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PRESSEKONFERENZ/760: Regierungspressekonferenz vom 19. März 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 19. März 2014
Regierungspressekonferenz vom 19. März 2014

Themen: Kabinettssitzung (Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an einer EU-geführten Ausbildungsmission in Somalia, Bericht der Bundesregierung über den Stand des Bürokratieabbaus, Lage in der Ukraine), Nato-Luftraumüberwachung im Baltikum, Personalie, Mindestlohn/Treffen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Medienberichte über neues Telefonüberwachungsprogramm der NSA, Liste der OPCW in Bezug auf Beteiligung von deutschen Firmen an syrischem Giftgasprogramm, Afrika-Konzept der Bundesregierung, Proteste von Mitarbeitern von Firmen im Windenergiebereich, Gesetz zur Sukzessivadoption, Bundesinnenminister als möglicher Kandidat für das Amt des Nato-Generalsekretärs

Sprecher: StS Seibert, Narzynski (BMF), Schäfer (AA), Toschev (BMWi), Gerhartz (BMVg), Zado (BMJV), Ehrentraut (BMAS), Paris (BMI), Rülke (BMJV)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Das Kabinett hat sich zunächst mit der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an einer EU-geführten Ausbildungsmission in Somalia befasst und beschlossen, dass sich Deutschland mit bewaffneten Streitkräften an dieser EU-geführten militärischen Ausbildungsmission beteiligen soll. Der Beschluss sieht vor, dass bis zu 20 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden können, und zwar längstens bis zum 31. März 2015. Diese Mission hat schon im Jahr 2010 begonnen. Deutsche Soldaten waren von Anfang an in gleicher Stärke eingesetzt. Als Grundlage dafür gab es einen Kabinettsbeschluss.

Die Ausbildung fand zu damaliger Zeit und bis Ende 2013 in Uganda statt. In den Ausbildungsdurchgängen wurden insgesamt etwa 3.600 somalische Soldaten ausgebildet, die heute den Kern der somalischen Streitkräfte bilden.

Im Dezember 2013 wurde die Ausbildungseinrichtung in Uganda geschlossen und nach Mogadischu, in die Hauptstadt Somalias, verlegt. Aufgrund der dort existierenden Bedrohungslage ist nun auch für die Umsetzung dieses Beschlusses die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages nötig.

Deutschland - ich möchte etwas ausholen - engagiert sich im Rahmen der EU am Horn von Afrika bereits sehr stark, und zwar im Rahmen eines vernetzten Ansatzes. Neben Atalanta sind wir auch an der Mission EUCAP Nestor beteiligt, die zum Ziel hat, professionelle Küstenwachen in den Ländern der Region aufzubauen.

Die kommenden zwei Jahre bis 2016 werden für die weitere Entwicklung, für die Zukunft Somalias, von entscheidender Bedeutung sein. Frieden und Stabilität im Land sind wichtig, damit endlich Fortschritte bei der politischen Stabilisierung des Landes, bei der gesellschaftlichen Aussöhnung und vor allem, im Interesse der Menschen, auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung erzielt werden können. Nach unserer Überzeugung leistet diese EU-geführte Ausbildungsmission dazu einen wesentlichen Beitrag. Der Aufbau der somalischen Streitkräfte fördert die nachhaltige Befriedung und Stabilisierung Somalias und damit der weiteren Region.

Anschließend hat das Kabinett den jährlichen Bericht der Bundesregierung über den Stand des Bürokratieabbaus zur Kenntnis und entgegengenommen. Ich will es kurz machen: Die Bundesregierung treibt den Bürokratieabbau erfolgreich voran. Der Bericht erläutert auch im Einzelnen die Fortschritte beim Abbau von Bürokratiekosten.

Ich nenne vielleicht nur ein einziges Beispiel, an dem dies für Sie ein bisschen greifbarer wird, nämlich beispielsweise die Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Sie hat sich für die Bürgerinnen und Bürger so ausgewirkt, dass sie sie jährlich um 12 Millionen Euro entlastet und den Zeitaufwand - jemand hat das zusammengerechnet - hierfür um mehr als 2 Millionen Stunden im Jahr verringert hat.

Die Rückschau auf das vergangene Jahr zeigt: Wichtige Ziele des Bürokratieabbaus und der besseren Rechtsetzung sind erreicht worden. Auf dieser Grundlage wird das Regierungsprogramm systematisch weiterentwickelt. Es gilt auch hier, die Zusagen des Koalitionsvertrages einzulösen. Darin heißt es wörtlich:

"Wir wollen bei den Informations- und Nachweispflichten zu einer Entlastung kommen und den Erfüllungsaufwand verringern."

Dieser Bericht wird nun an den Bundestag und den Bundesrat weitergereicht.

Wir kommen jetzt zum Thema Ukraine. Das Kabinett hat heute zugestimmt, dass zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits die politischen Teile des Assoziierungsabkommens unterzeichnet werden können. Diese Unterzeichnung ist für den 21. März durch die Staats- und Regierungschefs der EU sowie den ukrainischen Ministerpräsidenten vorgesehen. Wir sehen darin ein wichtiges Signal der Unterstützung an die Ukraine. Es ist aber auch ein deutliches Signal an Russland. Die EU akzeptiert nicht, dass durch wirtschaftlichen, politischen und militärischen Druck von außen außenpolitische Entscheidungen anderer Länder beeinflusst werden.

Die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU bedeutet aber nicht, dass die Ukraine in Zukunft keine engen und besonders guten Beziehungen zu anderen Nachbarstaaten haben kann. Es ging immer - es geht auch in diesem Fall - um das Sowohl-als-auch und nicht um ein Entweder-oder. Dazu hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit mehrfach ganz klar geäußert.

Der politische Teil des Abkommens bezieht sich auf die Bereiche politischer Dialog, politische Assoziierung und Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. Des Weiteren wird die gemeinsame Wertegrundlage betont, die die Vertragspartner, also die EU und die Ukraine, dann verbindet. Einige dieser politischen Abschnitte werden mit der Unterzeichnung vorläufig angewendet.

Neben der Unterzeichnung des politischen Kapitels des Assoziierungsabkommens strebt die Kommission bis Mitte April an, eine Verordnung zu verabschieden, die der Ukraine einseitig Handelserleichterungen einräumt.

Die Unterzeichnung des handelspolitischen Teils dieses Assoziierungsabkommens und des Freihandelsabkommens ist erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen.

Da wir beim Thema Ukraine sind, verlasse ich jetzt kurz den Bericht aus dem Kabinett und würde gerne noch ein, zwei Dinge dazu sagen.

Die Bundesregierung verurteilt die Anerkennung der Krim durch Russland und den Vertragsschluss über den Beitritt der Krim und Sewastopols zur Russischen Föderation. Ebenso wie das vorausgegangene militärische Eingreifen Russlands auf der Krim ist dieser Schritt völkerrechtswidrig. Es handelt sich um das einseitige unilaterale Ziehen neuer Grenzen und damit um einen massiven Eingriff in die territoriale Unversehrtheit der Ukraine. Die Bundesregierung wird diese Schritte der Russischen Föderation selbstverständlich nicht anerkennen. Russland geht einen international isolierten Weg. Dies ist ein Weg, der große Gefahren für das Zusammenleben der Staaten in Europa birgt.

Die Berichte über Tote auf der Krim aufgrund von Übergriffen auf ukrainische Militäreinrichtungen zeigen uns die gesamte Brisanz dieses Vorgehens. Wir rufen Moskau und alle Verantwortlichen auf der Krim eindringlich zur Mäßigung auf.

Russland hat sich nicht als Partner für Stabilität mit der ihm so eng verbundenen Ukraine erwiesen, sondern es nutzt die Krise in der Ukraine aus.

Staatspräsident Putin hat in seiner Rede gestern die Annexion der Krim mit der deutschen Einheit, mit der deutschen Wiedervereinigung verglichen. Zurzeit werden mancherlei schiefe historische Parallelen bemüht. Dieser Vergleich ist ein erstaunlicher Vergleich. Wir haben in Deutschland nicht vergessen, dass sich die damalige Sowjetunion unter Michail Gorbatschow dem Prozess unserer friedlichen Wiedervereinigung nicht in den Weg gestellt hat. Darüber sind wir bis heute froh. Aber die deutsche Einheit hat zwei getrennte Staaten einer Nation wieder zusammengeführt. Das russische Eingreifen führt hingegen zu einer Teilung der Ukraine.

Außerdem war die deutsche Einheit durch den Zwei-plus-Vier-Prozess in beispielhafter Weise von der internationalen Gemeinschaft begleitet. Moskau jedoch hat sich immer einer Kontaktgruppe, etwa mit dem Ziel, über Autonomierechte für die Krim zu sprechen, entgegengestellt. Die Bundesregierung sieht keinerlei Parallelen zwischen der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands und den Ereignissen auf der Krim.

Der Europäische Rat wird morgen und übermorgen in Brüssel über Maßnahmen als Antwort auf das russische Vorgehen beraten. Er wird dabei entschlossen und besonnen entscheiden. Gleichzeitig muss es auch in dieser neuen Situation darum gehen, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Ein Übergreifen der Krise auf den Osten und den Süden der Ukraine könnte unabsehbare Folgen haben.

So waren sich die Bundeskanzlerin und Präsident Obama gestern bei ihrem Telefongespräch sehr einig in der Bereitschaft, auch weiterhin den Weg des politischen Dialogs zu suchen und den Weg der politischen Verständigung zu gehen. Zu diesem Zweck halten wir eine Beobachtermission der OSZE - ich möchte dazusagen: eine zahlenstarke Beobachtermission der OSZE -, gerade in der Ost- und Südukraine für wichtig und vordringlich. Wir arbeiten weiter intensiv daran. Der Bundesaußenminister hat sich heute Morgen bereits dazu geäußert. Es ist bedauerlich, dass ein gemeinsamer Beschluss der OSZE durch Russland weiter hinausgezögert wird.

Der Europäische Rat wird zudem Gelegenheit geben, um darüber zu sprechen, wie die konkrete und dringend notwendige Unterstützung für die Ukraine jetzt auch zeitnah umgesetzt werden kann. Die Ukraine - lassen Sie mich das vielleicht zusammenfassend sagen - soll ein Ort des friedlichen Zusammenlebens für alle ihre Bürger sein. Dabei werden wir sie weiter unterstützen.

Frage: Herr Seibert, schließen Sie aus oder ist es ausgeschlossen, dass auf dem Europäischen Rat oder auf dem G7-Treffen vermutlich am Dienstag in Den Haag auch über Wirtschaftssanktionen diskutiert wird? Könnten Sie auch Genaueres sagen, wann und wie dieses G7-Treffen mit Obama stattfinden wird? Glauben Sie, dass da das Thema Wirtschaftssanktionen wieder auf den Tisch kommt?

StS Seibert: Lassen Sie mich etwas dazu sagen. Die G7-Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs am Rande des Den Haager Gipfels für Nukleare Sicherheit wird in der Tat vorbereitet. Das Thema dieses Treffens, dieser Zusammenkunft soll die Lage in der Ukraine sein. Die Chefs der G7-Staaten wollen sich über ihr weiteres Vorgehen abstimmen.

Ich möchte hervorheben, dass eine solche Zusammenkunft am Rande dieses Gipfels in Den Haag kein Gipfel ist und auch keinen Gipfel ersetzen soll. Eine Entscheidung, wie mit dem anstehenden Gipfel der G8 in Sotschi umgegangen wird, ist darüber hinaus weiterhin nicht gefallen. Die Erklärung der G7 vom vergangenen Mittwoch in dieser Frage gilt fort.

Die Bundesregierung und ihre 27 Partnerregierungen in der EU werden sich morgen in Brüssel mit einer angemessenen Reaktion auf die russischen Maßnahmen und auf die Unabhängigkeitserklärung der Krim befassen. Wir tun dies auf Basis der Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs von ihrem letzten Treffen. Wir sind in der sogenannten zweite Phase der Maßnahmen. Es wird darüber zu diskutieren sein, ob innerhalb dieser zweiten Phase noch weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Frage: Ich habe zwei Fragen, zum einen noch einmal zu der gestrigen Rede von Herrn Putin, nämlich die Frage, wie die Kanzlerin eigentlich diese Rede erlebt hat und ob sie die Rede jetzt als Ermutigung für ihren weiteren Dialogprozess oder eher als entmutigend erlebt hat. Frau Timoschenko hat heute in der "Bild"-Zeitung sogar von "Putins faschistischer Propaganda" gesprochen und deutliche Parallelen zu Hitler gezogen. Auch Frau Merkel hat schon einmal vom 19. und 20. Jahrhundert gesprochen, in dem sich Putin mental bewege. Wie bewertet sie also diese Rede?

Die zweite Frage - möglicherweise auch an das Finanzministerium - dreht sich um die Finanzhilfen an die Ukraine. Das kann ja möglicherweise am Ende eine größere Summe sein. Jetzt heißt es immer, das Völkerrecht stehe über Wirtschaftsinteressen. Steht das Völkerrecht möglicherweise auch über der Haushaltsdisziplin? Würde die Bundesregierung also möglicherweise auch ihre Haushaltsziele hintanstellen, wenn es darum geht, die Ukraine vor Russland zu retten?

StS Seibert: Wenn ich mich hier äußere, dann tue ich das für die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung. Insofern können Sie das, was ich gerade zur Rede des russischen Präsidenten gesagt habe, auch auf die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung beziehen.

Narzynski: Zu Finanzhilfen: Ich will vielleicht an die G7-Erklärung der Finanzminister von Anfang des Monats erinnern. In der Erklärung haben die Finanzminister ja sehr deutlich gemacht, dass sie auf eine international abgestimmte Finanzhilfe für die Ukraine setzen, die also Hilfen des IWF - vor allen Dingen auch eine Koordinierung durch den IWF - und Hilfen der Weltbank und der EU kombiniert. Irgendeinen Zusammenhang mit Haushaltszielen dieser Bundesregierung kann ich nicht erkennen.

Frage: Die Bundesregierung hat gerade friedliche und gewaltlose Akte in der Ukraine angesprochen. Aus der Regierungskoalition kam gestern heraus, dass faschistische Abgeordnete gewaltsam den Fernsehdirektor abgesetzt haben. Welche Meinung hat die Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Ich weiß nicht genau, worauf Sie jetzt anspielen. Ich kenne die Meldung, auf die Sie anspielen, nicht.

Ich kann - was auch eine Selbstverständlichkeit ist, aber ich wiederhole es gerne - ganz grundsätzlich für die Bundesregierung sagen: Jedwedes extremistische, antirechtsstaatliche oder antidemokratische Gedankengut wird von uns natürlich nicht nur nicht unterstützt, sondern es widerspricht unseren Vorstellungen und wird von uns selbstverständlich auch verurteilt. Das gilt auch für solche Kräfte in der Ukraine.

Schäfer: Herr Seibert hat ja sehr ausführlich vom Kabinettsbeschluss gesprochen, dessen Inhalt es war, dass die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union bereit ist, morgen Teile des Assoziationsabkommens mit der Ukraine zu unterzeichnen. In diesem Zusammenhang - das haben der Außenminister und die Bundesregierung schon mehrfach getan - will ich nur noch einmal daran erinnern, dass wir damit natürlich auch klare Erwartungen an die Adresse der Ukraine und an die neue ukrainische Führung verbinden. Dazu gehören eine inklusive Regierung, Verwaltung und Politik für alle Ukrainer in allen Teilen des Landes. Dazu gehört auch ausdrücklich die Distanzierung von extremistischen Gruppen.

Mir ist genauso wenig wie Herrn Seibert der Fall bekannt, von dem Sie gerade gesprochen haben, aber vielleicht passt Ihnen das als Antwort: Eine Distanzierung von extremistischen Gruppen, wie auch immer man sie qualifiziert, ist für uns eine ganz wichtige Angelegenheit, und zwar genauso wie andere Grundsätze, deren Einhaltung ja in der Vereinbarung vom 21. Februar auch von der damaligen Opposition zugesagt worden ist, etwa ein Prozess der Reform beziehungsweise der Ausarbeitung einer neuen Verfassung, baldige Wahlen und die Aufklärung der Verbrechen auf dem Maidan von Mitte Februar.

Frage: Herr Seibert, nun hat Wladimir Putin die Teilnahme am Nukleargipfel in Den Haag offensichtlich noch nicht abgesagt. So besteht ja auch die Möglichkeit des persönlichen Aufeinandertreffens. Ist da in irgendeiner Weise ein bilaterales Treffen zwischen Wladimir Putin und der Bundeskanzlerin geplant, oder wird das sogar kategorisch ausgeschlossen? Wie sieht das aus?

StS Seibert: Ich kenne die Reisepläne des russischen Präsidenten nicht. Deswegen kann ich dazu nichts sagen. Geplant ist eine Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der G7 am Rande dieses Gipfels.

Zusatzfrage: Und wenn er kommen würde?

StS Seibert: Hypothetische Fragen kann ich nicht beantworten.

Frage: Nun hat Putin gestern in seiner Rede auch davon gesprochen, dass Russland vom Westen im Grunde seit 1991 ständig in die Ecke gedrängt worden sei. Man habe hinter Russlands Rücken Beschlüsse getroffen, Russland sei betrogen worden, und nun sei in der Ukraine endgültig eine rote Linie überschritten worden. Sind das aus Ihrer Sicht völlig aus der Luft gegriffene Vorwürfe, oder ist an denen vielleicht doch ein Stück Wahrheit dran?

StS Seibert: Ich will hier nicht ein historisches Proseminar zur Rede des russischen Präsidenten eröffnen. Die Bundesregierung wird die gesamte Rede natürlich eingehend studieren. Sie enthält aus unserer Sicht keine Argumente, die vergessen machen könnten, dass das russische Eingreifen in der Ukraine und auf der Krim im Widerspruch zu Verträgen steht, die Russland selbst unterschrieben hat, und im Widerspruch zum internationalen Recht steht.

Frage: Welche Teile des Abkommens mit der Ukraine werden denn vorerst nicht unterschrieben, nicht in Kraft gesetzt oder bleiben ausgesetzt?

Schäfer: Die Bundesregierung hat in ihrem Beschluss - ich denke, im Gleichklang mit all ihren Partnern - heute beschlossen, dass morgen die Präambel sowie die ersten drei Kapitel des Assoziierungsabkommens unterzeichnet werden sollen. Die betreffen zunächst einmal die gemeinsame politische Zielsetzung. Die betreffen dann den politischen Dialog zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, die betreffen die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Europäischen Union auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik, und sie betreffen Grundzüge der Zusammenarbeit auch im Bereich von Grundrechten und der Justiz. Das ist für uns Europäer deshalb so wichtig, weil es ja unser Ziel ist, dass in der Ukraine genau diejenigen Grundwerte und Grundrechte Geltung bekommen, die auch für uns überall in der Europäischen Union wichtig sind. Deshalb glauben wir, dass es der richtige Schritt ist, jetzt diesen Weg mit den Ukrainern zu gehen.

Im Übrigen vielleicht noch zur Ergänzung: Als der damalige ukrainische Präsident Janukowitsch kurz vor dem Gipfel von Vilnius - ich glaube, es war am 20. oder 21. November des vergangenen Jahres - die Entscheidung bekannt gab, dass er das Assoziationsabkommen für die Ukraine nicht zu unterzeichnen beabsichtige, war das sozusagen der Auslöser für die Proteste auf dem Maidan, die uns ja in den letzten Monaten regelrecht in Atem gehalten haben. Die Antwort der Europäischen Union auf die Weigerung der damaligen ukrainischen Staatsführung, das Assoziationsabkommen zu unterzeichnen, war stets und immer, dass das Abkommen weiter auf dem Tisch liegt und es an der Ukraine ist, zu sagen, wann sie gedenkt, dieses Abkommen zu unterzeichnen.

Es gibt große Teile - insbesondere den handels- und wirtschaftspolitischen Teil -, hinsichtlich derer wir es für vernünftig halten, sie jetzt noch nicht zu unterzeichnen, einfach deshalb, weil es gute Gründe dafür gibt, anzunehmen, dass die Ukraine in der jetzigen Lage nicht wirklich optimal darauf vorbereitet ist. Es ergibt Sinn, auch auf einen Zeitpunkt zu warten, nach dem es eine neue demokratische Legitimation - etwa durch Präsidentschaftswahlen, gegebenenfalls auch durch Parlamentswahlen - in der Ukraine gegeben hat, um die neue und dann auch demokratisch ins Amt gewählte Führung der Ukraine in die Lage zu versetzen, dann die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es bleibt dabei: Für uns steht einer Unterzeichnung des Assoziationsabkommens grundsätzlich nichts im Wege.

Frage: Frau Timoschenko hat gestern zur Putin-Rede gesagt, dass das faschistische Propaganda sei. Sie hat Putin mit Hitler verglichen. Findet die Bundesregierung das hilfreich, gerade jetzt, also im Ukraine-Deeskalationsversuch?

StS Seibert: Ich habe für die Bundesregierung dargelegt, was unsere Haltung zu dieser Rede ist. Ich kann und will hier nicht jede Wortmeldung aus der ukrainischen Innenpolitik bewerten.

Zusatz: Aber die Kanzlerin ist doch gerade mit Frau Timoschenko dicke.

StS Seibert: Diese Behauptung ist nicht nur seltsam ausgedrückt, sie stimmt auch nicht.

Frage: Ich habe noch eine Frage zur OSZE-Beobachtermission. Wenn ich mich richtig erinnere, hieß es eigentlich, dass Putin ihr grundsätzlich zugestimmt habe. Jetzt ist die Frage: Wo liegt denn dabei jetzt noch der Dissens? Was ist das Problem? Warum ist sie bislang nicht zustande gekommen?

StS Seibert: Herr Schäfer wird das gleich sagen. Ich habe vorhin nicht ohne Not den Begriff "zahlenstarke Mission" hervorgehoben, und ich glaube, darin liegt auch ein Teil der Erklärung.

Schäfer: Ich glaube, es ergibt zunächst erst einmal Sinn, einfach nur einmal zu erläutern, um was für eine Mission es sich eigentlich handelt. Es gibt dabei nämlich durchaus rechtliche, aber damit auch politische Unterschiede zu der militärischen Beobachtermission, die sich ja zurzeit noch in der Ukraine befindet, deren Mandat aber in den nächsten Tagen auslaufen wird.

Die militärische Beobachtermission, an der auch Angehörige der deutschen Bundeswehr, also Vertreter Deutschlands, teilgenommen haben, hielt sich auf Grundlage des sogenannten Wiener Dokuments der OSZE in der Ukraine auf. Das ist ein Instrument der Rüstungskontrolle, das es möglich macht und erlaubt, sich sozusagen gegenseitig zu beobachten, wenn es etwa militärische Truppenbewegungen oder Ähnliches gibt. Auf dieser Grundlage haben sich eben zahlreiche Beobachter im Rahmen der OSZE in der Ukraine aufgehalten.

Worum es jetzt geht, ist etwas anderes. Das ist nämlich eine, wie Herr Seibert gerade schon gesagt hat, möglichst zahlenstarke zivile Beobachtermission der OSZE, die die OSZE und damit auch ihre Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, sozusagen mit eigenen Augen und Ohren vor Ort, in den Teilen der Ukraine, in denen das für erforderlich gehalten wird, zu beobachten, was dort tatsächlich passiert, und zwar im Hinblick auf die Werte und Prinzipien, die der OSZE eigen sind. Eine solche zivile Beobachtermission kann - das ist damals eines der Grundprinzipien der KSZE gewesen und ist jetzt eines der Grundprinzipien der OSZE - nur mit Zustimmung aller Mitgliedsstaaten - das heißt in diesem Fall: auch einschließlich der Zustimmung der ukrainischen Gastgeber und auch Russlands - auf den Weg gebracht werden.

Es gibt über diese Frage seit vielen Tagen ernste und sehr intensive Beratungen der OSZE in Wien und unter den OSZE-Botschaftern, in die sich aber immer wieder auch die Hauptstädte einschalten. Die Bundeskanzlerin hat das getan. Der Außenminister hat heute Morgen mit dem russischen Außenminister, aber auch mit dem amtierenden Vorsitzenden der OSZE - Herrn Burkhalter, dem Schweizer Bundespräsidenten und Außenminister - telefoniert. Dabei ging es heute Morgen ganz explizit darum, wie sozusagen die letzten Hindernisse, die noch im Raum stehen, bevor es eine einstimmige Entscheidung über die Entsendung einer solchen OSZE-Beobachtermission geben kann, aus dem Weg geräumt werden können.

Eine der Fragen, die im Raum stehen, ist in der Tat die Zahl der Beobachter, die in die Ukraine entsandt werden dürfen. Es geht aber auch um andere Fragen. Es geht etwa um die Frage, in welchen Regionen beziehungsweise Oblasten - so nennen sich die Bezirke in der Ukraine - diese Beobachter tätig werden dürfen. Es gibt ein Interesse Russlands daran, dass diese Beobachter auch im Westen der Ukraine eingesetzt werden sollen. Aus unserer Sicht sollte der Fokus insbesondere auf der Lage im Süden und im Osten der Ukraine liegen. Wir hoffen, dass es wirklich innerhalb kürzester Zeit noch gelingen kann, die letzten Vereinbarungen zu erzielen, damit diese Beobachtermission nicht morgen und nicht übermorgen, sondern möglichst heute und wirklich unverzüglich auf den Weg gebracht werden kann, einfach deshalb, weil die Lage in der Ukraine extrem explosiv ist und es gut wäre, wenn es gelingen könnte, diese Beobachter dorthin zu bringen, um auf diese Art und Weise einen wichtigen Beitrag zur Deeskalation zu leisten. - Jetzt war das ein wenig lang. Ich hoffe, ich konnte das ein wenig erläutern.

Frage: Ich hätte eine Frage an Herrn Seibert und Herrn Schäfer. Nun bemühen sich sowohl die Kanzlerin als auch der Außenminister wirklich seit Wochen sehr intensiv darum, dort irgendwie zu vermitteln, und zwar durch Telefongespräche, Reisen und alles Mögliche. Gibt es irgendeinen Erfolg, sei es auch nur ein minimaler, den Sie nennen könnten, den diese Bemühungen bisher erbracht haben?

StS Seibert: Die Beurteilung überlasse ich Ihnen. Ich glaube, es ist richtig, dass sich die Bundesregierung bei einem Konflikt dieser Schwere, der plötzlich aufgetaucht ist, mit allen ihren Kräften dafür einsetzt, diplomatisch und immer in Abstimmung mit unseren westlichen Partnern sowie mit der Europäischen Union alles zu tun, um zu deeskalieren und um Möglichkeiten für eine friedliche Lösung aufzuzeigen. Wir haben das mit der Kontaktgruppe getan. Wir haben das in der Tat auch mit der Idee einer OSZE-Beobachtermission getan, die wir sehr stark unterstützen.

Die Tatsache, dass die Kontaktgruppe nicht zustande gekommen ist, kann man bedauern. Um diese Kontaktgruppe gerungen zu haben, ist deswegen nicht falsch gewesen, sondern es war richtig. Es ist genauso richtig, sich jetzt mit allen Kräften, die wir haben, und im Verein mit unseren Partnern dafür einzusetzen, eine zahlenstarke, sinnvolle OSZE-Mission auf die Beine zu stellen.

Schäfer: Ich würde für den Außenminister gerne noch ergänzen wollen, dass er sich wie die ganze Bundesregierung seiner Verantwortung dafür bewusst ist, was dabei auf dem Spiel steht. Er hat nicht umsonst gesagt, dass Europa buchstäblich vor einer neuen Spaltung steht. Er hat nicht umsonst gesagt, dass wir zurzeit vor der schwersten Krise seit dem Ende des Falls der Mauer stehen. Das, was da innerhalb etwa einer Generation und über mehr als 20 Jahre hinweg an europäischer Friedensordnung, an Mechanismen der Konfliktlösung in der OSZE und im Europarat aufgebaut worden ist, sowie die wirtschaftlichen Verflechtungen, die in vielfältiger Weise entstanden sind und die es vorher nie in dieser Intensität gegeben hat - all das könnte auf dem Spiel stehen. Deshalb ergibt es jeden Sinn, jeden Versuch zu unternehmen, sozusagen Schlimmeres zu verhüten und all das, was wir da eben erreicht haben, nicht einfach so wegzugeben.

Im Übrigen - ich glaube, das lernt man, wenn man Geschichte studiert, in der ersten Stunde -: Fragen danach, was gewesen wäre, wenn dieses oder jenes anders gelaufen wäre, verbieten sich sozusagen bei der Betrachtung, jedenfalls bei der Betrachtung von Geschichte, auch wenn das, auf das Sie jetzt anspielen, nämlich die letzten zwei Wochen, schon in der Vergangenheit liegt und damit Geschichte ist. Es ergibt keinen Sinn, zu fragen, was gewesen wäre und wer weiß, wo wir wären, wenn es nicht die Versuche von uns gegeben hätte - von der Bundesregierung und auch von anderen -, mit den Russen und allen anderen Spielern im engsten Gespräch zu bleiben und die Gesprächsfäden einfach nicht abreißen zu lassen.

StS Seibert: Es ist gelungen, wenn ich das sagen darf, in all diesen Tagen und Wochen eine geeinte europäische und transatlantische Reaktion zustande zu bringen, und wir werden uns dafür einsetzen, dass das auch so bleibt.

Frage: Die britische Regierung hat angekündigt, dass sie Waffenexporte aus Großbritannien in die Russische Föderation stoppen will. Deshalb stelle ich die Frage: Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung in Bezug auf deutsche Waffenexporte? Würden Sie also sagen, dass deutsche Unternehmen bis auf Weiteres keine Rüstungsgüter mehr nach Russland exportieren sollen und dass Sie bereits erteilte Genehmigungen zurückziehen?

StS Seibert: Ich habe gesagt, dass wir jetzt in Brüssel auf europäischer Ebene darüber sprechen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, und zwar welche Maßnahmen von den Maßnahmen, die wir uns für die zweite Phase der Sanktionen, wenn Sie so wollen, vorgenommen haben. Darüber werden wir sprechen. Natürlich werden die Briten auch ihre Ideen, sofern sie darüber hinausgehende haben, einbringen. Uns geht es jetzt um diese Maßnahmen, die wir eben für die zweite Phase miteinander besprochen haben.

Grundsätzlich wissen Sie, wie unsere Haltung zu Rüstungsexportgenehmigungen ist: Dabei wird immer der Einzelfall geprüft, und er wird natürlich auch immer mit Blick auf die aktuelle Situation geprüft.

Zusatzfrage: Es geht ja wohl im Augenblick konkret darum, dass der Rheinmetall-Konzern ein sogenanntes Gefechtsübungszentrum liefern soll, in dem dann russische Panzereinheiten und deren Soldaten sozusagen unter echten Bedingungen Krieg üben sollen. Dieses Zentrum soll demnächst in Russland aufgebaut werden. Ist es in der gegenwärtigen Situation eine gute Idee, dort mit deutscher Technik so eine Anlage aufzubauen?

Toschev: Ich kann das vielleicht noch ein bisschen ergänzen. Der Regierungssprecher hat ja gerade schon grundsätzlich gesagt, wie sich die Rüstungsexportkontrollpolitik gestaltet, nämlich immer in Abhängigkeit vom Einzelfall und von der Lage vor Ort. Für Russland gilt: Für den Export von Kriegswaffen nach Russland gab es schon seit vielen Jahren - mindestens seit zehn Jahren - keine Genehmigungen mehr.

Für sonstige Rüstungsgüter gab es hin und wieder Genehmigungen. Das bezog sich aber zum Beispiel auf Jagdwaffen und dergleichen.

Das Zentrum, das Sie ansprechen, betrifft meines Erachtens einen Sachverhalt, der aus dem Jahr 2011 stammt; zumindest liegen mir jetzt keine aktuellen Erkenntnisse vor. Dazu ist auch im damaligen Rüstungsexportkontrollbericht berichtet worden. Das fällt, wie gesagt, wenn es denn darunter fällt, unter die Kategorie "sonstige Rüstungsgüter", die im Vergleich keine großen Beträge ausmachten. Einzelheiten dazu liegen mir jetzt nicht vor, auch nicht zur aktuellen Lage vor Ort. Ich verweise noch einmal auf den Bericht aus dem Jahr 2011.

Frage: Herr Schäfer, Sie sagen, es gibt einen Unterschied bei den Zahlen in Bezug auf die OSZE-Mission. Über welche Zahlen, über welche Größenordnungen reden wir?

Zweitens eine Frage zur Nicht-Anerkennung der Krim. Nun hat sich ja die Halbinsel nicht in Luft aufgelöst. Es gibt irgendwelche täglichen Beziehungen wirtschaftlicher Art, touristischer Art. Was bedeutet das praktisch? Beispiel: Wenn ein Krim-Bürger mit einem russischen Pass beim deutschen Konsulat ein Visum für Deutschland beantragt, sagt man ihm dann "Komme mit deinem ukrainischen Pass wieder, den erkennen wir jetzt nicht an" oder erkennt man den Pass dann doch an? Was bedeutet das in der Praxis für das Leben der Menschen und für die Kontakte zwischen Deutschland und der Krim?

Schäfer: Bevor ich die beiden Fragen beantworte, nur noch eine Korrektur: Ich habe vorhin fälschlicherweise von dem Titel drei des Assoziierungsabkommens gesprochen, das morgen unterzeichnet wird. Das war nicht korrekt. Das ist der Titel sieben. Das ändert inhaltlich nichts an dem, was ich sage. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass ich Ihnen hier korrekte Informationen übermittle. Die Kollegen haben mich zum Glück gerade darauf hingewiesen.

Zur Frage, was es konkret bedeutet: Es ist viel zu früh, Ihnen jetzt sozusagen praktische Handlungsanweisungen zu geben. Herr Seibert hat für die Bundesregierung festgestellt, dass wir das Verhalten Russlands für völkerrechtswidrig erachten, und daraus ergeben sich selbstverständlich auch entsprechende Konsequenzen für den Bereich des gemeinen, des zivilen Rechts. Diese werden wir in den nächsten Tagen ausarbeiten. Wenn etwas völkerrechtswidrig ist und es zunächst nicht anerkannt wird, gilt das im Grunde auch in den Bereichen des Zivilrechts.

Bei der ersten Frage, die Sie gestellt haben, geht es darum, dass wir eine möglichst starke Beobachtermission auf den Weg bringen können. Das bedeutet aus unserer Sicht eine satte dreistellige Zahl von Beobachtern, denn die Ukraine ist ein riesengroßes Land, in dem es viel zu beobachten, viel zu sehen und aufzupassen gibt. Deshalb hoffen wir sehr, dass es gelingt, eine solche erhebliche, deutlich hohe dreistellige Zahl auf den Weg zu bringen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Mitgliedstaaten der OSZE bereit sein müssen, dafür entsprechendes Personal bereitzustellen. Die Bundesregierung - das hat der Bundesaußenminister gerade auch schon in einer öffentlichen Erklärung gesagt - ist bereit, in aller Kürze, gewissermaßen über Nacht, bis zu 20 Beobachter bereitzustellen. Diese sind mindestens "ge-earmarked", schon identifiziert und können wirklich sehr schnell auf den Weg gebracht werden. Das entspricht der Dringlichkeit der Sache.

Frage: An das Verteidigungsministerium. Am Montag hat Großbritannien angekündigt, die von der Nato gestellte Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten mit Eurofightern zu verstärken. Gibt es von deutscher Seite ähnliche Pläne?

Gerhartz: Die Ankündigung der Regierung von Großbritannien ist zunächst bilateral zu sehen. Von unserer Seite gibt es im Moment keine konkreten Pläne.

Zusatzfrage: Aber heißt es nicht, dass es gerade eine europäische Antwort geben soll?

Gerhartz: Ich denke, europäische Antworten gibt es in vielen Bereichen im Rahmen dieses Gesamtkomplexes. Deswegen kann ich das jetzt auch nicht in den Kontext einordnen.

Schäfer: Grundsätzlich zum "Air Policing", denn darum geht es auch: Es gibt innerhalb der Nato Vereinbarungen, wie das Bündnisgebiet mit Mitteln der Luftwaffe betreut wird. Deutschland hat sich an dem so genannten "Air Policing" auch oberhalb der baltischen Staaten immer wieder beteiligt. Da gibt es eine Art Schichtwechsel, dass einige Monate lang bestimmte Mitgliedstaaten die Aufgaben dieses "Air Policing" wahrnehmen und dann andere Staaten das wahrnehmen. Deutschland hat es nach meiner Erinnerung über viele Monate im vergangenen Jahr getan und ist zurzeit nicht dran. Wenn der nächste Rollenwechsel erfolgt, wird Deutschland das ganz bestimmt auch wieder tun.

Zusatzfrage: Wann der Schichtwechsel ist, wissen Sie nicht?

Schäfer: Das ist leicht in Erfahrung zu bringen. Das haben wir hier jetzt bedauerlicherweise nicht parat.

Vorsitzender Leifert: Bevor wir zum Thema "Mindestlohn" kommen, was einigen Kollegen auch unter den Nägeln brennt, will ich kurz Herrn Zado vorstellen, ein neues Gesicht aus dem Justizministerium. Vielleicht sagen Sie etwas zu sich.

Zado: Guten Tag! Vielen Dank für die Gelegenheit, mich vorzustellen. Mein Name ist Julian Zado. Ich arbeite jetzt seit knapp vier Wochen im BMJV als Pressesprecher. Ich war vorher an der Humboldt-Universität als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und werde jetzt schwerpunktmäßig das Thema "Verbraucherschutz" behandeln. Ich freue mich auf diese Aufgabe und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. - Danke schön!

Vorsitzender Leifert: Danke schön und alles Gute für Sie!

Frage: Was das Sechs-Augengespräch am gestrigen Abend angeht, hat Herr Gabriel heute Morgen einen Mindestlohn von 8,50 Euro erwähnt, was jetzt nicht die Überraschung ist, und dass künftig kein Arbeitnehmer in Deutschland weniger verdienen soll. Was heißt das konkret, was die Azubis angeht? Was heißt das konkret, was eine mögliche Altersgrenze angeht? Das würde uns interessieren.

Ehrentraut: Wenn Sie das Spitzengespräch von gestern ansprechen, so kann ich dazu natürlich nichts sagen.

Grundsätzlich ist es so, dass es einen Referentenentwurf gibt. Dieser wird in Kürze in die Ressortabstimmung gegeben. Im April wird sich dann das Kabinett damit beschäftigen.

Wenn Sie die Altersgrenze ansprechen, so hat sich die Ministerin am Wochenende in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" dazu geäußert. Dem ist auch nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Dann hätte ich die Nachfrage vielleicht an Herrn Seibert, dass er uns zu dem, was gestern in Sachen Mindestlohn herausgedrungen oder nicht herausgedrungen ist, ein bisschen mehr Erhellung gibt.

StS Seibert: Da werde ich Sie enttäuschen müssen. Ich kann zu dem gestrigen Treffen, das ja, wie Sie sagen, ein Treffen unter sechs Augen gewesen war, nur sagen: Mir wurde daraus berichtet, dass es ein ruhiges Treffen in einer guten, in einer lösungsorientierten Atmosphäre gewesen sei und dass alle gemeinsamen Aufgaben, die vor den Koalitionären liegen, durchgesprochen wurden, und zwar mit der Zuversicht, dass sie auch Schritt für Schritt gemeinsam bewältigt werden können. Dazu gehört dann sicherlich auch die Frage des Mindestlohns. Sie haben es gehört: Wir stehen kurz vor der Ressortabstimmung. Diese wird, wie es bei Ressortabstimmungen üblich ist, intern durchgeführt.

Zusatzfrage: Vielleicht noch eine kurze Nachfrage: Frau Lambrecht, die Parlamentarische Geschäftsführerin, hat ja ganz klar gesagt: Wir bleiben bei der 18-Jahres-Grenze, was Auszubildende angeht. - Es gibt Vorbehalte dagegen, weil viele Auszubildende deutlich über 18 Jahre sind. Zählen zu diesen "allen Arbeitnehmern" künftig auch weiterhin Praktikanten, Ehrenamtliche und nur Auszubildende jenseits der 18 Jahre? Wie wird das genau laufen?

StS Seibert: Sie werden mich nicht zu weiteren Details bringen. Wir stehen kurz vor der Ressortabstimmung. Sie haben Frau Lambrecht angesprochen. Danach folgt ja dann auch noch der parlamentarische Prozess, bei dem sie sich einbringen kann. Ich werde mich hier nicht weiter dazu äußern.

Frage: Auch eine Frage an das Arbeitsministerium. Es war ja immer die Rede davon, dass es fünf Millionen Menschen im Niedriglohnsektor gibt, die also unter 8,50 Euro verdienen. Nun sprach Herr Gabriel heute davon, dass die Regelung, die man am gestrigen Abend gefunden hätte, vier Millionen Menschen betreffen würde. Jetzt könnte man daraus einen Dissens oder eine Differenz von einer Million konstruieren und daraus wieder schließen, dass es doch irgendwelche Ausnahmeregelungen gibt. Ist dieser Schluss zulässig oder sind es tatsächlich nur vier Millionen? Wie lösen Sie das auf?

Ehrentraut: Mir ist nicht bekannt, auf welcher Basis Herr Gabriel von diesen vier Millionen gesprochen hat. Ich kann hier an dieser Stelle auch nicht für Herrn Gabriel sprechen. Von daher kann ich hierzu keine weitere Stellungnahme abgeben.

Vorsitzender Leifert: Herr Toschev, können Sie für Herrn Gabriel sprechen?

Toschev: Der Minister hat das - das haben Sie korrekt wiedergegeben - so gesagt. Ich habe jetzt keine weiteren Details hinzuzufügen. Er hat sich im Nachklapp zu gestern geäußert. Alles Weitere - sicherlich auch die Gesetzesauswirkungen - werden im Entwurf und in der Dokumentation zum Entwurf weiter konkretisiert.

Frage: Noch einmal einen Versuch bei Ihnen, Herr Seibert: Wenn der Vizekanzler gesagt hat, es werde keine Arbeitnehmer geben, der weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdienen, ist das dann eine Aussage, die Sie bestätigen können? Ist das sozusagen Stand von gestern Abend? Einer der Teilnehmer hat sich jetzt dazu geäußert. Gibt es in Zukunft keinen Arbeitnehmer, der weniger als 8,50 Euro verdient?

StS Seibert: Was ich bestätigen kann, ist, dass die Ressortabstimmung kurz bevorsteht und es sicherlich eine gründliche Ressortabstimmung mit einer anschließenden gründlichen parlamentarischen Befassung werden wird.

Frage: Ist es im Grundsatz vertretbar, dass junge Leute, die wählen dürfen, den Mindestlohn nicht bekommen können?

Vorsitzender Leifert: An wen richtet sich die Frage?

Zusatz: An Herrn Seibert und den Sprecher des Arbeitsministeriums.

StS Seibert: Wenn das ein weiterer Versuch ist, mir Details zu entlocken, dann muss ich Sie ein weiteres Mal enttäuschen. Nein, ich werde mich dazu nicht äußern. Die Grundlagen für die Lösung beim Thema "Mindestlohn" sind im Koalitionsvertrag gelegt. Jetzt sind die Koalitionäre kurz vor der Stufe Ressortabstimmung.

Vorsitzender Leifert: Wollen Sie das noch ergänzen, Herr Ehrentraut?

Ehrentraut: Nein, dem ist nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Toschev, eine Frage an Sie. Es war ja eigentlich Stillschweigen vereinbart worden. Jetzt hat sich Herr Gabriel doch geäußert. War das mit der Kanzlerin abgesprochen?

Toschev: Ich glaube nicht, dass ich die Frage so beantworten kann. Der Minister hat sich geäußert. Ich habe nicht mehr hinzuzufügen, weder zum Inhalt noch zu den Umständen.

Frage: Ich habe eine letzte Frage zu dieser Runde, denn ursprünglich war ja eigentlich ein Koalitionsausschuss angesetzt, der wieder zu einer Sechs-Augen-Runde wurde. Wann denken Sie denn einmal daran, in größerer Runde zu tagen? Ist das in den nächsten Wochen zu erwarten oder ist das jetzt ein Modus, den man gefunden hat - zu dritt, zu sechs Augen, zu sechs Ohren -, der ganz gut läuft?

StS Seibert: Die Koalition hat unterschiedliche Formate zur Verfügung. Wann es wieder ein anderes geben wird, kann ich Ihnen hier nicht sagen.

Frage: Herr Seibert, Sie sagen, das Gespräch war lösungsorientiert. War es auch beim Thema "Stromtrassen" lösungsorientiert?

StS Seibert: Das Wort "lösungsorientiert" bezieht sich auf das ganze Gespräch und auf alle Themen.

Frage (zur EU-Ausbildungsmission in Somalia): Die Frage richtet sich an Herrn Gerhartz. Was sollen die Bundeswehrsoldaten in welchen Bereichen den somalischen Soldaten beibringen?

Gerhartz: Wir hatten eingangs von Herrn Seibert gehört, dass wir schon in der Vergangenheit die somalischen Streitkräfte ausgebildet haben, und zwar bis zu 3.600 Soldaten. Jetzt wird sich die Ausbildung noch etwas auf die Ausbildung der Ausbilder ausweiten. Hier geht es vor allem um die Ausbildung im infanteristischen Bereich bis hin zum Bereich der Pionierkräfte.

Frage: Frage an das Innenministerium. Gestern kam heraus, dass die NSA für ein ganzes Land die Telefongespräche nicht nur abhört, sondern auch speichert und im Nachhinein wieder auswerten will. Weiß die Bundesregierung, dass es nicht Deutschland ist?

Paris: Ich kann Ihre Frage so nicht teilen. Sie sagten: "Gestern kam heraus". Gestern stand in einer Zeitung etwas. Ich habe die Zeitung auch gelesen, auch die deutschen Zusammenfassungen dazu. Wenn sich noch nicht einmal die Kolleginnen und Kollegen der amerikanischen Seite dazu einlassen, habe ich überhaupt keinen Anlass, das zu tun.

Zusatzfrage: Gibt es irgendwelche Hinweise darauf?

Paris: Ich habe Ihre Frage so gut ich konnte beantwortet.

Zusatz: Das finde ich nicht.

Frage: Die OPCW hat an Deutschland eine Liste mit Firmen, Geräten und Materialien übermittelt, die in Syrien zur Herstellung von Giftgas genutzt wurden. Frage an das Wirtschaftsministerium und an das Auswärtige Amt: Wie bewertet die Regierung diese vergleichsweise neue Liste? Ist das nun endgültig der Beleg dafür, dass deutsche Firmen sich unter anderem am Giftgasangriff vergangenen August mitschuldig gemacht haben?

Toschev: Dann mache ich den Anfang. Sie sagen es: Es ist über die Organisation für das Verbot chemischer Waffen von der syrischen Seite eine Liste an das Auswärtige Amt übermittelt worden. Die Liste betrifft offenbar Lieferungen aus den 1980er bis Anfang der 1990er Jahre.

Die Liste ist an die Generalbundesanwaltschaft übergeben worden. Diese prüft die dortigen Informationen und prüft auch, ob daraus hervorgeht, ob zum damaligen Zeitpunkt irgendwelche strafbaren Handlungen vorlagen. Es obliegt dann auch den Ermittlungsbehörden, daraus ihre Schlüsse zu ziehen.

Ich kann Ihnen sagen: Seit den 1980er Jahren ist unter maßgeblicher Beteiligung und großem Engagement Deutschlands eine sehr strikte Exportkontrolle in dem Bereich aufgebaut worden. Diese schlägt sich heute im Kriegswaffenkontrollgesetz nieder - auch für das Verbot chemischer Waffen; die entsprechenden Normen können Sie nachschauen - und auch in den anderen Vorschriften, zum Beispiel im Außenwirtschaftsgesetz. Das ist alles, was ich Ihnen momentan dazu sagen kann.

Schäfer: Auf Ihre konkrete Frage möchte ich gerne die Antwort geben: Ein solcher Schluss ist wirklich sehr voreilig. Wir haben - das haben Sie alle in den letzten Monaten erlebt - mit vereinten Kräften und gewaltigem Druck erreicht, dass die Syrer ihr illegales und geheimes Chemiewaffenprogramm offengelegt haben, dass sie dem Chemiewaffenübereinkommen und damit der OVCW beigetreten sind. Sie waren in diesem Zusammenhang verpflichtet, umfassend über ihre Aktivitäten beim Aufbau und Betrieb ihres Chemiewaffenprogramms zu berichten.

Die Informationen, von denen heute in einer großen deutschen Zeitung die Rede ist, stammen aus syrischen Quellen und sind, wie sich das gehört, von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) an die Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, weitergeleitet worden. Herr Toschev hat das gerade schon ausgeführt. Es handelt sich bei den in Rede stehenden Handlungen um Angelegenheiten, die mindestens zwei Jahrzehnte her sind. Das ist - das werden Sie sicher verstehen - extrem schwer aufzuklären. Es handelt sich bislang zunächst erst einmal um Angaben, die von syrischer Seite gemacht worden sind. Deshalb war es richtig und vernünftig, dass die Bundesregierung in dem Moment, als sie dieser Informationen habhaft wurde, sie dahin geleitet hat, wo eine vernünftige Aufklärung etwaiger strafrechtlicher Vorwürfe erfolgen kann. Das ist nun einmal die Generalbundesanwaltschaft. Wie diese entscheidet, werden wir sehen.

Frage: Nur zur Sicherheit: Heißt das, dass die Bundesregierung unabhängig von der Generalbundesanwaltschaft nicht auch prüft? Prüft also wirklich nur die Generalbundesanwaltschaft oder parallel auch die Regierung?

Schäfer: Sie müssen unterscheiden: Was heißt "prüfen"? Die Bundesregierung ist ja ein Organ der Exekutive und kann sich deshalb nicht mit der Aufklärung von strafrechtlichen Vorwürfen beschäftigen. Dafür gibt es justizielle Behörden, zu denen in diesem Fall zuständigerweise die Generalbundesanwaltschaft gehört.

Dass sich die Bundesregierung in Ausübung ihrer exekutiven Funktion als Regierung dieses Landes darum kümmert, sich selbstständig mit diesem Themenbereich zu beschäftigen und die von Herrn Toschev schon ausgeführten Regelungen der Exportkontrolle so effizient und schlagkräftig wie nur irgend möglich zu machen, ist doch völlig selbstverständlich.

Im Übrigen zeigen die Informationen, die wir über die OVCW aus Syrien über die Beschaffungsprozesse, die da von den Syrern behauptet werden, erhalten haben, dass unsere Maßnahmen einer wirksamen und effektiven Exportkontrolle tatsächlich Früchte getragen haben. Denn wenn es Lieferungen aus Deutschland gegeben hätte - das sind ja nur Behauptungen -, dann stammen die aus den 80er- und dem Anfang der 90er-Jahre, aber in ständig sinkendem Maße aus einer Zeit, die an die Gegenwart heranreicht. Das nehmen wir als Beleg dafür, dass die Mitte der 80er-Jahre mit beginnender politischer Sensibilität für dieses Thema aufgenommenen Maßnahmen der Exportkontrolle tatsächlich fruchten.

Frage: Ich habe zwei Fragen, und zwar eine Frage zum geplanten neuen Afrika-Konzept. Dazu sollte ein Treffen von Bundesminister Steinmeier mit einigen Kabinettskollegen stattfinden. Hat das inzwischen schon stattgefunden? Wenn nein, wann wird es stattfinden?

Die zweite Frage: In welcher Form wird die Bundesregierung beim EU-Afrika-Gipfel Anfang April in Brüssel vertreten sein?

Schäfer: Es ist schön, dass Sie diese Frage stellen, weil es mir die Gelegenheit gibt, Ihnen zu sagen, dass die von Ihnen angesprochene Veranstaltung morgen früh um 8 Uhr im Auswärtigen Amt stattfinden wird. Die beteiligten Minister beziehungsweise die von ihnen beauftragten Staatssekretäre kommen morgen früh um 8 Uhr ins Auswärtige Amt. Es wird auch einen kurzen Bildtermin geben. Ich glaube, um 8.30 oder 8.45 Uhr. Bei dieser Besprechung geht es darum, dass die afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung besprochen und im besten Falle abgestimmt und verabschiedet werden sollen. Der Plan ist, dass es danach auch noch zu einer Befassung des Kabinetts und auch zu einer Befassung des Bundestages kommen soll.

Die zweite Frage kann ich Ihnen noch nicht beantworten. Bis zum EU-Afrika-Gipfel ist noch einige Zeit hin. Mir jedenfalls ist noch nichts bekannt. Vielleicht gibt es einen Kollegen, der schon beantworten kann, wer für die Bundesregierung an diesem Gipfel teilnimmt.

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin plant, an diesem Gipfel teilzunehmen.

Frage: Es gibt heute und in diesen Tagen relativ ausführliche Proteste von Mitarbeitern von Firmen im Windenergiebereich entlang der deutschen Küste. Sie machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze dank der Politik der Bundesregierung. Teilen Sie diese Sorgen? Können Sie ihnen diese Sorge nehmen? Was sagen Sie denen, Herr Seibert?

StS Seibert: Was ich denen sage, ist, dass eines der zentralen Elemente der Arbeit der Großen Koalition, gerade in den letzten Wochen und noch in den nächsten Monaten, die Arbeit an der Energiewende sein wird. Dazu gehört eine grundsätzliche, grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Das ist das Anliegen aller in der Regierung unter der Überschrift: "Wir wollen, dass diese Energiewende gelingt." Wir wollen ganz konsequent den Weg zu einem noch stärkeren Einsatz der erneuerbaren Energien Wind und Sonne gehen. In den nächsten Wochen und Monaten wird man noch genauer erfahren, wie die Bundesregierung das anstellt.

Zusatzfrage: Was bedeutet das für deren Arbeitsplätze?

StS Seibert: Vielleicht kann sich auch das Ressort noch dazu äußern.

Toschev: Ich kann nur bekräftigen, was Sie gerade gesagt haben, und möchte vor allen Dingen den letzten Punkt aufgreifen. Bei der Energiewende geht es um den Ausbau der erneuerbaren Energien unter der Trias Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Bezahlbarkeit. Es ist unbestritten, dass wir da eine Reform brauchen. Ich kenne die Meldungen und auch die dortigen Proteste im Einzelnen nicht. Aber ich nehme an, dass sich das darauf bezieht. Alle Beteiligten wissen, dass wir diese Reform brauchen. Deswegen arbeiten wir mit Hochdruck daran.

Für Wind - das ist aus den Eckpunkten bekannt; das ist auch aus dem Gesetzentwurf bekannt, der zur Verfügung steht und der öffentlich gemacht wurde - ist ein weiterer Ausbau geplant. Er ist mit Eckpunkten und Zielgrößen versehen; das ist auch sinnvoll. Alles Weitere, was diesen Ausbau und auch die Details der Ausgestaltung betrifft, wird die weitere Ressortabstimmung zeigen. Das primäre Ziel ist, Wind, wie alle erneuerbaren Energien, weiter voranzutreiben, um ihren Anteil am deutschen Strommix zu erhöhen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Rülke, weil morgen das Gesetz zur Sukzessivadoption im Bundestag auf der Tagesordnung steht. Der Minister hat sich dazu geäußert, dass bestehende Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften beendet werden sollen. Gibt es schon konkrete Überlegungen, Handlungsfelder, wo nächste Schritte unternommen werden sollen?

Rülke: Sie haben recht: Das Gesetz zur Sukzessivadoption, also ein weiterer Schritt zur Gleichstellung von Homosexuellen im Adoptionsrecht, ist morgen in der ersten Lesung im Deutschen Bundestag. Der Minister hat bereits dazu gesagt, dass das für ihn ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur völligen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften ist. Die Koalition hat vereinbart zu prüfen, wo man den Weg zur Gleichstellung weitergehen kann. Wir sind derzeit dabei, alle Gesetze im Hinblick auf dieses Thema zu prüfen. Ich kann Ihnen aber noch keine konkreten weiteren Handlungsschritte nennen.

Frage: Herr Schäfer, ich habe vorhin in einer dpa-Meldung gelesen, es gebe eine Liste, auf der der Bundesinnenminister als möglicher Kandidat für das Amt des Nato-Generalsekretärs steht. Können Sie das bestätigen? Ist Bundesinnenminister de Maizière aus Ihrer Sicht ein möglicher Kandidat für dieses Amt?

Schäfer: Mir ist nicht bekannt, dass es eine solche Liste gibt.

Zusatz: Streichen Sie das Wort "Liste" aus meiner Frage und beschränken Sie sich darauf, ob Thomas de Maizière aus der Sicht der Bundesregierung ein möglicher Kandidat für dieses Amt ist.

Schäfer: Ich bin sicher, dass Minister de Maizière für ganz vieles, bestimmt auch für dieses Amt, ein geeigneter Kandidat ist. Ob er ein Kandidat ist, kann ich Ihnen aber nicht sagen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 19. März 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/03/2014-03-19-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2014