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PRESSEKONFERENZ/1154: Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 5. Februar 2016
Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2016

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (informelles Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments und dem französischen Staatspräsidenten in Straßburg, Reise nach Ankara, Valentinsgruß des Zentralverbandes Gartenbau, Empfang des irakischen Ministerpräsidenten, Treffen mit der polnischen Ministerpräsidentin, Teilnahme am Matthiae-Mahl), Bürgerkrieg in Syrien, Flüchtlings- und Asylpolitik, Reformprozess in Griechenland, Diskussion über die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen, Nachtflüge deutscher Tornados im Rahmen des Syrien-Einsatzes, Förderung der Elektromobilität, Atomausstieg, Ukraine-Konflikt

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Dimroth (BMI), Nannt (BMVg), Kalwey (BMF), Malachowski (BMJV), Moiteaux (BMWi)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren, die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin:

Ich beginne noch einmal mit dem Sonntag. Es war Ihnen schon angekündigt worden - ich wiederhole es trotzdem -, dass die Bundeskanzlerin am Sonntagabend in Straßburg den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sowie den französischen Präsidenten François Hollande zu einem informellen Abendessen trifft. Dies geht auf eine Einladung von Präsident Schulz zurück. Diesem Abendessen ist eine bilaterale Begegnung der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten vorgeschaltet. Beide Termine sind nicht presseöffentlich. Es sind also auch keine Statements oder Pressekonferenzen zu erwarten.

Am Montag wird die Bundeskanzlerin dann in Ankara sein, um dort mit Ministerpräsident Davutoglu zu sprechen. Das haben beide gestern auf einer kürzeren Begegnung am Rande der Syrien-Konferenz in London miteinander verabredet. Die Einzelheiten zum Ablauf und zum Besuchsprogramm werden wir Ihnen nachreichen. Das Gespräch ist natürlich ein Teil der intensiven Kontakte Deutschlands mit der Türkei - der Bundesregierung mit der türkischen Regierung - in den letzten Wochen und Monaten. Es wird natürlich insbesondere um die weitere Umsetzung des EU-Türkei-Aktionsplans gehen.

Da am Aschermittwoch keine Kabinettssitzung stattfindet - Stichwort "der politische Aschermittwoch allenthalben" - geht es dann mit den öffentlichen Terminen am Donnerstag weiter. Am Donnerstagvormittag wird die Bundeskanzlerin einer langjährigen Tradition folgend eine Delegation des Zentralverbandes Gartenbau empfangen, die ihr einen Valentinsgruß überreicht.

Gegen Mittag ist dann der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi im Kanzleramt zu Gast. Im Rahmen eines Gesprächs wird es um die aktuelle Situation im Irak, insbesondere natürlich auch um den Kampf gegen den IS, die innenpolitische Entwicklung sowie die Lage in der Region gehen. Gegen 12.45 Uhr ist dann eine gemeinsame Pressebegegnung vorgesehen.

Am Freitag empfängt die Bundeskanzlerin die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt, weil es der erste Besuch von Frau Szydlo hier ist. Hier ist ebenfalls natürlich eine gemeinsame Pressekonferenz gegen 13.15 Uhr geplant.

Am Freitagabend nimmt die Bundeskanzlerin als Ehrengast am diesjährigen Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus teil. Viele von Ihnen wissen, dass dies eine weit über 650 Jahre alte Tradition in Hamburg ist. Die Bundeskanzlerin hat 2009 bereits einmal daran teilgenommen. Damals kam sie dort mit dem damaligen polnischen Ministerpräsidenten Tusk zusammen. Dieses Jahr hat Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz auch einen ausländischen Gast eingeladen, und zwar den britischen Premierminister David Cameron. Die Bundeskanzlerin und Herrn Cameron werden vor den etwa 400 Gästen im Hamburger Rathaus Reden halten. Das Ganze also am Freitagabend.

So viel erst einmal aus dem Terminkalender.

Frage: Herr Seibert, zu dem Treffen in Ankara. Es gab im Dezember, aufgebracht von dem griechischen Außenminister, den Hinweis, dass es ein deutsch-türkisch-griechisches Gipfeltreffen im Februar geben könnte. Gibt es dieses Treffen im Februar? Können Sie dazu etwas sagen?

StS Seibert: Sie erinnern sich vielleicht, dass ich schon vor einigen Wochen einen solchen Februartermin nicht bestätigen konnte. Ich kann Ihnen auch heute keine konkreten Planungen für ein solches Dreier-Treffen hier nennen.

Frage: Bitte seien Sie so nett und nennen zu dem Treffen mit Herrn Davutoglu ein paar Einzelheiten. Man wird ja nicht noch einmal das gesamte Programm durchsprechen. Worauf wird sich die Bundeskanzlerin an dem Montag konzentrieren?

StS Seibert: Ich glaube wirklich, dass wir uns im Laufe von sehr intensiven deutsch-türkischen Kontakten in den letzten Wochen befinden, die sich um das Thema Migration, aber keineswegs nur um das Thema Migration ranken. Wir hatten gerade deutsch-türkische Regierungskonsultationen mit einer sehr breiten Agenda. Aber trotzdem wird sicherlich im Mittelpunkt die Frage stehen: Wie können wir den EU-Türkei-Aktionsplan, der ja Ende November auf europäischer Ebene mit der Türkei beschlossen wurde, weiter umsetzen?

Beide Seiten haben einen Teil des Verabredeten umgesetzt. Die Frage jetzt wird sein: Wie können wir bei den Bemühungen weiter vorankommen, illegale Migration zu reduzieren, um sie in einem zweiten Schritt durch legale Migration zu ersetzen? Wie kann das Schlepperunwesen - ich sollte sagen: die Schlepperkriminalität - vor den türkischen Küsten effektiv bekämpft werden? Mit welchen Projekten kann man den vielen Flüchtlingen - es sind über zwei Millionen, die die Türkei beherbergt - innerhalb der Türkei am besten helfen?

Sie wissen, dass das ein Thema ist, bei dem die Europäische Kommission und die türkische Regierung versuchen, die Projekte zu identifizieren, für die dann die drei Milliarden Euro, die die EU der Türkei zugesagt hat und die sie jetzt ja auch bereitstellt, verwendet werden.

Das wird der Rahmen der Gespräche sein. Weiter will ich dem jetzt nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Tut die Türkei genug im Kampf gegen die Schlepperbanden?

StS Seibert: Es ist erkennbar, dass das Schlepperunwesen immer noch existiert. Es ist erkennbar, dass leider immer noch Menschen auf dem Meeresstreifen zwischen türkischer Küste und griechischen Inseln ihr Leben verlieren. Das heißt, es ist erkennbar, dass da noch eine Aufgabe bleibt.

Frage: Herr Seibert, wegen der massiven Bombardierung von russischer Seite auf die syrische Stadt Aleppo gibt es eine neue Auswanderungswelle in die Türkei. Gestern haben sich 70 000 Menschen in die Türkei aufgemacht. Ich würde gerne wissen, ob dieses Thema auf der Agenda des Gesprächs der Bundeskanzlerin mit Herrn Davutoglu steht. Wie bewertet die Bundesregierung diese Situation?

StS Seibert: Natürlich ist das ein Teil der Agenda. Natürlich spielt die sehr gefährliche Nachbarschaft, in der die Türkei sich mit dem Bürgerkriegsland Syrien an ihrer südlichen Grenze befindet, jedes Mal eine wichtige Rolle bei den Gesprächen sowie die Frage, wie man auf der Suche nach Frieden für dieses bürgerkriegsgeplagte Land vorankommen kann. Das ist ja auch gestern bereits von der Bundeskanzlerin anlässlich der humanitären Konferenz in London in aller Deutlichkeit gesagt worden. Alles, was gestern in London beigetragen wurde, um das Leid der Flüchtlinge innerhalb Syriens und in den Nachbarländern zu lindern, ist gut und ist ein sehr wichtiges Zeichen. Aber der politische Prozess auf der Suche nach Frieden für Syrien muss weiter vorangebracht werden. Dabei stehen alle in der Verantwortung, aber eben auch ganz besonders das Assad-Regime und diejenigen, die es unterstützen.

Es gab gestern in London natürlich eine ganz große Einigkeit darüber, dass das, was in Aleppo passiert, nur mit allergrößter Sorge gesehen werden kann. Die Regierungen, die für dieses Bombardement von Aleppo, für diese Angriffe auf Aleppo und auf die Zivilbevölkerung Verantwortung tragen, scheinen ein Scheitern der Bemühungen um eine politische Lösung sehenden Auges in Kauf zu nehmen. Das darf natürlich nicht sein. Insofern ist der Appell an alle, jetzt wirklich die Reflektionsphase, die durch die Aussetzung der Syrien-Verhandlungen eingeleitet ist, zu nutzen, um zu überlegen, wie man die humanitäre Lage bis hin zu einem Waffenstillstand verbessern und wie man den politischen Prozess wieder voranbringen kann.

Zusatzfrage: Ist es möglich, dass Frau Merkel und Herr Davutoglu diese massive russische Bombardierung gemeinsam verurteilen oder irgendwelche Maßnahmen dagegen beschließen?

StS Seibert: Warten Sie den Besuch am Montag ab. Ich will den Gesprächen nicht weiter vorgreifen, außer dass ich sage: Neben der Migrationsfrage steht natürlich die Syrien-Frage, die ja in einem unmittelbaren Zusammenhang steht, denn aus dem syrischen Elend heraus werden die Flüchtlinge sozusagen in Gang gesetzt. Das wird beides ein Thema sein.

Frage: Herr Schäfer, die türkische Regierung fordert von den Russen den Stopp der Luftangriffe in Syrien. Fordert das die Bundesregierung von der russischen Regierung auch?

Schäfer: Herr Seibert hat gerade eben schon ganz viel zur Aussetzung der Genfer Syrien-Gespräche durch den Sonderbeauftragten de Mistura gesagt. Der Minister hat sich am Rande seiner Reise in Saudi-Arabien dazu auch unmittelbar geäußert. Er hat gesagt, dass die Angriffe der syrischen Armee bei Aleppo und auch die Weigerung der syrischen Regierung, humanitären Zugang in die Städte und Dörfer zu gewähren und gelangen zu lassen, die vom Regime belagert werden - das sind mehr als ein Dutzend -, eine ganz schwere Last für die Gespräche von Genf gewesen ist und natürlich eine Belastung für die syrische Opposition gewesen ist. Dass die Art und Weise, wie Russland militärisch in diesen Konflikt in Syrien eingreift, nicht wirklich hilfreich ist, haben wir an dieser Stelle ganz häufig gesagt.

Aber man muss den Blick nach vorne richten. Der Blick nach vorne heißt aus Sicht des Außenministers nun, dass ein nächstes Treffen im Wiener Format zum Thema Syrien gerade wegen der Aussetzung der Gespräche durch die Vereinten Nationen noch einmal ungleich wichtiger geworden ist. Ich denke, es wird uns gelingen, in der nächsten Woche am Donnerstag die Außenminister des Wiener Formats zusammenzubringen. Wir sind nach den Gesprächen, die Herr Steinmeier in Riad und in Teheran geführt hat, sehr zuversichtlich, dass auch Saudi-Arabien und Iran an diesen Gesprächen teilnehmen werden.

Dabei wird es darum gehen, noch einmal ganz klar zu machen, dass es nur einen Ausweg aus der Krise in Syrien gibt, nämlich den politischen Prozess, der in Wien in Gang gesetzt worden ist, weiter zu verfolgen, die Suche nach Möglichkeiten für eine Feuerpause und Waffenstillstände - erst vielleicht lokal und dann im ganzen Land - intensiv weiter fortzusetzen und das, weshalb die Genfer Verhandlungen ins Leben gerufen worden sind, nämlich die nationale Übergangsregierung hinzubekommen, mit großem Nachdruck weiter zu verfolgen. Wir sind immerhin der Hoffnung, dass von den Beratungen in München hoffentlich am Ende der nächsten Woche ein solcher Impuls wird ausgehen können. Herr Steinmeier ist jedenfalls aus Riad und aus Teheran mit dem Gefühl zurückgekehrt, dass die beiden Schlüsselländer in der Region - Saudi-Arabien und der Iran - bereit sind, diesen Weg mitzugehen und das Ziel einer politischen Lösung für Syrien trotz aller Schwierigkeiten zu teilen.

Zusatzfrage: Ich habe nicht herausgehört, dass Sie einen Stopp der russischen Luftangriffe fordern. Richtig?

Schäfer: Ich habe Ihnen all das, was wir zu dem russischen militärischen Einsatz in Syrien jetzt zu sagen haben, gesagt. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir immer wieder gesagt haben, dass dieser militärische Einsatz Russlands aus unserer Sicht mit Blick auf eine politische Lösung nicht wirklich hilfreich ist.

Frage: Herr Seibert, kurz zum Besuch der Kanzlerin in Ankara. Ist da möglicherweise auch ein Treffen mit Herrn Erdogan geplant, der ja, wie wir alle wissen, in der Türkei ein bisschen mehr zu sagen hat als Herr Davutoglu?

StS Seibert: Ich kann Ihnen jetzt nur diesen Programmpunkt nennen. Wir werden, wenn sich andere Einzelheiten, andere Programmpunkte ergeben, das nachreichen, wie wir Ihnen ohnehin die Details des zeitlichen Ablaufs und dann auch der möglichen Presseunterrichtung noch nachreichen.

Frage: Herr Seibert, Sie hatten ja schon ausgeführt, dass Sie das Eingreifen Russlands für nicht hilfreich erachtet haben. Teilen Sie denn die Einschätzung von Nato-Generalsekretär Stoltenberg, der der Ansicht war, dass die Bemühungen, eine politische Lösung zu finden, untergraben werden?

StS Seibert: Herr Schäfer wird gleich etwas dazu sagen. - Ich will nur noch einmal unterstreichen, was Herr Schäfer gerade gesagt hat. Ein wesentlicher Beitrag zu einem politischen Prozess - den brauchen wir; den braucht die Welt, den brauchen vor allem die Menschen in Syrien - wäre ein Waffenstillstand, vielleicht zunächst lokale, regionale Waffenstillstände. Da steht auch Russland in der Verantwortung.

Wir haben es hier auch deutlich gesagt: Die Angriffe der syrischen Regierungstruppen, insbesondere die mit Fassbomben, müssen eingestellt werden. Das ist im Übrigen keine neue Forderung als Reaktion auf die Ereignisse von Aleppo, sondern das ist der Inhalt einer gültigen UN-Resolution - ich glaube, Nr. 2254 - von Mitte Dezember. Dieser Resolution hat auch Russland zugestimmt. Das ist die Forderung, die jetzt für jeden im Raume steht, der für sich in Anspruch nehmen will, den Menschen in Syrien zu dienen. Das, glaube ich, sollte doch - ganz besonders auch unter dem Eindruck der sehr eindrucksvollen Aussagen der gestrigen Londoner Konferenz - für uns alle im Vordergrund stehen. - Aber Herr Schäfer wollte dazu auch noch etwas sagen.

Schäfer: Ich kann dem nur beipflichten, und möchte vielleicht nur zwei Sätze ergänzen.

Syrien ist nicht nur seit nunmehr fast fünf Jahren Schauplatz eines tragischen, fürchterlichen, schrecklichen Bürgerkriegs, sondern auch ein Ort, an dem sich vielfältigste Interessenkonflikte wiederfinden. Über die Syrien-Frage gibt es Zerwürfnisse zwischen der Türkei und Russland. Es gibt massive Interessenkonflikte zwischen regionalen Akteuren, etwa zwischen Saudi-Arabien und einigen Golf-Monarchien einerseits und dem Iran andererseits. Wir können das nicht einfach, weil wir es wollen, ändern; vielmehr müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es diese Interessenkonflikte gibt, und wir müssen versuchen, auf der Grundlage einer Analyse dieser Interessenkonflikte nach Auswegen zu suchen, die ein Ende des Leids für die Millionen und Abermillionen Menschen in Syrien mit sich bringen.

Das tut die Bundesregierung mit all ihren Kräften. Dazu gehören die herausragenden Bemühungen der Bundesregierung auf der humanitären Schiene. Ich kann Ihnen nur versichern - das ist, glaube ich, auch in der Medienberichterstattung der letzten Tage sehr deutlich geworden -, dass der Außenminister wirklich alles in seiner Macht Stehende tut - gerade auch jetzt auf der Reise -, um zu schauen und auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, in einer wahrlich schwierigen, vielleicht sogar verfahrenen Situation mit diesen vielen Interessenkonflikten so vieler Akteure und Spieler eine Lösung zu finden, die uns dem Ziel eines friedlichen, einheitlichen, demokratisch und säkular verfassten Staates Syrien näherbringt. Da gibt es letztlich wirklich keine Alternative zum Wiener Prozess und dem Versuch, die wichtigen regionalen Spieler einzubinden und die Interessenkonflikte in einer Weise zu lösen, die es allen möglich macht, eine solche Lösung mitzutragen. Da sind wir dran; damit hat der Außenminister in den letzten Tagen in Teheran und in Riad wirklich Tag und Nacht zugebracht.

Das geht jetzt hinter den Kulissen in Vorbereitung auf die in der nächsten Woche noch stattfindende Syrien-Konferenz selbstverständlich weiter. Der Außenminister hat ja bereits gestern darauf hingewiesen, dass auch Russland ein Schlüsselland für eine Lösung des Syrien-Konfliktes ist und dass es deshalb absolut vonnöten ist, mit der russischen Seite weiter das Gespräch zu suchen, um Lösungswege zu finden.

Frage: Nun war ja gerade ein deutscher Politiker in Russland. Hat Herr Seehofer denn bei der Kanzlerin oder im Außenministerium angerufen und möglicherweise eine Botschaft oder auch nur Informationen über die Art, wie Russland mit diesem Syrien-Problem weiterhin umzugehen gedenkt, mitgebracht?

StS Seibert: Ich weiß gar nicht, ob die Reise schon zu Ende ist. Aber wie auch immer dem auch sei: Wir haben hier ja schon am Montag und am Mittwoch über diese Reise gesprochen, und ich sowie auch die Sprecherin des Auswärtigen Amtes hatten Ihnen gesagt: Die Bundeskanzlerin, aber auch der Außenminister hatten vor der Reise mit dem bayerischen Ministerpräsidenten gesprochen, und an einer solchen Reise eines Ministerpräsidenten ist zunächst auch gar nichts Ungewöhnliches. Das ist auch heute der Stand.

Zusatzfrage: Das war ja nicht meine Frage. Das Gespräch von Herrn Seehofer mit Herrn Putin liegt ja nun schon etwas zurück; ich glaube, am Mittwochabend hat das stattgefunden. Es könnte ja nun sein, dass darin auch das Problem Syrien angesprochen worden ist und Herr Seehofer sich bei Ihnen gemeldet hat?

StS Seibert: Das wäre dann aber eine Frage an den bayerischen Ministerpräsidenten.

Frage: Herr Schäfer, noch einmal zum Verständnis: Warum sind die westlichen Luftangriffe in Syrien, an denen sich Deutschland auch beteiligt, im Gegensatz zu den russischen Luftangriffen hilfreich?

Schäfer: Die Antwort darauf ist relativ einfach: Die Luftangriffe, die von der Anti-ISIS-Koalition auch unter Beteiligung von westlichen Staaten geflogen werden - wohlgemerkt nicht Deutschland; wir beteiligen uns an dieser Koalition, fliegen aber selber keine Luftangriffe, sondern tragen in anderer Weise zum Erfolg der Anti-ISIS-Koalition bei -, haben ein klares Ziel, nämlich einen Beitrag dazu zu leisten, dass die regionale und globale Bedrohung, die von ISIS ausgeht, erst eingedämmt und dann überwunden werden kann. Es ist, glaube ich, sehr belegbar, dass all das, was in der Anti-ISIS-Koalition auf diese Art und Weise geschieht, diesem - und nur diesem - Ziel dient. Bei den russischen Luftangriffen ist das etwas anders. Da gibt es ja durchaus Zweifel daran, was das wirkliche Ziel dieses russischen militärischen Einsatzes ist.

Frage: Herr Seibert, kürzlich gab es ja diese Umfrage - den ARD-DeutschlandTrend -, in der sich 81 Prozent dahingehend geäußert haben, dass sie meinen, die Bundesregierung habe die Flüchtlingskrise nicht mehr im Griff. Meine Frage ist: Wie geht die Kanzlerin oder die Bundesregierung insgesamt mit einem solchen Ergebnis um? 81 Prozent sind ja doch schon eine Hausmarke. Sehen Sie darin vor allen Dingen ein Kommunikationsproblem, oder bedarf es da möglicherweise auch eines Kurswechsels?

StS Seibert: Ich äußere mich hier nicht zu Umfragen - das tue ich nicht, wenn sie in lichten Höhen sind, und das tue ich auch nicht, wenn sie einmal schlechter ausfallen. Ich äußere mich hier und informiere Sie gerne über die Politik der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Jetzt gibt es aber doch immer wieder das Bemühen der Bundesregierung, die öffentliche Meinung abzufragen, beispielsweise auch mit dem Bürgerdialog. Das ist zwar keine Umfrage, aber doch der Versuch, eine öffentliche Stimmung zu eruieren. Fließen solche Umfrageergebnisse und solche Stimmungen eigentlich auch mit in die Analyse eines solchen Bürgerdialogs ein, oder sehen Sie das völlig getrennt voneinander?

StS Seibert: Der Bürgerdialog, wie ihn die Bundeskanzlerin beispielsweise im vergangenen Jahr in mehreren deutschen Städten durchführte - und davor auch schon -, ist eine Möglichkeit für die Bürger und die Bundeskanzlerin, ins direkte Gespräch über bestimmte Themen zu kommen, die den Bürgern ganz besonders auf den Nägeln brennen - aus ihrer direkten Lebensumgebung oder nationale Themen. Das ist etwas völlig anderes als eine Umfrage - und zu den Umfragen habe ich jetzt alles gesagt.

Frage: Ergänzend zur Frage des Kollegen Delfs: Herr Seibert, sagen denn Ihre eigenen Umfragen, also die des Bundespresseamts, etwas anderes?

StS Seibert: Ich habe doch schon gesagt, dass ich mich hier nicht zu Umfragen äußere, sondern dass ich mich auf Ihre Fragen hin hier gerne und ausführlich zur Politik der Bundesregierung äußere - aber nicht zu Umfragen.

Zusatzfrage: Sie haben ja gesagt, dass Sie jeden Monat drei Fragen an die Öffentlichkeit richten. Welche Fragen waren das denn im Januar?

StS Seibert: Das werde ich Ihnen hier jetzt so nicht berichten. Wir sind inzwischen, wie Sie sicherlich wissen, dazu übergegangen, dass wir die Umfrageergebnisse mit einem gewissen zeitlichen Abstand der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Das ist dann auch für Sie eine Möglichkeit, da Einblick zu nehmen. Bis dahin dienen sie der Arbeit der Bundesregierung, so wie sie das seit vielen Jahrzehnten tun.

Frage: Im Nachklapp zu der Syrien-Geberkonferenz hätte ich gern gewusst - vielleicht weiß das das Finanzministerium -, wie das Geld im Haushalt abgebildet wird. Ich glaube, die 1,1 Milliarden Euro sollen ja schon dieses Jahr fließen.

StS Seibert: 1,2 Milliarden Euro.

Zusatz: Danke. - Wie geht das?

Kalwey: Zunächst kann ich Ihnen sagen, dass die zugesagten Mittel aus den Einzelplänen des Auswärtigen Amts und des BMZ geleistet werden. Für 2016 können die Mittel im Rahmen des Haushaltsvollzugs erbracht werden, das heißt, sie werden aus dem laufenden Haushalt finanziert - unter anderem durch Umschichtungen. Das Haushaltsjahr steht ja auch erst am Anfang und ein Nachtragshaushalt ist jetzt nicht notwendig.

Frage: Herr Seibert, es war die Rede von 2,3 Milliarden Euro deutschem Geld bis 2018. Es gab aber auch Berichte, dass dieser Betrag bis 2019 fließen soll. Können Sie uns sagen, ob dieser Betrag bis 2018 oder bis 2019 fließen soll? Und wie ist das eigentlich gestaffelt? Wir haben gerade ja gehört, dass 1,2 Milliarden Euro sofort fließen sollen - wie viel fließt noch danach?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat gestern für die Bundesrepublik Deutschland Zusagen für die Jahre 2016, 2017 und 2018 gemacht. Der Grund dafür, dass wir nicht darüber hinausgehen, ist, dass einfach die Finanzplanung darüber hinaus noch nicht besteht. Es ist gestern ja sehr klar gesagt worden: Für das laufende Jahr, also 2016, werden wir 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung stellen - etwa 1 Milliarden Euro für die humanitären Hilfsprogramme der Vereinten Nationen, davon 570 Millionen Euro an das Welternährungsprogramm. Das ist im Übrigen die Hälfte der Summe, die das Welternährungsprogramm in diesem laufenden Jahr für den Bedarf in Syrien und den umliegenden Ländern braucht; die Hälfte dieser Summe wird also von Deutschland zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird sich die Bundesregierung mit 200 Millionen Euro am "Partnership for Prospects" beteiligen, einem Programm, das Flüchtlingen vor Ort Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen soll.

Das heißt, für dieses Jahr sind es 1,2 Milliarden Euro, und für die Jahre 2017 und 2018 sind es noch einmal 1,1 Milliarden Euro, um auch Sicherheit bei der Finanzierung der humanitären Hilfe zu gewährleisten. Es ist aber durchaus beabsichtigt, dass ein so erheblicher Teil schon in diesem Jahr fließt, damit die Menschen in den Ländern Syrien, Libanon und Jordanien möglichst schnell eine Verbesserung ihrer Lebensumstände erfahren.

Zusatzfrage: Warum fließt denn dieses Jahr doppelt so viel wie nächstes Jahr und übernächstes Jahr?

StS Seibert: Das hatte ich Ihnen gesagt: Weil wir die jetzt zur Verfügung gestellte sehr große Summe möglichst kurzfristig, möglichst rasch zur Wirkung bringen wollen.

Frage: Herr Seibert und Herr Dimroth, heute ist in der "Bild"-Zeitung zu lesen, das Kanzleramt plane, falls die Flüchtlingszahlen nicht signifikant zurückgehen und die Stimmung sich weiter verschlechtert, dass man pro Tag rund 1000 abgelehnte Asylbewerber mit Transall-Maschinen abschieben wolle. Gibt es derartige Pläne?

Dimroth: Wenn die Berichterstattung so ist, wie Sie es gerade zitiert haben - ich kenne die nicht -, also dass das Kanzleramt das plane, dann kann ich nur sagen: Mir sind solche Pläne jedenfalls nicht bekannt.

Vorsitzender Mayntz: Kann das Kanzleramt dazu etwas sagen?

StS Seibert: Ich kann Ihnen über solche Pläne auch nichts berichten. Dass es die Absicht der Bundesregierung ist, die Zahl der notwendigen Rückführungen oder Abschiebungen - wie auch immer Sie das nennen wollen - zu erhöhen - wobei man immer sagen muss, dass das natürlich in der Verantwortung der Länder liegt - beziehungsweise jedenfalls die Bedingungen dafür, dass Abschiebungen vermehrt stattfinden können, zu verbessern, wissen Sie; das ist auch Gegenstand von Initiativen der Bundesregierung gewesen und das ist auch Teil des Asylpakets 2, das wir gerade im Bundeskabinett beschlossen haben.

Vorsitzender Mayntz: Beim Stichwort Transall klingelt es auch im Verteidigungsministerium, nehme ich an?

Nannt: Ich kann dem auch nichts Weiteres hinzufügen. Wir hatten die gleiche Diskussion schon einmal - ich habe noch den Sprechzettel - am 21. Oktober 2015; denn da gab es im gleichen Medium wie diesmal diese Einlassung. Ich kann dazu also auch nichts Weiteres beitragen. Grundsätzlich stellt sich natürlich die Frage: Kann die Bundeswehr bei Lufttransportaufgaben unterstützen? Das ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber das darf nicht zulasten von irgendwelchen Einsätzen oder einsatzgleichen Verpflichtungen gehen. Klar ist natürlich: Wir übernehmen keine hoheitlichen Aufgaben. Ansonsten könnte ich aber fast auf die Antwort in der Regierungspressekonferenz damals im Oktober verweisen.

Zusatzfrage: Das gucke ich mir dann noch einmal an. - Herr Dimroth, wie viele Rückführungen abgelehnter Asylbewerber finden zurzeit denn im Schnitt pro Tag statt?

Dimroth: Da kann ich Ihnen keine tagesaktuelle Zahl geben. Wie Sie wissen und wie Herr Seibert gerade auch ausgeführt hat, ist es ja Aufgabe der Länder, bei negativ beschiedenen Asylanträgen und Prüfungen, ob aus anderen Gründen Aufenthalt gewährt werden muss, die Menschen dann auch zurückzuführen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Es gibt die freiwillige Ausreise; es gibt die geförderte freiwillige Ausreise mit weitreichenden Unterstützungsleistungen - die wir auch bieten - für Menschen, die freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren möchten; und es gibt für die Fälle, in denen die anderen beiden Varianten nicht funktionieren, eben auch die zwangsweise Rückführung, die Abschiebung. Ich kann Ihnen hier aber keine tagesaktuellen Zahlen dazu nennen, wie das Rückführungsgeschehen derzeit aussieht.

Frage: Der Bundespräsident hat sich in puncto Familiennachzug geäußert, und zwar hat er sich erschrocken über die neue Regelung im Asylpaket 2 geäußert - ich zitiere -: "Kein Familiennachzug? Da erschrecke ich, wenn ich mir die Leute vorstelle, die dann jahrelang getrennt sind von ihren Ehefrauen oder Müttern." Bewegt so eine Einschätzung die Kanzlerin und die Bundesregierung, Herr Seibert?

StS Seibert: Ich äußere mich hier grundsätzlich nicht über Äußerungen des Bundespräsidenten, und zwar aus Respekt vor seinem Amt und vor dem ganz anderen Verfassungsorgan, das er repräsentiert.

Frage: Es gibt eine Berichterstattung des "Focus", die Zahlen von Terrorverdachtsfällen unter Flüchtlingen nennt. Da ist die Rede von etwa 200 Flüchtlingen, bei denen es einen entsprechenden Hinweis gebe, aber einer sehr geringen Zahl von Flüchtlingen - nämlich 22 -, bei denen man dann einen Anfangsverdacht gefunden hat. Können Sie diese Zahlen bestätigen?

Zweite Frage: Es gibt mehrere Medienberichte, die eine Verbindung des gestern in Nordrhein-Westfalen verhafteten festgenommenen Terrorverdächtigen zu IS-Führern in Syrien herstellen. Sind Ihnen solche Verbindungen bekannt, können Sie das bestätigen?

Dimroth: Vielen Dank für die Fragen. - Ich fange einmal mit dem zweiten Teil an: Wie Sie wissen, sind für das Verfahren, das Sie ansprechen, das Landeskriminalamt Berlin und die Staatsanwaltschaft Berlin zuständig, die auch zu diesem Sachverhalt sprechen. Deswegen bitte ich um Rücksicht, dass ich ganz detailliert zu den Sachverhalten nichts beitragen kann; das könnten allenfalls die Kollegen hier in Berlin tun, die aber vermutlich auch wegen noch andauernder Ermittlungsmaßnahmen bestimmten Restriktionen unterliegen, was das anbetrifft.

Ganz allgemein gilt - das galt vorgestern genauso, wie es heute gilt -, dass Deutschland ebenso wie andere europäische Staaten im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus stehen und dass wir nach wie vor von einer hohen Gefährdung ausgehen und davon ausgehen, dass die Lage sehr ernst ist. Einen von Ihnen jetzt in der Frage angedeuteten Bezug zu Strukturen und Ähnlichem kann ich nicht bestätigen. Aber noch einmal: Dazu müsste ich Sie auch an die zuständigen Ermittlungsbehörden hier im Land Berlin verweisen.

Was Ihre erste Frage anbetrifft: Auch da habe ich keine Zahl. Was grundsätzlich richtig ist, ist, dass es immer wieder zu solchen Hinweisen kommt. Was ebenso richtig ist, ist, dass die Sicherheitsbehörden diese Hinweise sehr ernst nehmen, in jedem Einzelfall sehr genau prüfen, ob an solchen Hinweisen tatsächlich etwas daran ist, und dann gegebenenfalls auch die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Ich kann gerne zusichern, dass ich die Frage noch einmal mitnehme, ob möglicherweise eine Zahl in den Sicherheitsbehörden bekannt ist, die dann auch veröffentlicht werden kann, und würde diese Zahl dann nachreichen. Ich habe jetzt schlicht keine solche Zahl dabei. Ich bin mir nicht sicher, dass ich diese Zahl nachliefern kann, aber ich sage zu, jedenfalls zu fragen.

Frage: Herr Dimroth, zu dieser Razzia oder was auch immer das gestern war: Können Sie uns sagen, wie die Sicherheitsbehörden auf die Spur dieser angeblichen, mutmaßlichen Terroristen gekommen sind? Sind da irgendwelche neuen Anti-Terror-Tools im Einsatz gewesen?

Dimroth: Ich habe eben eigentlich sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die Behörden im Land Berlin für diese Verfahren zuständig und insofern auch Ansprechpartner für Ihre Fragen zu diesem Sachverhalt sind. Das gilt für Ihre Frage ebenso wie für die des Kollegen.

Frage: An das Finanzministerium. Können Sie zum Thema Griechenland und mit Blick auf die Eurogruppe, Ecofin kurz darstellen, wie sich aus deutscher Sicht der Reformprozess in Griechenland gerade darstellt?

Es gab einmal den groben Plan, dass man die Revision im Februar abschließt und eventuell im März in Debatten auch über Schuldenerleichterung einsteigt. Ist das aus deutscher Sicht noch zu halten? - Danke.

Kalwey: Vielen Dank. - Sie wissen ja, dass die Überprüfung auf der europäischen Ebene stattfindet. Das heißt, die Institutionen beschäftigen sich derzeit damit und werden sicherlich im Rahmen der nächsten Eurogruppe über den Stand berichten. Daher gibt es aus unserer Sicht dazu keinen neuen Stand. Denn wir greifen letztendlich einfach auf das zu, was uns da berichtet wird. Dann wird man mit dem, was dort berichtet wird, weiter umgehen.

Frage: Ich bleibe beim Finanzministerium. Der Bundesbankpräsident und auch ein Kollege von ihm aus dem Vorstand haben sich sehr kritisch zu Ihren Plänen geäußert, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen einzuziehen. Gibt Ihnen diese Kritik Anlass, das Vorhaben noch einmal zu überprüfen? Hat es möglicherweise schon irgendwelche geänderten Erkenntnisprozesse bei Ihnen gegeben?

Kalwey: Dazu kann ich Ihnen sagen, dass wir die Äußerungen natürlich zur Kenntnis genommen haben, wie wir alle Äußerungen zu dem Thema zur Kenntnis nehmen und uns ansehen.

Ich möchte, weil es in der Debatte gern vermischt wird, noch einmal ganz ausdrücklich darauf hinweisen, dass es nicht das Ziel der Bundesregierung ist, das Bargeld abzuschaffen. In der Sache sind wir uns da auch ganz einig. Es handelt sich bei der derzeitigen Debatte um eine europäische Debatte darüber, wie man Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiv bekämpfen kann. Darum geht es uns. Diese Diskussion haben wir angestoßen und werden sie auch auf europäischer Ebene weiter führen. Dabei werden wir sicherlich verschiedenste Positionen einbeziehen.

Frage: Sie basieren Ihren Vorstoß in der Diskussion ja auf der Dunkelfeldstudie, die Sie selber in Auftrag gegeben haben. Braucht es da nicht vielleicht mehrere und auch unabhängige Studien, die das, was Sie vorhaben, ebenfalls aufzeigen, und nicht nur eine eigene Studie?

Kalwey: Es ist richtig, dass es jetzt diese Studie gibt, dass sie vorgestellt wurde und dass das Finanzministerium sie in Auftrag gegeben hat. Trotzdem wird diese Studie von Professor Bussmann von der Universität Halle-Wittenberg natürlich unabhängig durchgeführt.

Ganz unabhängig davon weisen Geldwäscheexperten schon seit geraumer Zeit darauf hin, dass Bargeldtransaktionen ein hohes Risiko für kriminelle Verwendungen bergen. Denn Bargeldtransaktionen sind per definitionem nicht nachzuvollziehen und hinterlassen keine Spuren. Von daher stützt man sich nicht allein auf diese Studie.

Ich möchte auch noch einmal betonen, dass auch die Europäische Kommission in ihrem Aktionsplan zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf das hohe Risiko der kriminellen Verwendung hingewiesen hat. Zudem möchte ich auch darauf hinweisen, dass in verschiedenen europäischen Ländern bereits Bargeldgrenzen existieren, unter anderem in Spanien, Frankreich und Italien, die in der Regel zwischen 500 und 5000 Euro schwanken.

Zusatzfrage: Können Sie denn auch nur ein Szenario nennen, in dem Terrorismus mit hohen Bargeldzahlungen finanziert wird und dieser Terrorismus durch eine Obergrenze in Deutschland nicht mehr passieren kann?

Kalwey: Es ist jetzt nicht an mir, Ihnen einzelne Szenarien zu nennen. Wie mein Kollege in der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch schon dargelegt hat, geht es hier zum einen um Terrorismusbekämpfung, zum anderen aber auch um Geldwäschebekämpfung. Dass das Risiko bei Bargeldtransaktionen, die man ja nicht nachvollziehen kann, höher ist als bei kontenbasierten Zahlungen, liegt doch tatsächlich auf der Hand.

Frage: Ich habe noch ein Problem. Das Bundesfinanzministerium sagt immer, es will etwas anstoßen. Nun haben Sie gerade gesagt, es gibt eine Reihe von europäischen Ländern, die so etwas schon haben. Hat sich die Bundesregierung vor Veröffentlichung ihres Vorstoßes denn schon mit diesen Ländern abgestimmt und schon deren Erfahrungen, inwiefern dieses Instrument überhaupt wirksam ist, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, ausgewertet?

Kalwey: Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen und das nicht einfach vorschlagen, sondern uns - wie gesagt - auch auf Rat von Experten beziehen. Man kann beobachten, dass es eine Sogwirkung gibt von Ländern, die bereits Bargeldgrenzen haben, hin zu Ländern, die einen sehr hohen Schwellenwert oder gar keine Bargeldgrenze haben, dass es also diese Sogwirkung explizit in Länder ohne Bargeldgrenzen wie auch Deutschland gibt. Das belegt auch eine Studie des Zollkriminalamts. Mehr habe ich dazu von hier aus nicht zu sagen.

Zusatzfrage: Das spräche ja dafür, dass Deutschland national die Regelungen nachholt, die andere schon vorher getroffen haben.

Kalwey: Noch einmal - darauf haben wir ja schon wiederholt an anderer Stelle hingewiesen -: Gerade dieser Flickenteppich an Lösungen sorgt dafür, dass es Verschiebungen von einem Land in andere Länder gibt. Deswegen sprechen wir uns für eine europäische Lösung aus. Diese streben wir jetzt vorrangig an.

Frage: Mich würde interessieren, ob das für das Innenministerium eine tragbare Maßnahme der Terrorismusbekämpfung ist.

Sicherlich wird auch das Justizministerium schon Überlegungen angestellt haben. Wie Frau Kalwey gerade gesagt hat, sind Bargeldzahlungen, dass zum Beispiel für den Staat nicht alles dessen nachvollziehbar ist, was man wann wo zahlt, ein wichtiger Teil der Privatsphäre. Wenn solch eine Bargeldobergrenze kommt, ist das in gewisser Weise eine Einschränkung weiterer Freiheiten. Welche Haltung hat Herr Maas dazu?

Dimroth: Vielen Dank. - Ich meine, ich war zuerst gefragt. Ich kann es relativ kurz machen. Wir unterstützen jedwede Maßnahme, die geeignet ist, sowohl Geldwäsche als auch Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen. Deswegen unterstützen wir ganz nachhaltig die Initiative des Bundesfinanzministeriums.

Malachowski: Mir persönlich ist keine Prüfung in unserem Haus bekannt. Ich kann es aber auch nicht mit Sicherheit ausschließen. In der Regel wird so etwas erst einmal regierungsintern diskutiert. Deswegen gibt es zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall nichts, was ich Ihnen in der Sache mitteilen kann.

Frage: Meine Frage richtet sich an Herrn Nannt. Jetzt sind ja doch schon erste Nachtflüge der Tornados im Syrien-Einsatz erfolgt. Nun gibt es widersprüchliche Aussagen. Die einen sagen, das ist Teil des Einsatzes gewesen, es waren also wirklich Aufklärungsflüge. Die anderen sagen, das sind Testflüge. - Können Sie uns darüber Aufklärung geben?

Nannt: Wir haben am Wochenende die - so sage ich einmal - Nachtsichtfähigkeit der Tornados insgesamt wiederhergestellt, haben die Einrüstung dazu gemacht und haben in dieser Woche die ersten beiden Nachtflüge dazu gehabt. Das waren Missionsaufträge durch das CAOC. Für uns war es wichtig, dass in dieser Phase die Dinge, die wir geleistet haben, feststehen. Es läuft.

Wie ich es auch in der Vergangenheit gesagt habe, ist es weiterhin so, dass wir insgesamt, auch wenn man die Zukunft betrachtet, in der Masse natürlich weiterhin Tagflüge machen werden. Wir werden aber bestimmt auch in Zukunft Nachtflüge machen. Das hängt von der Auftragslage ab. Wie gesagt, der Schwerpunkt wird bei Tagflügen bleiben.

Uns war wichtig - das haben wir zum Glück relativ schnell und mit toller Leistung auch in den Ämtern sichergestellt -, dass wir zusätzlich die Nachtsichtfähigkeit haben. Damit sind wie im Einsatz komplett für alle Szenarien aufgestellt und können auch alle Aufträge des CAOC annehmen.

Zusatzfrage: Sie haben uns aber in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt, dass solche Aufträge für nachts gar nicht vorliegen und auch höchst unwahrscheinlich - Zitat von Herrn Flosdorff - sind. Jetzt ist die Nachtflugfähigkeit da, und auf einmal sind auch die Aufträge da.

Nannt: Das sehen Sie falsch. Die Auftragslisten für Tagflüge sind unheimlich lang. Wir haben jetzt auch keine Nachtflüge geflogen. Wir sind die ersten beiden Nachtflüge im Rahmen dieser Woche geflogen. Derzeit ist mir nicht absehbar bekannt, dass wir weitere fliegen. Wir werden immer wieder einmal so etwas fliegen. Der Schwerpunkt - das ist unverändert das gewesen, was Herr Flosdorff und wir immer gesagt haben - wird auf den Tagflügen liegen - es ist immer eine Sache der Auftragslage -, weil wir dort unsere hochwertigen Bilder liefern können. Die können wir bei Nacht nicht liefern. Nachts haben wir nur die Möglichkeit, Infrarot zu liefern. Es kann vielleicht im Ausnahmefall auch einmal ein bestimmtes Ziel sein, das dann relevant ist, sodass wir vielleicht nachts fliegen. Aber insgesamt wird es weiterhin so sein, wie wir es immer gesagt haben: Der Bedarf - das sind die langen Listen, die wir haben und abarbeiten - ist insgesamt bei Tage.

Zusatzfrage: Könnten Sie sagen, wer diese Aufträge vergibt? Sind das die Amerikaner?

Nannt: Im Rahmen der Koalition. Den ganzen Verfahrensablauf haben wir ja schon häufiger diskutiert, mit den Red-Card-Holdern, den Schiedsrichtern. Wir bekommen Aufträge und prüfen, ob sie zielführend und im Rahmen des Mandates sind. Dann leisten wir die Flüge und bringen die Bilder. Dann werden sie noch einmal überprüft, ob das alles so richtig ist. Es gibt also die doppelte Überprüfungsfunktion. Im Rahmen der Koalition liefern wir dann diese Bilder.

Frage: Im Zusammenhang mit dem Thema Elektromobilität gibt es eine Nachfrage zu einer Geschichte des "Handelsblatts", wonach nach dem Treffen diese Woche im Kanzleramt nun ein Treffen zwischen Herrn Schäuble und dem BMW-Chef geplant sei. Deswegen die Frage an das Finanzministerium: Gibt es dafür schon einen Termin?

Kalwey: Wir haben die Berichterstattung im "Handelsblatt" zur Kenntnis genommen. Sie wissen, dass wir zu Terminen des Ministers hier grundsätzlich nicht Stellung nehmen. Wir werden es auch in diesem Fall nicht tun.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es geht um das Thema Finanzierung des Atomausstieges. Können Sie mir zum einen sagen, ob es zutrifft, dass es inzwischen eine Verengung bei der Finanzierung insbesondere der Endlagerkosten auf eine Vorlösung mit einer Obergrenze für die Unternehmensbelastungen gibt?

Können Sie mir zum anderen sagen, wie der Zeitplan im Hinblick auf die Vorlage eines Berichtes Ihrer berufenen Atomkommission aussieht, die sich ja auch mit diesem Thema beschäftigt?

Moiteaux: Danke für die Frage. - Sie haben ja schon gesagt, dass es die Atomkommission gibt, die zu dem Thema eingesetzt wurde. Sie arbeitet zurzeit intern. Wir können die internen Beratungen nicht kommentieren. Sie sind unabhängig.

Frage: Ich möchte Herrn Schäfer zum Thema Ukraine fragen. Die ukrainischen Medien berichten heute, dass es am 13. Februar ein Treffen im Normandie-Format in München gibt. Ich würde gern wissen, ob Sie das bestätigen können.

Schäfer: Ich glaube nicht, dass es ein Treffen am 13. Februar im Normandie-Format geben wird.

Zusatz: Sie glauben das nicht?

Schäfer: Ich glaube das nicht.

Frage: Herr Seibert, mich würde Folgendes interessieren: Präsident Obama hat diese Woche eine Moschee in Amerika besucht. Können wir dieses Jahr vielleicht damit rechnen, dass die Kanzlerin auch einmal eine Moschee in Deutschland besucht?

StS Seibert: Dieses Jahr können Sie, da das Jahr noch sehr jung ist, natürlich mit unglaublich Vielem rechnen. Aber ich kann hier keine konkreten Pläne über die nächste Woche hinaus verkünden. Was nächste Woche geplant ist, haben Sie erfahren.

Ich erinnere daran, dass die Bundeskanzlerin im vergangenen Jahr bei einer Veranstaltung zum Fastenbrechen dabei war.

Schäfer: Noch einmal zum Thema Ukraine, da meine Antwort gerade etwas kurz war. Ganz lang wird es aber auch jetzt nicht werden. - Es ist richtig, dass es Wünsche gibt, dass ein solches Normandie-Treffen im Außenministerformat in absehbarer Zeit wieder einmal stattfindet. Aber dafür gibt es eben noch keinen von allen vier Seiten fest vereinbarten und bestätigten Termin. Ich denke, während der Münchner Sicherheitskonferenz - das ist der 13. Februar - am Samstag ist das schwer umzusetzen, weil alle Erfahrung von den vielen Außenministertreffen, die es in der Villa Borsig hier in Berlin in diesem Format gegeben hat, einfach lehrt, dass man sich Zeit geben muss, um das Gespräch zwischen Kiew und Moskau zu vermitteln. Das geht nicht zwischen Tür und Angel und nicht in all dem Stress und der Hektik, die eine solche Münchner Sicherheitskonferenz mit sich bringt.

Vielleicht machen wir es einfach so: Es ist Ihr gutes Recht, immer wieder nachzufragen. Aber wenn es aus Sicht Berlins und der Bundesregierung oder des Außenministers etwas über einen konkreten Termin - den wir uns bald wünschen - zu verkünden gibt, dann erfahren Sie es hier.

Freitag, 5. Februar 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/02/2016-02-05-regpk.html;jsessionid=10C0488F05F625F72B77BA2537F4E013.s2t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2016

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