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PRESSEKONFERENZ/1000: Regierungspressekonferenz vom 3. Juni 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 3. Juni 2015
Regierungspressekonferenz vom 3. Juni 2015

Themen: Bündnis für nachhaltige Textilien, Kabinettssitzung (Mandatsverlängerungen von KFOR, UNIFIL und MINUSMA, Entwurf eines Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags/Abbau der Kalten Progression, Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Frauenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen), Hackerangriff auf den Deutschen Bundestag, nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland, Pkw-Maut, automatischer steuerlicher Informationsaustausch, finanzielle Lage Griechenlands, G7-Gipfel in Elmau, EU-Lateinamerika-Gipfel, Treffen der Bundeskanzlerin mit dem ägyptischen Präsidenten, Sturmgewehr G36, geplante Kooperation zwischen Deutschland und Indien bei der Abwehr von Cyber-Attacken auf das Internet, Ermittlungen gegen die FIFA, Gaza-Reise des Außenministers, Medienberichte über die Steuerung von US-Kampfdrohnen über den US-Stützpunkt in Ramstein

Sprecher: StS Seibert, Mänz (BMZ), Dr. Schäfer (AA), Dr. Plate (BMI), Strater (BMVI), Malachowski (BMJV), Jäger (BMF), Angeli (BMG), Gerhartz (BMVg)


Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Mänz: Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe gute Nachrichten zu verkünden. Seit gestern verzeichnen wir bei dem gemeinsamen Textilbündnis, das das BMZ zusammen mit den Unternehmen und der Zivilgesellschaft angestrengt hat, eine regelrechte Beitrittswelle, über die wir uns sehr freuen. Wir haben seit gestern 31 neue Mitglieder für das Textilbündnis zu verzeichnen. Nach den drei großen Verbänden aus der Textilbranche haben dabei auch zahlreiche namhafte und führende Unternehmen ihren Beitritt erklärt. Darunter sind viele bekannte Marken und Namen wie z. B. ich nenne wirklich nur einige Beispiele H&M, C&A, KiK, Adidas, Otto, Tchibo, Aldi, Rewe, Lidl und viele weitere mehr. Die Zahl der Mitglieder steigt damit auf aktuell über 100. Wir zählen Stand jetzt insgesamt 104 Mitglieder. Damit wird zugleich der Anspruch einer möglichst breiten Marktabdeckung erfüllt.

Sie können sich vorstellen, dass auch der Minister sehr erfreut über diese neue Entwicklung ist. Ich lese Ihnen kurz ein Zitat des Ministers dazu vor:

"Das ist ein starkes Zeichen, auch in Richtung des G7-Gipfels am Wochenende in Elmau. Deutschland ist damit Vorreiter für die internationalen Bemühungen auf dem Weg zu fairen Standards in den globalen Lieferketten. Mit Textil machen wir hier in Deutschland einen Anfang. Gemeinsam mit allen Beteiligten wird es gelingen, zu fairen, sozialen und ökologischen Standards in der Textilproduktion zu kommen, vom Baumwollfeld bis zum Bügel."

Er bedankt sich auch noch einmal ausdrücklich für das außergewöhnliche Engagement aller am Prozess Beteiligten. Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Wirtschaft und die Regierung selbst haben hier zusammen eine eindrucksvolle Leistung erbracht.

Mit dem breiten Bündnisbeitritt der Unternehmen und Verbände ist jetzt eine gute Basis geschaffen, um die gemeinsamen Ziele zur Verbesserung der textilen Lieferkette umzusetzen. Natürlich beginnen die ganz konkrete Arbeit und die Umsetzung jetzt. Dazu sind wir aber mit dieser neuen Mitgliederzahl, mit dieser breiten Basis, auf einem sehr guten Weg.

STS Seibert: Das, was gerade vorgetragen wurde, ist tatsächlich eine sehr gute Nachricht und in erheblichem Maße auch der Beharrlichkeit des Bundesentwicklungsministers und seiner Mitarbeiter zu verdanken.

Das Kabinett hat sich heute mit folgenden Themen befasst:

Zunächst einmal wird sich Deutschland weiterhin an drei Auslandseinsätzen mit bewaffneten Streitkräften beteiligen.

Im Einzelnen ging es zunächst um die internationale Sicherheitspräsenz für Kosovo, KFOR. Die Bundeswehr ist bereits seit Mitte 1999 im Kosovo. Dieser Einsatz soll jetzt unverändert fortgesetzt werden. Die Personalobergrenze bleibt, wo sie jetzt schon liegt, bei 1.850 Soldatinnen und Soldaten.

Zur Lage in der Republik Kosovo kann man sagen, dass sie grundsätzlich ruhig und stabil ist. Es sind bei der Umsetzung des Normalisierungsabkommens zwischen Serbien und Kosovo bereits wichtige Erfolge erzielt worden. Trotzdem bleibt es dabei, dass es im serbisch dominierten Norden des Kosovo ein Konfliktpotenzial gibt, das weiterhin hoch ist. Deswegen bleibt die internationale Truppenpräsenz nach unserer Überzeugung weiter für ein sicheres und stabiles Umfeld erforderlich.

Das Bundestagsmandat zur Beteiligung der bewaffneten deutschen Streitkräfte ist grundsätzlich nicht befristet. Trotzdem wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag die Verlängerung des Mandats zur Zustimmung vorlegen.

Das zweite Thema war Libanon, die Beteiligung bewaffneter Streitkräfte an der UN-geführten Mission UNIFIL. Diese Beteiligung soll bis zum 30. Juni 2016 fortgesetzt werden. Auch hier bleibt der Einsatz unverändert mit der Mandatsobergrenze von bis zu 300 Soldaten. Die seeseitigen Grenzen des Libanon sollen gesichert werden, damit keine Rüstungsgüter und kein sonstiges Wehrmaterial ohne Zustimmung der libanesischen Regierung ins Land kommen. Daneben ist das Ziel dieser Mission, eigene Marinefähigkeiten der libanesischen Seite aufzubauen. Der Libanon soll seine Grenzen eigenverantwortlich sichern können. Dazu leistet die Mission UNIFIL einen wichtigen Beitrag, wie sie auch einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Libanon leistet. Denn beide Länder schätzen das deutsche Engagement und haben ausdrücklich Wert auf seine Fortsetzung gelegt.

UNIFIL wird international von allen Seiten als ein Stabilitätsanker in dieser Region anerkannt. Das ist gerade zu diesem Zeitpunkt besonders wichtig, da die Sicherheit im Libanon weiterhin stark gefährdet ist. Auslöser sind natürlich der Syrien-Konflikt, die unvermindert anhaltenden Flüchtlingsströme nach Libanon, aber auch die zunehmende Bedrohung des Libanon durch die Terrormiliz "Islamischer Staat". Mit über einer Million registrierter Flüchtlinge beherbergt Libanon im Verhältnis zu seiner Bevölkerung die größte Zahl an Flüchtlingen weltweit.

Das dritte Mandat ist MINUSMA in Mali. Es betrifft die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dieser UN-geführten sogenannten multidimensionalen integrierten Stabilisierungsmission in Mali, deswegen MINUSMA. Das Mandat wird bis zum 30. Juni 2016 verlängert. Unverändert liegt die personelle Stärke bei bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten.

Der politische Prozess, der natürlich für eine nachhaltige Stabilisierung in Mali notwendig ist, hat Fortschritte gemacht. Unter der Leitung Algeriens wurde im Mai ein Friedensabkommen erarbeitet. Das ist von der Regierung, aber noch nicht von allen beteiligten Gruppen unterzeichnet worden. Wir sind mit unseren internationalen Partnern zusammen überzeugt: Zur Stabilisierung der Sicherheitslage auch zur Stabilisierung dieses politischen Prozesses, bei dem es dann um den künftigen Status Nordmalis geht und zur Unterstützung des Zugangs für humanitäre Akteure wird MINUSMA weiterhin dringend gebraucht. Dieser Einsatz ist im Übrigen Teil eines sehr umfassenden Engagements Deutschlands, wo man den vernetzten Ansatz, den wir pflegen, sehr schön sehen kann. Es gibt eben nicht nur diesen Einsatz der bewaffneten deutschen Streitkräfte. Es gibt Krisenpräventionsmittel, Entwicklungszusammenarbeit, ein Ausstattungshilfeprogramm. Es gibt die Ausbildung von Polizei- und Sicherheitskräften im Rahmen der EU und der UN-Missionen alles mit dem Ziel, Mali in die Lage zu versetzen, selbst Sicherheit und staatliche Souveränität aufrecht zu erhalten.

All diese Mandatsverlängerungen stehen unter dem Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestags.

Das nächste Thema im Kabinett: Formulierungshilfen zum Entwurf eines Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags. Die weiterhin positive wirtschaftliche Entwicklung gibt uns die Möglichkeit, den Abbau der Kalten Progression anzugehen. Dazu will die Bundesregierung zweierlei Maßnahmen miteinander koppeln, nämlich die Entlastungen, die sich aus den Anhebungen des steuerlichen Grundfreibetrags für Erwachsene, des Kinderfreibetrags und des Kindergeldes ergeben. Das wird gekoppelt mit einem Ausgleich der Kalten Progression der Jahre 2014 und 2015.

Jetzt muss ich ein bisschen technisch werden: Zum 1. Januar 2016 soll der Einkommensteuertarif um 1,48 Prozent nach rechts, wie man so sagt, verschoben werden. Frau Wefers versteht das genau. Dies ist der Prozentsatz der kumulierten Inflationsrate für die beiden Jahre 2014 und 2015. Zu den Entlastungen aus den Freibetragsanhebungen und aus dem Kindergeld kommen dann nochmals etwa eineinhalb Milliarden Euro jährlich hinzu. Eine Verschiebung nach rechts bedeutet, dass die Durchschnittsbelastung im gesamten Tarifverlauf verringert wird. Die Steuerzahler werden entlastet. Sie haben also mehr Netto vom Brutto.

Zudem wollen wir die besondere Steuerentlastung für alleinerziehende Eltern verbessern. Wir haben daher ebenfalls beschlossen, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in zwei Stufen zu erhöhen. Rückwirkend für 2015 soll er bei einem Kind um 300 Euro auf 1.608 Euro im Jahr steigen. Für jedes weitere Kind gibt es dann zusätzlich 240 Euro mehr. Das heißt, der jährliche Entlastungsbetrag beträgt mit zwei Kindern 1.848 Euro. Mit drei Kindern liegt er dann bei 2.088 Euro usw. Ab 2016 steigt der Entlastungsbetrag bei einem Kind dann nochmals um 300 Euro auf dann 1.908 Euro pro Jahr und damit gegenüber dem Jetzt-Zustand um insgesamt 600 Euro. Die Staffelung für mehr Kinder bleibt bestehen. Der jährliche Entlastungsbetrag beträgt dann 2016 mit zwei Kindern 2.148 Euro, mit drei Kindern 2.388 Euro usw.

Dieser Entlastungsbetrag soll der ganz besonderen Lebenssituation und der daraus resultierenden Mehrbelastung von Alleinerziehenden Rechnung tragen im Vergleich zu denen, die in einer Partnerschaft oder Ehe ihre Kinder erziehen.

Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Bundesrat diese Maßnahmen, die ja die Bürgerinnen und Bürger begünstigen, begrüßen wird und dem Gesetz daher zustimmen wird.

Letzter Punkt im Kabinett: Die Vorlage des kombinierten 7. und 8. Berichts der Bundesrepublik Deutschland zum Frauenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Dieses UN-Frauenrechtsübereinkommen ist das wichtigste internationale Abkommen, das es für die Rechte der Frau gibt. Es verbietet die Diskriminierung der Frauen in allen Lebensbereichen und verpflichtet gleichzeitig die Vertragsstaaten, die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen umzusetzen.

In diesem Bericht wird über den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2014 erläutert, welche Maßnahmen in Deutschland Bund und auch Länder getroffen haben, um die Gleichstellung der Frau zu verbessern und umzusetzen. Dieser Bericht setzt damit den Dialog, auch mit dem CEDAW-Ausschuss CEDAW, das ist dieses internationale Abkommen , fort. Es geht also um Themen wie bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen, auch die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Es lohnt sich, da hinein zu schauen. Man wird sehen, welchen großen Weg Deutschland in diesen sieben Jahren, die der Bericht abdeckt, zurückgelegt hat. - So viel dazu.

Frage (zu den Mandatsverlängerungen von KFOR, UNIFIL und MINUSMA): Ich wollte von Herrn Schäfer wissen: Gibt es für die jeweiligen bewaffneten Kriegseinsätze einen Plan, wann sie zu enden haben oder enden sollen?

Dr. Schäfer: Jetzt müssten Sie genau sagen, was Sie mit bewaffneten Kriegseinsätzen meinen. Meinen Sie die drei Kabinettsbeschlüsse, von denen Herr Seibert gerade gesprochen hat?

Zusatz: Ja.

Dr. Schäfer: Ich kann darin keinen bewaffneten Kriegseinsatz erkennen, sondern es geht bei diesen drei Einsätzen, auch bei anderen Auslandsmissionen der Bundeswehr, immer darum, politisch zu stabilisieren und auf diese Art und Weise zu versuchen, Konflikte zu überwinden. Ich glaube, eine pauschale Antwort auf Ihre Frage ist bei den mehr als ein Dutzend deutschen Auslandseinsätzen der Bundeswehr gar nicht so möglich. Aber ich glaube, Sie können relativ sicher sein, dass niemand in der Bundesregierung ein Interesse daran hat, Auslandseinsätze um der Auslandseinsätze willen durchzuführen, sondern sie dienen immer einem konkreten und spezifischen Ziel. Wenn dieses Ziel erreicht ist, dann kann man natürlich auch zufrieden und glücklich nach Hause gehen.

Ich fürchte nur leider: Bei den vielen Krisen, um die es geht Herr Seibert hat ja bereits vorgetragen, dass der Auslandseinsatz der Bundeswehr im Kosovo bereits über 15 Jahre andauert , ist das nicht so einfach. In Afghanistan das ist nun nicht Gegenstand der heutigen Tagesordnung des Kabinetts gewesen haben wir ja gesehen, dass es in einer existenziellen Krise für ein Land möglich ist, nach mehr als einem Jahrzehnt die Präsenz der internationalen Gemeinschaft und damit auch die Präsenz der Bundeswehr zurückzufahren und die Qualität des Einsatzes der Bundeswehr von einem Kampfeinsatz hin zu mehr Ausbildung und Beratung zu verändern. Wo immer das möglich ist, werden wir das tun.

Ich kann noch einmal bekräftigen: Niemand in der Bundesregierung hat ein Interesse daran, Auslandseinsätze durchzuführen, weil uns das so besonders viel Spaß machen würde, sondern weil wir Verantwortung für viele Konflikte und Krisen in der Region empfinden, die auch uns betreffen, die unsere Interessen beeinträchtigen, die unsere Sicherheit gefährden. Deshalb werden wir im Geleitzug mit anderen das auch weiter so fortsetzen.

Zusatzfrage: Heißt das im Umkehrschluss, dass Afghanistan stabiler ist als Kosovo?

Dr. Schäfer: Nein, aber das heißt, dass es die Einschätzung und Bewertung der Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern gibt, dass eine militärische Präsenz der Bundeswehr und anderer im Kosovo weiterhin eine wichtige Voraussetzung für eine gute Entwicklung dieses Landes ist, während bei Afghanistan die Einschätzung der Bundeswehr war das ist im Übrigen eine Einschätzung, die von allen unseren Partnern im Rahmen von ISAF geteilt wurde , dass die afghanischen Sicherheitskräfte ab Anfang 2015 in der Lage sind, für die Sicherheit des Landes in eigenständiger Verantwortung Sorge zu tragen und es vernünftig ist, dass der Einsatz der Bundeswehr auch der Einsatz anderer ausländischer Streitkräfte in Afghanistan deshalb vorsichtig zurückgefahren und in eine Mission umgewandelt werden kann, die wie gesagt eher berät und ausbildet als tatsächlich eigene Kampfeinsätze durchführt.

Im Übrigen entspricht ja auch die Umwandlung und Rückführung der Militäroperationen, also des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan, einer politischen Zusage dieser Bundesregierung.

Frage: Zu diesem Thema, und zwar zunächst mit Blick auf Kosovo/Serbien. Im Fokus ist ja auch Ihre diplomatische Westbalkan-Initiative. Haben Sie vor dem Hintergrund eine Einschätzung zur künftigen Entwicklung dort? Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie da zuletzt Fortschritte gesehen. Ist das nach wie vor so?

Ich würde daran gern noch eine Frage zum Westbalkan, Mazedonien, anschließen. Es kommt heute die Entscheidung, dass da vorgezogene Wahlen stattfinden sollen. Gibt es an der Stelle Fortschritte Ihrer Bemühungen, auch mit Blick auf Griechenland?

Dr. Schäfer: Jetzt wird es kompliziert.

Meinten Sie Griechenland im Zusammenhang mit Mazedonien oder im Zusammenhang mit der Finanzkrise?

Zusatz: Ich meinte genau den Zusammenhang. Ihre diplomatischen Bemühungen hängen von der Handlungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit der griechischen Regierung ab. Das ist eine Frage, die sich mir immer wieder gestellt hat. Wie verhält sich das mit der jetzigen Regierung?

Dr. Schäfer: Ich versuche, es einmal abzuschichten.

Zu Mazedonien: Ich habe das gelesen, was Sie wahrscheinlich auch gelesen haben, dass es angeblich eine Vereinbarung, auch unter Vermittlung durch Kommissar Hahn der Europäischen Kommission, auf Neuwahlen in etwas weniger als einem Jahr geben soll.

Ich kann das jetzt für das Auswärtige Amt und für die Bundesregierung nicht bestätigen. Wenn es tatsächlich eine Einigung unter den miteinander ringenden und streitenden politischen Konfliktparteien zwischen Regierung und Opposition in Mazedonien gäbe, die ein demokratischen Ausweg aus der Krise wäre, dann würden wir das begrüßen. Mir scheint das aber zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas früh zu sein. Ich glaube, das sind möglicherweise richtige Informationen. Aber solange sie nicht bestätigt sind auch nicht von den handelnden Personen, nämlich den Politikern in Mazedonien, in Skopje , ist es, glaube ich, zu früh, bereits Entwarnung zu geben.

Dass damit komme ich jetzt zum nächsten Thema die Lage in Mazedonien, auch die Situation auf dem westlichen Balkan insgesamt, für uns Anlass zur Sorge ist und auch dafür, politische Energie zu investieren, mögen Sie daran ermessen, dass diese Bundesregierung letztes Jahr das erste Mal hier in Berlin eine hochrangige Westbalkankonferenz unter Leitung der Bundeskanzlerin ausgerichtet hat. Diese Konferenz wird nicht eine Eintagsfliege gewesen sein, sondern sie wird das genaue Datum habe ich nicht im Kopf; ich meine, nach der Sommerpause mit einer Konferenz fortgesetzt werden, die in Wien von der österreichischen Regierung ausgerichtet werden wird.

Auf dem westlichen Balkan gibt es zahlreiche schwierige Konflikte. Die Europäische Union ist seit langem heute ist sie genauso engagiert, vielleicht sogar mehr als in der Vergangenheit - sehr daran interessiert, mit eigener Unterstützung, auch mit dem Angebot einer europäischen Perspektive für alle Staaten des westlichen Balkan, Anreize dafür zu schaffen, dass es gut nachbarliche Beziehungen zwischen allen Staaten des westlichen Balkans untereinander gibt und vor allen Dingen in all diesen Staaten die Reformen durchgeführt werden können, die nicht nur diese Staaten der Europäischen Union näherbringen, sondern auch die Staaten, die Wirtschaften und die Gesellschaften insgesamt modernisieren und weiter voranbringen. Wir glauben, dass der Anreiz einer weiteren Annäherung und einer potenziellen Mitgliedschaft all der Staaten des westlichen Balkans in der Europäischen Union weiter ein ganz wichtiger Faktor bei der Modernisierung dieser Staaten ist.

Ich kann, glaube ich, guten Gewissens sagen, dass die Bundesregierung bei all diesen Bemühungen eine Vorreiterrolle spielt. Zuletzt ist es uns durch eine gemeinsame Initiative der britischen Regierung in London gelungen, in Bosnien/Herzegowina Fortschritte zu erzielen, die den Verhandlungs- und Annäherungsprozess mit der Europäischen Union gegen die Zusage weiterer tiefgreifender Reformen in Sarajewo am Laufen halten.

Aber wenn ich noch einmal in einem Satz zusammenfassen darf: Wenn Sie die Lage in anderen Ländern Mazedonien haben wir konkret angesprochen noch näher beleuchten wollen, können wir das gern machen. Das ist durchaus immer wieder Anlass zur Sorge, und das ist auch Anlass, Zeit und Energie politischer Natur zu investieren.

Ein letztes Wort zu Griechenland: Ja, Griechenland ist ein für uns wichtiger Partner in der Europäischen Union und in der NATO, der mit uns gemeinsam Stabilität im Südosten Europas und darüber hinaus schaffen sollte. Je stabiler, je prosperierender die Verhältnisse in Griechenland sind, umso besser ist das sicherlich auch für die regionalen Beziehungen mit den Nachbarstaaten in der Region.

Frage: Eine kurze Frage an Sie, Herr Seibert, und auch an Sie, Herr Jäger, zu dem Thema Kalte Progression. Sie haben gerade gesagt, Herr Seibert, Sie hoffen, dass die Bundesländer diesen zustimmungspflichtigen Gesetzen zustimmen. Haben Sie da entsprechende Signale? Gab es in der Vergangenheit Gespräche, vor allem in den letzten zehn, vierzehn Tagen? Denn vor zehn Tagen, kann ich mich erinnern, war Herr Schäuble sich noch nicht sicher, ob die Länder der Entlastung in Sachen Kalte Progression zustimmen würden.

STS Seibert: Ich kann Ihnen natürlich hier nicht das Verhalten der Länder prognostizieren. Wir gehen davon aus bzw. wir wissen, dass wir eine Maßnahme ergriffen haben, die im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger ist, die die Bürgerinnen und Bürger begünstigt. Deswegen besteht die klare Hoffnung und auch Erwartung, dass der Bundesrat das auch so sehen wird.

Frage: Eine Frage an Herrn Plate. Es soll Hinweise geben, wonach der Hackerangriff auf den Bundestag vom russischen Geheimdienst geführt wurde. Mich würde interessieren, welche Hinweise das sind.

Die zweite Frage: Dieser ominöse Server soll in Osteuropa so wird gesagt stehen. Können Sie "Osteuropa" eventuell eingrenzen? Stimmt es, dass dieser Server in Odessa steht?

Dr. Plate: Die Bundestagsverwaltung ist ja für ihre eigene IT selbst verantwortlich. Also, es liegt nicht in der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums. Deswegen ist es auch die Pressestelle der Bundestagsverwaltung, die zu diesem gesamten Themenkomplex spricht und nicht das Bundesinnenministerium. Hier bitte ich um Verständnis. Hier kann ich keine Angaben zu den Fragen machen, die Sie gestellt haben.

Zusatzfrage: Heißt das, dass sich weder der Verfassungsschutz noch das Bundeskriminalamt noch irgendwelche anderen Dienste damit befassen?

Dr. Plate: Das heißt das nicht zwingend. Ich will das weder bestätigen noch dementieren, sondern das, was ich gesagt habe, heißt einfach nur das, was ich gesagt habe, nämlich dass zu diesem Themenkomplex die Stelle spricht. Das ist ja auch generell Übung staatlicher Stellen, dass immer die zuständige Stelle spricht. Das ist in diesem Fall die Bundestagsverwaltung.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert: Die "Bild"-Zeitung berichtet heute, es gäbe Sicherheitslücken für die deutschen Soldaten in Erbil, die dort den Kurden bei der Waffenausbildung helfen, und zwar im Zuge der Geheimdienstaffäre. Die USA, so heißt es da, frieren die Kooperation mit dem BND ein, und zwar wegen Bedenken, dass geheimes Material in die Öffentlichkeit gelangen könnte. Ist das so? Können Sie das bestätigen? Insgesamt: Welche Signale bekommen Sie von den Amerikanern? Ich frage deswegen auch Sie, weil das BMVg in der Sache auf das Kanzleramt verweist.

STS Seibert: Das ist eine Frage, die die internationale Zusammenarbeit auf nachrichtendienstlicher Ebene betrifft und über die die Bundesregierung daher, wie üblich, nur den zuständigen Gremien des Bundestags Auskunft gibt.

Frage: Die G-10-Kommission soll nach gleichlautenden Medienberichten der "SZ" und der "WELT" ein Ultimatum mit Frist heute zur Herausgabe der Selektoren-Liste bzw. Einblick in die Selektoren-Liste gestellt haben. Gibt es dieses Ultimatum? Wird die Bundesregierung dem nachkommen?

STS Seibert: Sie wissen, dass die Beratungen der G-10-Kommission geheim sind. Deswegen wird sich die Bundesregierung auch zu diesem Thema hier an dieser Stelle nicht äußern.

Zusatzfrage: Was bedeutet es denn, wenn die G-10-Kommission in der strategischen Fernmeldekontrolle auf gewisse Zeit keine Genehmigung mehr ausgibt?

STS Seibert: Das ist eine hypothetische Frage, die ich hier nicht beantworten werde. Die Beratungen der G-10-Kommission, die Angelegenheiten der G-10-Kommission sind geheim. Das ist im G-10-Gesetz so festgelegt, daran haben wir uns alle zu halten. Deswegen wird auch diese Angelegenheit in den dafür zuständigen parlamentarischen Gremien besprochen werden müssen, aber nicht hier in der Bundespressekonferenz.

Zusatzfrage: Dahinter stehen ja auch weiterhin die Konsultationen mit den USA. Was können Sie dazu Neues sagen?

STS Seibert: Nichts Neues, die Konsultationen dauern an.

Frage: Herr Seibert, wenn die Bundesregierung die G-10-Kommission ernst nimmt, dann muss doch das Konsultationsverfahren von Ihrer Seite wahrscheinlich einseitig beendet werden, um da eine Entscheidung herbeizuführen, oder?

STS Seibert: Ich weiß nicht, warum Sie diese Wahrscheinlichkeit sehen.

Zusatzfrage: Es gibt offensichtlich ein Ultimatum, daher muss ja anscheinend etwas vorgelegt werden. Die Konsultationen können ja auch nicht ewig andauern.

STS Seibert: Ich habe mich gerade zu den Angelegenheiten der G-10-Kommission geäußert, die per Gesetz geheim sind und zu denen ich hier deswegen auch nicht Stellung nehmen kann und werde. Ich kann Ihnen zu dem Konsultationsverfahren sagen, dass es andauert und dass es nach diesem Konsultationsverfahren eine Entscheidung der Bundesregierung geben wird.

Zusatzfrage: Aber kann das Konsultationsverfahren ewig andauern?

STS Seibert: Nichts dauert ewig.

Frage: Eigentlich ist es doch abwegig, dass die G-10-Kommission nach der Einsicht in die Selektoren-Liste fragen muss; das hätte sie ja eigentlich schon vorab tun müssen, um diese Art von Überwachung zu autorisieren. Ganz direkte Frage: Kennt das Kanzleramt selbst die Inhalte der Selektoren-Liste, oder kann es auch nur beim BND anfragen und erhält dann die Auskunft: Nein, das ist geheim, das können wir Ihnen nicht erzählen?

STS Seibert: Noch einmal eine Antwort in zwei Teilen: Ich kann nur wiederholen, dass ich mich zu den Angelegenheiten, auch zu den Äußerungen oder mutmaßlichen Äußerungen von Mitgliedern der G-10-Kommission hier nicht äußere. Die Angelegenheiten der G-10-Kommission sind geheim, deswegen können sie hier nicht öffentlich debattiert werden.

Alles andere was natürlich auch die ganzen Zusammenhänge betrifft ist jetzt parlamentarisch im Untersuchungsausschuss zu lösen, aufzuklären, zu hinterfragen, und genau da wird auch Auskunft gegeben werden.

Frage: Herr Seibert, Sie haben jetzt aber nicht die Frage des Kollegen beantwortet, wer die Selektoren-Liste im Kanzleramt kennt.

STS Seibert: Ich habe meine Antwort darauf gegeben.

Zusatzfrage: Letztens hieß es von Ihnen noch, dass es eine sehr kleine Gruppe sei.

STS Seibert: Naja, ich habe jetzt meine Antwort heute darauf gegeben.

Zusatzfrage: Also hat sich das geändert, jetzt kennt es doch keiner mehr?

STS Seibert: Ich habe keinen neuen Stand für Sie.

Frage: Eine Frage zur Pkw-Maut: Eine Zeitung berichtet heute, dass die EU-Kommission einen Kompromissvorschlag angeboten hat, in dem es um eine schrittweise Einführung dieser Straßenbenutzungsgebühr geht. Was hält das Verkehrsministerium davon?

Strater: Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass wir solche Meldungen nicht kommentieren. Es gibt ja auch schon wieder neue Meldungen; gerade habe ich bei AFP eine andere Meldung gesehen, laut der aus gut unterrichteten Kreisen wieder neue Vorschläge gekommen sind. Die werden wir nicht kommentieren. Die Gesetze, so wie die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat sie beschlossen haben, sind EU-Rechts-konform, darüber haben wir hier ja ausführlich am Montag diskutiert, und dabei bleibt es.

Zusatzfrage: Ist es denn grundsätzlich vorstellbar, dass diese Umsetzung im Wege eines Kompromisses geschieht? Sie betonen, das sei EU-Rechts-konform, aber aus der EU hört man ja etwas anderes.

Strater: Die Gesetze sind so beschlossen, wie sie beschlossen worden sind. So liegen sie derzeit beim Bundespräsidenten, und wenn sie ausgefertigt und verkündet sind, dann treten sie in Kraft, so wie Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat sie beschlossen haben.

Frage: Herr Strater, Sie hatten uns ja erzählt bzw. wiederholt berichtet, dass es hier enge Konsultationen mit der EU-Kommission gebe. Dann könnten Sie uns doch berichten, ob es Vorschläge in dieser Richtung gegeben hat und wie man das einordnet oder warum man diese Vorschläge eventuell auch ablehnt?

Strater: Ich kann es Ihnen nicht berichten, weil ich bei diesen Gesprächen nicht dabei bin, aber es stimmt: Natürlich waren, sind und werden wir weiterhin mit der EU-Kommission, mit Brüssel in enger Abstimmung und in konstruktiven Gesprächen sein. Das wird auch so fortgesetzt. Ich kann Ihnen aber aus diesen Gesprächen inhaltlich nichts berichten.

Frage: Die "WELT" hat ja berichtet, dass die EU-Kommission der Bundesregierung diesen Vorschlag zur Maut unterbreitet habe. Herr Seibert, vielleicht können Sie etwas dazu sagen, das ist ja möglicherweise auch direkt an Sie gegangen?

STS Seibert: Ich kann zu diesem ganzen Thema wirklich nichts anderes sagen, als ich hier am Montag ausführlich dazu gesagt habe. Einen anderen Stand habe ich nicht für Sie.

Frage: Wenn ich das am Montag richtig verfolgt habe, gibt es ja noch nicht einmal ein genaues Datum für die Einführung, sondern der Minister hat sich nur auf die Formel "im Laufe von 2016" festgelegt. Das würde nach meinem Verständnis auch eine schrittweise Einführung einschließen?

Strater: Ich kann hier ja nur über die Infrastrukturabgabe berichten. Sie wissen, dass es auch ein Gesetz zur Kfz-Steuer-Senkung gibt. Es gilt, dass im Laufe des Jahres 2016 die Infrastrukturabgabe greift.

Zusatzfrage: Das könnte auch eine schrittweise Einführung sein? Denn es ist ja nicht definiert, was das sein soll.

Strater: Im Laufe des Jahres 2016 wird die Infrastrukturabgabe erhoben, und entsprechend wird es dann auch die Entlastung für die Fahrzeughalter geben.

Frage: Hat die Bundesregierung bzw. haben Sie bei Ihren Gesprächen mit der EU-Kommission während der Arbeit am Gesetz versucht zu vermeiden, dass die EU-Kommission gegen dieses Gesetz ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet? Wenn dem so war wie es hier ja immer dargestellt wurde , müssen Sie dann nicht eher sagen, dass diese Versuche und diese Gespräche gescheitert sind, als jetzt noch einmal zu sagen, dass das konstruktive Gespräche seien?

Strater: Es waren konstruktive Gespräche, deswegen sind ja auch die Gesetze, die von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beschlossen worden sind, EU-Rechts-konform.

Zusatzfrage: Man kann doch nicht von konstruktiven Gesprächen sprechen, wenn die Ansichten so weit auseinandergehen und die Kommission weil sie sagt: Diese Verträge sind nicht EU-Rechts-konform ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Sie einleitet?

Strater: Wir sagen aber: Diese Gesetze sind EU-Rechts-konform.

Frage: Herr Strater, Herr Rudolph hat hier vergangenen Montag ja sehr deutlich gesagt, dass die nationale Steuergesetzgebung eine Sache sei, in die die EU-Kommission nicht hineinreden könne; das sei also eine nationale Sache. Ist das praktisch der Punkt, auf dem Ihr Ministerium beharrt, ist das der eigentliche Knackpunkt in dem Streit zwischen Brüssel und Ihnen?

Strater: So, wie Sie das schildern, ist es korrekt dargestellt.

Frage: Nur als Lernfrage: Herr Strater, welches Datum steht denn jetzt in dem Gesetzentwurf oder in dem beschlossenen Gesetz, das der Bundespräsident jetzt ausfertigen muss?

Strater: Da steht gar kein Datum drin. Da steht meines Wissens drin, dass das Gesetz nach der Verkündung in Kraft tritt.

Zusatzfrage: Das bedeutet ein Inkrafttreten in vollem Umfang? Oder gibt es da das sind jetzt alles blöde Lernfragen sozusagen Regelungen dafür, dass es, weil die Kfz-Steuer bei jedem Einzelnen erst zu unterschiedlichen Terminen im Jahr anfällt, sozusagen zu einem schrittweisen, schleichenden oder weichen Einstieg in dieses System kommt?

Strater: Vom Infrastrukturabgabengesetz her ist es so, dass jetzt die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, und dass, wenn diese vorliegen, auch die Abgabenerhebungen beginnen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge: das Inkrafttreten und der Beginn der Abgabenerhebung.

Zusatzfrage: Und dazu braucht man dann eine Verordnung?

Strater: Nein, dazu müssen die technischen Umsetzungen erfolgen.

Frage: An das Bundesjustizministerium: Sie haben ja die Rechtsförmlichkeit der Mautgesetze und des begleitenden Steuergesetzes geprüft. Ist der Bundesjustizminister der Auffassung, dass diese Gesetze EU-Rechts-konform sind?

Malachowski: Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Gesetzentwürfe der Bundesregierung, die vom Kabinett beschlossen werden, laut Meinung der Bundesregierung dazu zählen wir als Justiz- und Verbraucherschutzministerium ja auch verfassungs- und europarechtskonform sind.

Frage: Auch wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass das Gesetz EU-Rechts-konform ist: Da gibt es ja nun erhebliche Zweifel, die immerhin vom Kommissionspräsidenten geäußert wurden. Wäre es vor diesem Hintergrund nicht doch sinnvoll, noch einmal eine Klärung herbeizuführen, bevor weitere Schritte unternommen werden? Denn wenn eine Betreiberentscheidung getroffen ist, es Betreiberverträge gibt usw., dann wäre das ja auch mit enormen Kosten verbunden. Wäre es vor diesem Hintergrund nicht doch sinnvoll, eine endgültige rechtliche Klärung herbeizuführen?

Strater: Die Äußerung vom Kommissionspräsidenten, auf die Sie anspielen, ist ja schon vom vergangenen Montag. Wir haben hier am vergangenen Montag ausführlich dazu Stellung genommen, auch der Minister hat sich dazu geäußert. Dem habe ich am heutigen Tage nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe eine Äußerung des Finanzministers zitiert gesehen, laut der er sich vorstellen könne, dass, wenn das automatische Informationsaustauschverfahren in Gang sein wird, auch höhere Steuersätze auf Kapitalerträge denkbar sind. Ist diese Aussage, die ich ja sozusagen nur aus einer Zweit- oder Drittquelle habe, so richtig? Gibt es dazu konkrete Vorbereitungen oder in einer Vorstufe auch konkretere Vorstellungen?

Jäger: Der Minister hat sich zu der Frage, die Sie hier skizzieren, schon mehrfach in diesem Sinne geäußert; das ist in der Tat zutreffend. Das setzt aber voraus und das ist die unabdingbare Grundvoraussetzung , dass der automatische Informationsaustausch etabliert und wirksam ist. Erst, wenn dies gegeben ist, kann man darüber nachdenken, die Kapitalertragssteuer entsprechend wieder anzupassen. Das ist allerdings kein Vorhaben, das sich in dieser Legislaturperiode realisieren lässt; das ergibt sich einfach schon naturnotwendig aus dem Fahrplan für die Einführung des automatischen steuerlichen Informationsaustausches.

Zusatzfrage: Da war auch die Rede davon, dass 2017 eine realistische Größenordnung wäre, die man sich für die Etablierung des System vorstellen könne. Ist das so richtig?

Jäger: Ich glaube, man muss jetzt einen Schritt nach dem anderen tun. Das Zieldatum 2017 ist in dem von Ihnen genannten Sinne zutreffend. Sobald wir das System etabliert haben und die Wirksamkeit dieses Systems erwiesen ist, sind wir gerne bereit oder ist der Bundesfinanzminister gerne bereit, über die Anschlussfrage der Weiterentwicklung der Kapitalabgeltungssteuer nachzudenken und gegebenenfalls auch entsprechende Vorschläge zu machen.

Frage: Könnten Sie einmal erläutern, wieso der automatische Informationsaustausch jetzt das entscheidende Datum für eine mögliche Anhebung der Kapitalertragssteuer vorgibt?

Jäger: Ja, das ergibt sich aus der Sache. Sie kennen den Hintergrund, weshalb die damalige Abgeltungssteuer eingeführt wurde: Es war eben nicht möglich, Kapitalerträge passgenau zu besteuern, weil es die entsprechend notwendige Informationsbasis dafür nicht gegeben hat. Deshalb hat man damals es war unter Herrn Steinbrück zum Instrument der Abgeltungssteuer gegriffen. Das kann man tun, dafür gab es in der damaligen Situation sicherlich gute Argumente. Wir sind allerdings der Auffassung, dass wir mit der wirksamen Einführung und Umsetzung des Informationsaustausches eine völlig andere Datenbasis haben werden. Das wird uns dann erlauben, Kapitalerträge dann auch anders und passgenau zu besteuern.

Frage: Griechenland hat gestern eine 46-seitige Reformliste an die Institutionen geschickt. Haben Sie einen Kommentar dazu, Herr Jäger?

Jäger: Ich tue mich ein bisschen schwer, diese Liste jetzt zu kommentieren, weil sie uns noch nicht vorliegt. Diese Liste kam etwas überraschend; nachdem wir inzwischen monatelang auf konkrete detaillierte griechische Vorschläge gewartet haben, sollen sie nun da sein. Sie werden verstehen, dass ich an dieser Stelle natürlich nicht kommentieren kann, was mir noch nicht vorliegt. Wenn ich allerdings zugrunde lege, was es dazu an Kommentaren, Inhaltsbeschreibungen, Einschätzungen aus Athen seitens griechischer Regierungsvertreter gibt, dann drängt sich mir allerdings der Eindruck auf, dass diese Liste nicht die letzte Lösung des Problems sein wird. Das muss man sich allerdings im Einzelnen anschauen.

Das ist jetzt vielleicht aber auch gar nicht so relevant; denn Sie wissen, dass sich am Montag die drei Institutionen eben aufgrund der Tatsache, dass Griechenland über Monate nichts geliefert hat, darauf verständigt haben, einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Die Gespräche dazu sind im Gange. Dieser Vorschlag der drei Institutionen wird für uns die relevante Gesprächsgrundlage sein.

Frage: Könnten die Verhandlungen, die im Moment zwischen Geldgebern und griechischer Regierung stattfinden, auf eine nochmalige Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms hinauslaufen, können Sie dazu schon etwas sagen? Das ginge dann ja über Ende Juni hinaus. Wenn ja: Ist das angesichts der Reformzusagen, von denen wir schon gesprochen haben, Ihrer Meinung nach bzw. nach Meinung der Regierung gerechtfertigt?

Jäger: Solche Szenarien sind uns nicht bekannt. Meines Wissens sind sie auch nicht in den entsprechenden Gesprächsformaten etwa der Eurogruppe oder der Euro-Arbeitsgruppe unterbreitet worden. Ich weise nur noch einmal darauf hin, dass das gegenwärtige Programm zum 30. Juni 2015 enden wird.

Frage: Herr Seibert, sehen Sie es auch so, dass die einzig relevante Grundlage der Vorschlag der Institutionen ist? Wenn ich Herrn Jäger richtig verstehe, sind die Vorschläge von Athen nicht relevant. Ist geplant, dass es darüber demnächst Gespräche mit Athen gibt?

STS Seibert: So habe ich Herrn Jäger keinesfalls verstanden, und ich glaube, so wollte er auch nicht verstanden werden,

Jäger: So ist es.

STS Seibert: so hat er sich auch nicht ausgedrückt.

Die Beratungen über die Einzelheiten der Programmerfüllung werden zwischen Griechenland und den drei Institutionen direkt geführt. Das sind laufende Diskussionsprozesse die Gespräche laufen, das ist gut. Vor diesem Hintergrund werde ich jetzt einzelne Diskussionsstände hier nicht kommentieren.

Frage: Können Sie denn bestätigen, dass es heute noch einmal ein Telefonat zwischen der Kanzlerin, Herrn Hollande und Herrn Tsipras geben soll?

STS Seibert: Das tue ich grundsätzlich nicht. Wir berichten über Gespräche oder Telefonate allenfalls im Anschluss, und nicht in der Ankündigung.

Frage: Noch einmal zu der relevanten Gesprächsgrundlage: Können Sie etwas detaillierter sagen, was da genau drinsteht? Mich würde vor allem speziell interessieren, ob es zutrifft, dass dadurch, dass der IWF etwas sehr restriktive Vorschriften hat, unter denen er Geld geben kann, möglicherweise eine gewisse Verschiebung stattgefunden haben könnte, und zwar in der Form, dass dann die anderen Geldgeber sagen: Wir übernehmen etwas mehr Risiko?

Jäger: Ich kann nur noch einmal wiederholen: Ich kenne den griechischen Vorschlag nicht, ich habe ihn nicht gelesen.

Zusatzfarge: Ich rede auch von dem Vorschlag von Montagabend.

Jäger: Auch der Vorschlag von Montagabend ist meines Wissens als solcher noch nicht formalisiert. Ich denke, die Institutionen sind im Gespräch und suchen auch den Austausch mit der griechischen Seite. Lassen Sie mich noch einmal ergänzen, damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Die drei Institutionen haben jetzt seit Februar mal mehr, mal weniger erfolgreich Gespräche geführt. In letzter Zeit waren diese Gespräche sehr viel dynamischer, intensiver und auch inhaltlich ertragreicher. Selbstverständlich wird ein Vorschlag, ein gemeines Papier der drei Institutionen auf Anliegen der griechischen Regierung eingehen; es ist, glaube ich, gar nicht notwendig, extra darauf hinzuweisen.

Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass wir jetzt zum einen zu realen Fortschritten und letztlich auch zu einem erfolgreichen Programmabschluss kommen müssen. Es ist auch noch einmal daran zu erinnern, dass es Parameter gibt, die im Programm selber angelegt sind, die unverrückbar sind. Wir haben als letztes gemeinsames Dokument der drei Institutionen einen Zwischenbericht vom 10. Dezember 2014 vorliegen, in dem abzuarbeitende Fragen identifiziert werden. Inzwischen sind wir natürlich einige Monate weiter, das ist auch wahr. Aber letztlich wird es darum gehen, ein umfassendes Ergebnis zustande zu bringen, dem beide Seiten zustimmen können und das sich rechnet. Es zählen letztlich die Zahlen.

Zusatzfrage: Was ist mit der Verlagerung von möglichen Risiken, die der IWF aufgrund seiner Statuten nicht tragen kann, zum Beispiel hin zum EFSF?

Jäger: Das ist eine rein spekulative Frage. Eine solche Verlagerung von Risiken ist im laufenden Programm nicht eingebaut, vorgesehen, angelegt. Insofern ist es schwer, darauf jetzt eine Antwort zu geben.

Frage: Von griechischer Seite wird ja auch immer die Verbindung mit der Rentenreform gebracht. Sehen Sie denn eine Möglichkeit, dass die griechische Seite ihre Rentenpläne durchsetzt und sich das Ganze dann letztendlich entsprechend der Vereinbarung vom Februar summieren würde?

Jäger: Das ist spekulativ. Am Ende gibt es ein Gesamtpaket, und dieses Paket muss sich rechnen; es muss die Schuldentragfähigkeit gegeben sein. Das können nicht wir hier entscheiden, sondern das können letztlich nur die Experten beurteilen. Was das technische Wissen und die Erfahrung angeht, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der IWF über diese Expertise verfügt.

Frage: Wäre es falsch, Sie jetzt so zu zitieren, dass Sie gesagt haben: Die Liste von Tsipras ist nicht so relevant relevant ist die Liste der drei Institutionen?

Jäger: Jetzt warten wir ab, was die Gespräche in Brüssel erbringen. Es ist zu früh, um diese Frage in dieser Ausschließlichkeit zu beantworten. Ich habe eben darauf hingewiesen, dass selbstverständlich die drei Institutionen, die jetzt ja schon geraume Zeit Gespräche mit der griechischen Seite führen, in ihren Vorstellungen das berücksichtigen werden, was wir von den Griechen bislang gehört haben. Ansonsten wäre das ja völlig unnötig, dann müssten wir einfach das Memorandum, so wie es steht, aus der Tasche ziehen; das tun wir ja gerade nicht bzw. die drei Institutionen tun das nicht. Die Ausgangsbasis für einen hoffentlich möglichst schnellen und erfolgreichen Abschluss dieses Programms wird im weiteren Verlauf dann aber schon das sein, was die drei Institutionen uns auf den Tisch legen. Aber noch einmal: Es geht selbstverständlich nicht darum, dass die griechische Stimme in diesem Zusammenhang nicht gehört wird.

Frage: Herr Seibert, was legitimiert die Bundeskanzlerin, in Bezug auf Griechenland solche Alleingänge zu unternehmen wie den am vorigen Montag gemeinsam mit François Hollande? Das ist ja auch ein Übergehen sowohl der Eurogruppe als auch des Europäischen Rates; denn das sind ja die zuständigen politischen Gremien, die sich mit der Sache befassen sollten. Wird das durch die Verträge gedeckt oder gibt es einen entsprechenden Beschluss des Europäischen Rates, der dementsprechend auch der Bundeskanzlerin diesen Auftrag gibt?

STS Seibert: Es gibt keine Alleingänge, deswegen muss ich schon die Prämisse Ihrer Frage zurückweisen es gibt keine Alleingänge. Was es gibt, ist ein enger Kontakt der Bundeskanzlerin im Übrigen auch des französischen Präsidenten mit den europäischen Partnern, mit den Institutionen, mit der griechischen Regierung. Dazu zählt zum Beispiel auch das Gespräch, das am Montagabend im Kanzleramt stattgefunden hat. Es ging am Montagabend nicht um Entscheidungen, sondern es ging gewissermaßen um eine gemeinsame Bestandsaufnahme über den Stand der Gespräche zwischen den Institutionen und der griechischen Regierung. Deutschland und Frankreich ist es wichtig, dass die Institutionen eine gemeinsame Position erarbeitet haben und dass sie darüber mit der griechischen Seite sprechen. Gott sei Dank laufen diese Gespräche.

Es gilt nach wie vor: Eine Vereinbarung muss zwischen Griechenland und den Institutionen geschlossen werden das berühmte Staff Level Agreement. Das kann dann erst die Basis für Entscheidungen sein, und die sind natürlich im Rahmen der Eurogruppe zu treffen.

Im Übrigen ist die Bundeskanzlerin und ist der Bundesfinanzminister in engstem Kontakt mit anderen Akteuren innerhalb des Europäischen Rates, mit anderen Ministern, mit der Eurogruppe. Es gibt keine Alleingänge.

Frage: Kurze Frage zum Verständnis: Liegt der Vorschlag der drei Institutionen inzwischen vor oder wird er noch erarbeitet?

Jäger: Dazu kann ich Ihnen im Augenblick nichts Abschließendes sagen, denn das ist eine Angelegenheit, die die drei Institutionen und ihre Zusammenarbeit betrifft. Ich denke, dass die drei Institutionen darüber zu einem geeigneten Zeitpunkt einen Austausch mit der Eurogruppe in dem Fall vermutlich der Euro-Arbeitsgruppe, also dem Format auf Ebene der Staatssekretäre suchen und führen wird. Das ist bislang noch nicht geschehen, insofern kann ich Ihnen diese Frage an dieser Stelle leider nicht abschließend beantworten.

Frage: Sollte sich diese Euro-Arbeitsgruppe nicht heute Nachmittag treffen oder telefonisch zusammenfinden?

Ich hätte noch eine zweite Frage zum Verständnis: Kann man das so verstehen, dass die relevante Grundlage für Sie die gemeinsame Position der Institutionen ist, dass darin durch die Gespräche, die anstehen, die Vorschläge der griechischen Regierung einfließen und dass am Ende dann ein formalisierter Vorschlag herauskommt? Ist das so?

Jäger: Ich fange mit der ersten Frage an: Es war tatsächlich so, dass für heute eine Telefonkonferenz der Euro-Arbeitsgruppe geplant war. Nach meinen Informationen ist die Telefonkonferenz allerdings auf Morgen verschoben.

Was das Verfahren angeht, so müssen wir immer wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren, und der liegt begründet in der Tatsache, dass wir ein laufendes Programm haben. Dieses Programm muss zum Programmabschluss in seiner Erfüllung durch Griechenland von den drei Institutionen begutachtet werden. Das war bislang nicht möglich, weil eine Anzahl von Maßnahmen griechischerseits nicht umgesetzt bzw. erfüllt wurden. Man hat dann am 20. Februar der griechischen Seite zugebilligt, dass in der Ausgestaltung des Memorandums, also der Liste der Dinge, die abzuarbeiten sind, Flexibilität liegt. Die griechische Seite wurde aufgefordert, einen umfassenden Gesamtvorschlag vorzulegen, der am Ende aufgehen muss. Denn ich habe vorhin darauf hingewiesen: Das letztlich entscheidende Kriterium ist die Tatsache, dass sich ein solches Paket rechnen muss.

In der Erklärung vom 20. Februar war vereinbart, dass Griechenland diesen Gesamtvorschlag bis Ende April unterbreitet. Das ist bekanntlich nicht geschehen. Es gab dann eine Reihe von Gesprächen im Mai in der Eurogruppe bzw. mit der Eurogruppe zwischen den drei Institutionen und Griechenland. Wir hatten noch in Dresden in der vergangenen Woche den Eindruck und der ist faktengedeckt , dass die griechische Seite einen solchen Vorschlag nicht unterbreitet hat. Daraus ergab sich ja dann denn das Programm endet am 30. Juni die Notwendigkeit, die Initiative zu ergreifen. Das ist ein sehr wichtiger und guter Schritt gewesen. Es ist klar, dass die drei Institutionen die Kompetenz haben, die Dinge in eine Gesamtschau zu fügen, die zum einen umfassend ist und sich zum anderen rechnet.

Dass Griechenland jetzt quasi über Nacht und zeitgleich einen eigenen umfassenden Vorschlag vorbereitet, hat uns etwas überrascht, aber das politische Leben ist reich an Ereignissen. Dieser Vorschlag muss jetzt natürlich mit in die Diskussion einfließen. Ich kann diesen Vorschlag ich muss mich hier wiederholen allerdings nicht bewerten, denn er liegt mir nicht vor. Worauf ich mich vorher bezogen habe, waren einzelne Wortmeldungen aus Athen, die in ihrer Inkonsistenz, wenn man sie im Ganzen sieht, bei uns zumindest den Eindruck hinterlassen haben, dass das wiederum ein Vorschlag sein könnte, der in seiner Gesamtheit den gestellten Anforderungen möglicherweise nicht entspricht. Aber dieses Urteil können wir natürlich nur nach einer abschließenden Prüfung fällen.

Frage: Herr Jäger, Sie hatten erst von realen Fortschritten gesprochen. Der Schuldenberg hat sich aber seit Jahren auch durch die Troika nicht verringert. Wann werden die Schulden erlassen?

Jäger: Diese Antwort kann ich kurz machen: Ein Schuldenschnitt und ähnliche Dinge sind kein Thema für die Bundesregierung, das haben wir hier verschiedentlich deutlich gemacht. Das hat eine Vorgeschichte. Es gab schon 2012 so einen Schuldenschnitt Sie kennen das alles, das muss ich hier jetzt nicht wiederholen , aber in die Zukunft betrachtet ist das für uns keine Option.

Frage: Herr Jäger, nun gehört zu den Gesprächen des Bundesfinanzministers, auf die Herr Seibert gerade verwiesen hat, auch das Gespräch mit dem griechischen Finanzminister. Wann haben Herr Varoufakis und Herr Schäuble das letzte Mal miteinander gesprochen?

Jäger: Das letzte Gespräch zwischen Herrn Varoufakis und Herrn Schäuble hat am 11. Mai im Anschluss an die Sitzung der Eurogruppe in Brüssel stattgefunden.

FRAGE: Herr Jäger, wo liegt die große Schwierigkeit für die drei Institutionen, einen gemeinsamen Vorschlag zu präsentieren? Normalerweise haben sie bis jetzt alle Daten und alle Zeit gehabt, einen gemeinsamen Vorschlag zu machen. Warum müssen wir jetzt heute und auch morgen und übermorgen darauf warten?

JÄGER: Diese Frage bzw. zumindest die der Frage zugrundeliegende Hypothese kann ich so nicht teilen. Wir warten jetzt seit dem 20. Februar auf einen umfassenden griechischen Vorschlag. Mit Ausnahme des Papiers, das nun offensichtlich heute Abend in Brüssel übergeben werden soll und diesen Anspruch erhebt, das wir aber noch nicht gesehen haben, hat es einen solchen Vorschlag aber nicht gegeben. Jetzt lassen Sie den Institutionen, die sich am Montagabend hier in Berlin auf ein solches Vorgehen verständigt haben, die Zeit, die sie brauchen wir reden jetzt von Arbeitsabläufen, die erst eineinhalb Tage andauern , um eine Beratungsgrundlage zu unterbreiten, die die Qualität hat, die wir an solche Dokumente stellen.

Frage: Ich habe noch immer nicht verstanden, worin die Legitimationsgrundlage für die Intervention der Kanzlerin besteht. Gibt es da einen Beschluss des Europäischen Rats, der die Bundeskanzlerin damit beauftragt, oder gibt es andere Bestimmungen sei es in den Verträgen oder sozusagen in der Tagesordnung, im Tagesgeschäft der Europäischen Union , die so etwas zulassen? Gibt es eine Legitimationsgrundlage?

STS Seibert: Sie suchen da nach etwas, was überhaupt nicht notwendig ist für Gespräche, die die Bundeskanzlerin im Übrigen gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten führt. Deutschland ist ein Mitglied der Eurozone, Frankreich ist ein Mitglied der Eurozone es ist richtig und natürlich, dass es dann Gespräche gibt. Die griechische Regierung hat auch zahlreiche Gespräche mit Staats- und Regierungschefs anderer Euroländer geführt. Die Entscheidung und das ist das, was wir nun wirklich seit Wochen und Wochen hier wiederholen und was Herr Jäger auch immer gesagt hat fällt nicht in Gesprächen zwischen der Bundeskanzlerin, dem französischen Staatspräsidenten und Herrn Tsipras, sondern die Entscheidung fällt in einer Vereinbarung, die zwischen den drei Institutionen und der griechischen Regierung geschlossen werden muss. Das ist dann die Grundlage das ist auch noch nicht die Entscheidung, sondern das ist die Grundlage für die Entscheidung, und die fällt selbstverständlich in der Eurogruppe.

Zusatzfrage: Worin besteht dann der Beitrag solcher Begegnungen, solcher Gespräche?

STS Seibert: Wir sind als Partner und Freunde mit Griechenland im Gespräch. Wir wollen mit dazu beitragen und das gilt, glaube ich, genauso für die Franzosen; denn das ist nun eine sehr, sehr enge deutsch-französische Zusammenarbeit , dass es möglich ist, rechtzeitig die Entscheidungen zu fällen oder herbeizuführen, die wir brauchen, damit es am Ende rechtzeitig zu einer Programmerfüllung kommen kann.

Frage: Ich habe eine Frage zum G7-Gipfel, die ich hier jenseits des Briefings morgen "unter eins" stellen möchte: Und zwar gab es in der Opposition in den letzten Tagen immer mal wieder die Forderung, Herrn Putin einzuladen sozusagen auf den letzten Drücker. Zwei ehemalige Bundeskanzler haben sich dahingehend geäußert, dass ein Treffen ohne Putin im zentralen außenpolitischen Feld keinen Sinn habe. Ich wüsste gerne, was die Argumentation der Bundesregierung ist. Warum hat man sich dafür entschieden, nicht darauf hinzuwirken, Herrn Putin einzuladen?

STS Seibert: Es ist ja keine Argumentation der Bundesregierung allein, sondern es ist ein Entschluss der G7, gefällt ich kann Ihnen den Zeitpunkt nicht genau sagen im Frühjahr des vergangenen Jahres im Anschluss an die russischen Aktionen gegenüber der Krim und die russischen Aktionen gegen die Ukraine. Da gab es einen formalen Beschluss ich versuche, ihn gerade zu finden am 24. März auf einem Gipfeltreffen in Den Haag. Da ging es zunächst einmal darum, dass man die Teilnahme an dem geplanten G8-Treffen in Sotschi aussetzte. Das wurde so begründet:

"... bis Russland seinen Kurs ändert und wieder ein Umfeld geschaffen ist, in dem die G8 in der Lage ist, sinnvolle Gespräche zu führen."

Des Weiteren hieß es:

"[Wir] werden uns erneut im G7-Format zum geplanten Termin im Juni 2014 treffen, um die umfangreiche Agenda, die wir gemeinsam haben, zu diskutieren."

Das heißt, das ist ein Beschluss aller G7-Staaten, sich so zu verhalten. Es ist ganz klar, dass die G7 eine Gruppe von Staaten sind, die nicht nur dadurch vereint sind, dass sie allesamt starke Wirtschafts- und Industrienationen sind, sondern die auch bestimmte, sehr konkrete Werte vereinen: den Wert der Rechtsstaatlichkeit, den Wert des Respekts vor dem Völkerrecht all diese Dinge. Das ist etwas, was derzeit durch die Handlungen Russlands in der Ukraine, durch die Annexion der Krim, die ein Bruch des Völkerrechts war, nicht gegeben ist. Deswegen gibt es jetzt auch einen G7-Gipfel. Das tut ja der Tatsache keinen Abbruch, dass es zahlreiche Kontakte mit der russischen Regierung gibt, gerade durch die Bundeskanzlerin und auch durch den Bundesaußenminister, und dass wir genau wissen, dass wir Russland bei der Lösung bestimmter Konflikte brauchen. Wir werden in dem entsetzlichen Syrien-Konflikt letztlich nicht vorankommen, ohne bei diesem Thema auch mit Russland zusammenzuarbeiten. Dazu sind wir immer bereit.

Dr. Schäfer: Ich möchte dazu noch etwas ergänzen: Ich wollte Sie eigentlich nur auf eine öffentliche Äußerung des Außenministers heute in einer großen deutschen Regionalzeitung, den "Stuttgarter Nachrichten", verweisen. Da antwortet er auf die gleiche oder eine ähnliche Frage wie die, die Sie gerade gestellt haben, wie folgt:

"Ich habe immer gesagt: Es kann nicht darum gehen, Russland dauerhaft zu isolieren. Im Gegenteil, wir brauchen Moskau bei der Lösung der vielen Krisen und Konflikte in der Welt. Unsere Botschaft an Russland ist: Die Tür für eine Rückkehr in den Kreis der G8 ist nicht verschlossen. Moskau muss aber selbst an den Bedingungen für eine solche Rückkehr arbeiten. Der Weg führt über die Achtung der Einheit und Souveränität der Ukraine und über die Umsetzung der russischen Verpflichtungen aus den Minsker Vereinbarungen."

STS Seibert: Im Übrigen wenn ich das noch hinzufügen darf gibt es das G20-Format. Es wird Ende dieses Jahres einen G20-Gipfel in der Türkei geben, und in diesem Format ist Russland beteiligt. Auf dieser Ebene werden natürlich auch weitere internationale Kontakte mit Russland laufen.

Zusatzfrage: Der damalige Beschluss war mir natürlich bewusst, auch die Argumentation über Menschenrechte und dass das Ganze mit der Krim auch akut begründet wurde. Wo verläuft die Grenze zwischen dem Ukraine-Krim-Konflikt und einem russischen Einlenken oder einer russischen Kursänderung in dieser Frage? Man kann ja Russland auf ganz vielen anderen Feldern vorwerfen, dass sie bestimmte Werte, die die G7 teilen, im eigenen Land nicht verwirklichen; Stichwort Menschenrechte und anderes. Will heißen: Wenn man über Werte argumentiert, müsste man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass Russland vielleicht gar nicht dauerhaft dazu gehört, oder hängt es wirklich an der Krim-Ukraine?

STS Seibert: Die Entscheidung, die gefällt wurde, in Elmau am Sonntag und Montag einen G7-Gipfel durchzuführen und auch schon 2014 einen G7-Gipfel und keinen G8-Gipfel durchzuführen , hatte tatsächlich als Auslöser die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und Russlands Handlungen in der Ostukraine. Das ist etwas, womit wir bis heute unverändert zu tun haben. Es hat sich die Situation der Krim nicht geändert, und in der Ostukraine gibt es immer noch nicht die notwendige und volle russische Mitwirkung an einer Stabilisierung. Wir haben einen Minsk-Prozess, an dem Russland beteiligt ist und den wir auch sicherlich auf lange Frist das wird Zeit dauern zum Erfolg führen wollen. Aber wir haben keine grundsätzliche Veränderung des russischen Verhaltens gegenüber der Krim, und deswegen hat sich das nicht geändert.

Etwas anderes ist die Einschätzung der innenpolitischen Entwicklung in Russland. Wir haben an dieser Stelle auch mehrfach über Sorgen und begründete Sorgen gesprochen. Da sind die Dinge sicherlich in der letzten Zeit nicht besser geworden.

Dr. Schäfer: Ich würde einen Satz aus Sicht der Außenpolitik und aus Sicht des Außenministers ergänzen.

Ich glaube, es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass man die vielen Krisen und Konflikte, mit denen die deutsche und sicher auch die europäische Außenpolitik an unseren südlichen und auch an unseren östlichen Grenzen zu tun hat, gerade im Mittleren Osten, lösen könnte, wenn man dabei nicht das Zusammenwirken mit Russland und den Dialog mit Russland sucht oder das zumindest versucht. Das tun wir jetzt auch.

Im Übrigen ist es doch so: Wenn alle acht Staaten der G8 immer und überall einer Meinung wären, bräuchte man sich ja gar nicht zu treffen. Sondern es gibt doch auch zwischen dem einen oder anderen G7-Partner Meinungsverschiedenheiten, vielleicht hier und da sogar Interessengegensätze ich spreche jetzt ausdrücklich für den Bereich, für den ich hier sprechen kann, nämlich für die Außenpolitik und auch Einschätzungsunterschiede. Da ist es wichtig, dass man immer wieder und gerade auf dieser Art von Veranstaltungen das Gespräch sucht, sich gegenseitig informiert, Analysen austauscht, gemeinsam Bewertungen vornimmt und daraus dann die richtigen und gemeinsamen Handlungsoptionen ableitet.

Gerade weil Russland ein großer, ein wichtiger internationaler Spieler ist, mit dem wir nicht immer und überall einer Meinung sind das hat Herr Seibert ausgeführt; das kann man ja gar nicht deutlich und laut genug mit Blick auf die Lage in der Ukraine sagen , ist es trotzdem wichtig, dass wir das Gespräch mit Russland hoffentlich bald auch irgendwann wieder im Rahmen von G8 suchen.

Frage: Herr Dr. Schäfer, welche Interessengegensätze gibt es unter den G7-Ländern?

Herr Seibert, Sie sagten gerade, eine Bedingung für G7 sei zum Beispiel der gemeinsame Respekt vor dem Völkerrecht. Dann müssten zum Beispiel unsere amerikanischen Freunde auch nicht Mitglied der G7 sein. Sie haben in den letzten Jahren mindestens genauso oft das Völkerrecht gebrochen wie die Russen.

STS Seibert: Das ist eine Einschätzung, zu der Sie kommen. Die Bundesregierung hat da eine andere Einschätzung.

Frage: Wird zum Beispiel das Thema Guantanamo Thema sein? Das ist aktuell ja einhellig der Menschenrechtsbruch.

STS Seibert: Das Thema Guantanamo ist von der Bundesregierung gegenüber den Amerikanern seit Jahren angesprochen worden. Wir begrüßen die Absicht der amerikanischen Regierung, Guantanamo über kurz oder lang zu schließen.

Dr. Schäfer: Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel. Weil ich ganz vorsichtig bin, nehme ich ein Beispiel aus der Vergangenheit, aber eines, bei dem es bei Ihnen ganz sicher klingeln wird, nämlich der militärische Einsatz der Amerikaner und einiger ihrer Partner 2003 im Irak. Damals gab es eine klare Haltung der deutschen, der französischen und im Übrigen auch der russischen Regierung, die gegen einen solchen Einsatz war. Das hat niemanden davon abgehalten, den G7-Prozess infrage zu stellen; im Gegenteil.

Frage: Herr Seibert, können Sie bestätigen, dass sich Frau Merkel mit Herrn Obama im Vorfeld des Gipfels treffen wird?

STS Seibert: Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass wir ein genaueres Gipfelprogramm heute Nachmittag ins Internet stellen: Wann sind die Arbeitssitzungen? Wie ist der zeitliche Ablauf?

Sicher ist auch, dass es, wie bei allen diesen Gipfeln, bilaterale Begegnungen geben wird. Die können wir jetzt noch nicht terminieren, werden wir aber dann bekanntgeben, wenn sie feststehen oder wenn sie stattgefunden haben.

Frage: Es ist aber schon davon auszugehen, dass die Kanzlerin den US-Präsidenten trifft und mit ihm auch länger unter vier Augen spricht?

STS Seibert: Das ist bei solchen Gipfeln normal. Gehen Sie davon aus, dass es auch bilaterale Begegnungen geben wird. Die sind noch nicht ausgeplant, aber Sie können davon ausgehen, dass es sie gibt.

Zusatzfrage: Eine weitere Frage im Zusammenhang mit Russland. Herr Seibert, ist Ihnen bekannt, was der Kreml-Sprecher soeben wohl bezüglich der Wortwahl der Kanzlerin gesagt hat? Es sind wohl sehr scharfe Äußerungen. Die Kanzlerin hätte sich beim Thema Krim-Annexion in der Definition vergriffen und in Wirklichkeit handele es sich hier um eine Wiedervereinigung. Das ist also ein scharfer persönlicher Angriff. Ist Ihnen das bekannt? Wenn ja, wie kommentieren Sie das?

STS Seibert: Da ich es gerade erst auszugsweise lese, kommentiere ich es erst einmal gar nicht. Man müsste schon den gesamten Zusammenhang der Äußerungen lesen. Ganz klar ist, dass es für uns überhaupt keinen Grund gibt, die Sache anders zu betrachten, als wir sie seit Frühjahr 2014 betrachten. Es ist eine Annexion; es ist eine völkerrechtswidrige Annexion.

Frage: Herr Seibert, zum G7-Gipfel, und zwar steht auf dem Programm auch das Problem multiresistente Antibiotika-Keime. Wieso steht das auf dem Programm? Anders gefragt: Welches Ausmaß hat dieses Problem inzwischen, dass es überhaupt auf dem Gipfelprogramm gelandet ist?

STS Seibert: Es steht auf dem Gipfelprogramm es ist ein Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft , weil dieses Thema uns alle, und zwar weltweit, bedroht. Es gibt dazu Studien ich kann diese jetzt nicht auswendig zitieren , zum Beispiel eine jüngere Studie der Charité, die errechnet, wie hoch die Zahl der Opfer werden könnte, wenn es nicht gelingt, wirkliche Fortschritte gegen diese multiresistenten Keime zu erreichen. Das ist ein Gesundheitsproblem, das entwickelte Länder wie Entwicklungsländer teilen und dem sich deswegen die G7, die ja nicht nur eine Wirtschaftsmacht verkörpern, sondern die auch eine gemeinsame Verantwortung haben und diese gemeinsame Verantwortung wahrnehmen wollen, zuwenden. Das ist ein Problem, das die Bundeskanzlerin vor einiger Zeit zu einem der Schwerpunkte ihrer Präsidentschaft erklärt hat.

Sie wissen vielleicht, dass sie dazu auch Gespräche mit Vertretern der Pharma-Forschung geführt hat. Sie war vor Kurzem bei Sanofi in Frankfurt, wo Antibiotika-Forschung betrieben wird, denn das ist ein notwendiger Ansatz. Das ist einfach eines der wirklich wichtigen Probleme jenseits des Politischen, das vor uns allen steht und das wir sicherlich nur gemeinsam lösen können. Dazu können nach unserer festen Überzeugung die G7 etwas beitragen.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage, auch an das Gesundheitsministerium. Was könnten denn mögliche Maßnahmen gegen diese Keime sein?

Angeli: Die Bundesregierung hat vor zwei Wochen die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie verabschiedet. Das war Thema im Kabinett, und es gab auch O-Töne und eine Pressekonferenz des Ministers im Anschluss.

Die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie ist ein Maßnahmenpaket, das ganz unterschiedliche Bereiche betrifft. Sie betrifft zum einen den Bereich der Humanmedizin, aber auch den Bereich der Tiermedizin. Da geht es um Maßnahmen für einen strikteren Einsatz von Antibiotika. Diese Maßnahmen betreffen aber auch den Bereich der Forschung. Es ist ganz wichtig, dass sowohl neue Antibiotika als auch alternative Therapiemethoden und Schnelldiagnostik erforscht und entwickelt werden. Denn wenn Antibiotika nicht mehr wirken, bricht eine ganz entscheidende Säule unserer Gesundheitsversorgung weg und dann können schon Infektionen, die heute gut heilbar sind, zu schweren Gesundheitsschäden bis hin zum Tod führen. Das ist eine Entwicklung, die wir alle nicht wollen. Deswegen hat man mit der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie Maßnahmen für den Bereich Deutschland auf den Weg gebracht, die jetzt umgesetzt werden müssen.

Natürlich müssen auch die Anstrengungen auf internationaler Ebene weiter vorangetrieben werden, denn ob Antibiotika bei uns noch wirken, hängt auch entscheidend davon ab, wie sie weltweit eingesetzt werden. Ein falscher Einsatz ein Fehleinsatz, ein Übereinsatz oder auch Untereinsatz in anderen Bereichen der Welt kann dazu führen, dass das bei uns genauso Konsequenzen hat wie überall sonst auf der Welt. Mit Untereinsatz meine ich zum Beispiel den Abbruch einer Antibiotika-Therapie, der auch dazu führen kann, dass Resistenzen entstehen.

Frage: Ich wollte auf das Thema Russland, Krim und G7 zurückkommen. Herr Seibert, ist es richtig, wenn ich Sie so verstanden habe, dass die Rückkehr von Russland in diese Gruppe nur dann möglich ist, wenn Putin die Krim wieder den Ukrainern zurückgibt?

STS Seibert: Ich will hier keine Bedingungen aufstellen. Ich glaube, die G7 haben sich sehr deutlich im Frühjahr 2014 geäußert, als sie diese Entscheidung fällten.

Es wird sich zeigen, ob Russland in seiner Politik, in seiner Hinwendung zu den Werten die Schritte macht, die nötig sind, um wieder ein Mitglied dieser Gruppe zu sein. Im Moment können wir das nicht erkennen.

Frage: Frau Angeli, so schlimm kann das Antibiotika-Problem ja gar nicht sein, wenn der Gesundheitsminister noch nicht einmal verhindern will, dass man an Tiere zum Teil dieselben Antibiotika verfüttert, die Menschen auch bekommen.

Anageli: Wie gesagt, auch der Einsatz in der Tiermast ist ein Punkt, der in der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie aufgegriffen wird. Vielleicht loht einmal ein Blick in diese Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie, die mit Sinn gemeinsam vom Bundesgesundheitsministerium, dem Landwirtschafts- und Forschungsministerium entwickelt wurde, weil genau diese drei Bereiche da stimme ich mit Ihnen voll überein in den Blick genommen werden. Mensch und Tier sind oftmals von den gleichen Krankheitserregern betroffen. Deswegen muss man auch diese beiden Bereiche in den Blick nehmen, Maßnahmen für diese beiden Bereiche ergreifen und diese auch weiter vorantreiben. Das ist auch ein Thema in der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie, der sich unter dem Ansatz "One-Health"-Gedanke findet, also eine Gesundheit, die Mensch und Tier betrifft und in Folge dessen natürlich auch Maßnahmen, die den Bereich Human- und Tiermedizin betreffen, gleichermaßen in den Blick nimmt.

Zusatzfrage: Eine Frage an Herrn Seibert zur Location in Elmau. Warum macht man eigentlich so einen G7-Gipfel nicht im Kanzleramt? Da ist genug Platz; die Sicherheit ist gegeben; die Zäune sind da. Man spart sich einige Millionen oder 100 Millionen Euro. Warum müssen solche extravaganten Locations gewählt werden?

STS Seibert: Die Auswahl von G7-Gipfel-Orten das ist ja nicht nur eine deutsche Frage, sondern die stellt sich jedes Jahr einem der Mitglieder wird nach mehreren Kriterien gefällt. Dabei geht es um Verfügbarkeit der Räumlichkeiten; dabei geht es um Verfügbarkeit der Räumlichkeiten für Tausende von anreisenden Journalisten; dabei geht es um verschiedene Fragen. Sicherheitsfragen spielen eine wichtige Rolle. Man fragt sich auch, wie vielen Menschen man dadurch in den Alltag eingreift, dass man eine so große Veranstaltung macht. Da ist zum Beispiel schon die Überlegung, ob das in Berlin nicht deutlich viel mehr Menschen trifft, als wenn man es in einer etwas weniger bevölkerten Gegend macht. Das ist im Übrigen auch der internationale Trend. Die letzten G7-Gipfel haben mehrheitlich in ländlichen Regionen stattgefunden. All diese Dinge kommen zusammen, und dann fällt die Entscheidung für einen Ort.

Zusatzfrage: Weil man sich auf dem Land abschotten will oder wie soll man das verstehen?

STS Seibert: Nein, es gibt keine Frage der Abschottung. Wenn Sie auf die Sicherheit anspielen, so wäre die überall zu gewährleisten egal, wo man das macht.

Frage: Ich nehme an, dass Sie es schon einmal gesagt haben: Spielt die Schönheit des Ortes eine Rolle?

STS Seibert: Es ist international üblich, dass die G7-Gastgeber schon eine Region, einen Ort wählen, von dem sie das Gefühl haben, dass es ein besonders schöner Ort ist. Mit dem werben sie auch gerne für ihr Land, das ja in diesen Tagen eine ganz besondere Aufmerksamkeit bekommt; das ist schon so. Aber das ist einer unter einer wirklich ganzen Reihe von Punkten, die zutreffen müssen, damit man eine Entscheidung für einen Ort trifft.

Frage: Darf diese Entscheidung dann so viele Hundert Millionen Euro kosten? Ist Schönheit das wert?

STS Seibert: Ich habe, glaube ich, gerade gesagt, welche Kriterien da greifen und dass die Schönheit einer Region nur eines unter wirklich vielen Kriterien ist. Die Kosten werden feststehen, wenn der Gipfel durchgeführt ist. Dazu kann man sich jetzt in diesem Sinne nicht äußern. Ich habe in der letzten Zeit wirkliche Fantasiezahlen gelesen. Die tatsächlichen Kosten des Gipfels stehen noch nicht fest und können auch erst nach Abschluss benannt werden.

Ich weise noch einmal für all diejenigen, die sich für die Inhalte interessieren, darauf hin, dass es ein Briefing zum G7-Gipfel geben wird.

Vors. Welty: Morgen um 9.15 Uhr.

STS Seibert: Genau. Das wird interessant.

Frage: Nächste Woche findet ein EU-Lateinamerika-Gipfel statt. Das Thema Menschenrechte wird ein Hauptthema sein, wahrscheinlich auch die Lage in Venezuela. Ich wollte wissen, ob die deutsche Regierung schon eine Haltung hat, was die Lage in Venezuela angeht und ob es gerade irgendwelche Bemühungen gibt, um die Befreiung dieses Oppositionspolitikers zu erreichen.

Dr. Schäfer: Die Lage in Venezuela ist hier von unserer Seite aus bereits mehrfach beschrieben und auch kritisiert worden. Wir sind in Sorge über das, was wir in den letzten Jahren insbesondere in den letzten Monaten in Caracas und anderswo beobachten. Die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition haben dort mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen geführt. Es gibt Sorgen in der gesamten Europäischen Union im Hinblick auf die Achtung von bürgerlichen Freiheiten: der Versammlungsfreiheit, der Meinungsfreiheit und einigen anderen. Deshalb ist es gut, dass wir uns gemeinsam mit unseren Partnern in Lateinamerika diesem Thema zuwenden und uns austauschen können.

Frage: Herr Seibert, zum gestrigen al-Sisi-Besuch. Wo gab es zwischen der Kanzlerin und dem ägyptischen Führer Meinungsverschiedenheiten?

STS Seibert: Sie wissen schon, dass der al-Sisi-Besuch heute stattfindet. Deswegen wäre es, glaube ich, sinnvoller, die Pressekonferenz, die im Kanzleramt fast zeitgleich zu uns stattgefunden hat, zu verfolgen. Dort würden solche Fragen beantwortet werden.

Frage: Zurück von den großen Themen zur heimischen Industrie, besser gesagt zum G36.

Herr Plate, was hat Herrn de Maizière jetzt dazu bewogen welche jüngsten Vorwürfe vielleicht , in dem ganzen Kontext G36 nächsten Mittwoch jetzt doch in den Verteidigungsausschuss zu gehen und dort Fragen zu beantworten?

Dr. Plate: Inhaltlich kann ich zu dem Themenkomplex G36 nicht Stellung nehmen. Einmal will ich dem Auftritt des Ministers im Verteidigungsausschuss, der in der Tat geplant ist das kann ich terminlich bestätigen nicht vorgreifen. Zum anderen ist es so, dass es gute Praxis ist, dass ein Sprecher des Bundesinnenministeriums nicht zu Dingen spricht, die der jetzige Bundesinnenminister in einer vorherigen Amtszeit getan hat. Und dabei bleibt es auch.

Zusatzfrage: Eine Frage an Herrn Gerhartz zu diesem Thema. Seit gestern gibt es neue Vorwürfe; Berichterstattung "Report Mainz". Wie ist der neueste Stand bei der Aufarbeitung dieses ganzen Komplexes G36? Was ist Richtung Heckler & Koch geplant? Sind Sie da irgendwie weitergekommen und gibt es einen neuen Stand?

Gerhartz: Ich möchte zunächst einmal zu den verschiedenen Untersuchungsgruppen sagen: Alle haben jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Das ist einmal die Sachverständigengruppe um Herrn Müller, die sich im Rahmen einer Organisationsstudie mit den letzten Jahren es sind fast 20 Jahre abzudecken beschäftigt. Dann gibt es die Nachtwei-Kommission, die jetzt auch ihre Arbeit aufgenommen hat, sowie eine Art Innenrevision, die sich anschaut, inwieweit Dienstrechtsverletzungen gelaufen sind und diese untersucht. Wir haben vor ein paar Wochen damit angefangen. In den verschiedenen Gruppen ich habe das gerade schon erwähnt sind fast 20 Jahre abzudecken. Das ist natürlich viel Zeit und das wird das haben wir immer gesagt dauern. Rechnen Sie damit, dass wir irgendwann im Herbst Ergebnisse vorweisen können.

Was die gestrigen Vorwürfe in der Sendung "Report Mainz" angeht, so sehe ich diese nicht gänzlich als neu an. Da, wo wir Aspekte aufnehmen, wo irgendwelche Schriftstücke erscheinen, die wir bisher so nicht kannten, finden diese natürlich in die jetzigen Untersuchungen Einfluss.

Zusatzfrage: Eine Zusatzfrage, aber nicht wirklich zum G36. Als die Ministerin neulich in Indien war, sagte sie, dass in Zukunft der Cyber-Krieg eine große Herausforderung in der Sicherheitspolitik darstelle. Sie plant einen Austausch zwischen indischen und deutschen IT-Experten oder es sollten indische IT-Experten nach Deutschland kommen. Ist da irgendein Termin geplant? Wie sieht es bezüglich dieses ganzen Komplexes aus?

Gerhartz: Okay, wir verlassen jetzt also das G36 und gehen über zu Cyber. Es ist nicht das erste Mal, dass die Ministerin betont hat, wie wichtig es ist, dass wir uns auch beim Thema Cyber aufstellen müssen. Wir sehen das als ganz, ganz wichtiges Thema an, das hat sie auch besonders klar gemacht und das macht auch die NATO klar, indem sie das Cyber-Kompetenzzentrum im Baltikum aufbaut. Das hat die Ministerin auch im Rahmen ihrer Baltikum-Reise vor einigen Wochen immer wieder betont. Es ist natürlich auch wichtig, sich mit Indien als strategischem Partner gegenseitig auszutauschen. Es steht jetzt aber noch kein konkreter Termin dahinter, wann man sich irgendwo trifft.

Frage: Herr Seibert, zu FIFA: Bedauert die Kanzlerin den Rücktritt ihres Freundes, Herrn Blatter?

STS Seibert: Warum verwenden Sie immer dieses Attribut, wenn ich fragen darf?

Zusatz: Was denn? "Freund"? Warum nicht?

STS Seibert: Einfach nur so? Okay. Zu diesem Thema hat sich die Bundeskanzlerin ja schon neulich geäußert. Nach dem Rücktritt von Herrn Blatter hat der Bundesinnenminister, glaube ich, Sätze gesagt, denen sich jeder in der Bundesregierung anschließen kann, nämlich, dass das jetzt die Chance ist, Verkrustungen aufzubrechen und Verfahren zu schaffen, die Transparenz garantieren. Das halte ich für sehr wichtig und es entspricht komplett der Haltung der Bundeskanzlerin, die ja bereits neulich ganz klar gesagt hat: Korruption ausmerzen, Ermittlungen unterstützen und Aufklärung betreiben.

Zusatzfrage: Sie können das ja kurz klarstellen: Sind die beiden nicht befreundet?

STS Seibert: Nein.

Zusatzfrage: Herr Plate, ich habe noch eine Frage an das Sportministerium: Überdenkt man bei Ihnen die Sportförderung von Organisationen, die mit korrupten Organisationen wie der FIFA zusammenarbeiten?

Dr. Plate: Das ist eine Frage, die eine Unterstellung beinhaltet, dass eine Sportförderung solcher Organisationen stattfinde, die mit korrupten Organisationen zusammenarbeiten. Mir wäre nicht bekannt, dass das stattfindet. Ich kann auch ausschließen, dass, wenn es eine solche Zusammenarbeit mit festgestelltermaßen korrupten Organisationen gibt, dort eine Förderung stattfindet.

Soweit Sie auf die FIFA anspielen, rufe ich nur noch einmal in Erinnerung, dass dort ja Ermittlungsverfahren laufen, die bekanntlich nicht abgeschlossen sind. Auch der Innenminister fühlt sich der Unschuldsvermutung verpflichtet. Wir schauen einmal, wie die Ermittlungsverfahren ausgehen, und dann wird abzuwägen sein, ob weitere Schritte zu ergreifen sind und welche das sein werden.

Frage: Herr Schäfer, hat sich der Außenminister in Gaza mit Hamas-Vertretern getroffen?

Dr. Schäfer: Nein.

Zusatzfrage: Warum nicht?

Dr. Schäfer: Weil es die klare Haltung der Bundesregierung und auch der Europäischen Union ist, dass solche Gespräche mit der Hamas nicht opportun sind.

Zusatzfrage: Er war ja vor Ort: Die Palästinenser sprechen von Gaza einhellig als größtem Freiluftgefängnis der Welt. Hat er diesen Eindruck auch mitgenommen?

Dr. Schäfer: Ich mache mir den Begriff, den Sie da verwandt haben, ausdrücklich nicht zu Eigen; den hat auch der Außenminister sich nicht zu Eigen gemacht. Der Eindruck, den er vom Gazastreifen mitgenommen hat und den auch ich in seiner Begleitung vom Gazastreifen mitgenommen habe, ist aber schon bedrückend. Das Ausmaß der Zerstörung nach inzwischen drei Kriegen, nach Raketenangriffen aus Gaza und der entsprechenden Reaktion aus Israel, die Armut, die Notwendigkeit, einen Großteil der Bevölkerung von Gaza, diesem klitzekleinen Streifen Land, mithilfe internationaler Organisationen zu ernähren, und die Perspektivlosigkeit, die man in den Gesprächen den Menschen, die davon sprechen, auch ansieht, sind sehr bedrückend.

Man kann gar nicht darum herumreden das hat der Minister ja auch nicht getan : Wenn dieser Status quo, wenn dieser Zustand nicht verändert wird, wenn die Menschen nicht wieder die Gelegenheit bekommen, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, sich mit den eigenen Händen und mit dem, was sie können, ein eigenes Zuhause, eine eigene Existenz und Perspektiven für ihre Kinder und Kindeskinder aufzubauen, dann ist es gewissermaßen unvermeidlich und nur eine Frage der Zeit, bis genau das wieder passiert, was in der Vergangenheit passiert ist, nämlich dass es wieder aus Gaza zu Gewalt gegen andere, im Zweifel gegen Israel kommen wird mit der erwartbaren Reaktion aus Israel.

Genau das ist der Grund dafür, dass der Außenminister bei seinen Gesprächen in Gaza, in Jerusalem und auch in Ramallah wirklich sehr eindringlich darauf gedrungen hat, nach Möglichkeiten der Änderung zu suchen. Der Deal, der dafür erforderlich ist, liegt eigentlich auf der Hand und wäre einfach umzusetzen. Aber, so hat es der Außenminister auch in Gaza gesagt: Im Nahen und Mittleren Osten ist nichts einfach, auch wenn es noch so einfach wirkt.

Der Deal wäre ganz einfach: Die Erlaubnis für mehr Öffnung, für Handel, für Wiederaufbau in Gaza durch Israel, potenziell auch durch Ägypten. Sie wissen vielleicht, dass auch die Ägypter eine sehr harte Haltung gegenüber dem Gaza-Streifen und dem möglichen Handel dort einnehmen. Andererseits gibt es die Berücksichtigung der berechtigten Sicherheitsinteressen Israels. Es kann nicht sein und es darf nicht sein, dass Gaza erneut zur Startrampe von Raketenangriffen auf Israel wird. Wenn es möglich wäre wir glauben, dass das möglich ist , auf der Grundlage einer solchen Gegenseitigkeitsvereinbarung Fortschritte zu erzielen, dann wären wir sehr dafür und auch bereit, uns dafür einzusetzen.

Im Übrigen hat der Außenminister in Israel ganz besonders in Ramallah, also im Westjordanland und in Gaza, auch von der zuständigen UN-Organisation UNRWA, sehr großes Lob und sehr viel Anerkennung und Respekt für das humanitäre Engagement Deutschlands für die Palästinenser erhalten. Ich glaube, Deutschland ist mit einigem Abstand der größte oder mindestens zweitgrößte Geber für UNRWA, die sich mit allergrößtem Engagement darum kümmern, den Tausenden und Abertausenden Obdachlosen, Menschen ohne Perspektive, wenigstens das Nötigste, das sie für ihr Leben brauchen, zu geben.

Frage: Herr Steinmeier hat ja konkret gesagt, er fordere die Öffnung der Grenzen. Also sind die Menschen da gefangen?

Dr. Schäfer: Ich wiederhole, dass ich mir Ihre Wortwahl nicht zu Eigen mache. Sie müssen mir da schon meine Wortwahl überlassen. Aber dass es nicht genügend Austausch von Waren und Bewegungsfreiheit gibt, das ist richtig.

Frage: Ich wollte noch einmal zu Ramstein und den US-Drohnenangriffen kommen. Sie hatten dazu vor ein paar Wochen gesagt, die Entscheidung aus unserer Sicht, ob etwas völkerrechtswidrig oder völkerrechtsgemäß ist, hänge sehr stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Gegen wen richten sich diese Drohnenangriffe? Wo werden diese Drohnen eingesetzt? Was sind die konkreten Tatumstände, und ist das verhältnismäßig? Herr Schäfer, wann ist ein US-Drohnenangriff wie Ramstein völkerrechtsgemäß?

Dr. Schäfer: Wir haben es dabei mit ganz komplizierten völkerrechtlichen Sachverhalten zu tun. Es macht im Grunde keinen Sinn, jetzt hier Proseminare zu Grundlagen des humanitären Völkerrechts abzuhalten.

Wenn ich es kurz zusammenfasse, dann ist es so, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Rechtsauffassung vertreten, dass sie sich in einem bewaffneten Konflikt mit Al-Qaida befinden, der ihnen nach den Regeln des Völkerrechts das Recht gibt, in diesem bewaffneten Konflikt nach den Regeln des Kriegsvölkerrechts zu agieren.

Diese Auffassung teilen viele andere Staaten, darunter auch Deutschland, in dieser Weise nicht. Daraus ergeben sich hier und da durchaus Meinungs- und Auffassungsunterschiede. Aber nach der von der Bundesregierung vertretenen Rechtsauffassung ist es in der Tat so, dass ein bestimmter Angriff oder ein bestimmtes Ereignis daraufhin überprüft werden muss, ob sie in einem bewaffneten Konflikt oder einem nicht-bewaffneten Konflikt erfolgen, ob bei dem, was dort gemacht wurde, die Verhältnismäßigkeit gewahrt worden ist. Es kommt auf den Ort des Geschehnisses an. Das sind ganz viele unterschiedliche Faktoren, die bei einer vernünftigen ernsthaften völkerrechtlichen Überprüfung Berücksichtigung finden müssen. Das kann man, glaube ich vorsichtig gesagt , in dieser sehr pauschalen Art, mit der Sie diese oder andere Fragen stellen, leider nicht in der gebotenen Differenziertheit tun. Ich glaube auch nicht, dass das jetzt hier das richtige Forum wäre, das zu tun.

Im Übrigen bin ich auch kein Völkerrechtsexperte im engeren Sinne. Da haben wir bei uns in der Rechtsabteilung Kolleginnen und Kollegen, die das ganz bestimmt ganz differenziert erklären könnten. Aber auch dafür, glaube ich, wäre das hier nicht das richtige Forum.

Zusatzfrage: Vielleicht noch anders gefragt: Wissen Sie denn, was in Ramstein vor sich geht, wenn Sie es schon für sich auf diese Kriterien herunterbrechen?

Dr. Schäfer: Das Eine hat mit dem Anderen aus meiner Sicht wirklich überhaupt nichts zu tun. Das, was Sie und andere uns hier und anderswo zum Thema Ramstein gefragt haben, ist wirklich hinlänglich bekannt. Ich glaube, das letzte Mal hatte Herr Seibert das Vergnügen, diese Frage von Ihnen zu bekommen. Jetzt bekomme ich sie. Ich kann nur das wiederholen, was schon Dutzendfach an dieser Stelle gesagt worden ist und würde es mir gern sparen, weil Sie es eigentlich schon alle wissen.

(Ende: 14:39 Uhr)

Mittwoch, 3. Juni 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 3. Juni 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/06/2015-06-03-regpk.html;jsessionid=D78DC02B9763BEDAA99C265C7559B559.s4t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2015

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