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PRESSEKONFERENZ/749: Regierungspressekonferenz vom 3. März 2014 (BPA)




Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 3. März 2014
Regierungspressekonferenz vom 3. März 2014

Themen: Lage in der Ukraine, Reise des Bundespräsidenten nach Griechenland, Spekulationen über mögliche Kanzlerkandidatur von Angela Merkel in 2017, Ermittlungen gegen einen BKA-Abteilungsleiter wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material, Konkurs der Bitcoin-Tauschbörse Mt. Gox

Sprecher: StS Seibert, Narzynski (BMF), Gerhartz (BMVg), Alemany (BMWi), Chebli (AA), Paris (BMI)

Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Das Wochenende hat ja eine weitere Zuspitzung der Lage in der Ukraine und insbesondere auf der Krim gebracht. Die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung sind auf das Äußerste über diese Entwicklung besorgt und rufen alle Beteiligten dazu auf, zurückhaltend und verantwortungsvoll zu handeln und zu den Mitteln der Diplomatie und des politischen Dialogs zurückzukehren.

In diesem Sinne hat die Bundeskanzlerin am Wochenende eine Vielzahl von Gesprächen geführt. Sie hat mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk gesprochen, mit Präsident Obama, mit Präsident Putin und auch mit vielen europäischen Partnern, zum Teil mehrfach. Wir haben Sie gestern ja über einige der wichtigsten Ergebnisse dieser Gespräche informiert. Bei allem gab und gibt es eine sehr enge Abstimmung zwischen der Bundeskanzlerin und Außenminister Steinmeier. Ich will vielleicht noch einmal das Wesentliche zusammenfassen:

Erstens. Wir haben es - darüber besteht Einmütigkeit mit unseren westlichen Partnern - mit einem inakzeptablen russischen Vorgehen auf der Krim zu tun, das im Widerspruch zu internationalen Abkommen steht, die Russland unterzeichnet hat, insbesondere zum Budapester Memorandum von 1994, in dem sich Russland zur Respektierung der Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine und ihrer bestehenden Grenzen verpflichtet hat. Ebenso steht das russische Vorgehen im Widerspruch zum Vertrag über die Schwarzmeerflotte von 1997.

Angesichts dessen können wir nicht einfach zur internationalen Tagesordnung übergehen. Deshalb hat Deutschland gestern Abend wie auch die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan sowie wie die Präsidenten der EU-Kommission und des Europäischen Rates einer Erklärung zugestimmt, die nicht nur die russische Verletzung der UN-Charta und internationaler Abkommen verurteilt, sondern auch zu direkten Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine aufruft beziehungsweise die auch eine Vermittlung bei solchen Gesprächen - etwa durch die UN oder die OSZE - anbietet.

Die russischen Handlungen der letzten Tage stehen aus unserer Sicht im Widerspruch zu den Werten und Prinzipien, die die G7 und G8 leiten. Daher haben die G7 beschlossen, fürs Erste die Vorbereitungen für das G8-Treffen in Sotschi im Juni auszusetzen, und zwar bis wieder eine Atmosphäre entsteht, in der eine sinnvolle Diskussion auf G8-Ebene möglich ist. Die Bundesregierung hofft, dass das bald möglich sein wird, und bietet, wie ich dargestellt habe, dabei ihre Unterstützung an.

Zweitens. Es ist noch nicht zu spät, diese Krise politisch friedlich zu lösen. Es ist noch nicht zu spät, dass Russland Zeichen setzt, die den Respekt vor den genannten Abkommen beweisen und die helfen, die Situation auf der Krim und in der Ostukraine zu entspannen. Deutschland und seine Partner wollen diesen Weg - weg von der Logik der Truppenbewegungen und der Logik der Soldatenaufmärsche und zurück zum Gespräch - unterstützen.

Die Bundeskanzlerin hat mit Präsident Putin ausführlich über den Vorschlag gesprochen, eine Kontaktgruppe einzusetzen, in der erfahrene internationale Organisationen wie die OSZE oder auch der Europarat vertreten sein können, der Europarat auch gerade wegen seiner großen Kompetenz im Zusammenhang mit föderalen Lösungen. Sie hat mit ihm auch über den Vorschlag gesprochen, so bald wie möglich eine "Fact-Finding Mission" auf den Weg zu bringen. Es gibt ja viele Berichte und viele Gerüchte, die uns von der Krim erreichen. Was fehlt, ist eine objektive Bewertung der Lage auf der Halbinsel. Dafür kann eine solche Mission sehr nützlich sein. Es ist gut, dass Präsident Putin im Telefongespräch mit der Bundeskanzlerin beide Vorschläge aufgegriffen hat.

Eines ist gewiss: Jede politische Lösung für diese Situation auf der Krim muss nicht nur die selbstverständliche territoriale Integrität der Ukraine berücksichtigt, sondern auch die Tatsache, dass eine Mehrheit der Menschen auf der Krim Russisch spricht und kulturell auch russisch fühlt. Das muss auch innerhalb des Staatswesens der Ukraine möglich und gesichert sein. Ministerpräsident Jazenjuk hat der Bundeskanzlerin am Wochenende telefonisch entsprechende Zusagen gegeben. Er hat beispielsweise darauf verwiesen, dass das umstrittene Sprachengesetz eben nicht in Kraft gesetzt worden sei und vielmehr überarbeitet werde. Er hat auch gesagt, dass er das Nötige für die Sicherheit der russisch-orthodoxen Kirchen tun wolle.

Drittens. Für Deutschland und seine Partner ist es jetzt darüber hinaus außerordentlich wichtig, der Ukraine dabei zu helfen, ihre unmittelbaren praktischen und finanziellen Probleme zu überwinden. Auch darüber hat die Bundeskanzlerin ausführlich mit Ministerpräsident Jazenjuk gesprochen. Finanzminister Schäuble und seine G7-Kollegen haben dazu ebenfalls eine Erklärung abgegeben. Die Ukraine steht jetzt vor der großen Chance marktorientierter Reformen, die das wirtschaftliche Potenzial des Landes freisetzen und gerechter verteilten Wohlstand schaffen können. Der Partner, der die Ukraine auf diesem Weg am besten begleitet, ist der IWF mit seinen langjährigen internationalen Erfahrungen auf diesem Gebiet. Eine Zusammenarbeit mit dem IWF wird auch weitere Unterstützung - etwa durch die Weltbank, andere Finanzinstitutionen und auch durch die EU - ermöglichen. Konkret wird es noch im März um die Begleichung einer Rechnung der Ukraine gegenüber Gazprom gehen. Dabei sind Hilfen durch den IWF und die EU möglich. Erste Gespräche mit der ukrainischen Regierung werden dazu schon in dieser Woche stattfinden. Noch einmal: Deutschland und seine Partner stehen bereit, um der Ukraine auf diesem Reformweg zu helfen, der schwierig werden wird, der aber auch große Chancen für das Land eröffnet.

Chebli: Ich wollte nur noch einmal kurz ergänzen, dass der Minister heute Morgen, wie Sie wissen, zu Beratungen der EU-Außenminister nach Brüssel geflogen ist. Dabei wird es natürlich um die angespannte Lage in der Ukraine gehen. Es geht darum, zu schauen, wie man den Konflikt beigelegt und zu einer Lösung kommt. Für Außenminister Steinmeier geht es vor allem darum, eine weitere Eskalation der Lage in der Ukraine zu verhindern und einen konstruktiven Dialog zwischen beiden Beteiligten in Gang zu bringen. Natürlich geht es aber auch darum, eine einheitliche Linie der EU sicherzustellen, die die Dialogbereitschaft gegenüber allen relevanten Akteuren - das heißt, auch gegenüber Russland - erhält.

Deutschland, wie Herr Seibert schon gesagt hat, setzt sich mit vollem Einsatz für eine Deeskalation der zugespitzten Lage in der Ukraine ein. Der Minister hat am Wochenende oft Stellung dazu bezogen und in beide Richtungen klare Worte gesprochen. Er hat gegenüber den Russen gesagt: "Wir fordern Russland in aller Eindringlichkeit auf, jeden Verstoß gegen die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu unterlassen." An Kiew hat er folgende Worte gerichtet: Er hat gesagt, er setze sich dafür ein, dass die neue politische Führung in Kiew die Rechte und Interessen aller Ukrainer schützt. Dazu gehöre insbesondere ein unzweideutiger Schutz der Rechte von Minderheiten einschließlich der Nutzung von Sprachen.

Es geht jetzt darum, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und nicht nur jede rhetorische, sondern auch jede faktische Aufheizung zu beenden. Dies wird heute Thema in Brüssel sein. Dies wird auch weiterhin Thema der Gespräche sein, die der Minister mit allen Akteuren in Berlin und in anderen Orten führt.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Nachfrage zum Gespräch der Kanzlerin mit Herrn Obama und Herrn Putin. Amerikanische Medien berichten, dass sich die Kanzlerin im Telefonat gegenüber Herrn Obama dahingehend geäußert habe, dass sie das Gefühl habe, der russische Präsident sei "not in touch with reality anymore". Er habe also den Sinn für die Realität verloren. Was meint die Kanzlerin damit? Inwiefern kann man noch mit einem Präsidenten verhandeln, der nach Meinung der Kanzlerin eigentlich den Sinn für die Realität verloren hat?

StS Seibert: Herr Delfs, das wird Sie jetzt nicht überraschen: Ich berichte grundsätzlich nicht aus vertraulichen Gesprächen der Bundeskanzlerin. Ich gehe auch grundsätzlich nicht auf Berichte oder Gerüchte ein, in denen jemand behauptet, sie habe möglicherweise dieses oder jenes gesagt.

Es ist allerdings unbestritten, dass Präsident Putin eine ganz andere Sicht auf die Lage und die Ereignisse auf der Krim hat als die Bundesregierung und auch als unsere westlichen Partner.

Frage : Ich habe zwei Fragen, zum einen zur Kontaktgruppe. Was muss ich mir darunter vorstellen? Was soll diese Kontaktgruppe leisten? Wenn Herr Putin diesen Vorschlag aufgenommen hat, wird diese Kontaktgruppe dann in Kürze installiert werden? Wer wird alles darin sitzen?

Zur zweiten Frage, nämlich zu Hilfen vonseiten des IWF und der Europäer: Gibt es dabei die operative Rangfolge, dass zunächst der IWF zusagen und grundsätzliche Hilfsbereitschaft bekunden muss und dass dann die EU zuschlägt? Muss man sich das so vorstellen, dass sich der Umfang dieser Hilfen so aufgeteilt, wie wir es vielleicht auch im krisenerfahrenen Europa erfahren haben, also auf einen größeren Beitrag der Europäer und einen kleineren Beitrag des IWF? Wann können wir da mit Konkretem rechnen?

StS Seibert: Ich will zur Kontaktgruppe sagen: Das wäre eine Gruppe von Staaten und Organisationen, die, so hoffen wir, dann in einen formalisierten politischen Verhandlungsprozess zur Lösung der Krise eintreten könnte. Grundbestandteile dieser Gruppe sind selbstverständlich die Ukraine, Russland, die OSZE sowie mögliche andere Staaten und Institutionen. Ich habe vorhin den Europarat erwähnt, weil er gerade auf dem Gebiet föderativer Lösungen sehr viel Erfahrung hat. Aber das wird natürlich noch im Einzelnen zu beraten sein.

Zusatzfrage : Ist nach dem Aufgreifen dieses Vorschlags durch Herrn Putin terminlich schon etwas absehbar?

StS Seibert: Natürlich muss es die Absicht sein, bei der Dramatik der Lage auch möglichst rasch zu diesen Schritten der "Fact-Finding Mission" und der Kontaktgruppe zu kommen. Aber ich will hier jetzt keine zeitlichen Zielsetzungen vornehmen.

Zusatzfrage : Die Frage zum IWF?

Narzynski: Es gibt die gemeinsame Erklärung der G7-Finanzminister, die Sie auch kennen, und die G7-Finanzminister haben zum Ausdruck gebracht, dass sie den IWF in einer ganz zentralen, koordinierenden Rolle sehen. Sie haben auch zum Ausdruck gebracht, dass Hilfen durch den IWF ganz wesentlich dafür sind, weitere Hilfen möglich zu machen, und haben unter anderem Hilfen der Weltbank und der EU genannt.

Dafür, irgendetwas zu Aufteilungen zu sagen, ist es, glaube ich, viel zu früh. Im Moment ist der IWF nach dem Hilfsgesuch der Ukraine ja in der Ukraine vor Ort. Der IWF hat die Fachkenntnis und die Kompetenz, zu erkennen, in welchem Umfang Hilfen notwendig sind, und das wird man dann in weiteren Gesprächen sehen. Hilfen des IWF sind, wie gesagt, ganz wesentlich dafür, dass man möglicherweise auch weitere Quellen für Hilfen erschließen kann.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, wo sozusagen eigentlich die Fäden der Diplomatie im Westen zusammenlaufen. Die Kanzlerin hat viele Telefonate geführt, wie Sie erzählt haben. Letzte Woche gab es ja eine Mission des deutschen, des polnischen und des französischen Außenministers. Ist das eine Gruppe, die jetzt sozusagen für Europa in diesen Gesprächen verhandelt, oder tut das Lady Ashton? Wie läuft die Abstimmung über den Atlantik hinweg? Wo läuft das alles zusammen?

StS Seibert: Ich glaube, ich habe klarzumachen versucht, wie eng die Abstimmung unter den Partnern ist, transatlantisch wie auch innerhalb von Europa. Die Bundeskanzlerin hat ihre Gespräche stets in Abstimmung nicht nur mit dem Außenminister, sondern auch mit europäischen Partnern und mit Präsident Obama geführt. Es gibt das geeinte Vorgehen der G7 nicht nur auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs, sondern auch auf der Ebene der Finanzminister. Ich denke, das ist die Stoßrichtung. Wichtig ist, dass die internationale Staatengemeinschaft eine einheitliche Haltung zu diesem Vorgehen der russischen Seite vorbringt, das, wie gesagt, für uns inakzeptabel ist, weil es gegen internationale Abkommen verstößt.

Frage: Herr Seibert, Ende April sollen in Leipzig die nächste Runde des Petersburger Dialogs sowie die deutsch-russischen Regierungskonsultationen stattfinden, und zwar im Beisein von Frau Merkel und Herrn Putin. Steht diese Planung noch, oder wurde das inzwischen infrage gestellt?

StS Seibert: Ich sehe derzeit keine Veränderung unserer Planungen.

Frage: Herr Seibert, finden die Gespräche mit der russischen Regierung, die Sie jetzt führen beziehungsweise die die westliche Staatengemeinschaft führt, sozusagen auf der Basis von eindringlichen Appellen statt, oder erwägt die Bundesregierung gemeinsam mit den Partnern, in irgendeiner Weise Druck auf Russland auszuüben? Gibt es wirtschaftliche Sanktionen, die man erwägen könnte, also etwas in dieser Art? Gibt es eine militärische Option, wenn es dort also tatsächlich zu einer militärischen Eskalation kommen würde?

Die zweite Frage ist: Ist die "Fact-Finding Mission", von der Sie jetzt sprechen, eine militärische oder eine von Militärexperten bestimmte Gruppe, die diese "Fact-Finding Mission" durchführen will, oder an wen ist dabei gedacht?

StS Seibert: Herr Siebert, zunächst einmal zu Ihrer ersten Frage: Die Bundesregierung denkt im Zusammenhang mit der Krim nicht in militärischen Kategorien. Ich sehe keine militärische Option. Ich sehe die Verpflichtung aller Staaten und gerade auch Deutschlands, alles für eine politische und friedliche Lösung zu tun. Ich sehe auch immer noch die Chance für eine solche Lösung. Die Vorschläge, die zur "Fact-Finding Mission" und vor allem auch zur Kontaktgruppe gemacht wurden, wären ein Schritt auf dem Weg zu einer solchen Lösung. Darauf konzentrieren wir uns jetzt ganz und gar.

Zur sogenannten "Fact-Finding Mission" habe ich doch zu sagen versucht: Es gibt in Russland und im Rest der Welt eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung dessen, was auf der Krim wirklich stattfindet. Es gibt Berichte und auch Gerüchte über das, was dort stattfindet. Es ist also in allerseitigem Interesse, ein klares Lagebild zu erarbeiten. Internationale Beobachter könnten dort eben nicht nur ein solches objektives Lagebild erarbeiten, sondern sie könnten durch ihre Anwesenheit auch einer weiteren Eskalation entgegenwirken. Wie diese Mission zustande kommen wird oder wie sie dann zusammengesetzt sein wird, kann ich hier noch nicht sagen.

Zusatzfrage: Wenn ich noch einmal an den ersten Teil der Frage erinnern darf: Ich habe ja jetzt nicht nur nach einer militärischen Option gefragt, sondern generell nach der Möglichkeit, auf Russland innerhalb dieses diplomatischen Prozesses Druck auszuüben. Gibt es irgendwelche Erwägungen, über die Basis von Appellen und eindringlichen Ermahnungen hinauszugehen und zu sagen "Wenn ihr eine bestimmte Grenze überschreitet, dann sind wir bereit, in irgendeiner Weise - das heißt, über Sanktionen oder irgendetwas anderes - Druck auszuüben"?

StS Seibert: Ich bin hier nicht für die Erörterung hypothetischer Möglichkeiten. Die Bundesregierung konzentriert sich derzeit ganz darauf, den politischen Prozess in Gang zu bringen, von dem wir wissen, dass er der einzige vernünftige Ausweg aus dieser Krise ist. Darauf liegen all unsere Konzentration und all unsere Bemühungen. Wir bemühen uns, der Ukraine jetzt die praktischen, konkreten Hilfen zu leisten, die sie braucht.

Frage: Ich würde gerne von Ihnen, Herr Seibert, wissen, ob von Ihnen oder vom Bundeskanzleramt in diesen Tagen ab und zu an München 1938 zurückgedacht wird, als es auch einen Aggressor gab, der das Völkerrecht gebrochen hat, und als der Westen dem eigentlich nicht wirklich etwas entgegenstellen konnte oder wollte. Die gleiche Frage geht auch an das Bundesverteidigungsministerium.

StS Seibert: Herr Savelberg, ich glaube, das ist, ehrlich gesagt, eine Frage, über die sich jetzt die Zeithistoriker Gedanken machen sollten. Die Bundesregierung ist sich wie alle anderen Regierungen in diesem sehr besonderen Gedenkjahr 2014 ihrer Verantwortung für den Frieden und für diplomatische, politische Lösungen sehr bewusst. Mehr will ich dazu gar nichts sagen. Wir konzentrieren uns auf das, was wir jetzt, im März 2014, tun können, um die äußerst gefährliche und zugespitzte Lage auf der Krim zu entspannen und einen politischen Dialog zu ermöglichen, der für alle Menschen in der Ukraine eine bessere Zukunft ermöglicht.

Gerhartz: Ich kann hier nur noch einmal die Linie des Regierungssprechers fortführen. Auch für uns und aus Sicht des Verteidigungsministeriums ist angesichts der aktuellen Ereignisse die Stunde der Diplomatie. Zeithistorische Betrachtungen stellen wir derzeit nicht an.

Frage: Ich wollte gerne wissen, ob Präsident Putin von Anfang an diese "Fact-Finding Mission" akzeptiert hat. War er seit der ersten Minute dazu bereit, oder sollte oder musste Frau Merkel ihn überzeugen?

Ich habe noch eine Frage: Hat Herr Putin in diesem Dialog erwähnt, wann und wie er die russischen Soldaten von der Krim zurückziehen wird?

StS Seibert: Frau Minguez, ich habe zum Gespräch der Bundeskanzlerin mit Herrn Putin das gesagt, was ich dazu jetzt öffentlich sagen kann. Sie müssen beachten, dass es zwischen Freitag und Sonntag auch mehrere Gespräche mit Herrn Putin gab. Ich kann nur sagen: Am Ende hat er jedenfalls, und darüber sind wir froh, die Vorschläge aufgegriffen, eine Kontaktgruppe und eine "Fact-Finding Mission" einzurichten.

Zusatzfrage: Hat er erwähnt, wann und unter welchen Bedingungen die Soldaten von der Krim weggehen sollen?

StS Seibert: Ich möchte jetzt nicht weiter aus einem vertraulichen Telefongespräch berichten. Es ist ja klar, dass, wenn wir das Vorgehen der russischen Regierung auf der Krim als inakzeptabel qualifizieren, auch erwarten, dass die russische Regierung zu einem Verhalten zurückkehrt, das im Einklang mit den internationalen Abkommen steht, die sie unterschrieben hat.

Frage: Herr Seibert, ich würde gerne noch einmal nach den Sanktionen fragen. Das ist ja keineswegs nur eine hypothetische Frage. US-Außenminister Kerry hat gestern in sehr scharfer Form vorgebracht, dass solche Sanktionen im Raum stehen. Inwieweit sind Sie dabei sozusagen mit den USA auf einer Linie? Ist das eine abgesprochene Geschichte gewesen, oder spielt man vielleicht mit verteilten Rollen? Was würde als erstes greifen - Reisebeschränkungen, wirtschaftliche Sanktionen oder irgendwelche anderen Dinge, die Sie vielleicht noch nennen könnten?

Als Zweites hätte ich gerne gewusst, ob Sie erwarten, dass umgekehrt, also vonseiten Russlands, Sanktionen in Richtung Westen zu erwarten sind. Vielleicht können Sie auch noch einmal darstellen, inwieweit Deutschland von russischen Gaslieferungen abhängig ist.

StS Seibert: Frau Vates, ich wiederhole dazu noch einmal das, was ich vorhin gesagt habe: Die Bundesregierung konzentriert sich zum jetzigen Zeitpunkt auf den politischen Prozess und darauf, der Ukraine die notwendigen konkreten Hilfen auch rasch zukommen zu lassen. Es hat ja eine abgestimmte Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 gegeben. Nach allem, was auf der Krim vorgefallen ist, erscheint es auch uns schwierig beziehungsweise nicht sinnvoll, einfach so wieder zur politischen Tagesordnung überzugehen. Deswegen gab es auch diese G7-Erklärung, eine, sagen wir einmal, gewisse Denkpause eintreten zu lassen und die Vorbereitungen für den G8-Gipfel in Sotschi fürs Erste auszusetzen. Es war richtig, diese Denkpause einzulegen, und das war eine abgestimmte Erklärung aller sieben Regierungen.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Frage würde ich dann vielleicht das BMWi bitten, zu berichten; denn diese Zahlen habe ich jetzt hier nicht parat. Ich habe hier aber nicht darüber zu spekulieren, wie das kommende Verhalten der russischen Regierung sein wird. Unsere Erwartung an die russische Regierung ist, dass sie alles dafür tut, die Situation auf der Krim zu deeskalieren und wieder zu einem Verhalten zurückzukehren, das im Einklang mit internationalen Abkommen steht. Das sind unsere Erwartungen.

Alemany: Ich kann angesichts der aktuellen Gegebenheiten gerne noch etwas zur Gasversorgung sagen: Für Deutschland sind die Gasspeicher gut gefüllt. Wir haben sehr große Gaskapazitäten in Deutschland, die viertgrößten weltweit. Wir sind auf mögliche Lieferengpässe, so sie denn kommen sollten, gut vorbereitet, und es besteht kein Anlass zur Sorge. Derzeit gibt es aber auch überhaupt keine Anhaltspunkte für Liefereinschränkungen gleich welcher Art. Das gilt für Gas ebenso wie für Rohöl.

Vielleicht noch ganz kurz zu den Prozentzahlen: Wir erhalten 35 Prozent unseres Gasbedarfs und auch ungefähr fast 35 Prozent der Rohöls aus russischen Importen.

Frage: Herr Seibert, ist der G8-Ausschluss als Druckmittel gegen Russland eine eventuelle Option?

StS Seibert: Ich komme noch einmal auf diese Erklärung der G7 von gestern Abend zurück, die ja mit Bedacht davon spricht, die Vorbereitungen jetzt fürs Erste auszusetzen, bis eine Atmosphäre des Dialogs wiederhergestellt ist. Das ist der Bundesregierung besonders wichtig. Wir wollen dieses G8-Format - ein Format direkter Gespräche mit Russland - bewahren. Es hat sich in der Vergangenheit vielfach bewährt, sowohl bei den großen politischen Themen, die uns alle beschäftigen, wie auch bei wirtschaftlichen Themen. Wir werden also auch weiterhin alles tun, um diese Möglichkeit, Gespräche zu führen und politisch-diplomatische Lösungen zu finden, zu unterstützen. Trotzdem - ich sage es noch einmal - war es richtig, jetzt ein Zeichen zu setzen, kein einfaches Weiter-so hinsichtlich der Tagesordnung zu betreiben und diese Denkpause eintreten zu lassen.

Frage : Zum gleichen Thema: Bedeutet dieses Auf-Eis-Legen der Vorbereitungen, dass letztendlich, wenn es zu diesem Gipfel überhaupt noch kommen sollte, dieser später stattfinden würde? Oder ließe sich das noch im Prozess aufholen?

Zweitens. Sieht Deutschland sich eigentlich aufgrund seiner besonderen Kontakte zu Russland und auch seines speziellen Zugangs zu Russland in einer besonderen Rolle? Oder sieht Deutschland seine Rolle in der Befriedung dieses Konflikts nur im Konvoi der EU-Anstrengungen der anderen internationalen Anstrengungen? Hat Deutschland eine eigenständige Rolle oder nur eine Rolle im Konzert?

StS Seibert: Ich überlasse es Ihnen, dafür das richtige Etikett zu finden. Ich kann sagen, dass die Bundeskanzlerin und auch natürlich der Bundesaußenminister in dieser Sache sehr engagiert sind. Ich glaube, dass Sie das aus unseren Vorträgen hier auch einigermaßen schließen können.

Die Frage zu G8: Was da nun konkret zunächst einmal ausgesetzt ist, ist die Vorbereitung, die zum Beispiel in dieser Woche durch die sogenannten Foreign Affairs Sous-Sherpas, also die Untersherpas auf dem Gebiet der Außenpolitik, stattgefunden hätte. Ich glaube, dass die Aussetzung eines solchen Treffens nicht automatisch bedeuten würde, dass ein G8-Gipfel nicht stattfinden kann. Aber ich will mich dazu jetzt nicht äußern. Wir werden das natürlich im Lichte der Entwicklungen weiter entscheiden müssen.

Frage : Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Wenn ich mich recht erinnere, wollte der Minister auch als Vizekanzler in dieser Woche nach Moskau fahren. Bleibt es dabei? Was ist der Plan? Wird er auch über die Ukraine reden?

Alemany: Stand heute bleibt es dabei. Er wird Donnerstag und Freitag nach Russland reisen und dort verschiedene bilaterale Gespräche führen. Das Programm ist noch in Erarbeitung, und so gesehen haben wir noch keinen finalen Stand, den ich Ihnen mitteilen könnte, wen er dort genau trifft.

Zur Haltung der Bundesregierung bezüglich der politischen Linie gegenüber Russland und der Ukraine wurde ja schon von Herrn Seibert und vonseiten des Auswärtigen Amtes alles gesagt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Herr Seibert, es gibt auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, speziell Georgien und Moldawien, Gebilde, die im Grunde russische Protektorate sind, von niemandem international anerkannt, die sich aber unter dem Schutz Russlands befinden. Gibt es die Befürchtung, dass so etwas Ähnliches auch auf der Krim und möglicherweise auch woanders in der Ukraine entstehen könnte?

StS Seibert: Wir sollten hier nicht spekulieren. Es ist ganz offensichtlich, dass eine sehr schwierige Situation auf der Krim eingetreten ist.

Ich kann es nur noch einmal sagen: Die Bundesregierung wird alles tun, um dazu beizutragen, dass aus dieser schwierigen Situation ein politisch-friedlicher diplomatischer Ausweg gefunden werden kann. Wir glauben, das ist auch möglich, wenn es auf beiden Seiten Zurückhaltung und guten Willen gibt. Ich will hier keine Parallelen zu anderen Staatsgebilden ziehen. Am Ende gleichen sich die Fälle eben doch nie so ganz.

Frage: Noch einmal zur "Fact-Finding Mission": Welche "Facts" sind denn nicht bekannt? Wo sehen Sie denn Informationsdefizite der Bundesregierung oder der westlichen Staatengemeinschaft? Gibt es keine Informationen über Truppenbewegungen und dergleichen? Was ist denn der gegenwärtige Stand vor Einsetzung einer solchen Mission, was Ihre Erkenntnisse über die Lage auf der Krim angeht? Vielleicht können Sie uns das ein bisschen schildern.

Eine zweite Frage, die ich vorhin schon einmal gestellt hatte: Wenn es um diese "Fact-Finding Mission" geht, ist denkbar, dass Nato-Offiziere Teil dieser Mission sind?

StS Seibert: Ich kann Ihnen zur Zusammensetzung der "Fact-Finding Mission" jetzt nicht mehr sagen. Auch ihren konkreten Auftrag wird sie natürlich selber finden müssen. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass es über Zahl und Charakter von Truppenbewegungen auf der Krim sehr unterschiedliche Ansichten gibt. Es gibt auch unterschiedliche Ansichten über die Lage der russisch fühlenden, Russisch sprechenden Bevölkerung dort. Ist sie oder ist sie nicht durch politische Ereignisse in Kiew bedroht? Das alles wird herauszufinden sein. Aber das wird ein vielschichtiger Auftrag.

Zusatzfrage: Noch einmal zur Frage der Truppenbewegungen. Die Bundesregierung hat doch vermutlich Informationen darüber, welche Truppen sich dort bewegen und welche nicht, wo sie herkommen und wann sie gekommen sind. Oder sind das alles Informationen, die der Bundesregierung nicht vorliegen?

StS Seibert: Der Bundesregierung liegen natürlich Informationen vor; dazu muss ich hier nicht ins Detail gehen. Ich hatte vorhin auf die Frage nach dem Gespräch der Bundeskanzlerin mit Herrn Putin gesagt, dass es offensichtlich ist, dass der russische Staatspräsident und die russische Führung zu den Ereignissen auf der Krim eine ganz andere Einstellung und auch Einschätzung als die Bundesregierung und die westlichen Partner haben. Sinn einer solchen "Fact-Finding Mission" kann ja auch sein, objektive Tatsachen herauszufinden, damit wir uns möglicherweise in der Einschätzung angleichen können.

Frage: Hat die Bundeskanzlerin im Gespräch mit Herrn Obama über Sanktionen gesprochen?

StS Seibert: Ich habe Ihnen sowohl zum Gespräch der Bundeskanzlerin mit Präsident Obama als auch zum Thema "Sanktionen" das gesagt, was ich hier zu sagen habe. Es war ein natürlich vertrauliches Gespräch, und anschließend haben beide Seiten ein Statement herausgegeben.

Frage: Frage an das Wirtschaftsministerium. Ist es üblich, dass es drei Tage vor einer zweitätigen Auslandsreise noch kein Programm gibt? Wann werden Sie uns das Programm mitteilen können?

Zwei Fragen an Herrn Seibert. Können Sie uns sagen - mir ist das nicht bekannt -, wer der Sous-Sherpa ist, der diese Woche nicht nach Moskau reist?

Sie haben zweimal die föderative Kompetenz der OSZE erwähnt. Ich habe nicht ganz verstanden, was damit gemeint ist. Meinen Sie, eine Lösung könnte eine Veränderung der Staatsstrukturen der Ukraine sein oder ist damit etwas anderes gemeint?

Alemany: Kurz zur Programmgestaltung bei Delegationsreisen ins Ausland: Es ist ein sehr üblicher Vorgang, dass sich das Programm bis zur letzten Stunde, manchmal bis zur Ankunft am ausländischen Flughafen, noch stabilisiert. Das ist auch dieses Mal so.

StS Seibert: Erstens. Ich kann Ihnen auf Anhieb nicht sagen, wer der Sous-Sherpa ist, der gereist wäre. Das können wir möglicherweise nachreichen. Das wird sich auf Abteilungsleiterebene abspielen.

Zweitens. Ich habe die OSZE, aber ich habe auch den Europarat erwähnt. Da liegt aus unserer Sicht besondere Erfahrung im Umgang mit föderativen, föderalen Strukturen.

Der Hintergrund meiner Bemerkung ist natürlich der, dass es in einem Land mit einer so unterschiedlichen Bevölkerung, unterschiedlichen Sprachen und unterschiedlichen Traditionen wichtig ist, dass sich alle Bevölkerungsteile in einem Land vertreten und in ihren Eigenarten und Eigenheiten geschützt fühlen. Wie dieses zu erreichen ist, das wird sicherlich ein wichtiger Teil der politischen Neuausrichtung der Ukraine sein.

Zusatzfrage: Wer ist der Sous-Sherpa, von dem Sie gesprochen haben?

StS Seibert: Ich kann Ihnen das jetzt nicht sagen, und deswegen werde ich auch nicht rätseln. Wir können Ihnen das möglicherweise nachreichen.

Frage : Herr Seibert, Sie sagten, dass Herr Putin den Vorschlag der Bundeskanzlerin für eine "Fact-Finding Mission" aufgegriffen hat. Können Sie etwas näher erklären, was das bedeutet? Heißt das, er stand der Idee wohlwollend gegenüber oder hat er einfach gesagt "Wir schließen das nicht aus"?

Zweitens. Frau Chebli, können Sie sagen, welche anderen Gespräche mit Russland in den kommenden Tagen auf höherer Ebene stattfinden, die möglicherweise von dieser Situation betroffen sein könnten? Für Syrien und Iran ist Russland ja ein fundamentaler Partner bei solchen Sachen.

StS Seibert: Dass der russische Präsident den Vorschlag der Bundeskanzlerin aufgegriffen hat, heißt, dass mit diesem Vorschlag nun politisch gearbeitet wird und dass wir uns bemühen werden, zusammen mit den Partnern eine "Fact-Finding Mission" und eine Kontaktgruppe zusammenzustellen, bei der sicherlich der OSZE eine besonders wichtige Rolle zukommen wird.

Chebli: Zu Ihrer Frage: Ich habe ja am Freitag schon gesagt, dass der Minister im ständigen Kontakt mit dem russischen Außenminister Lawrow steht, so auch am Wochenende. Das wird in den nächsten Tagen genauso sein. Natürlich wird es um die Ukraine gehen. Aber Sie können sicher sein, dass auch andere Themen, die virulent sind und wo Russland eine konstruktive Rolle spielen muss, zur Sprache kommen werden.

Zusatzfrage : Außer den G8-Gesprächen sind jetzt also keine anderen Treffen mit Russland aufgeschoben?

Chebli: Dazu liegen mir keine Erkenntnisse vor.

Frage: Ich habe eine Frage an das Außenministerium. Der französische Außenminister hat heute vor dem Treffen in Brüssel gesagt, es gebe einen Plan Frankreichs zur Lösung der Krise, den er dort wohl vorstellen möchte. Ist dem Bundesaußenminister schon irgendetwas von diesem Plan bekannt? Wissen Sie, um was es sich dabei handelt?

Chebli: Nein. Ich habe die Nachrichten dazu nicht gehört. Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.

Frage: Herr Seibert, Bundesaußenminister Steinmeier hat gestern der ARD im "Bericht aus Berlin" gesagt, am Ende eines Kompromisses müsse stehen, dass die russischen Soldaten in die Kasernen nach Russland zurückkomme müssen. Würden Sie das genauso für die gesamte Bundesregierung sagen, Herr Seibert?

StS Seibert: Wenn Herr Steinmeier spricht, spricht er ja als Außenminister dieser Bundesregierung. Ich habe das vorhin doch, glaube ich, mehrfach dargelegt. Wir, wie auch unsere westlichen Partner, sehen ein Verhalten der russischen Regierung, das im Widerspruch zu internationalen Abkommen steht. Da ist das Budapester Memorandum ebenso wie das Abkommen über die Schwarzmeerflotte erwähnt. Natürlich muss unsere Erwartung sein, dass das russische Verhalten so ist, dass diese Abkommen wieder eingehalten werden.

Frage : Herr Seibert, Frau Chebli, ich habe eine Verständnisfrage zu dieser Kontaktgruppe. Es gibt etwas, was ich nicht verstehe. Auf der einen Seite will man diese Kontaktgruppe und diese "Fact-Finding-Mission"-Anstrengungen, um mit Russland in den Dialog zu treten. Auf der anderen Seite signalisiert man Russland gerade über den Prozess G7/G8: Wir warten ab, bis wieder eine Atmosphäre des Dialogs entsteht. Was kann diese Kontaktgruppe vielleicht anders dipomatisch, was die G8 nicht kann? Man hat ja schon ein Forum, wo man mit Russland sprechen könnte.

Chebli: Ich kann dazu etwas sagen. Der Minister hat gestern im "Bericht aus Berlin" zum Beispiel zu der Frage "G8-Ausschluss Russlands - Ja oder Nein" ganz klar gesagt: Das ist das einzige Format, das wir gerade haben, wo wir in Gesprächen mit Russland sind. Er hat, glaube ich, für alle ganz klar gemacht, dass eine Lösung der Krise in der Ukraine ohne die Einbindung Russlands nicht realistisch ist. Von daher werden wir alles daran setzen, mit Russland im Gespräch zu bleiben. Das tut die Kanzlerin, das tut der Minister auf seiner Ebene.

Die Kontaktgruppe ist wichtig, weil wir letztendlich neben unserem Dialog zu Russland auch einen Dialog zwischen der Ukraine und Russland brauchen. Bis auf ein Telefonat zwischen Jazenjuk und Medwedew gibt es da bisher noch keine direkten Kanäle. Deswegen ist diese Kontaktgruppe wichtig, um vertrauensbildende Maßnahmen zwischen beiden Regierungen aufzubauen.

StS Seibert: Ich kann noch hinzufügen, dass die Bundesregierung begrüßt, dass es jetzt ein Telefonat zwischen Ministerpräsident Jazenjuk und Ministerpräsident Medwedew gegeben hat.

Ich war gebeten worden, den Foreign Affairs Sous-Sherpa bekanntzugeben. Das ist ein Abteilungsleiter im Auswärtigen Amt, und zwar der Leiter der Abteilung 4 im Auswärtigen Amt.

Frage: Zwei Fragen an das Innenministerium, die mittelbar mit der Ukraine zusammenhängen.

Befürchtet das Innenministerium Auswirkungen auf die Paralympischen Spiele in Sotschi oder können Sie den Sportlern sagen, dass sie guten Gewissens reisen können?

Zweitens. Die österreichische Innenministerin hat heute beim Treffen in Brüssel gesagt, man müsse sich eigentlich jetzt schon auf Flüchtlinge aus der Ukraine einstellen. Teilt das Innenministerium diese Einschätzung?

Paris: Zu Ihrer ersten Frage: Ich möchte daran erinnern, dass wir auch bei den Olympischen Spielen, die ja erst vor Kurzem zu Ende gegangen sind, sehr intensiv die Sicherheitslage in Sotschi diskutiert haben. Das tun wir jetzt genauso mit Blick auf die in dieser Woche beginnenden Paralympischen Spiele. Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, die dafür sprechen würden, dass die Paralympischen Spiele nicht stattfinden sollten. Es gibt auch entsprechende Äußerungen des Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbands, Herrn Beucher, vom Wochenende, der sich auch entsprechend eingelassen hat. Insofern denke ich, dass das deutsche Team fahren wird und die deutschen Vertreter des Behindertensportes dort ihre Leistungen werden präsentieren können.

Zu Ihrer zweiten Frage: Das kann ich wirklich nur als hypothetische Frage beantworten. Ich denke, dass die Äußerungen meiner Kollegin Chebli und auch von Herrn Seibert deutlich gemacht haben, dass wir in einem politischen Prozess sind. Wenn es entsprechende Bewegungen geben sollte, so wie es nach Ihren Worten heute die österreichische Kollegin angekündigt hat, dann wird man damit umgehen. Aber ich habe dafür im Moment keine Anhaltspunkte. Tut mir leid.

Frage: Ich wollte ganz gerne wissen, Herr Seibert, ob eigentlich Herr Putin außer dem Respekt vor der russischen Mehrheit in der Ukraine noch andere Forderungen aufgestellt hat, die die internationale Gemeinschaft zu beachten hätte.

StS Seibert: Frau Vates, ich bleibe jetzt trotzdem dabei, nicht über das hinauszugehen, was wir zu dem Gespräch der Bundeskanzlerin mit Herrn Putin bereits gestern Abend bekanntgemacht haben und was ich hier auch noch einmal gesagt habe. Ich habe auch gesagt: Es ist in dem Gespräch erkennbar gewesen, dass er Ereignisse und die Lage auf der Krim anders einschätzt als die Bundesregierung. Ansonsten habe ich dem jetzt nichts mehr hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, zwei Fragen. Der Bundespräsident reist diese Woche nach Griechenland. Was verspricht sich denn die Bundesregierung von diesem Besuch des Bundespräsidenten?

Zweitens. Thema von Joachim Gauck wird unter anderem auch die Verbrechen der Nationalsozialisten an der griechischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg sein. Es gibt nach wie vor Stimmen in der griechischen Politik, die Reparationszahlungen von Deutschland anmahnen. Was ist die derzeitige Haltung der Bundesregierung bezüglich dieses Themas?

StS Seibert: Es entspricht den Gepflogenheiten zwischen den Verfassungsorganen und auch dem Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten, dass ich als Sprecher der Bundesregierung seine Reisen nicht kommentiere und hier schon gar nicht Erwartungen für diese Reisen ausspreche.

Zu der anderen Frage kann ich sagen: Zu dem immer wieder einmal auftauchenden Thema von Reparationsansprüchen welcher Art auch immer haben wir hier mehrfach gesprochen. Es gibt da keine neue Haltung der Bundesregierung. Ich kann Sie also auf zahlreiche Regierungspressekonferenzen verweisen, in denen das hier Thema gewesen ist.

Zusatzfrage: Ich weiß, auch juristisch gesehen hat sich dazu ja am Den Haager Gerichtshof eine Entscheidung ergeben. Nichtsdestotrotz: Gibt es Überlegungen, dass es vielleicht eine moralische Verpflichtung vonseiten der Bundesregierung gäbe?

StS Seibert: Ich will das trotzdem noch einmal sagen: Die Politik der Bundesregierung gegenüber anderen Ländern, ganz besonders gegenüber Ländern, die unter deutschen Verbrechen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs gelitten haben, ist immer in Erinnerung an diese Taten, die im deutschen Namen begangen wurden. Wir sind und dessen bewusst und haben das unserer Politik durchaus auch immer zugrunde gelegt. Es gibt nun allerdings auch schon Jahrzehnte einer friedlichen, einer vertrauensvollen, einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Griechenland, bilateral wie auch im Rahmen der EU und der Nato. Ich denke, auch das ist etwas, worauf wir bauen können.

Zusatzfrage: Es gibt ja - auch das ist ja weithin bekannt - ein Darlehen von 1942, das Deutschland in Griechenland aufgenommen und nie zurückgezahlt hat. Gibt es denn da irgendwelche Überlegungen? Es gab dazu auch eine Kleine Anfrage im Bundestag von den Linken. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieses Darlehen möglicherweise zurückzuzahlen?

StS Seibert: Ich verweise auch noch einmal auf die mehreren Pressekonferenzen, die wir vor geraumer Zeit - ich glaube, im letzten Jahr - zu diesem Thema hatten. Aus Sicht der Bundesregierung sind Reparations- und Entschädigungsfragen umfassend und abschließend geklärt.

Frage: Herr Seibert, wir sprechen hier doch über einen Zwangskredit, keine Kriegsreparation; das ist also ein ganz anderes Thema. Sehen Sie das auch so?

StS Seibert: Ich sehe heute keine Veranlassung, die Positionen, die wir hier für die Bundesregierung in Bezug auf Entschädigungszahlungen, Reparationen und Vergleichbares mehrfach vorgetragen haben, zu revidieren.

Frage: Herr Seibert, verfügt die Bundeskanzlerin über exklusive Informationen, wieso Herr Seehofer vor wenigen Tagen erklärt hat, er sei sich sicher, dass die Bundeskanzlerin 2017 noch einmal antritt? Hat die Bundeskanzlerin dazu eigenständige Erkenntnisse?

StS Seibert: Lustig formulierte Frage, ich muss trotzdem ganz ernsthaft sagen: Ich halte das nicht für ein Thema für den Regierungssprecher, schon gar nicht im März 2014. Die Entscheidung über eine Kandidatur wird in der Partei sicherlich rechtzeitig beschlossen werden. Für den Regierungssprecher ist das heute - ich glaube, Sie sehen ja auch, welche anderen wichtigen Themen wir hier zu verhandeln haben - kein Thema.

Zusatzfrage: Hat die Bundeskanzlerin neben dem Thema Weltfrieden und anderen wichtigen Themen Zeit gehabt, mit Herrn Seehofer darüber zu kommunizieren, ob und wieso Herr Seehofer möglicherweise weitergehende Erkenntnisse über Merkels Zukunft hat als sie selber?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin spricht sehr oft und auch über die unterschiedlichsten Themen mit Herrn Seehofer. Diese Gespräche sind immer vertraulich.

Frage: Ich habe zwei Fragen an Herrn Paris vom Innenministerium, und zwar zum Thema BKA und dem Fall des Abteilungsleiters - ich glaube, ich muss es nicht weiter erklären, das lief ja das Wochenende über.

Mich würde erstens interessieren: Hatte das Bundesinnenministerium Informationen über den Fall dieses Abteilungsleiters des BKA, der offensichtlich auf der Edathy-Liste stand, und falls ja, seit wann?

Zweitens: Wie bewertet das Bundesinnenministerium diesen Fall und vor allem das Agieren von BKA-Chef Ziercke?

Paris: Herr Gathmann, Sie haben Recht, dass es - ich glaube, seit vergangenen Freitagnachmittag - entsprechende Berichterstattungen gibt. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass sich das Bundeskriminalamt am vergangenen Freitag - relativ spät zwar, aber nichtsdestotrotz - mit einer Pressemitteilung zu der aufkommenden Berichterstattung auf "Spiegel ONLINE" geäußert hat. Es hat am Samstagnachmittag auch noch einmal Einlassungen des Präsidenten Ziercke gegenüber verschiedenen Medien gegeben. Die sind über das Wochenende auch entsprechend elektronisch wie auch in den Printmedien verarbeitet worden. Wir haben jetzt eine neue Woche. Wir haben auch eine Diskussion innerhalb des Deutschen Bundestages; die Abgeordneten beschäftigen sich seit den entsprechenden Innenausschusssitzungen mit dieser Frage. Es gibt dort auch Forderungen, nochmals eine Innenausschusssitzung zu diesem Thema abzuhalten. Manche reden sogar davon, dass hier ein Untersuchungsausschuss notwendig sei.

Insofern bitte ich jetzt erst einmal um Verständnis, dass ich Ihrer Bitte, etwas zu bewerten, hier nicht nachkommen werde; denn diese Bewertung zu dem Gesamtkomplex obliegt nicht mir hier, sondern obliegt vielmehr den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und dem dort zuständigen Gremium. Das ist ja zunächst einmal der Innenausschuss, der sich mit der Thematik rund um Herrn Edathy, wie Sie es sagten, bereits beschäftigt hat.

Es ist richtig, dass das Bundesinnenministerium von einem Fall Kenntnis erlangt hat, der im Zusammenhang mit Ermittlungen im kanadischen Raum stattgefunden hat. Auch das ist vom BKA Ihnen gegenüber noch einmal bestätigt worden. Ich kann nur sagen, dass das Ministerium darüber Kenntnis hatte, ich kann Ihnen im Moment aber einfach nicht sagen - weil ich es nicht weiß -, wann genau das gewesen ist. Ich bitte auch da um Verständnis: Bevor ich in dieser Diskussion, die wir jetzt erleben und auch in den vergangenen Tagen erlebt haben - - Wir sprechen über einen Beamten, der mittlerweile aus dem Dienst entlassen worden ist; da gibt es auch Persönlichkeitsrechte, die zu beachten sind. Ich möchte hier nicht irgendwelche Daten und Fakten nennen, wenn ich mir nicht hundertprozentig sicher sein kann, dass das, was ich Ihnen berichte, auch stimmt.

Insofern müssen Sie davon ausgehen, dass wir mit Blick auf eine Befassung des Deutschen Bundestages - voraussichtlich zunächst einmal in Gestalt des Innenausschusses - natürlich auch diesen Sachkomplex aufarbeiten werden. Sie müssen aber auch davon ausgehen, dass wir die Informationen, die dann ermittelt werden, erst einmal an dieses zuständige Gremium geben werden, bevor wir darüber öffentlich Auskunft geben.

Frage : Herr Paris, Herr Ziercke sagt ja, er habe sich absolut korrekt verhalten und alles, was dazu zu sagen sei, offen und ehrlich gesagt. Er beruft sich dabei auch auf die Unterstützung Ihres Ministers. Ist das korrekt so, sind auch Sie beziehungsweise ist das Ministerium, ist der Minister der Auffassung, dass Herr Ziercke absolut korrekt gehandelt hat?

Paris: Herr Petersen, ich hatte gesagt, dass ich auch die Äußerungen, die der BKA-Präsident am Wochenende gemacht hat, hier weder ergänze noch interpretiere noch bewerte. Fakt ist: Der BKA-Präsident hat das Vertrauen des Bundesinnenministers. Das ist alles, was ich im Moment dazu sagen kann. Es geht hier darum einen Sachverhalt, der sehr komplex ist und der zeitlich auch sehr weit zurückgeht - hier sind Zeiträume seit Beginn des Jahres 2012, also mittlerweile zwei Jahre, im Raum. Ich möchte hier keine Informationen weitergeben, die sich insbesondere auf einzelne Daten und Fakten - wer wann wie wen unterrichtet hat - beziehen. Ich setze mich im Zweifel selbst ins Unrecht, und das würde ich vor diesem hochkarätigen Plenum ungern tun.

Zusatzfrage : Ich habe Sie ja nicht gebeten, das zu bewerten beziehungsweise zu präzisieren, wer wann was gesagt hat. Herr Ziercke sagt ja nur, es sei absolut korrekt gewesen, diesen Fall nicht von sich aus anzusprechen, eben weil Persönlichkeitsrechte berührt gewesen seien und er nicht explizit danach gefragt worden sei. Deswegen ist meine Frage: Sieht das Ministerium das genau? Ich will jetzt nicht von Ihnen wissen, wann Sie präzise von diesem Fall erfahren haben.

Paris: Herr Petersen, ich habe Ihre Frage schon verstanden. Nur, vor dem Hintergrund dessen, was ich eben ausgeführt habe, überfordert mich Ihre Frage in diesem Moment einfach. Das, was Herr Ziercke am Samstag erklärt hat, steht für sich. Ich habe im Moment keinen Anlass, hier eine Bewertung dazu abzugeben. Ich habe Ihnen gesagt, dass das Gesamtthema auch das Bundesinnenministerium beschäftigt. Man vollzieht also noch einmal genau nach, wann welche Meldungen auch in Richtung des BMI gegangen sind. Insofern steht erst einmal das, was Herr Ziercke dazu am Samstag gesagt hat, für sich. Das, was ich Ihnen jetzt sage, ist vielleicht nicht ganz erquicklich, aber es steht auch für sich. Ich hatte Ihnen auch gesagt, dass der Bundesinnenminister Vertrauen in die Amtsführung von Herrn Ziercke hat.

Zusatzfrage : Das letzte Mal, dass wir die Antwort gehört haben, etwas stünde für sich, war im Fall von Herrn Friedrich, und einen Tag später war er nicht mehr im Amt. Vor diesem Hintergrund: Haben Sie diese Formulierung absichtlich oder zufällig gewählt?

Paris: Das kommentiere ich nicht, Herr Petersen; das ist eine Interpretation, die ich Ihnen überlasse. Ich glaube aber, Sie sollten hier verschiedene Dinge nicht miteinander vermengen. Das, was ich gesagt habe, habe ich gesagt. Ihre Argumentation oder den Inhalt Ihrer Frage mache ich mir aber überhaupt nicht zu eigen.

Frage: Herr Ziercke hat sich ja auch auf das Vertrauen bezogen, das Herr de Maizière im angeblich schon ausgesprochen hat. Gab es denn ein direktes Gespräch zwischen den beiden, in dem er das getan hat, oder ist das eher ein Allgemeinplatz, von dem er ausgeht?

Paris: Das Wort "angeblich" haben Sie gerade gewählt. Ich habe Ihnen vor 40 Sekunden gesagt, dass der Bundesminister Vertrauen in die Arbeit des BKA-Präsidenten hat. Das sage ich heute um 12.27 Uhr, und dementsprechend ist das für Sie die aktuellste Information.

Zusatzfrage: Gab es denn ein Gespräch, haben beide miteinander gesprochen?

Paris: Sie können davon ausgehen, dass zwischen dem Chef des Bundeskriminalamtes und dem Innenministerium einschließlich des Bundesinnenministers regelmäßig Kontakte stattfinden.

Frage: Herr Seibert, bleibt es bei der planmäßigen Auswechselung an der BKA-Spitze im Herbst 2014?

StS Seibert: Das Bundesinnenministerium ist die vorgesetzte Behörde des Bundeskriminalamts. Ich glaube, Herr Paris hat dazu schon am besten gesprochen.

Zusatzfrage: Ich dachte nur, die Regierung habe bei so einer Top-Besetzung einen Diskussionsstand, der auch die Kanzlerin tangiert.

StS Seibert: Er spricht ja auch für den Innenminister dieser Bundesregierung.

Paris: So ist es. - Herr Ziercke wird zur Herbsttagung aus dem Amt scheiden. Die Herbsttagung wird irgendwann im November sein; ich glaube, ziemlich Mitte November dieses Jahres.

Frage : Hätte Herr Ziercke eigentlich das Ministerium informieren müssen, dass Herr Oppermann im Oktober in Sachen Edathy beim BKA angerufen hat?

Paris: Herr Heller, auch diese Frage ist im Innenausschuss besprochen und geklärt worden; Herr Ziercke selbst hat sich dazu geäußert und hatte hier auch noch einmal entsprechend dazu ausgeführt. Ich habe dazu nichts mehr zu ergänzen oder beizutragen.

Frage : Herr Paris, Sie sagten eben, der in Rede stehende Abteilungsleiter sei entlassen worden. Meinten Sie "entlassen" im Sinne von disziplinarrechtlich, oder war das sozusagen nur unrein formuliert?

Paris: Vielleicht habe ich es unrein formuliert. Er ist nicht mehr im Dienst. Aber wie gesagt, zu den genauen Geschehnissen - wann der Betroffene disziplinarrechtlich und auch strafrechtlich bearbeitet worden ist - kann ich Ihnen im Moment nicht sagen, einfach weil ich es schlicht und ergreifend nicht weiß. Er ist aber nicht mehr im Dienst, und ich möchte auf die Erklärung verweisen, die das BKA am Freitag, dem 28. Februar, herausgegeben hat. Auf Seite 1 dieser Erklärung findet sich dazu ein Passus.

Frage: Herr Paris, eine Nachfrage zum Fall Edathy, was die Berliner Staatsanwaltschaft angeht: Da wartet man irgendwie immer noch auf eine Ermächtigung; das hatte Ende letzter Woche ein bisschen für Diskussionen gesorgt. Ist diese Anfrage mittlerweile da? Müsste die längst vorliegen oder hat das alles noch Zeit? Wie bewerten Sie das?

Paris: Mir ist nicht bekannt, dass bei uns vonseiten einer zuständigen Staatsanwaltschaft eine entsprechende Bitte eingegangen wäre. Ich habe eben auch Ihren OTS-Ticker dazu gesehen. Da heißt es, dass die Berliner Staatsanwaltschaft etwas auf den Weg gebracht habe. Da kann ich nur sagen: Schauen wir einmal, ob das, was eine Staatsanwaltschaft auf den Weg gebracht hat, irgendwann auch bei uns landen wird. Im Moment ist es nicht da. Wenn es kommt, wird es geprüft und auch entsprechend bearbeitet.

Frage: Herr Paris, verstehe ich es richtig, dass bis dahin - also solange Ihr Minister diese Ermächtigungserklärung nicht hat und auch nicht unterschrieben, genehmigt oder was auch immer hat - keine Ermittlungen gegen den Politiker Friedrich laufen können?

Paris: Herr Wonka, das müssen Sie die Staatsanwaltschaft fragen, die dazu ermittelt; das können Sie nicht mich fragen. Die Frage, die Sie an mich richten können, kann sich nur darauf beschränken, ob wir von einer Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang befasst worden sind. Das kann ich im Moment nur mit Nein beantworten. Wenn etwas kommen sollte, dann werden wir es prüfen, dann werden wir es bearbeiten und sicherlich nicht unbeantwortet lassen. Was dann weiter passiert, müssten Sie bitte die Staatsanwaltschaft fragen; denn das ist die Behörde, die dazu Auskunft geben kann, das bin ich nicht ich.

Zusatzfrage: Aber könnten Sie netterweise noch einmal sagen, welche Funktion diese Ermächtigungserklärung hat, die gegenüber der Staatsanwaltschaft dann zurückbeantwortet werden würde?

Paris: Das ist eine gesetzliche Voraussetzung in dem entsprechenden Paragraphen, an die sich eine Ermittlungsbehörde zu halten und mit der sie umzugehen hat. Wenn sie das tut, dann wird es dort beziehungsweise dann müsste es bei der nach dem Gesetz zuständigen Stelle landen. Das wären gegebenenfalls wir. Aber wie gesagt, ich bin da der der falsche Befragte, denn ich bin nicht Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft beziehungsweise einer Staatsanwaltschaft.

Frage : Eine kurze Frage an das Finanzministerium zum Thema Bitcoin: Die Pleite der Bitcoin-Tauschbörse Mt. Gox hat jetzt unter anderem US-Behörden auf den Plan berufen und dort soll darauf reagiert werden. Ich glaube, auch in Großbritannien gibt es Pläne, auf gesetzgeberischem Wege etwas zu tun. Gibt es solche Pläne auch für Deutschland?

Narzynski: Ich glaube, diese Börse beziehungsweise der Handelsplatz, von dem Sie sprechen, ist in Japan. Deutsche Handelsplätze werden selbstverständlich von der Finanzaufsicht überwacht und überprüft. Im Übrigen: Wenn Sie auf die Internetseiten der Deutschen Finanzaufsicht gehen, dann finden Sie dort auch sehr intensive Hinweise zu Bitcoins, zu Risiken von Bitcoins und zu Risiken in Bezug auf den Handel.

Zusatzfrage : Es besteht also kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf?

Narzynski: Ich kann hier keiner Prüfung vorgreifen, ob durch diese Vorgänge an irgendeiner Stelle ein gesetzgeberischer Veränderungsbedarf vorliegt. Es ist aber selbstverständlich bereits der Fall, dass die Finanzaufsicht Handelsplätze in Deutschland prüfen kann.

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 3. März 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/03/2014-03-03-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2014