehr gern.

Vorsitzender Leifert: Über unseren Verteiler bitte, dann freuen wir uns auch.

Frage: Ich wüsste gern noch einmal: Worin besteht der Eigenanteil Ihrer Ministerin an der Vision, die sie in den öffentlichen Raum geworfen hat? Bezieht der sich darauf, dass sie sich an die Vorlage einer Studie von Wissenschaftlern erinnert hat und quasi - Copyright - gesagt hat: Wenn ihr meine Vision sehen wollt, guckt einmal nach - Wissenschaftler haben das aufgeschrieben? Oder hat sie dabei einen Eigenanteil an intellektueller politischer Leistung erbracht? Wenn sie einen solchen Eigenanteil erbracht hat - was ich zunächst einmal unterstelle -, würde mich dieser Eigenanteil interessieren: Wie konkret hat sich Frau Schwesig Gedanken gemacht, ehe sie auf eine Studie verwiesen hat?

Herb: Lieber Herr Wonka, Sie werden ja sicherlich die Koalitionsverhandlungen sehr gut begleitet haben; daher werden Sie ja auch wissen, wie die Diskussionen innerhalb der zuständigen Arbeitsgruppe abgelaufen sind, und können sich das auch vorstellen. Frau Schwesig hat sich immer für das ElterngeldPlus eingesetzt, die SPD hat dafür gekämpft. Es ist schon während des Wahlkampfes eine Idee gewesen, dieses ElterngeldPlus einzuführen. Das ist ein erster Schritt in dieser Vision. Insofern, glaube ich, beantwortet das Ihre Frage.

Zusatzfrage: Zu den 32 Stunden hat sie sich also keine eigenen Gedanken gemacht?

Herb: Zu den 32 Stunden wird sie sich selbstverständlich eigene Gedanken gemacht haben. Das geht ja sogar noch über die Forderung, die jetzt im Koalitionsvertrag steht, an der also die CDU und die CSU als Koalitionspartner mit beteiligt sind, hinaus.

Zusatzfrage: Aber um den eigenen Denkanteil bei den 32 Stunden geht es mir ja. Sie sagen: Die Ministerin hat sich zu den 32 Stunden ihre Gedanken gemacht. Welche Gedanken hat sie sich denn gemacht?

Herb: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat diese Untersuchung im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt. Sie können sich vorstellen, dass diese Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auch von der Ministerin begleitet wurde. Ich kann Ihnen auch gerne noch sagen: Diese Studie ist aus dem November des letzten Jahres.

Frage : In diesem Zusammenhang eine Frage an Herrn Seibert: Hält die Bundeskanzlerin es für sinnvoll, dass Minister mit - ich zitiere Frau Herb - unausgereiften Visionen an die Öffentlichkeit treten?

StS Seibert: Wir werden in dieser Bundesregierung sehr gut zusammenarbeiten, wenn es darum geht, das zu erreichen, was uns wirklich allen gemeinsam wichtig ist, nämlich, jungen Paaren zu helfen, Familie und Beruf beispielsweise auch durch eine Flexibilisierung von Arbeitszeit besser in den Griff zu bekommen. Ich habe die Schwerpunkte genannt: Da wird zunächst einmal ElterngeldPlus umgesetzt, und dann werden wir natürlich weitermachen beim Ausbau der Kinderbetreuung; da sind wir uns alle in diese Koalitionsregierung einig. Natürlich sind weiterführende Gedanken nie verboten. Aber wir konzentrieren uns auf das, was in der Koalitionsvereinbarung gemeinsam niedergelegt worden ist.

Zusatzfrage : Was hält denn die Bundeskanzlerin von dieser Vision? Unterstützt sie diese Vision?

StS Seibert: Ich habe Ihnen das gesagt, was ich dazu zu sagen habe - ich möchte es eigentlich nicht noch einmal wiederholen -: Wir konzentrieren uns auf das, was wir uns als familienpolitische Ziele, als arbeitszeitpolitische Ziele gemeinsam vorgenommen haben. Wir glauben, dass wir da mit dem ElterngeldPlus ein gutes und wichtiges Projekt vorantreiben können, und mit dem Ausbau der Kinderbetreuung ein Projekt, das nun schon einige Jahre erfolgreich betrieben wird, noch weiter erfolgreich betreiben können.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gleich zu Beginn gesagt, das sein ein persönlicher Beitrag der Ministerin. Heißt das im Klartext: Es spielt für die Bundesregierung über das ElterngeldPlus hinaus keine Rolle?

StS Seibert: Ich glaube, das, was ich gesagt habe, steht für sich. Ich habe auch ganz klar gemacht, was für die Bundesregierung in der nächsten Zeit die Schwerpunkte sein werden. Wie gesagt, da haben wir ElterngeldPlus, Ausbau der Kinderbetreuung und die anderen familienpolitischen Ziele, wie sie in der Koalitionsvereinbarung niedergelegt sind.

Zusatzfrage: Es bleibt also eine Vision?

StS Seibert: Dazu ist an dieser Stelle jetzt alles gesagt.

Vorsitzender Leifert: Bevor wir zu anderen Themen kommen, möchte Herr Seibert noch etwas nachtragen.

StS Seibert: Ja, ich wollte kurz nachreichen, was ich vorhin noch nicht sagen konnte: Die Einladung zur ersten Sitzung des neu eingesetzten Staatssekretärsausschusses ist ergangen, und zwar für den 13. Januar nachmittags - also Montag.

Frage : Ich wollte - wahrscheinlich ist es das Auswärtige Amt, das ich fragen muss - auf die Lage in der Zentralafrikanischen Republik zu sprechen kommen. Es gab gestern Äußerungen des Bundesaußenministers und auch Äußerungen aus Brüssel bezüglich eines stärkeren Engagements beziehungsweise eines Engagements der Europäer insgesamt in Zentralafrika. Wie habe ich mir das jetzt vorzustellen? Wird das deutsche Engagement über das hinausgehen, was bisher bekannt war, nämlich die logistische Unterstützung beim Transport französischer Truppen? Das heißt, ist es vorstellbar, dass deutsche Truppen selbst im Krisenherd Aufgaben übernehmen? Wie ist es mit der Frage, dass potenziell deutsche Truppen andernorts - Kosovo - einen Ausgleich leisten, wenn andere Länder wir Frankreich nun verstärkt in Zentralafrika gefordert sind? Wie verläuft da die Debatte, was ist da im Moment die Sachlage?

Fischer: Wie Sie wissen, ist die Bundesregierung weiterhin sehr intensiv mit der krisenhaften Zuspitzung der Lage in der Zentralafrikanischen Republik befasst und berät sich hierzu auch intensiv mit ihren europäischen und internationalen Partnern darüber, wie wir die Bemühungen um mehr Stabilität und für eine friedlichere Entwicklung unterstützen können. Wie Sie wissen, haben wir hier bereits vor Weihnachten Frankreich die Unterstützung mit strategischem Lufttransport und strategischem luftgestützten Verwundetentransport in der Region zugesagt. Außenminister Steinmeier hat dieses Angebot gestern noch einmal wiederholt.

Zusatzfrage : Heißt das: Es gibt nicht die Bereitschaft, über das, was Deutschland bislang an Unterstützung zugesagt hat, noch hinauszugehen - möglicherweise mit Truppen im Krisengebiet selbst? Denn es gab ja schon die Forderung nach einem stärkeren breiteren Engagement der Europäer; ich glaube, auch Herr Steinmeier selbst hat davon gesprochen. Hat Herr Steinmeier das an andere europäische Partner gerichtet und nicht eingedenk einer möglicherweise stärkeren Rolle Deutschlands gesagt?

Fischer: Naja, das Angebot steht erst einmal so, wie es steht. Bislang ist es noch nicht abgerufen worden. Von daher warten wir jetzt erst einmal darauf, dass das Angebot abgerufen wird, und dann beschäftigen wir uns mit anderen Dingen.

Im Übrigen ist es so, dass hierzu auch auf europäischer Ebene Beratungen stattfinden. Heute Nachmittag werden sich die EU-Mitgliedstaaten im sogenannten Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee des Rates der Europäischen Union über die Lage in der Zentralafrikanischen Republik austauschen. Dann werden wir erst einmal weitersehen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 10. Januar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/01/2014-01-10-regpk.html;jsessionid=2698BB0E2379161AF47B1039EB640C3A.s4t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2014