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PRESSEKONFERENZ/860: Regierungspressekonferenz vom 17. September 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 17. September 2014
Regierungspressekonferenz vom 17. September 2014

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Europarats vom 25. Oktober 2007 zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, Gesetz zur Änderung des Kyoto-Protokolls, Regierungsprogramm "Digitale Verwaltung", Umsetzung der Open-Data-Charta der G8, Lage in der Ukraine), Ratifizierung des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens zwischen der EU und der Ukraine, Verleihung des "Seoul Peace Prize", Termine der Bundeskanzlerin (Empfang des französischen Premierministers Manuel Valls, Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras), Reise des Bundesfinanzministers nach Australien und Vietnam, Teilnahme des Bundesaußenministers an der Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in New York, Ebola in Westafrika, Finanzierung von Kohleprojekten im Ausland, Asylpolitik, Medienberichte über die Anzahl der aus Deutschland stammenden Selbstmordattentäter

Sprecher: SRS'in Wirtz, Zimmermann (BMJV), Plate (BMI), Herb (BMFSFJ), Schäfer (AA), Flosdorff (BMVg), Schroeren (BMUB), Jäger (BMF), Ulbert (BMZ), Wackers (BMG), Braams (BMWi)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN WIRTZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Das Kabinett hat sich heute mit Änderungen des Sexualstrafrechts befasst. Es ist ein Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung verabschiedet worden. Der Schutz vor sexueller Gewalt ist ein vordringliches Anliegen der Bundesregierung; denn Mädchen und Jungen leiden oft ihr Leben lang unter den Folgen dieser Taten. Hinzu kommt, dass sich gerade Kinder nicht gegen solche sexuellen Übergriffe wehren können und deshalb des besonderen Schutzes des Staates bedürfen.

Der Gesetzentwurf, den Minister Maas heute vorgelegt hat, sieht unter anderem vor, die Verjährungsregeln zu ändern und einzelne Straftatbestände zu erweitern. Mit diesem Gesetzentwurf werden Vorgaben, Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt. Außerdem kommt die Bundesregierung damit einschlägigen europäischen und internationalen Verpflichtungen nach.

Thema im Kabinett war außerdem der Klimaschutz. Auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Hendricks wurde ein Gesetz verabschiedet, das Änderungen des Kyoto-Protokolls vorsieht, wie sie auf der Klimakonferenz in Doha beschlossen wurden. Der Gesetzentwurf dient der Ratifizierung dieser Änderungen. Der Bundesregierung ist es wichtig, dass mit diesem Ratifizierungsgesetz ein Zeichen für den Klimaschutz gesetzt wird, ganz besonders im Vorfeld der Klimakonferenz in Lima, die im Dezember 2014 stattfindet, und der Klimakonferenz in Paris, die für 2015 angesetzt ist.

Des Weiteren haben die Regierungsmitglieder heute über die digitale Verwaltung gesprochen. Im Konkreten hat die Bundesregierung das Regierungsprogramm "Digitale Verwaltung" sowie die Umsetzung der Open-Data-Charta der G8 verabschiedet. Beide Projekte sind Bestandteil der Digitalen Agenda, die Ihnen hier schon vor einigen Wochen umfänglich von den Ministern Gabriel, de Maizière und Dobrindt vorgestellt worden ist.

Was verbirgt sich nun hinter dem Regierungsprogramm "Digitale Verwaltung"? Dieses Regierungsprogramm soll verbindliche Standards zur flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltung schaffen und sieht verschiedene Projekte vor. Unter anderem - um Ihnen zwei Beispiele zu nennen - geht es darum, dass die Bundesverwaltung ihre Beschaffung elektronisch durchführt, das heißt, dass alles von der Ausschreibung bis zur Rechnungslegung elektronisch erfolgt. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Senkung von Bürokratiekosten geleistet. Für die Bürgerinnen und Bürger kommt hinzu, dass klassische Behördengänge an verschiedenen Stellen überflüssig gemacht werden sollen.

Darüber hinaus wurde, wie gesagt, der Aktionsplan Open Data G8 verabschiedet. Ziel dieses Aktionsplans ist es, Verwaltungsdaten für eine breite Öffentlichkeit bereitzustellen, wie etwa die Kriminalitätsstatistik oder Entwicklungshilfedaten. Das verbirgt sich hinter diesem Plan.

Dann ein Blick in die Ukraine: Die Bundesregierung hat heute beschlossen, sich mit bis zu 20 Polizeivollzugsbeamtinnen und -vollzugsbeamten des Bundes sowie der Länder an der zivilen Mission der Europäischen Union zur Unterstützung des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine zu beteiligen. Auf Bitte der ukrainischen Regierung soll die zivile EU-Mission dazu beitragen, den Sicherheitssektor des Landes zu reformieren und somit auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Landes zu leisten. Ein Vorabteam, darunter ein deutscher Polizist, ist bereits vor Ort. Bis Ende September 2014 wird die Mission mit weiteren Personen versehen.

So viel zunächst einmal zum Kabinett.

Dann möchte ich etwas zur Ratifizierung des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens zwischen der EU und der Ukraine im Europäischen und gleichzeitig im ukrainischen Parlament sagen. Die Bundesregierung begrüßt die Ratifizierung des Abkommens ausdrücklich. Es ist ein wichtiger Schritt der Ukraine zur Annäherung an die Europäische Union. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Ratifizierung im ukrainischen Parlament ohne eine einzige Gegenstimme erfolgt ist.

So viel zur Ukraine.

Noch ein Wort zum Thema Seoul Peace Prize, den die Bundeskanzlerin verliehen bekommen hat. Die Stiftung des Seoul-Friedenspreises hat heute der Bundeskanzlerin den diesjährigen Friedenspreis verliehen. Mit diesem Preis sollen der Einsatz der Bundeskanzlerin in der Euro-Finanzkrise, für die Verständigung mit Israel und den Nachbarn Deutschlands und die Rolle der Bundeskanzlerin bei der deutschen Wiedervereinigung gewürdigt werden.

Die Bundeskanzlerin hat der Stiftung für diese hohe Auszeichnung gedankt. Sie fühlt sich geehrt und freut sich auf die Gelegenheit, den Preis in Seoul persönlich entgegenzunehmen.

Schauen wir jetzt noch kurz in die nächste Woche. Es gibt noch zwei Termine, die ich Ihnen gerne ankündigen möchte:

Zunächst wird die Bundeskanzlerin am Montag den französischen Premierminister Manuel Valls empfangen. Der Premierminister wird zu einem Antrittsbesuch in das Kanzleramt kommen. Für Sie vermutlich am interessantesten: Um 13.15 Uhr ist eine Pressebegegnung vorgesehen.

Am Dienstag erfolgt der Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Um 12.30 Uhr wird das Gespräch stattfinden. Um 13.30 Uhr ist eine Begegnung mit der Presse vorgesehen.

Das war eine Menge von meiner Seite.

Frage (zur Änderung des Sexualstrafrechts): Ich habe zwei Fragen. Erstens. Über härtere Strafen wurde ja lange diskutiert. Ich halte Prävention, Vorbeugung, Aufklärung etc. für ebenso wichtig. Ich habe an das BMJV die Frage: Was ist dafür in dem Gesetz vorgesehen?

Zweitens. Wenn ich die Bundesfamilienministerin richtig verstanden habe, so beklagt sie heute in einem Interview, dass es zu wenig Ermittler gibt, die sich beispielsweise auch im Internet damit beschäftigen. Gibt es da seitens Ihres Hauses etwas konkretere Vorhaben, Frau Herb?

Zimmermann: Die erste Frage in Bezug auf die Prävention ging an mich, wenn ich das richtig verstanden habe.

Zusatz: Genau.

Zimmermann: Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute vorgelegt haben, sollen Schutzlücken geschlossen werden. Auch sollen bestimmte Sexualstraftaten stärker bestraft werden.

Wenn Sie nach Prävention fragen, dann ist natürlich klar, dass man solche Probleme mit Strafgesetzen allein nicht lösen kann. Wir haben daher die Mittel, die wir dem Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden", das an der Berliner Charité und inzwischen auch schon an mehreren weiteren Standorten in Deutschland läuft, zur Verfügung stellen, auf 585.000 Euro für das Jahr 2016 verdreifacht. Da setzt die Prävention an, die wir für sehr wichtig halten. Das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" ist ein Angebot an Personen, die bei sich pädophile Neigungen feststellen und die anonym, bevor es zu Straftaten kommt, Hilfe suchen können. Denjenigen wird dann dort geholfen.

Plate: Vielleicht darf ich ganz kurz zum Thema Strafverfolgung ergänzen, zumindest soweit es das Bundeskriminalamt betrifft; denn das ist ja die Zuständigkeit unseres Hauses. In dem Haushalt, der in Kraft ist, ist kein personeller Aufwuchs in diesem Bereich enthalten. Der neue Haushalt wird gerade erst verhandelt. Die Haushaltsverhandlungen müssen natürlich dort geführt werden, wohin sie gehören, nicht hier in der Regierungspressekonferenz.

Ich kann Sie aber insoweit beruhigen, als das nicht nur eine zahlenmäßige Frage ist: "Kann man mehr Leute einsetzen? Soll man mehr Leute einsetzen?", sondern das ist auch eine Frage der Effizienz der Aufgabenwahrnehmung. Da ist das Bundeskriminalamt inzwischen sehr effizient geworden und kann auch mit technischer Unterstützung bei gleichbleibender Zahl von Personen schon wesentlich mehr leisten, als das vielleicht bis vor Kurzem der Fall gewesen ist.

Herb: Ich würde gerne noch etwas zur Prävention ergänzen. Parallel zu dem Projekt, das gerade die Kollegin des BMJV angesprochen hat, soll es an der Charité eine Tätertherapie geben, mit der speziell Jugendliche angesprochen werden. Es hat sich herausgestellt, dass sich diese Neigungen schon in relativ jungem Alter zeigen. Dort werden Therapieangebote möglich sein, auch im Rahmen des Präventionsnetzwerks "Kein Täter werden".

Frage (zur Lage in der Ukraine): Frau Wirtz, Sie haben gesagt, dass die Polizeimission EUAM auch das Ziel hat, die Ukraine zu stabilisieren. Kann man daraus schließen, dass zu dem Feld des Beraterteams auch das Thema des Umgangs mit separatistischen Tendenzen gehört, das ja den ukrainischen Sicherheitssektor gefährdet?

SRS'in Wirtz: Zu Details darf ich an Herrn Schäfer weitergeben.

Schäfer: Die Mission ist bereits im Juli von den Außenministern der Europäischen Union beschlossen worden, nämlich in der Ratssitzung am 22. Juli. Damals - das gilt bis heute - war das klare Ziel, dass man den Ukrainern auf deren Bitte hin hilft, den zivilen Sicherheitssektor zu reformieren. Da gibt es eine Menge Dinge, die sogar aus Kiewer Sicht, sicherlich auch aus unserer Sicht, nicht den rechtsstaatlichen Maßstäben entsprechen, die wir gewohnt sind, aber auch andere technische Fragen. Hierbei geht es wirklich darum, Beratungsleistungen zu erbringen, indem man politisch berät, indem man auch konkrete Hilfestellung dabei leistet, die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit des zivilen Sicherheitssektors, also der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden, aber auch die konkrete Arbeit so zu organisieren, dass sich die Ukraine auch in diesem Bereich den Maßstäben der Europäischen Union annähert.

Konkret zu Ihrer Frage: Sicherheit und Polizei haben immer auch mit der Sicherheitslage im Land zu tun. Die Sicherheitslage wird in bestimmten Teilen der Ukraine natürlich auch von der Auseinandersetzung mit den Separatisten im Donbas bestimmt. Aber das ist nicht Kern der Mission.

Zusatzfrage: Wird auch die Nationalgarde von den deutschen Experten ganz konkret geschult, wie man mit separatistischen Extremisten umgehen soll?

Schäfer: Die Vorausmission hält sich erst seit ganz kurzer Zeit in Kiew auf. Sie führt jetzt die notwendigen Gespräche mit der Kiewer Regierung. Dann wird sich daraus konkret ergeben, wo die Schwerpunkte der Arbeit liegen. Ich glaube, es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch um die Organisation oder die Arbeit der Nationalgarde geht. Aber es geht ausdrücklich um den zivilen Sicherheitssektor und nicht um Aufgaben der Nationalgarde, etwa im Rahmen des Antiterrorkampfes.

Frage: Ich möchte zur Ukraine fragen, ob die Bundesregierung irgendwelche Befürchtungen hegt oder Erkenntnisse aus den letzten Tagen darüber hat, dass eine mögliche Trennung der umkämpften Gebiete in der Ostukraine, eine Abwanderung in Richtung Russland insofern vorbereitet wird, als Infrastrukturanbindungen in Richtung Russland verändert werden, die bisher an die Ukraine bestanden haben, zum Beispiel Energieinfrastruktur und Ähnliches. Was ist da im Gange? Was weiß die Bundesregierung? Wie beurteilt sie das, was da los ist?

Schäfer: Wir kennen die Berichte, so wie Sie, aus den Medien. Ich habe keine eigenen Erkenntnisse dazu beizutragen. In den Medien war in der Tat von Versuchen die Rede, Teile, die unter der Kontrolle der Separatisten sind, an das russische Stromnetz anzuschließen. Ich kann das weder bestätigen, noch kann ich es dementieren.

Ich kann aber sagen, dass gestern im ukrainischen Parlament, in der Rada, auf Vorschlag des ukrainischen Präsidenten ein Gesetz beschlossen worden ist, in dem auf drei Jahre befristet bestimmten Gebietskörperschaften im Donbas ein Sonderstatus eingeräumt werden soll. Die Details können wir noch nicht recht bewerten, weil das Gesetz erst gestern verabschiedet worden ist. Es ist sehr schnell durch die Rada und durch die Abstimmung gegangen, sodass es jetzt zu früh wäre, das schon abschließend zu beurteilen.

Aber man kann immerhin sagen, dass die ukrainische Regierung weiter ausdrücklich an ihrem Ziel festhält, alle Teile der Ukraine einschließlich des Donbas als Teil des ukrainischen Staatswesens zu behalten, und alles daransetzt, das in die Tat umzusetzen, auch jetzt unter den neuen Bedingungen einer noch immer ziemlich brüchigen Waffenruhe, die hier und da immer wieder gebrochen wird. Wir wünschen uns - wir unterstützen das auch nach Kräften -, dass diese Bemühungen der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Präsidenten dann auch positive Früchte tragen und erfolgreich sein werden.

Frage: Herr Schäfer, was tun Sie denn, um eigene Erkenntnisse zu gewinnen? Nutzen Sie Recherchen bei der OSZE, oder sind Sie selbst daran interessiert, Erkenntnisse zu gewinnen? Das fällt ja in den großen Bereich der Frage: "Eskalation oder Nichteskalation?". Wer steuert eine solche infrastrukturelle Anbindung von Versorgungsnetzen? Ist das - die Meldungen existieren ja schon länger - bereits in die Entscheidung der letzten Sanktionsstufe eingeflossen, oder gibt das für Sie noch einmal Anlass, über eine neue Verschärfung von Sanktionen nachzudenken?

Schäfer: Zunächst einmal ist es Aufgabe der ukrainischen Regierung und der ukrainischen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass die Bevölkerung in den Gebieten, die umkämpft sind, und auch in den Gebieten, in denen die Separatisten die faktische Gewalt ausüben, anständig mit öffentlicher Infrastruktur versorgt wird. Wir haben es seit Monaten mit großen Versorgungsproblemen zu tun, besonders im Bezirk Lugansk, aber auch in der Oblast Donezk.

Jetzt, da eine Feuerpause einigermaßen hält, da die Aussicht besteht, dass diese Feuerpause in den nächsten Tagen und Wochen wirklich in einen nachhaltigen Waffenstillstand einmündet, besteht für alle Seiten die Chance - das ist im Übrigen auch Teil des Gesetzes, das gestern in der Rada verabschiedet worden ist -, dafür zu sorgen, dass die öffentlichen Dienstleistungen - Wasser, Strom, Energie - den Menschen in beiden Oblasten, um die es hier geht, zukommen. Da stehen wir natürlich hinter den ukrainischen Behörden, die diese Kraftanstrengung jetzt unter schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen und in einer Situation aufbringen müssen, in der es jetzt zwar noch sehr warm in der Ukraine ist. Aber es ist absehbar, dass es schon in wenigen Monaten sehr kalt sein wird. Die Leute müssen eben versorgt werden.

Zusatzfrage: Sie sprechen von der Chance auf Versorgung. Aber es werden ja möglicherweise Fakten geschaffen. Würden Sie eine solche Anbindung an russische Versorgungseinrichtungen als Eskalation werten?

Schäfer: Ich glaube, es macht jetzt keinen Sinn, auf der Grundlage der gemeinsamen Einschätzung, dass wir da keine belastbaren Erkenntnisse haben, endgültige Wertungen abzugeben. Wichtig ist - das möchte ich noch einmal bekräftigen -, dass die ukrainische Regierung ihren Teil dazu beiträgt, den Hunderttausenden, die in den Kampfgebieten leben oder gelebt haben und fliehen mussten, das an Versorgung zukommen zu lassen, was sie brauchen, damit sie irgendwie wieder anfangen können, ein normales Leben zu planen. Es ist völlig selbstverständlich, dass dies in einem Staatswesen wie der Ukraine eine Aufgabe der ukrainischen Behörden ist, nicht der russischen.

Frage: Ich habe noch eine Frage, aber ich weiß nicht genau, wem ich sie stellen soll. Gibt es in anderen Ministerien ähnliche Projekte wie dieses Polizeiberatungsprojekt, um das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine mit Leben zu erfüllen?

Plate: Für das Bundesinnenministerium möchte ich nur ganz kurz klarstellen, dass es zwar in dem Sinne kein ähnliches Projekt gibt, sondern das ist ein gemeinsames Projekt. Das AA hat ja keine Polizeivollzugsbeamten, sondern das sind in dem Fall Männer und Frauen, die aus der Bundespolizei kommen. Aber das war Ihnen wahrscheinlich schon klar. Ich wollte es nur zur Sicherheit noch einmal sagen.

Vorsitzender Mayntz: Hat irgendein anderes Ministerium noch Projekte?

Flosdorff: Ich denke, es ist bekannt, aber der Vollständigkeit halber: Es gibt die OSZE-Mission, die SSM-Mission, an der im Moment die Bundeswehr mit einem Erkundungsteam in der Ukraine unterwegs ist, um zu schauen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass man sie unterstützen kann.

Zusatzfrage: Mit den Drohnen, meinen Sie jetzt?

Flosdorff: Drohne oder Satellitenaufklärung, das wird sich herausstellen.

Schäfer: Das Assoziationsabkommen ist ja ein Großprojekt, ein Projekt, das die Europäische Union gemeinsam mit der Ukraine nach den Ereignissen aufgenommen hat, die wir noch immer "Orange Revolution" nennen. Die Idee entstand 2005 und ist jetzt mit der Ratifikation durch das Europäische Parlament und das Kiewer Parlament gewissermaßen in seine finale Phase eingetreten. Das ist ein Konvolut von 800 Seiten, auf denen im Detail ausgeführt ist, wie intensiv die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Ukraine sein soll.

Die Europäische Union hat für die Umsetzung dieses Abkommens eine Menge Mittel reserviert, die im Grunde genommen über die gesamte Bandbreite von Regierungshandeln gehen, weil ja das Ziel ist - das war das Ziel nach 2005 und ist es bis heute -, die Ukraine so schnell wie es geht an die Standards der Europäischen Union heranzuführen. In diesem Rahmen beteiligt sich natürlich die Bundesregierung.

Ich kann Ihnen aus unserem Haus noch ein Beispiel nennen: Allein für dieses Jahr ist es uns gelungen - wir sind dem Bundestag für diese Extramittel sehr dankbar -, weitere, ich glaube, 5 Millionen Euro zu bekommen, die wir angesichts der sehr schwierigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage einsetzen werden, um zivilgesellschaftliche Projekte und Projekte des kulturellen Austauschs zu fördern. Das alles ist bereits in Umsetzung und dient natürlich auch dem Ziel, genauso wie das Assoziationsabkommen, der gesamten Ukraine die Chance zu geben, sich so schnell wie möglich zu reformieren und, wenn sie das denn will, sozusagen Reformen an Haupt und Gliedern vorzunehmen, die sie in ihrem Staat, in ihrer Gesellschaft, in ihrer Wirtschaft, in ihrem staatlichen Gemeinwesen näher an uns heranführt.

Vorsitzender Mayntz: Das Umweltministerium kann auch noch ergänzen.

Schroeren: Lassen Sie mich etwas ergänzen, was jetzt nichts mit dem Assoziationsabkommen zu tun hat, aber aus unserer Sicht doch sehr wesentlich ist. Unser Haus pflegt seit Jahren eine sehr intensive und kontinuierliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Reaktorsicherheit mit der Ukraine, wie auch insgesamt die Bundesregierung sehr viel dafür tut, die Folgen von Tschernobyl in der Ukraine zu bewältigen, die Region in einen sicheren ökologischen Zustand zu versetzen und die Vorbereitungen dafür zu treffen, dass der havarierte Reaktor in Tschernobyl zurückgebaut werden kann. Auch das ist meines Erachtens ein sehr wesentlicher Punkt der bilateralen Zusammenarbeit mit der Ukraine.

Frage: Was ist der Grund für den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten, und von wem ging die Initiative aus?

SRS'in Wirtz: Dieser Besuch ist ein Routinebesuch. Die Bundeskanzlerin empfängt häufig die Staats- und Regierungschefs von anderen Ländern, in diesem Fall den griechischen Ministerpräsidenten. Die beiden haben sich vorgenommen, über die wirtschaftliche Lage in Griechenland und über europapolitische Fragen zu sprechen. Auch werden sich die beiden sicherlich über die aktuellen außenpolitischen Fragen austauschen. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, auf wessen Initiative der Besuch zustande gekommen ist.

Frage: Frau Wirtz, kann man diesen Besuch des griechischen Ministerpräsidenten als Anschluss an den Besuch des französischen Ministerpräsidenten betrachten?

SRS'in Wirtz: Rein terminlich ist das sicherlich so. Auf den Montag folgt der Dienstag. Insofern schließt sich dieser Besuch an. Ansonsten kann ich Ihnen sagen, dass sehr viele Staats- und Regierungschefs die Bundeskanzlerin mit ihrem Besuch beehren. So sind in der nächsten Woche der französische Premierminister und der griechische Ministerpräsident bei ihr.

Zusatzfrage: Mich interessiert natürlich der Inhalt der Gespräche, nicht nur der Termin. Inwiefern kann man den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten als Vorbereitung der bevorstehenden Verhandlungen und Diskussionen über die Lösung des Problems der Schuldentragfähigkeit Griechenlands sehen?

SRS'in Wirtz: Wie ich eben schon gesagt habe, wird es um verschiedene aktuelle politische Fragen gehen, die sicherlich Deutschland und Griechenland betreffen, die aber sicherlich auch Fragen betreffen, die die Außenpolitik insgesamt angehen. Ich kann diesen Gesprächen jetzt nicht vorgreifen, sondern wir müssen abwarten. Ich habe auch gesagt, dass es im Anschluss an das Gespräch eine Pressebegegnung geben wird. Insofern kann ich jetzt nicht vorgreifen, welche Themen genau mit welchem Ergebnis besprochen werden.

Zusatzfrage: Hat die Bundesregierung eine Position dazu - das ist vielleicht auch eine Frage an Herrn Jäger -, was nach dem Ende des zweiten Programms für Griechenland geschieht? Soll es ein Anschlussprogramm für Griechenland geben? Denn die griechische Regierung, fast alle griechischen Kräfte verlangen, dass mit dem Ende des zweiten Programms auch das Ende der Arbeit der Troika kommen wird.

Jäger: Sie wissen, dass es Vorgespräche in Paris gegeben hat und dass noch im September Vertreter der Troika mit der fünften Programmüberprüfung beginnen werden. Alle weiteren Fragen sind dann im Herbst zu diskutieren. Es ist jetzt noch viel zu früh, hier irgendwelche Festlegungen zu treffen.

Ich möchte Sie noch darüber unterrichten, dass der Bundesfinanzminister morgen nach Australien reisen wird. Er wird dort am G20-Treffen der Finanzminister in Cairns teilnehmen. Das Treffen beginnt am Samstag und endet am Montag. Anschließend wird der Bundesfinanzminister nach Vietnam weiterreisen. Dort wird er mit dem Premierminister des Landes und seinem vietnamesischen Amtskollegen zusammentreffen.

Im Mittelpunkt des G20-Treffens wird die Frage stehen, wie wir das weltweite Wachstum stärken können. Wir brauchen nachhaltiges Wachstum. Es müssen neue Arbeitsplätze entstehen, vor allem für junge Menschen. Über diese Frage gab es zuletzt beim Treffen der EU-Finanzminister am vergangenen Wochenende in Mailand eine große Übereinstimmung, wie es dort auch eine Übereinstimmung über die Frage gab, dass zusätzliche staatliche Ausgabenprogramme hierfür nicht der richtige Weg sind. Nach unserer Auffassung und nach der Auffassung der europäischen Finanzminister führen drei Elemente zu nachhaltigem Wachstum: Das ist zum einen die Umsetzung von Strukturreformen. Das sind zum anderen Verlässlichkeit und Vertrauen durch konsolidierte Haushalte. Das sind drittens Investitionen. Mit dieser Position werden wir auch nach Cairns gehen.

Vorwürfe an Deutschland, wir würden zu wenig investieren, gehen ins Leere. Wir investieren in erheblichem Umfang. Dies wird der Bundesfinanzminister beim G20-Treffen auch gegenüber unseren internationalen Partnern deutlich machen. Investitionen, insbesondere Investitionen in Infrastruktur, sind der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum. Wir brauchen hierfür vor allem private Investitionen. Deshalb muss es zum einen gelingen, geeignete Projekte zu identifizieren. Zum anderen müssen wir Wege finden, auf intelligente Weise privates Kapital zu mobilisieren. Für diesen Ansatz werden wir auch in Cairns werben.

Ein zweites Thema in Cairns wird die Steuerpolitik sein. Dazu war heute schon einiges in den Blättern zu lesen. Ich will jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen.

Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass wir noch ein drittes Thema bearbeiten werden, nämlich die Finanzmarktregulierung. Dabei geht es insbesondere um den Bereich der Schattenbanken. Wir haben eine in Petersburg vereinbarte Roadmap. Die Bundesregierung fühlt sich dieser Roadmap weiterhin verpflichtet und wird sich dafür einsetzen, sie umzusetzen.

Frage: Hat der Finanzminister insbesondere zu dem Punkt Investitionen und intelligente neue Lösungen, um privates Kapital zu holen, irgendwelche konkreten Vorschläge, mit denen er seine Kollegen überraschen wird?

Jäger: Sie wissen, das ist eine lange andauernde, sehr intensive Diskussion. Wir stehen in ständigem Austausch mit unseren Kollegen. Sie haben auch mitverfolgt, dass wir mit eigenen Vorschlägen zu dem Treffen der EU-Finanzminister, das ich gerade erwähnt habe, gegangen sind. Diese Vorschläge haben weiterhin Gültigkeit.

Schäfer: Der Finanzminister reist gen Osten, der Außenminister gen Westen. Auch ich habe eine Reiseankündigung. Herr Steinmeier wird morgen Abend nach New York reisen, um dort am Freitag an einer Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen teilzunehmen. Zu der Sitzung am Freitag haben die Vereinigten Staaten von Amerika eingeladen, die in diesem Monat die Präsidentschaft im Sicherheitsrat innehaben.

Nach der Pariser Konferenz vom Montag, bei der es bereits um die Lage im Irak und um den Kampf gegen ISIS ging, geht es am Freitag nunmehr darum, auch im Sicherheitsrat zu zeigen, dass die internationale Gemeinschaft hinter der neuen inklusiven Regierung des Irak steht. Es geht darum, gemeinsam politische Strategien zu entwickeln, mit denen die internationale Gemeinschaft der Bedrohung durch ISIS begegnet.

Auch Deutschland ist gebeten worden, an dieser Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen teilzunehmen, die eine sogenannte offene Sitzung ist. Herr Steinmeier wird für Deutschland auf dieser Sitzung das Wort ergreifen. Er wird die Gelegenheit, in New York zu sein, auch dafür nutzen, um einige Gespräche zu führen, unter anderem mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Herrn Ban Ki-moon.

Frage: Frau Wirtz, zum Thema Ebola: Die Kanzlerin hat von der liberianischen Präsidentin ein Schreiben bekommen. Ist dieses Schreiben schon beantwortet worden? Wenn ja, welchen Inhalts? Gibt es da irgendein Entgegenkommen aus Deutschland?

SRS'in Wirtz: Sie beziehen sich auf das Schreiben der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf vom 9. September. Dieses Schreiben ist zum Teil in einigen Zeitungen dokumentiert worden. Es schildert sehr eindrücklich die Situation in Westafrika. Von der Schilderung dieser Situation - so viel kann ich für die Bundeskanzlerin sagen - ist auch sie sehr bewegt.

Das Schreiben der liberianischen Präsidentin wird heute vom Bundeskanzleramt beantwortet. Der Brief wird heute rausgehen. In diesem Brief wird die Bundeskanzlerin der liberianischen Regierung Hilfe auf verschiedenen Ebenen in Aussicht stellen. Sie hat zugesagt, dass sie unterstützen wird, dass die Anliegen auch auf EU-Ebene noch weiter koordiniert werden und dass eventuell auch auf EU-Ebene weitere Hilfen bereitgestellt werden. Sie hat zugesagt, dass sie NGOs, wie beispielsweise "Ärzte ohne Grenzen", unterstützen möchte, damit sie die Arbeit vor Ort weiter verrichten können. Es geht um die Frage von Flugtransporten in die Region und auch um die Frage, inwieweit vielleicht Krankenstationen zur Verfügung gestellt werden können.

Das ist in groben Zügen das, was in dem Brief stehen wird, der, wie gesagt, heute von der Bundeskanzlerin unterschrieben wird und rausgeht.

Zusatzfrage: Können das die Ressorts vielleicht ergänzen? Kann man diese Hilfe noch konkretisieren?

SRS'in Wirtz: Ich habe jetzt schon relativ viele Eckpunkte dieses Briefes vorweggenommen, ohne dass der Brief schon in Liberia angekommen ist. Insofern geht es jetzt darum, dass der Brief dort erst einmal ankommt und wahrgenommen wird. Dann wird es im Konkreten weiter darum gehen, im Austausch mit der liberianischen Regierung zu schauen, wie man diese Hilfe dann ganz konkret leisten kann. Das kann ich so weit für die ganze Bundesregierung sagen.

Vorsitzender Mayntz: Möchten andere Häuser schon konkreter werden?

Frage: Mich würde zunächst einmal interessieren, ob die Bundesregierung einen Überblick hat, was bislang in Sachen Ebola von ihr getan worden ist. Mich würde zum Zweiten interessieren, ob die Bundesregierung den Eindruck hat, dass sie angesichts des Gewichts dieses Problems das ganze Thema Ebola in der Vergangenheit vielleicht unterschätzt hat. Angesichts der doch sehr umfangreichen und sehr tiefgreifenden Reaktion, die von den USA kommt, auch mit sehr massiven Hilfeplänen: Hat die Bundesregierung das Gefühl, dass ihr bisheriges Vorgehen - "in Aussicht stellen" haben Sie eben gesagt, eine bessere Koordination in der EU und Ähnliches - den Problemen angemessen ist, wo doch ganze Staaten in der Gefahr stehen - ich sage es einmal volkstümlich -, vor die Hunde zu gehen?

SRS'in Wirtz: Nur um da nicht falsch verstanden zu werden: Es geht darum - insoweit habe ich mich auf den Brief bezogen -, dass die Bundeskanzlerin zugesagt hat, sie werde sich dafür einsetzen, dass auf EU-Ebene weitere Hilfen koordiniert werden. Nur um da richtig verstanden zu werden.

Für die Bundesregierung insgesamt kann ich sagen, dass derzeit knapp 12 Millionen Euro in die betroffenen Gebiete gehen, und zwar verteilt über die WHO und NGOs, die vor Ort tätig sind. Das ist im Grunde genommen das Finanzielle, das die Bundesregierung derzeit in diesem Zusammenhang leistet.

Was die anderen Punkte der Unterstützung dieser Gebiete anbelangt, so habe ich Ihnen gerade gesagt, dass das, so denke ich, auf gutem Wege ist. Das wird jetzt so schnell wie möglich in die Praxis umgesetzt, wenn man mit der liberianischen Regierung konkreter darüber gesprochen hat, wie Hilfe geleistet werden kann, und wenn man von der Regierung dort hört, wie diese Hilfe dann im Konkreten aussehen soll.

Zusatzfrage: Ich möchte nachfragen, ob die Bundesregierung das Gefühl hat, in der Entwicklung, die jetzt vonstattengeht, das Problem Ebola in der Vergangenheit womöglich unterschätzt zu haben. In den letzten Monaten ist viel davon die Rede gewesen, dass sich Deutschland weltpolitisch einer größeren Verantwortung stellen will und auch stellen muss. Wäre Ebola nicht ein typischer Fall, bei dem die Bundesregierung außerhalb jeglicher militärischer Untersetzung die Übernahme einer größeren Verantwortung in der Welt demonstrieren könnte, und zwar indem sie vorprescht und über die Beträge von 12 Millionen Euro hinaus tatkräftig selbst Hilfsmodelle entwickelt, um in Europa eine Lokomotivfunktion zu übernehmen?

SRS'in Wirtz: Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass die Krankheit Ebola von Anfang an sehr ernst genommen worden ist. Das ist eine ernst zu nehmende Epidemie, die sich in den betroffenen Ländern stark ausbreitet. Die Lage in Westafrika ist von der ganzen Bundesregierung und auch von vielen verschiedenen Ressorts als eine sehr ernste Lage betrachtet worden. In der Bundesregierung und auch zwischen Ministerien ist darüber gesprochen worden, wie man diesen Ländern Unterstützung zukommen lassen kann. Das ist erfolgt. Ich habe Ihnen eben den Betrag von knapp 12 Millionen Euro genannt. Es gibt also schon Hilfe, die geleistet wird. Abgesehen davon habe ich gerade noch verschiedene Punkte genannt, an denen angesetzt werden soll, an denen auch Hilfe der Bundesregierung geleistet werden soll. Das ist im Moment der Stand der Dinge, das, was die Bundesregierung in diesem Fall leisten kann und wie sie sich auch auf europäischer Ebene dafür einsetzt, um eventuell noch weitere Hilfen zu generieren.

Zusatzfrage: Ich habe vor Kurzem einen Bericht gelesen, dass insbesondere im Verteidigungsministerium konkretere Überlegungen für Hilfen, auch im medizinischen Bereich - ich sage einmal -, unterwegs, möglicherweise vielleicht sogar schon beschlossen worden sind. Herr Flosdorff, können Sie mich da ein bisschen auf das Laufende bringen?

Flosdorff: Wie Frau Wirtz das schon gesagt hat, gibt es schon seit einiger Zeit umfangreiche Gespräche innerhalb der Bundesregierung, auch im Krisenstab, wie man den Kampf gegen Ebola aufnehmen kann. Auch die Bundeswehr prüft alle ihre Möglichkeiten, einen Beitrag dazu zu leisten. Ohne jetzt zu sehr dem vorzugreifen, was in dem Brief steht, den Frau Wirtz erwähnt hat, geht es da insbesondere um logistische und Unterstützungsleistungen, die die Bundeswehr im Moment im Detail prüft. Sie wäre sicherlich innerhalb eines sehr überschaubaren Zeitraums in der Lage, dies beizusteuern.

Schäfer: Nur zwei Punkte, die ich gerne ergänzen möchte, um der leisen Kritik von Herrn Heller an der Politik der Bundesregierung mit Argumenten etwas entgegenzuhalten:

Erstens haben wir bereits in der letzten oder vorletzten Woche - vielleicht erinnert sich der eine oder andere - an dieser Stelle über Ebola gesprochen. Ich habe damals schon ausgeführt, dass wir auch die deutsche G7-Präsidentschaft nutzen werden, um dieses Thema nicht nur auf der internationalen Tagesordnung zu haben, sondern auch konkret zu agieren. Dazu laufen jetzt mit Blick auf das Außenministertreffen der G7-Staaten, das nächste Woche Donnerstag in New York stattfinden wird, entsprechende Vorbereitungen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir in dieser sehr ernsten Frage auch mit den G7 einen konstruktiven Beitrag dazu leisten können, all die verschiedenen Aspekte, die es gibt - die sicherheitspolitischen, die humanitären, die epidemiologischen und viele andere -, so zu bündeln, dass wir diese Krankheit gemeinsam mit den Partnern in den Griff bekommen.

Der Afrika-Beauftragte im Auswärtigen Amt, Herr Schmidt, befindet sich jedenfalls heute - vielleicht jetzt schon - auf dem Weg in die Region und wird nicht nur in Liberia, sondern auch in den beiden anderen betroffenen Staaten und auch darüber hinaus Gespräche führen - Gespräche mit den Regierungen, aber auch mit den Gebern vor Ort, der WHO und anderen -, um auf diese Art und Weise sicherzustellen, dass Hilfe nicht nur irgendwie gebracht wird, sondern, wie sich das gehört, vernünftig koordiniert und abgestimmt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Hilfe, die wir leisten können, diejenige ist, die auch wirklich vor Ort gebraucht wird, und sich passgenau in andere Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft einfügt.

Frage: Wenn ich das richtig verstanden habe, kommt heute die Antwort, dass es Hilfen von der Bundesregierung für die von Ebola betroffenen Staaten gibt, dass diese Hilfen aber noch nicht konkret beziffert sind - auch in dem Schreiben nicht?

SRS'in Wirtz: Die liberianische Präsidentin hat sich ja direkt an die Bundeskanzlerin gewandt, insofern wird die Bundeskanzlerin auch direkt antworten. Dieser Brief wird heute rausgehen. Die Bundeskanzlerin hat in den Eckpunkten, die ich Ihnen eben genannt habe, Hilfe zugesagt. Nun ist es ja so, dass man Hilfe auch am besten mit dem abstimmt, der die Hilfe bekommen soll, das heißt, es wäre schon ganz hilfreich, wenn erstens die liberianische Präsidentin den Brief bekommt, ihn gelesen hat, und man dann eben auch in Abstimmung mit der Regierung ganz konkret sagen kann, welche Hilfen geleistet werden. Die Eckpunkte habe ich genannt. Insofern geht es jetzt darum, das weiter zu konkretisieren, auch in Absprache mit den einzelnen Ressorts. - Herr Flosdorff möchte auch etwas dazu sagen.

Flosdorff: Damit das nicht im Ungefähren bleibt: Damit wir diesen Brief hier nicht ausbreiten müssen, kann ich vielleicht ganz konkret sagen, was die Bundeswehr prüft. Dazu würde ich aber "unter drei" gehen, wenn Sie das arrangieren könnten.

Vorsitzender Mayntz: Unsere Gäste wissen, was das bedeutet: Es wird diesen Saal nicht verlassen. - Wir sind damit "unter drei".

(es folgt ein Teil "unter drei")

Vorsitzender Mayntz: Gibt es noch Fragen "unter drei"? Dann kehren wir zurück "unter eins".

Frage: Frau Wirtz, ich habe noch eine Verständnisfrage: Die 12 Millionen Euro, von denen Sie geredet haben, sind die Mittel, die bisher in die gesamte Krisenregion geflossen sind?

SRS'in Wirtz: Genau.

Zusatzfrage: Das heißt, der Brief ist davon nicht berührt, da ginge es sozusagen um zusätzliche Mittel?

SRS'in Wirtz: Genau.

Zusatzfrage: Zweite Frage: Wir reden hier immer von Briefen, die mit Unterschriften hin und her geschickt werden. Kann man sich das wirklich so vorstellen, sind das noch geschriebene Briefe, die dann mit der Post dahin geschickt werden? Oder ist das eine E-Mail? Das klingt irgendwie so, als ob das Wochen dauern würde, bis dann ein Brief in Liberia ankommt. Wie läuft das eigentlich?

SRS'in Wirtz: Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung ein geeignetes Kommunikationsmittel wählen wird.

Zusatz: Dann bin ich beruhigt.

SRS'in Wirtz: Wahrscheinlich haben Sie jetzt auch schon dazu beigetragen beziehungsweise werden Sie jetzt dazu beitragen, dass in Liberia vielleicht schon das eine oder andere ankommt.

Zusatz: Ich frage nur nach, weil immer so betont wurde, dass es ein Brief sei, der dann persönlich unterschrieben ist usw. - das klingt irgendwie nach 80er-Jahren.

SRS'in Wirtz: Es ist ja nichts dagegen zu sagen, ab und zu ein bisschen altmodisch in der Kommunikation zu sein. Aber gut, das ist ein anderes Thema.

Schäfer: Ich habe das Faksimile dieses Schreibens gesehen: Es ist tatsächlich handschriftlich unterschrieben - ob Sie es glauben oder nicht.

(SRS'IN WIRTZ sagt Herrn Schäfer etwas)

- Dann ist das falsch und ich nehme alles zurück. Frau Wirtz weiß es besser!

Ich wollte eigentlich - wenn wir schon bei den 12 Millionen Euro sind; die 10 Millionen Euro hat das BMZ ja schon erläutert - auch etwas anderes sagen: Eben war ja schon die Rede von Ärzte ohne Grenzen. Aus den Mitteln des Auswärtigen Amtes sind - im Übrigen seit dem Juli; die erste Pressemitteilung zum Thema datiert vom 4. Juli - 750.000 Euro an Ärzte ohne Grenzen gegangen. Des Weiteren gibt es ein Projekt der Welthungerhilfe in Sierra Leone, ein Projekt von Humedica in Liberia, Mittel für ein deutsches Forschungsinstitut im Geschäftsbereich des Gesundheitsministeriums, das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, und Mittel für die WHO. Es ist völlig selbstverständlich, dass im Zuge der Weiterentwicklung der Krise natürlich auch wir im Auswärtigen Amt uns trotz des Umstandes, dass die humanitäre Hilfe zurzeit viele Adressaten hat - ich erinnere nur an Syrien und den Irak, aber auch andere Regionen, etwa in Nordafrika -, darum bemühen, auch für die Bewältigung dieser Krise weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, die dann für die Betroffenen bereitgestellt werden können.

Wackers: Eine kleine Ergänzung: Die Experten des Robert-Koch-Institutes und des Bernhard-Nocht-Institutes sind seit April vor Ort. Sie unterstützen die internationalen Labore mit ganz praktischer Tätigkeit, indem sie die Proben untersuchen und schauen, ob diese positiv oder negativ sind. Dieses Engagement wird auch fortgesetzt. Das ist eine sehr große Belastung für die Experten, daher werden die Teams alle vier Wochen ausgetauscht.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Die Umweltministerin hat hier vor etwa zwei Stunden vorgestellt, was sie nächste Woche in New York verkünden will, nämlich dass sich Deutschland weitgehend aus der Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland zurückzieht. Da gab es nach ihren Aussagen weitgehende Einigung, einige Details seien mit dem Wirtschaftsministerium aber noch zu klären. Ich würde gerne einmal hören, wie Sie diese Einigung sehen und darstellen würden und an welchen Details es aus Ihrer Sicht noch hakt.

Braams: Sie wissen ja, dass die KfW Kohlekraftwerke schon heute nur dann finanziert, wenn die beste verfügbare Technik eingesetzt wird und hohe Standards eingehalten werden. Das ist schon einmal ein wichtiger Punkt, der zu betonen ist. Außerdem ist das eben ein laufender Prozess. Federführend koordiniert das BMWi hier die Gespräche und prüft, nach welchen Kriterien die Finanzierung von Kohlekraftwerken künftig gestaltet werden soll. Dazu laufen derzeit noch die Gespräche. Gerade in den letzten Tagen gab es dazu umfassenden Austausch mit den betroffenen Ressorts, mit betroffenen Verbänden und Akteuren. Dieser Prozess läuft eben noch, sodass ich die Ergebnisse jetzt nicht vorwegnehmen kann. Wir werden diesen Prozess fortführen und im Herbst dann auch einen Bericht vorlegen.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie würden einer prinzipiellen Einigung, die hier heute Morgen verkündet wurde, aus Ihrer Sicht widersprechen?

Braams: Das habe ich nicht gesagt. Es ist ein laufender Prozess. Gerade in den vergangenen Tagen sind noch einmal viele Gespräche geführt worden und damit auch viele Positionen der betroffenen Ressorts und der Verbände eingegangen. Die werden wir jetzt eben prüfen, und dann werden wir in diesem Prozess mit den Ressorts zu einer Einigung kommen.

Zusatzfrage: Möchten Sie noch etwas dazu sagen, Herr Schroeren?

Schroeren: Damit da kein falscher Eindruck hinterbleibt muss ich Sie daran erinnern, dass die Klimapolitik der Bundesregierung ja völlig unstrittig ist. Sie geht davon aus, dass wir die globale Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf zwei Grad begrenzen müssen. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir unsere Energieversorgung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts weitgehend dekarbonisieren.

Sie wissen, dass wir das Ziel erreichen wollen, unseren CO2-Ausstoß bis 2050 um 85 bis 90 Prozent zu reduzieren. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir natürlich jeden einzelnen Neubau eines Kohlekraftwerkes - und sei er noch so effizient - auf den Prüfstand stellen. Wenn Sie davon ausgehen, dass Kohlekraftwerke eine lange Betriebsdauer von mehreren Jahrzehnten - 40 oder vielleicht 50 Jahre - haben, dann wird Ihnen klar, dass auch hocheffiziente Kohlekraftwerke ein Beitrag zur weiteren CO2-Emission sind.

Es ist also eigentlich nur logisch, dass wir das überprüfen. Diese Überprüfung wird mit Sicherheit dazu führen, dass wir die Förderung von Kohleprojekten im Ausland einschränken müssen. Das gilt natürlich auch für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit - ich weiß nicht, ob die Kollegin des BMZ dazu Ergänzungen machen will.

Im Übrigen verweise ich darauf, dass es einen internationalen Prozess gibt - Initiativen von Industriestaaten, aber auch öffentlicher und privater Banken -, die Finanzierung von Kohleprojekten zurückzufahren. Die Bundesregierung würde sich dementsprechend auch nur in den Geleitzug einreihen.

Frage: Morgen wird der neue türkische Außenminister Mevlüt Çavusoach Deutschland reisen. Vor diesem Hintergrund richtet sich meine Frage an Schäfer und an Frau Wirtz: Von Staatspräsident Erdogan unterstützte regierungsnahe Medien behaupten auch heute, die Bundesregierung kooperiere eng mit Parallelstrukturen in Deutschland - gemeint sind hier regierungskritische Medien und Personen der Zivilgesellschaft -, um die Türkei wirtschaftlich und außenpolitisch zu schwächen. Wie beurteilen Sie solche Aussagen? Gibt es in Deutschland wirklich diese Parallelstruktur? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung?

SRS'in Wirtz: Ich habe dazu keine Erkenntnisse, aber vielleicht kann Herr Schäfer weiterhelfen.

Schäfer: Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen würden, Frau Wirtz.

SRS'in Wirtz: Wenn Sie schon über Briefe der Kanzlerin sprechen!

Schäfer: Ich kenne die Vorhaltungen vonseiten der türkischen Regierung, die Sie da vortragen, überhaupt nicht; mir ist das völlig neu. Deshalb bestreite ich nicht, dass es das gibt, aber ich bin deshalb gar nicht in der Lage, Ihnen darauf eine Antwort zu geben.

Zusatzfrage: Ist dieses Thema schon seitens der Regierungsmitglieder in Gesprächen angesprochen worden?

Schäfer: Ist mir nicht bekannt.

SRS'in Wirtz: Mir auch nicht, ich habe dazu keine eigenen Erkenntnisse.

Vorsitzender Mayntz: Wenn Sie noch Erkenntnisse gewinnen sollten, wären wir für eine Verteilung über unseren Verteiler dankbar.

Frage: Eine Frage zur Asylpolitik an Frau Wirtz beziehungsweise Herrn Plate: Die Kommunen beklagen, mit dem Problem überfordert zu sein, aber auch alleingelassen und im Stich gelassen zu werden - auch im Stich gelassen zu werden vom Bund. Wie will die Bundesregierung den Kommunen helfen? Haben Sie Überlegungen, wie Sie helfen können? Was ist da geplant?

Plate: Zunächst einmal möchte ich sozusagen der Form halber klarstellen, dass das Grundgesetz in seiner Zuständigkeitsverteilung in diesem Punkt relativ klar ist: Manches obliegt dem Bund, das meiste obliegt in diesem Zusammenhang den Ländern. Insofern ist es so, dass das Thema der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern zuständigkeitsmäßig den Ländern und Kommunen zugewiesen ist.

Natürlich ist es so, dass der Umfang dieser Aufgabe ganz wesentlich von der Zahl der einreisenden Asylbewerber abhängt, die bekanntlich seit Jahren steigt und ohne Weiteres natürlich nicht gesteuert werden kann. Der Bund hat trotzdem gewisse Möglichkeiten, hier Einfluss zu nehmen, insbesondere auch über die Dauer der Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das Bundesamt bemüht sich auch - insbesondere in der aktuellen Situation -, die große Zahl von Asylanträgen in möglichst schneller Zeit abzuarbeiten und die Verfahrensdauer möglichst kurz zu halten.

Allerdings ist es so, dass die Asylzahlen so drastisch zugenommen haben, dass es wahrscheinlich verständlich ist - so hoffe ich jedenfalls; man kann natürlich keine Zauberei erwarten -, dass auch das Bundesamt mit Engpässen zu kämpfen hat. Nicht umsonst wurde das Bundesamt im Bundeshaushalt 2014 schon mit 300 zusätzlichen Stellen ausgestattet. So lange ist der Bundeshaushalt 2014 aber noch nicht in Kraft, es sind also noch nicht alle dieser zusätzlichen Stellen besetzt. Im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2015 sind aber noch einmal weitere Planstellen vorgesehen, um die Bearbeitungszeiten kurz zu halten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat darüber hinaus auch die Aufgabe, gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium die Länder möglichst frühzeitig mit Prognosen darüber zu versorgen, mit wie vielen Flüchtlingen ungefähr gerechnet werden muss. Das ist auch in diesem Jahr wieder zutreffend und relativ frühzeitig geschehen und auch an die Länder kommuniziert worden. Wir wussten also schon relativ früh, mit wie vielen Flüchtlingen man ungefähr würde rechnen müssen, und haben das auch so kommuniziert.

Darüber hinaus haben Sie sicherlich mitbekommen, dass der Bundesinnenminister eine politische Initiative im EU-Rahmen angestoßen hat, die insbesondere auf die Flüchtlinge zielt, die aus dem Mittelmeerraum kommen. Er hat das insbesondere zusammen mit seinem französischen Amtskollegen sowie seiner britischen Amtskollegin und einigen weiteren gegenüber der Kommission getan, um hier einerseits zu einer Verbesserung der humanitären Situation zu kommen, aber letztlich auch zu einer zahlenmäßigen Verbesserung zu kommen. Es ist ja so, dass besonders viele Flüchtlinge in einige wenige EU-Länder gehen. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen letzten Endes besonders viele Flüchtlinge ankommen. Die Initiative hat ja auch einige Punkte zum Gegenstand - die, glaube ich, auch hier in diesem Raum schon Thema waren -, die dazu beitragen sollen, die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, zu verringern. Auch das ist also ein Beitrag, den der Bund leisten kann und leistet.

Als letztes möchte ich vielleicht noch die Frage von Bundesliegenschaften ansprechen: Die sind zum Teil schon angeboten worden, und zwar über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die im BMF ressortiert. Das geht auch weiter.

Vielleicht noch ein letzter Punkt: Auch das Technische Hilfswerk hat bundesseitig - es ist ja beim Bund angesiedelt - schon bei der Errichtung von Notunterkünften für Asylbewerber Hilfe geleistet.

Das sind die Dinge, die ich sozusagen von Bundesseite teilweise ankündigen beziehungsweise teilweise berichten kann, weil sie schon geleistet werden. Was ich nicht berichten kann und auch nicht berichten werde, ist, dass es sozusagen zusätzliches Geld von Bundesseite gibt. Das liegt aber in erster Linie in der Kompetenzverteilung begründet.

Zusatzfrage: Das Stichwort Bundesliegenschaft gibt mir Gelegenheit, den Ball noch einmal an Herrn Flosdorff weiterzuspielen: Liegen Ihnen möglicherweise Anfragen vor, Asylbewerber auch in Kasernen unterzubringen? Gibt es entsprechende Pläne, Kasernen, die frei geworden sind, dafür als Räumlichkeit zur Verfügung zu stellen?

Flosdorff: Ja, solche Anfragen gab es. Gestatten Sie mir an dieser Stelle aber noch eine grundsätzliche Anmerkung: Freigeräumte, leergeräumte und übergebene Kasernen sind nicht mehr in der Zuständigkeit der Bundeswehr. Das heißt, es geht in diesen Fällen - die wir prüfen und die wir teils auch schon positiv beschieden haben - um Fälle, in denen die Bundeswehr Kasernen noch betreibt, also selber noch in den Kasernen ist, und zum Beispiel in der Lage ist, bestimmte Bereiche oder Gebäudeteile abzutrennen. Dabei muss man erwägen, dass man dann immer ein Sicherheitsproblem hat; denn zum einen bestehen Sicherheitserfordernisse für die Bundeswehr, zum anderen dürfen aber auch die Menschen, die dort untergebracht werden sollen, nicht gefährdet werden. Wir haben jetzt zum Beispiel zwei Fälle in Bayern - einen in Nordbayern, einen in Südbayern -, in denen es ermöglicht werden soll, dass Gebäudeteile abgetrennt und im Zuge der Amtshilfe auf befristete Zeit an das Land beziehungsweise die jeweiligen Kommunen, die das betreiben wollen, vermietet oder verpachtet werden.

Wir prüfen das also in jedem Einzelfall und schauen, ob das möglich ist. Ich möchte aber mit dem weit verbreiteten Eindruck aufräumen, dass wir über leerstehende Kasernen, aus denen die Bundeswehr in den vergangenen Jahren ausgezogen ist, noch verfügen können.

Vorsitzender Mayntz: Das tut ja dann das BMF?

Jäger: Ja, ich kann dazu kurz ergänzen. Es ist richtig, das fällt in unseren Verantwortungsbereich. Wir prüfen das, und dort, wo es sinnvoll ist, tun wir das auch. In bislang 88 Fällen wurden mit den nachfragenden Stellen Verhandlungen über konkrete Liegenschaften geführt. Bislang gibt es 21 Fälle, in denen Verträge abgeschlossen worden sind beziehungsweise in denen wir damit rechnen, dass ein Abschluss kurz bevorsteht.

Zusatzfrage: Ist eine solche Verpachtung an Länder oder Kommunen ein Geschäftsmodell für die Bundesregierung, oder ist das eine finanzielle Unterstützung, die Sie bei der Gelegenheit gleich mit leisten können?

Jäger: Nein, das ist kein Geschäftsmodell. Das ist unser Beitrag, um ein hier anstehendes Problem zu lösen.

Zusatzfrage: Heißt das, Länder und Kommunen bekämen das gratis?

Jäger: Das habe ich so nicht gesagt.

Frage: Frau Wirtz, vonseiten der Grünen gab es im Laufe dieser Woche wiederholt Klagen im Hinblick auf eine mögliche Kompromissfindung beziehungsweise Zustimmung des Bundesrats am Freitag in dieser Sache. Gibt es keine Angebote, keine vernünftige Verhandlungen, keine Kompromissideen des Kanzleramtes oder des Kanzleramtsministers in den dort mehr oder weniger intensiv verlaufenden Gesprächen? Ist das zutreffend? Gibt es dort sozusagen keine Bewegung, oder gibt es vonseiten des Kanzleramtes Angebote, die bloß von der anderen Seite nicht als solche erkannt werden? Wie ist die Gefechtslage?

SRS'in Wirtz: Die Gefechtslage ist so, dass es niemals offizielle Verhandlungen des Kanzleramtes mit den Fraktionen beziehungsweise mit den verschiedenen Parteien in dieser Frage gegeben hat. Es ist so, dass sich das Kanzleramt niemals informellen Gesprächen verschlossen hat und auch immer für Gespräche in dieser Sache offen war. Ich kann jetzt noch nicht vorwegnehmen, wie die Meinungsbildung innerhalb der Regierung oder innerhalb des Bundesrats erfolgen wird. Insofern bleibt uns nicht viel anderes übrig, als den Freitag abzuwarten, wenn der Bundesrat tagen wird.

Frage: Die Grünen fordern einen Flüchtlingsgipfel. Denken Sie darüber nach?

SRS'in Wirtz: Ich muss ehrlich sagen: Ich habe von diesen Forderungen gehört, aber kann Ihnen jetzt nichts dazu sagen. Das würde ich nachreichen.

Frage: Hinsichtlich der Einzelfrage der sicheren Herkunftsstaaten, die ja offensichtlich einen Knackpunkt in diesen Verhandlungen darstellt, gibt es vonseiten der Grünen die Idee, möglicherweise einzelne ethnische Gruppen aus einer solchen Regelung herauszunehmen. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt die richtige Adressatin für eine solche Fachfrage sind oder ob sich das Innenministerium dazu äußern müsste. Ist so eine Sonderbehandlung im positiven Sinne für Asylbewerber, die aus bestimmten Staaten kommen, die dann möglicherweise als sichere Herkunftsstaaten gelten, und die in diesen Ländern vielleicht nicht in den vollen Genuss der Bürgerrechte kommen, juristisch, faktisch und praktisch denkbar, oder ist das irgendeine Fantasie?

SRS'in Wirtz: Vielleicht will Herr Plate dazu etwas sagen.

Plate: Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Sonderregelung, die Sie skizziert haben, gerade ganz richtig verstanden habe, um ehrlich zu sein.

Zusatz: Ich kann es ja noch einmal versuchen.

Plate: Vielleicht machen wir es so: Ich sage Ihnen etwas - sozusagen unabhängig davon, ob ich die Sonderregelung richtig verstanden habe -, und dann schauen wir einmal, ob es sich noch lohnt, das zu konkretisieren.

Zwei Dinge sind dazu aus meiner Sicht in jedem Fall zu sagen: Soweit es sich um eine Sonderregelung handelt, die möglicherweise Gegenstand eines Kompromisses in dem fraglichen Gesetzgebungsverfahren sein könnte, bitte ich um Ihr Verständnis dafür, dass ich nicht endgültig Position zu dem einen oder anderen Kompromissvorschlag beziehen kann, der auf dem Tisch liegen mag, während möglicherweise informelle Gespräche stattfinden.

Zweitens sei mir - unabhängig von dieser verfahrensmäßigen Anmerkung - sozusagen auch zu sagen gestattet, weil die Frage "Wie bewerten Sie das rechtlich" ja auch eine rechtliche Frage von Ihnen war, dass es nicht seriös wäre, wenn ich sozusagen rechtlich abschließend zu der Machbarkeit eines mir nicht im Einzelnen schriftlich vorliegenden Vorschlags Stellung nehmen würde. Das soll jetzt nicht destruktiv oder intransparent wirken, aber ich glaube, das würde der Sache sozusagen nicht gerecht werden.

Zusatz: Selbst wenn Sie meine Frage nicht verstanden haben, passt die Antwort jedenfalls.

Plate: Das hatte ich gehofft.

Frage: Ich habe eine Frage, wahrscheinlich am ehesten an das Innenministerium. Es gibt jetzt Berichte zur Anzahl von Selbstmordattentätern aus Deutschland, die wohl doch wesentlich höher ist, als es zunächst eingeschätzt wurde, und die wohl auch stark steigt. Es ist von fünf nachgewiesenen Fällen und von drei oder vier Fällen, die noch untersucht werden, die Rede.

Meine erste Frage wäre: Gibt es bezüglich dieser anderen Fälle eigentlich schon irgendwelche neuen Erkenntnisse darüber, dass die auch von aus Deutschland stammenden Personen verübt wurden?

Die zweite Frage wäre, was die Bundesregierung eigentlich über diese Maßnahme von letzter Woche - also das Verbot von Propaganda und Anwerbung durch IS - hinaus macht und ob es noch andere konkrete Schritte gibt, um diesem Problem Herr zu werden.

Plate: Zunächst einmal kann ich zu der konkreten Zahl deutscher oder deutschstämmiger Attentäter sagen, dass das Bundesinnenministerium vor allem mit den ihm nachgeordneten Sicherheitsbehörden selbstverständlich sehr eng an diesem Sachverhalt dran ist. Dennoch bitte ich um Verständnis, dass ich hier konkrete Zahlen dazu nicht bestätigen kann. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir im Moment von einer einstelligen Zahl ausgehen.

Die zweite Frage war, wenn ich sie richtig behalten habe, ob es sozusagen über das Verbot der Institution oder des Vereins oder wie man es nennen will "Islamischer Staat" hinaus Maßnahmen gibt, um das zu verhindern. Solche Maßnahmen gibt es selbstverständlich. Sie sind, glaube ich, zum Teil - wenn nicht sogar großteilig - auch schon hier in diesem Raum Thema gewesen. Das reicht von Maßnahmen, die nicht nur vom Staat ergriffen werden können, sondern auch gesamtgesellschaftlicher Art sind, um Radikalisierungen frühzeitig zu verhindern, bis aber auch hin zu nachrichtendienstlicher und polizeilicher Zusammenarbeit im Kreise insbesondere der EU-Staaten und hörte damit noch nicht auf. Sie wissen ja auch, nehme ich an, dass es eine Arbeitsgruppe gibt, die sich mit der Frage beschäftigt, was man machen kann, um Ausreisen und gegebenenfalls auch Wiedereinreisen zu verhindern. Da die Arbeitsgruppe noch tagt, wie ich erwähnt habe, kann ich zu den Ergebnissen im Moment auch noch nichts sagen. Auf der Tagesordnung steht eine ganze Reihe von Punkten in Bezug darauf, was man vielleicht machen könnte. Einige sind rechtlich sehr schwierig, andere sind rechtlich vielleicht etwas leichter umsetzbar. Es gibt da aber selbstverständlich eine ganze Reihe von Dingen, die parallel laufen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 17. September 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/09/2014-09-17-regpk.html;jsessionid=B06255113D50677667A3E55C3AB6DEDC.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2014