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PRESSEKONFERENZ/1208: Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Barack Obama, 24.04.2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Hannover - Sonntag, 24. April 2016
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Barack Obama

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich möchte den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, heute ganz herzlich zum fünften Mal in Deutschland begrüßen, und zwar dieses Mal in Hannover. Ich möchte sagen, dass ich mich sehr freue, dass wir nicht nur die Gelegenheit haben, unsere Gespräche fortzusetzen, sondern dass heute auch ein besonderes Ereignis stattfinden wird, nämlich die Eröffnung der Hannover Messe, auf der sich die Vereinigten Staaten von Amerika als Gastland präsentieren werden.

Ich freue mich sehr, dass wir heute wieder gemeinsam in turbulenten Zeiten die Möglichkeit haben, die gesamte Bandbreite der internationalen Agenda zu besprechen. Unsere bilateralen Beziehungen sind gut; darauf brauchen wir nicht viel Zeit zu verwenden. Ich will ganz ausdrücklich sagen, lieber Barack, dass ich die offenen, vertrauensvollen und freundschaftlichen Gespräche über die verschiedensten Sachverhalte außerordentlich schätze und dass wir das heute gut und in Freundschaft fortsetzen konnten, was wir schon viele Male getan haben.

Wir haben die Gelegenheit genutzt, die verschiedenen Herausforderungen der internationalen Agenda zu besprechen. Dies waren vor allem die Frage des Terrorismus, die Frage der Fluchtursachenbekämpfung und der notwendigen Friedensprozesse und natürlich auch die Fragen der Migration. Die Europäische Union ist sozusagen Zielort vieler Migranten, die aus Gründen kommen, die etwas mit Sicherheit, mit Frieden oder gerade mit der Abwesenheit von Frieden in verschiedenen Ländern zu tun haben.

So hat das Thema Syrien natürlich eine zentrale Rolle eingenommen. Wir unterstützen gemeinsam den politischen Prozess, der vorangebracht werden muss, also die Genfer Gespräche. Ich bin sehr sorgenvoll, dass der Waffenstillstand in den letzten Tagen nicht gehalten hat und dass es wieder Kämpfe in Aleppo und an anderen Stellen gibt. Ich konnte mich gestern Abend an der türkisch-syrischen Grenze davon überzeugen, was es sofort für Elend und Leid für die Menschen bedeutet, wenn wieder gekämpft wird. Deshalb waren wir uns einig, dass wir alle Kraft darauf lenken, die Genfer Gespräche zum Erfolg zu führen.

Wir haben uns natürlich auch über die Frage Libyen ausgetauscht. Hier gilt es, die Einheitsregierung zu unterstützen, so fragil sie auch immer sein mag. Es gibt auch hier natürlich eine ganz enge Verquickung von Stabilität in Libyen, für die wir mit dem Ausgangspunkt der Einheitsregierung gemeinsam sorgen wollen. Das ist aber gleichzeitig auch mit Fragen der Migration verbunden, ähnlich wie es von Syrien ausgehend eine große Migrationsbewegung nach Europa über die ägäische See gibt.

Ich bin sehr dankbar, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Nato-Mission in der Ägäis unterstützt haben und weiter unterstützen werden und dass wir damit eine europäisch-transatlantische Kraftanstrengung gezeigt haben, wie wir uns überhaupt einig waren, dass die Sicherheitsfragen gerade in der Umgebung Europas nur durch gemeinsame transatlantische Anstrengungen gelöst werden können und die Sicherheit gewährleistet werden kann. Aber das heißt natürlich auch - darüber waren wir uns auch einig -, dass hier ein europäisches Engagement und auch in vielen Fragen ein deutsches Engagement notwendig ist. Ich glaube, Deutschland hat in den vergangenen Monaten gezeigt, dass es an vielen Stellen zusätzliche Anstrengungen unternommen hat - sei es in der Frage Irak, beim Kampf gegen den Terrorismus, sei es in der Frage Syrien oder sei es aber auch in Bezug auf das Engagement in Mali und anderen Stellen, an denen wir inzwischen aktiv sind.

Wir haben über Afghanistan gesprochen. Afghanistan muss weiter auf einem Kurs gehalten werden, der den Afghanen eine vernünftige Zukunft verspricht. Deutschland ist bereit, sich hier weiter militärisch zu engagieren. Wir sind sehr dankbar, dass die Vereinigten Staaten von Amerika an dieser Stelle weiterhin eine große Verantwortung tragen wollen. Ich glaube, die Botschaft an die Taliban muss sein: Die internationale Staatengemeinschaft lässt Afghanistan nicht im Stich.

Last but not least haben wir über einen Konflikt gesprochen, der uns viel beschäftigt hat, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika genauso mitarbeiten wie Deutschland und Frankreich im Rahmen des Normandie-Formats, nämlich die Lösung der Krise zwischen Russland und der Ukraine. Wir stehen zu den Verabredungen von Minsk und legen sehr viel Wert darauf, dass diese jetzt schnellstmöglich umgesetzt werden. Wir werden darauf gemeinsame Kraftanstrengungen verwenden - sowohl in Gesprächen mit der ukrainischen Seite, aber vor allen Dingen auch mit Russland. Wir haben leider immer noch keinen stabilen Waffenstillstand. Wir müssen in Bezug auf den politischen Prozess vorankommen. Hier haben wir die nächsten Schritte sehr detailliert miteinander besprochen.

Heute Abend werden Wirtschaftsfragen im Vordergrund stehen. Deshalb möchte ich hier auf das Freihandelsabkommen nicht näher eingehen; denn dazu werden wir noch viel Gelegenheit haben. Ich will nur sagen, dass ich denke, dass dies aus der europäischen Perspektive absolut hilfreich ist, um unsere Wirtschaft in Europa besser wachsen zu lassen. Das ist für die deutsche Wirtschaft gut; es ist für die gesamte europäische Wirtschaft gut. Wenn ich sehe, wie weit die Verhandlungen in Sachen TPP, also des transpazifischen Abkommens, schon gediehen sind, dann sollten wir uns sputen. Ich bin sehr froh, dass der amerikanische Präsident diese Verhandlungen in den nächsten Monaten sehr unterstützen will. Ich finde, wir sollten den unsrigen Teil dazu beitragen.

Noch einmal herzlichen Dank für diesen Besuch. Ich freue mich auf die weiteren Ereignisse, die noch kommen, und begrüße dich noch einmal ganz herzlich, auch im Namen der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und besonders der Bürgerinnen und Bürger Hannovers, hier in dieser Stadt.

P Obama: Ich möchte Bundeskanzlerin Merkel für diesen Empfang danken. Es ist wunderbar, erneut in Deutschland zu sein. Ich denke, ich bin der erste US-Präsident, der in Hannover zu Besuch ist und hier Zeit verbringt. Diese prachtvolle Umgebung ist ein Zeugnis der Geschichte und Schönheit dieser Stadt. Es ist auch sehr schön, einmal mehr mit meiner guten Freundin und Partnerin Angela zusammen zu sein. Ich schätze die Gedanken und Ansichten von Angela. Du bist während der gesamten Zeit meiner Präsidentschaft eine Vertraute gewesen, eine vertraute Partnerin. Ich danke für die Unterstützung für unser Bündnis. Außerdem möchte ich dir persönlich für die Freundschaft danken.

Ich bin auf Angelas Einladung wegen der Hannover Messe hier. Angela und ich werden heute Abend bei der Eröffnungsfeier dabei sein und morgen einige Stände besuchen. Das erinnert auch daran, dass die Vereinigten Staaten und Deutschland füreinander zu den jeweils größten Handelspartnern gehören. Diese Beziehung müssen wir weiter ausbauen und vertiefen, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand unserer Völker zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang sind Angela und ich uns einig, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten mit den Verhandlungen über TTIP voranschreiten müssen. Darüber werden wir heute Abend sprechen. Bei dem bilateralen Gespräch haben wir auch darüber gesprochen, dass es wichtig ist, das wirtschaftliche Wachstum in der Eurozone anzukurbeln, was wichtig für die Weltwirtschaft und auch für die USA ist. Die deutsche Volkswirtschaft ist besonders stark, insbesondere angesichts der Konstellation der Herausforderungen in den verschiedensten Bereichen.

Was nun die Erderwärmung anbelangt und die Chancen der Wirtschaft bei sauberer Energie, so haben wir das Abkommen unterzeichnet. Dieses Abkommen muss zügig umgesetzt werden. Wir müssen Fortschritte machen, um auch die FCKW zu reduzieren.

Aber das Wichtigste ist, wie schon Frau Merkel sagte, die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit. Deutschland ist ein wesentlicher Verbündeter im Bündnis, um ISIL zu vernichten. Deutsche Luftmaschinen unterstützen den Luftwaffeneinsatz. Deutsche Kräfte bilden Truppen aus. Deutschland unterstützt auch den Irak bei der Stabilisierung und beim Wiederaufbau der Bereiche, die zurückerobert werden. Wir sprechen auch über wirtschaftliche Unterstützung für den Irak, die während des nächsten G7-Gipfels in Japan zugesagt werden könnte. Deutschland ist auch ein wichtiger Partner bei den internationalen Anstrengungen für die humanitäre Hilfe für die Menschen in Syrien und dem Irak. Wir sind zutiefst beunruhigt angesichts der zunehmenden Kampfhandlungen in Syrien. Die einzige Möglichkeit ist eine politische Lösung, die Syrien dazu bringt, eine offene Regierung zu haben, die alle miteinbezieht.

Angesichts der grauenvollen Anschläge, die wir auf der ganzen Welt sehen - in Paris, Brüssel, Istanbul und San Bernardino -, haben wir darüber gesprochen, wie wichtig es ist, dass wir weiterhin im Bereich der Sicherheit zusammenarbeiten. In Afghanistan werden wir weiterhin die afghanischen Truppen in ihren Anstrengungen, gegen ISIL, Al-Qaida und die Taliban vorzugehen, stärken. Wir werden auch weiterhin das libysche Volk und die neue Regierung unterstützen. Wir sind uns darin einig, dass die Vereinigten Staaten und Deutschland weiterhin sehr eng miteinander in der Bekämpfung von Terrorismus und auch beim Austausch von Information arbeiten werden. Wir werden diese Information zwischen unseren Ländern, aber auch innerhalb Europas austauschen. Wie immer werden wir dies unter Wahrung aller Bürgerrechte und auch der Privatsphäre der Bürger sowohl hier als auch in den USA tun.

Einmal mehr möchte ich meine Anerkennung für die mutige Haltung aussprechen, die Angela in ihrer Führungsrolle hier in Deutschland und in Europa bei der Bearbeitung des Themas der Migranten, die aus Syrien und aus anderen Ländern fliehen, eingenommen hat. Vielleicht weil sie selber einmal hinter einer Mauer gelebt hat, versteht Angela die Sehnsüchte jener, denen die Freiheit verweigert wird und die deshalb nach einem besseren Leben streben. Ich weiß, dass der politische Bereich zu diesem Thema in allen unseren Ländern schwierig sein kann. Wir haben auch über das Abkommen zwischen der EU und der Türkei gesprochen. Angela und ich sind uns darin einig, dass unsere Länder dieser Herausforderung auf eine Weise gerecht werden können, die sowohl menschenwürdig ist als auch unsere Sicherheit gewährleistet.

Wir müssen auch die Stärke unseres Nato-Bündnisses beibehalten. Wir haben weiterhin und auf rotierender Basis die Präsenz der Streitkräfte der Nato in Osteuropa erhöht, darunter auch die baltischen Staaten. Wir haben die Bündnisverpflichtung, alle Nato-Partner zu verteidigen. Das werden wir auch tun.

Darüber hinaus begrüßen wir die Bildung einer neuen Regierung in der Ukraine. Wir ermutigen sie dazu, die Reformen im politischen, im wirtschaftlichen und im Energiebereich weiter voranzutreiben, um einen Fortschritt für das Volk zu erreichen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich zusammen mit Präsident Hollande unermüdlich dafür eingesetzt, hier eine friedliche und nachhaltige Lösung herbeizuführen. Die Sanktionen gegen Russland können nur dann aufgehoben werden, wenn Russland alle Verpflichtungen des Minsker Abkommens eingehalten hat.

Morgen wird Frau Bundeskanzlerin Merkel die Gastgeberin bei unserem Treffen mit Premierminister Cameron, Präsident Hollande und Premierminister Renzi sein, um über die gemeinsamen Herausforderungen zu sprechen. Einmal mehr möchte ich sagen, wie dankbar wir für die Partnerschaft mit Angela und zwischen den USA und Deutschland sind. Vielen Dank, Angela.

Frage: Präsident Obama, Sie haben sehr häufig gesagt, dass TTIP und TPP moderne Handelsabkommen sind, die sich nicht mit dem befassen, was früher Thema war. Aber das scheint sich in der öffentlichen Meinung nicht wiedergefunden zu haben. Sie sind sehr unbeliebt. Zu Hause und auch hier hat man viele Demos gesehen, was auch bei den Präsidentschaftswahlen eine Rolle spielen wird. Welches sind die realistischen Einschätzungen, wenn es darum geht, das voranzubringen, damit TTIP wirklich bis Ende des Jahres ausgehandelt und vereinbart ist, auch bezogen auf das, was noch eine Absegnung des Kongresses erwarten muss, und auf die "Lahme-Ente-Politik"?

Frau Merkel, Sie sagten gestern, dass Sie für die Schaffung einer Sicherheitszone in Syrien seien. Präsident Obama sagte, dass er dagegen sei, da hier, wenngleich der Vorschlag in guter Absicht gemacht worden sei, militärische Macht eingesetzt werden müsse, um die Sicherheit der Menschen auf dem Boden zu erreichen. Ich weiß nicht, ob Sie Präsident Obama gefragt haben, ob er seine Meinung ändern würde. Wie sehen Sie das?

P Obama: Was Handel anbelangt, so sage ich: Was man auf der ganzen Welt sieht, ist, denke ich, die Tatsache, dass die Menschen durch die Globalisierung beunruhigt sind, und zwar obgleich der Handel sehr große Vorteile und Wohlstand für viele unserer Länder gebracht hat, die sich am Handel beteiligt haben, und obgleich Arbeitsplätze, die im Export entstehen, häufig höhere Löhne und bessere Nebenleistungen mit sich bringen - mehr als Arbeitsplätze, die nicht mit dem Export zu tun haben. Aber wenn man sieht, dass zum Beispiel ein Werk verlegt wird, dass Arbeitsplätze verloren gehen, dann wird darüber gesprochen, dass das die Lage des Durchschnittsmenschen und durchschnittlichen Arbeitnehmers schwächt und verschlechtert und dass man dadurch mit Billiglohnarbeitnehmern konkurriert. Ich denke, das hat zu dieser misstrauischen Haltung geführt. Die Vorteile auf lange Sicht sind noch nicht so klar abzusehen. Wenn man ganz konkret sieht, dass ein bestimmtes Werk verschwindet oder ausgelagert wird, dann ist das viel akuter und klarer sichtbar.

Aber wenn man daran denkt, welche Vorteile der Freihandel auf der ganzen Welt mit sich bringt, dann sieht man, dass das ein Vorteil für die USA und auch für Deutschland ist. Er hat unsere Volkswirtschaften stärker gemacht. Unsere Wirtschaften sind die konkurrenzfähigsten der Welt. Wenn man sich andere Märkte wie zum Beispiel China anschaut, die sich weiterentwickeln, wenn man sich anschaut, wie sich Asien und Afrika weiterentwickeln, dann wird klar, dass wir sicherstellen müssen, dass unsere Unternehmen konkurrieren können. Für die USA liegen über 45 Prozent unseres Marktes außerhalb unserer Grenzen. Wenn wir da nicht präsent sind, dann wird es für uns schwierig.

Die Beziehung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten ist bereits eine der stabilsten Handelsbeziehungen der Welt. Aber wenn wir die Arbeitsrechte und die Vorkehrungen zum Umweltschutz stärken, können wir auch gleichzeitig gewisse Rahmenwerke oder Vorschriften und Auflagen, die zum Hemmschuh werden, ein wenig angleichen, damit wir noch viel mehr Handel treiben können, mehr Waren und Dienstleistungen austauschen und einen größeren Wohlstand schaffen.

Was nun den politischen Aspekt anbelangt: Bei jüngsten Umfragen in den USA hat sich ergeben, dass die meisten noch immer mit dem Handel einverstanden sind und dass sie, alles in allem gesehen, dafür sind. Präsidentschaftswahlen sind immer schwierig. Im Eifer des Gefechts des Wahlkampfes werden Sorgen darüber geäußert, was man verliert, aber es wird nicht so sehr darüber gesprochen, was man gewinnen kann. Man muss daran denken, dass sich die Menschen bei TPP, dem transpazifischen Freihandelsabkommen, überlegen, dass man geglaubt hat, dass es nicht möglich wäre, dass wir mit elf Pazifikstaaten verhandeln und dass dies erreicht wird. Aber dieses Abkommen stärkt die Umweltschutzvorkehrungen und auch die arbeitsrechtlichen Bedingungen.

Ich gehe nicht davon aus, dass wir die Ratifizierung des Abkommens bis Ende des Jahres abgeschlossen haben werden. Aber ich gehe davon aus, dass wir das Abkommen als solches vereinbart und verhandelt haben. Dann würde es den jeweiligen Parlamenten vorgelegt. Aber zu dem Zeitpunkt wären die Verhandlungen abgeschlossen, und die Menschen könnten genau sehen, warum das für beide Länder von Vorteil wäre. Ich denke, dass sich der Kongress ein wenig beruhigt, nachdem die Vorwahl in den USA vorbei ist. Dann wird es vielleicht nicht mehr ein so akutes Anliegen sein. Denn viele Mitglieder des Kongresses waren in der Vergangenheit mit diesem Freihandelsabkommen einverstanden. Sonst hätten wir das "Fast-Track"-Vorgehen gar nicht erreicht. Aber ich denke, dass, wie ich bereits sagte, bevorstehende Präsidentschaftswahlen zu allen möglichen Schwierigkeiten und auch zu gegenseitigen Angriffen führen.

Ich möchte noch etwas zu Syrien sagen. Wir alle nehmen großen Anteil an der tragischen Situation in Syrien, an der humanitären Tragödie, die dort stattfindet. Ich lebe damit tagein, tagaus. Ich lese darüber; ich spreche mit Menschen, die Leid erleben und durchmachen oder die Zeugen davon werden. Auch mit unserem Verbündeten, der Türkei, versuchen wir, eine Lösung dafür zu finden. Wir haben letzte Woche auch mit Präsident Putin gesprochen und versucht, zu erreichen, dass die Kampfhandlungen eingestellt werden.

Aber man sollte auch sagen, dass die Einrichtung einer Sicherheitszone auf syrischem Gebiet nicht auf einen ideologischen Einwand bei mir trifft. Es ist nicht so, dass ich nicht Menschen schützen möchte, sondern es ist eine ganz pragmatische Frage, wie man da vorgeht. Wer wird die Truppen für Syrien abstellen? Wie werden die Menschen hinein- und herausgelassen? Wie wird das überwacht? Ich habe das Thema, wie solch ein Vorschlag funktionieren könnte, schon mehrmals mit meinem Verteidigungsministerium besprochen. Traurigerweise ist es von der praktischen Seite her sehr schwierig, so etwas umzusetzen, es sei denn, man wäre, kurz gesagt, bereit, militärisch einen großen Teil des Landes zu übernehmen. Das würde ein militärisches Engagement bedeuten.

Ich denke, eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen, ist, dass wir oft sehen, dass große negative Ereignisse auf der Welt festzustellen sind, die man nicht beheben kann. Ich als Präsident muss sicherstellen, dass wir unser Wort tatsächlich halten, dass wir das erfüllen können, was wir versprechen. Wir wollen nur eine Situation haben, in der wir tatsächlich den Schutz der Menschen in Syrien vornehmen können. Das Beste wäre es, dass der Friedensprozess, dass der Verhandlungsprozess jetzt anläuft, damit es die Möglichkeit gibt, dass die Waffen mit großer Zuversicht ruhen, sodass dann eine Regierung geschaffen werden kann und dieses verzweifelte Land eine Alternative findet.

BK'in Merkel: Wenn Sie gestern verfolgt haben, was ich in der Türkei gesagt habe, dann wissen Sie, dass das etwas ist, was aus dem Genfer Verhandlungsprozess heraus kommen muss. Es geht nicht um das, was klassischerweise mit "safe zone" verbunden ist, sondern es geht um die Frage: Kann man, wenn man über den Waffenstillstand spricht, im Gespräch der Verhandlungspartner in Genf Regionen identifizieren, in denen Menschen sich besonders sicher fühlen können? Es geht nicht um irgendwelche Einflüsse von außen, sondern um etwas aus diesem Genfer Prozess heraus. Denn es gibt Zehntausende Flüchtlinge an der syrisch-türkischen Grenze. Es geht darum, diesen eine Botschaft zu geben. Es gibt noch weitere Regionen, in denen man das machen und sagen könnte: Passt mal auf, der Waffenstillstand soll insgesamt gelten, aber hier verpflichten sich alle besonders, nichts zu tun. - Das wäre aus meiner Sicht eine Botschaft der Beruhigung, sodass man dann auch humanitäre Güter hinbringen könnte und Menschen einfach nicht den Eindruck haben, dass sie jetzt wieder fliehen und wieder in die Türkei oder in andere Länder hinausgehen müssen. Aber es muss ein Teil des Genfer Verhandlungsprozesses sein und nicht sozusagen etwas völlig anderes.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Herr Präsident, es ist ja vermutlich Ihr letzter gemeinsamer Auftritt in Deutschland in Ihren Amtszeiten. Wenn Sie jetzt Bilanz ziehen: Was waren Ihre schönsten und Ihre schlimmsten Erlebnisse miteinander, zwischen Freiheitsmedaille und NSA-Affäre?

Bitte noch einen Blick in die Zukunft. Frau Bundeskanzlerin, die USA wünschen sich eine stärkere militärische Schlagkraft Deutschlands in der Nato. Sind Sie bereit, über die bisherige Aufstockung hinaus Soldaten zur Abschreckung Russlands an die Nato-Ostgrenze zu schicken?

Herr Präsident, die Kanzlerin hat die Konflikte in Europa angesprochen. Müssen die USA nicht stärker helfen, etwa mehr als nur 10 000 syrische Flüchtlinge in diesem Jahr aufzunehmen? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass aus G7 im Mai in Japan wieder G8 mit Russland wird?

BK'in Merkel: Ich habe den Eindruck, dass wir mit den Konflikten, die heute auf der Welt zu lösen sind, ziemlich beschäftigt sind und dass wir jeden Tag neue Aufgaben haben. Deshalb sehe ich mich völlig außer Stande, heute hier eine Bilanz aufzustellen.

Was Sie sehen, ist eine freundschaftliche, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit, über die ich mich, wie ich sagen muss, sehr freue, weil das hilft, die internationalen Probleme zu lösen. Deutschland ist, wenn ich die Amtszeit des amerikanischen Präsidenten Barack Obama einmal Revue passieren lasse, in vielen Fragen aktiver geworden, weil wir einfach auch in unserer eigenen Sicherheit bedroht sind, weil wir einfach merken, dass wir diese Sicherheit allein gar nicht gewährleisten können, sondern dass wir das im Bündnis tun müssen. Deutschland ist in einigen Bereichen sehr langfristig im Einsatz, den wir auch fortsetzen; ich nenne das Beispiel Afghanistan. Deutschland hat angesichts der Herausforderungen in Sachen IS quasi Paradigmenwechsel vorgenommen. Wir haben nie Waffen in ein Spannungsgebiet geliefert. Wir haben jetzt den Peschmerga Waffen geliefert. Das ist angesichts unserer historischen Entwicklung ein völlig neuer Schritt gewesen. Wir haben angesichts der terroristischen Bedrohung von Frankreich auch Verantwortung in Afrika übernommen, was für uns, abgesehen von dem Kongo-Einsatz, den wir schon einmal kurzzeitig hatten, auch ein neues Gebiet ist.

Ob wir uns in Deutschland, in Warschau oder im Rahmen von G7 oder G20 sehen - ich glaube, wir werden uns noch sehr häufig sehen und werden all diese Fragen besprechen. Deshalb ist für mich die Zukunft mit dem Präsidenten im Augenblick wichtiger als die Vergangenheit.

Wir wissen, dass wir unsere Verteidigungsanstrengungen erhöhen müssen, auch was die materielle Ausstattung anbelangt. Wir kennen die Ziele, die die Nato uns vorgibt. Wir nähern uns diesen langsam, aber wir versuchen, etwas besser zu werden. Ich glaube, dass die ganze Aufstellung der Bundeswehr inzwischen die internationale Verantwortung voll reflektiert, inklusive der Cyber-Herausforderungen und anderes, worum wir uns in den letzten Jahren weniger gekümmert haben. All das hilft auch, die Herausforderungen zu bestehen. Dabei ist die Kooperation mit den Vereinigten Staaten von Amerika unerlässlich. Wenn ich mir die Umgebung Europas anschaue, dann kann ich nur sagen: Die transatlantische Zusammenarbeit in der Nato und auch in anderen Formen ist für unsere eigene Sicherheit absolut notwendig.

P Obama: Ganz kurz: Ich will auf das zurückkommen, was Roberta gefragt hat. Frau Bundeskanzlerin Merkel hat bereits erwähnt, dass ein Teil der Idee, dass es zu einem Waffenstillstand kommt, umfasst, dass die Konfliktparteien in Bereichen kooperieren. Da die Opposition diesen Waffenstillstand unterzeichnet hat und sich das Regime entschieden hat, diese Bereiche nicht mehr anzugreifen, stimmt das ganz genau. Hier stehen wir folglich auf einer Linie. Wenn wir also einen politischen Übergang erreichen und bestimmte Bereiche entflechten können, in denen eine gemäßigte Opposition, die am Verhandlungstisch sitzt, dieses Gebiet kontrolliert, dann sollten sie am Tisch sitzen. Wenn es aber ISIL oder Nusra ist, dann sind das keine sicheren Gebiete.

Dieses Konzept haben wir zu entwickeln versucht. Zum Teil wurde es so formuliert, weil sich das syrische Regime etwas geändert hat. Es gab Gebiete, in denen sowohl Vertreter von Nusra als auch andere waren. Dann ist es schwierig, das auszusortieren. Aber das Konzept ist, dass man Sicherheit innerhalb des Landes schaffen will. Das entspricht genau dem, was wir in unseren Verhandlungen versucht haben.

Bezüglich der deutsch-amerikanischen Beziehungen, der Freundschaft und der Beziehung zu Frau Bundeskanzlerin Merkel, kann ich nur unterstreichen, was ich schon gesagt habe. Das ist die wichtigste Beziehung, die wichtigste Freundschaft, die ich während meiner Amtszeit hatte. Sie ist immer konsequent gewesen. Sie hat eine feste Hand gehabt. Sie ist vertrauenswürdig. Sie hat einen sehr guten Sinn für Humor, den sie bei einer Pressekonferenz nicht immer zeigt. Dann ist sie vor Ihnen allen viel ernster. Das ist vielleicht auch gut so. Deshalb ist sie schon so lange Zeit im Amt: Weil sie das tut, was sie verspricht.

Ich erinnere mich an meinen ersten Besuch. Damals befanden wir uns fast in der Mitte des potenziellen Zusammenbruchs der Weltwirtschaft. Ich denke, es war größtenteils aufgrund unserer gemeinsamen Anstrengungen und aufgrund der Tatsache, dass sich Europa, die Vereinigten Staaten und die anderen Partner der Welt zusammengetan haben und eine richtige Vision hatten, wie man das System stabilisieren kann. Dadurch konnten wir in unseren beiden Ländern Wachstum erzielen und Stabilität schaffen. Wir haben uns wesentlich besser erholt als viele andere Länder auf dem Globus.

Schauen Sie sich das Pariser Abkommen zum Klimawandel an. So etwas ist kein Selbstläufer. Das Stoppen des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten ist ein ganz wichtiger Erfolg. Sicherzustellen, dass wir, um den Frieden zu sichern, den Iran daran hindern, Atomwaffen zu haben, ist ein Erfolg, den P5+1 oder E3+3 erreicht haben. Wenn Sie sich Afghanistan anschauen, sehen Sie, dass die deutschen Truppen dort von ganz wesentlicher Bedeutung gewesen sind und die Afghanen dabei unterstützen, ihr eigenes Land zu verteidigen. In Bezug auf die Ukraine muss man fairerweise sagen, dass der Minsker Prozess nur funktioniert, weil Amerika Schulter an Schulter mit Frau Bundeskanzlerin Merkel stand und sie auch bei dem Bestreben, die territoriale Integrität sicherzustellen und in diesem Dokument zu verankern, unterstützt hat. Ich muss sagen, dass wir außerordentlich schätzen, dass sie eine so stete Hand, ein so gutes und festes Händchen in ihrer Politik gehabt hat.

Wie Sie bereits festgestellt haben, stimmt es zwar, dass ich mich aus meinem jetzigen Amt zu Ende des Jahres in etwa neun Monaten verabschieden werde. Aber was geschieht dann? Ursprünglich haben alle zu mir gesagt, dass in der zweiten Hälfte meiner Amtszeit alles einfacher wird und ruhiger laufen wird. Das hat sich aber nicht so ergeben. Es gibt immer mehr zu tun. Ich sehe auch mit Zuversicht den neuen Herausforderungen entgegen, die wir bei der Nato, bei der G7-Sitzung und auf dem G20-Gipfel besprechen werden, in dem Wissen, dass ich in Frau Bundeskanzlerin Merkel eine starke Partnerin habe.

Bezüglich der Verteidigungsausgaben in Europa stimmt es, dass sich Deutschland unter der Führung von Frau Bundeskanzlerin Merkel stärker angestrengt hat. Ich sage weiterhin und werde es auch vor dem Nato-Gipfel und auch danach wiederholen, dass es angesichts des Drucks, der vom Süden ausgeht, angesichts der aggressiven Haltungen, die man sieht, und der ungeheuren Ausgaben Russlands im militärischen Bereich ganz wichtig ist, dass unsere Verbündeten den Zielwert von 2 Prozent des BIP für die Verteidigungsausgaben erreichen. Es ist wichtig, weil wir dadurch in die Lage gesetzt werden, ein starkes Signal zu senden, dass wir die Verpflichtungen des Bündnisses tatsächlich erfüllen können und dass die neuen, sich rasch entwickelnden Herausforderungen sowohl in Europa als auch weltweit von uns in den Griff bekommen werden.

Frage: Herr Präsident, Nordkorea hat am Samstag eine ballistische Rakete abgeschossen. Der Nato-Vertreter hat gesagt, dass - - -

Frau Bundeskanzlerin, Sie beide haben über die sehr starke Beziehung gesprochen, die Sie haben. Wenn sie an 2017 und das Ende der Amtszeit von Präsident Obama denken, wie sehen Sie die Möglichkeit der Arbeit mit einem neuen Präsidenten, der gesagt hat, dass Ihre Flüchtlingspolitik irre sei und dass er aus der Nato austreten wolle?

P Obama: Bezüglich Nordkorea kann ich sagen, dass wir noch zu evaluieren und zu analysieren versuchen, welche Aktivitäten von den Nordkoreanern in den letzten Tagen stattgefunden haben. Ich werde daher das Pentagon und unsere Geheimdienste bitten, diese Informationen dann herauszugeben, wenn wir präzise Informationen haben. Aber ganz klar ist, dass Nordkorea sich weiterhin provokativ verhält und provoziert und dass es aktiv ein Nuklearprogramm verfolgt hat, dass es Trägerraketen entwickelt hat, um Abschussmöglichkeiten zu haben. Mehrmals hatte Nordkorea bereits Versager. Aber jedes Mal, wenn ein derartiger Versuch gestartet wird, lernt man etwas hinzu. Wir nehmen das sehr ernst, unsere Verbündeten ebenso. Die ganze Welt beobachtet das. Aus diesem Grunde haben wir auf Dauer versucht, die Staatengemeinschaft dazu anzuhalten, Nordkorea zu isolieren. Die Sanktionen haben wir verschärft, damit das für Kim Jong-un und Pjöngjang Kosten hat.

Der Grund, aus dem wir hier die Kooperation mit den Chinesen verstärkt haben, war der, dass wir versucht haben, mehr Druck vonseiten der Chinesen auf die Nordkoreaner ausüben zu lassen. Es ist nicht ganz so, wie wir es gerne hätten. Ich muss sagen, die Chinesen sollten vielleicht ernster nehmen, was in Nordkorea läuft, mehr als sie bisher bereit waren. Sie haben dieses sehr destruktive Verhalten Nordkoreas nicht entsprechend bestraft.

Nun kann ich sagen, dass es nicht so ist, dass alle einfach stillhalten, bis es zu einem nächsten Test kommt. Zurückgehend auf die Sechs-Parteien-Gespräche haben wir gesagt: Wenn Nordkorea ernsthaft nachweisen kann, dass die koreanische Halbinsel denuklearisiert wird, dann können wir ernsthafte Gespräche mit ihnen beginnen und die Spannungen können reduziert und heruntergefahren werden. Das ist unsere Vorgehensweise, um unsere Verbündeten in der Region zu schützen. Aber das wird nicht durch eine Pressemitteilung nach provozierenden Handlungen erreicht, sondern sie müssen schon etwas mehr tun. Solange wir das nicht festgestellt haben, werden wir mit der Republik Korea, Japan und unserem Verteidigungsbündnis weiterhin betonen, dass wir sicherstellen können, dass unsere Verbündeten sicher sind.

BK'in Merkel: Was Ihre Frage anbelangt, möchte ich zwei Dinge sagen. Erstens konzentriere ich mich voll auf die Aufgaben des Jahres 2016, mit denen ich ziemlich ausgefüllt bin. Zweitens beobachte ich mit Interesse den amerikanischen Wahlkampf.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, der Präsident hat es vor einigen Tagen als einen großen Fehler bezeichnet, nach der Intervention in Libyen keinen Plan gehabt zu haben. Fühlen Sie sich dadurch im Nachhinein in Ihrer damaligen Position bestätigt und jetzt durch die Vereinigten Staaten in den Konsequenzen dieser Fehlentscheidung ausreichend unterstützt?

Herr Präsident, eine Nachfrage zu Ihren Äußerungen zu TTIP: In Deutschland ist der Widerstand besonders groß gegen die privaten Schiedsgerichte. Sind Sie bereit, an dieser Stelle den Bedenken in Deutschland entgegenzukommen?

Eine kleine Zusatzfrage: Beneiden Sie eigentlich die Bundeskanzlerin darum, dass ihre Zahl der Amtszeiten unbegrenzt ist im Gegensatz zu Ihren?

BK'in Merkel: Wenn man eine von seinen Freunden abweichende Entscheidung trifft - es war damals eine Stimmenthaltung -, dann ist das nie einfach. Es bleiben trotzdem die Freunde, und es bleibt das gemeinsame Ziel.

Das, was jetzt zur Debatte steht, betrifft uns genauso wie die Vereinigten Staaten von Amerika und alle anderen. Wir müssen in Libyen wieder einen vernünftigen Staat aufbauen. Das ist alles andere als einfach. Deshalb arbeiten wir sehr engagiert und gemeinsam an der Stärkung der Einheitsregierung. Deshalb werden wir alles tun, um die internationale Kooperation auf dieses eine Ziel zu lenken und nicht auf unterschiedliche Ziele. Deshalb heißt es einfach, in die Zukunft zu schauen und zu versuchen, hier eine Stabilisierung zu erreichen, die angesichts der Stammesstruktur in Libyen, angesichts der sehr eigenwilligen Geschichte und der sehr eigenwilligen Gegebenheiten - Libyen hatte zum Beispiel nie eine Armee wie ein anderer Staat - nicht einfach ist. Das müssen wir berücksichtigen. Deutschland wird sich mit allem, was wir können, bei der Ausbildung, bei der Stärkung der Regierung, beim wirtschaftlichen Aufbau, bei der Unterstützung der libyschen Bevölkerung beteiligen, und zwar gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika

P Obama: Was zunächst Libyen anbelangt, möchte ich mich hier ganz klar ausdrücken. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es das Richtige war, einzugreifen, als Teil eines internationalen Bündnisses unter Mandat der Vereinten Nationen, um zu versuchen, einige Dinge zu vermeiden, mögliche mörderische Handlungen, von denen Gaddafi gesprochen hatte. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig war, die Ressourcen zusammenzustellen und alles sorgfältig zu planen und vorzubereiten. Ich denke, dass wir in der Lage waren, dies auf effektive Weise zu tun. Wir haben es jedoch nicht so effektiv erreicht, wie wir es uns vorgenommen hatten. Aber das negiert, wie Angela bereits sagte, nicht die Tatsache, dass wir alle uns dafür einsetzen, dass es eine funktionierende Regierung in Libyen gibt. Die Tatsache, dass wir jetzt diese Einheitsregierung in Libyen haben, so schwach sie im Moment auch sein mag, bedeutet, dass wir weiterhin alles tun müssen, um sie zu ermutigen und zu unterstützen. In allen meinen Besprechungen, sei es in Riad, in London oder hier, habe ich darauf hingewiesen und stehe dazu.

Zu den Verhandlungen über TTIP: Man sieht, dass sich die Differenzen ständig verringern. Es ist nun an den Verhandlungspartnern, Kompromisslösungen für die verschiedenen Themen zu finden.

Die Schiedsgerichte haben hier viel Aufmerksamkeit erregt, vor allem bei denen, die sich für gewöhnlich gegen ein Handelsabkommen aussprechen. Man sollte daran denken, dass die meisten Handelsabkommen bereits solche Schlichtungsverfahren mit einbeziehen und vorsehen. Die fürchterlichen Szenarien, die ausgemalt werden, in denen auf einmal Unternehmen Länder verklagen, weil sie gewisse Auflagen, gewisse finanzielle Vorschriften oder Umweltgesetzgebungen dort nicht einhalten wollen, sind bisher nicht eingetreten, obwohl es inzwischen schon so viele Freihandelsabkommen gibt. Die Vereinigten Staaten, Deutschland und die EU sind Partner in vielen dieser Abkommen. Man muss sich die Tatsachen anschauen und nicht an hypothetische Möglichkeiten denken. Es ist eine Tatsache, dass jetzt, nachdem wir das transpazifische Handelsabkommen ausgehandelt haben, zum Beispiel in Ländern, die sehr wenige Arbeitnehmerrechte haben, Arbeitnehmerrechte zur Pflicht werden. Man kann hier Pflichten schaffen, ebenso wie für Unternehmen. Auflagen können durchgesetzt werden, sogar bei Ländern, die bisher zum Beispiel kein Umweltrecht hatten.

Wenn man sich das Punkt für Punkt anschaut - es geht jetzt nicht darum, ob es zu Handel kommen wird, sondern darum, unter welchen Voraussetzungen -, dann würde ich sagen, dass das auch angesichts von Ländern wie den Vereinigten Staaten oder Deutschland, die bereits sehr anspruchsvolle Erwartungen haben und sehr hohe Standards setzen und die wissen, wie ein Unternehmen funktioniert, dass nämlich das alles nicht nur auf Profit ausgerichtet ist, sondern auch auf das gemeinsame Wohl, den Fortschritt fördert. Das sind fortschrittliche Ziele, die mich auch zu meinem Amt gebracht haben, sonst würde ich mich nicht dafür einsetzen.

Was Ihre letzte Frage anbelangt, muss ich sagen, dass ich Angela Merkel nicht darum beneide, dass es keine Mandatsbeschränkung gibt. Ich habe es bereits in der Vergangenheit gesagt. Ich bin begeistert von dieser Aufgabe. Ich bin sehr engagiert. Jeden Tag stehe ich mit der Überzeugung auf, dass alles, was ich tue, wichtig ist und eine Rolle spielt, sei es in den USA oder auch in der ganzen Welt, dass die Welt dadurch ein bisschen sicherer werden und ein wenig mehr Wohlstand erhalten kann, dass vielleicht ein Kind nicht krank wird oder verhungert, dass Krankheiten geheilt werden können. Es ist ein unglaubliches Privileg, dieses Amt innezuhaben.

Aber ich habe auch eingesehen, wie klug es von den Gründern unseres Landes war, dies so einzurichten. Ich denke, es ist eine sehr gesunde Einstellung, wenn es in einem so großen und vielseitigen Land wie dem unsrigen eine Abwechslung gibt, sodass man - um einen Begriff aus dem Basketball zu verwenden - frischere Spieler, frischere Beine hat und nun den Staffelstab wirklich an den Nächsten übergibt. Wenn ich die Schlüssel zu meinem Büro übergebe, werde ich sicherstellen, dass mein Schreibtisch völlig aufgeräumt ist, dass die Welt nicht in Aufruhr ist und dass ich ein wenig zur Weltverbesserung beigetragen habe.

Aber ich muss auch sagen, dass ich sehr froh bin, dass Angela noch da ist. Denn die Welt wird von ihrer sehr steten und konsequenten Präsenz profitieren. Sie ist für ihr Durchhaltevermögen zu bewundern. Auch als Privatmensch werde ich sie weiterhin bewundern und die Arbeit zu schätzen wissen, die sie leistet.

Was ihre Haltung bezüglich der Flüchtlinge hier in Europa anbelangt, so wird die Geschichte ihr recht geben. Sie nimmt sehr schwierige Positionen ein, nicht nur um humanitären Gesichtspunkten gerecht zu werden, sondern auch praktischen Gesichtspunkten. In einer globalisierten Welt ist es sehr schwierig, einfach eine Mauer errichten zu wollen. Ich denke, dass sie damit den Prinzipien Ausdruck verleiht, die Menschen zusammenführen statt sie zu trennen. Ich bin sehr stolz darauf und auch auf die Bevölkerung Deutschlands.

Vielen Dank.

Sonntag, 24. April 2016

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Barack Obama am 24. April 2016 in Hannover
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/04/2016-04-25-pk-merkel-obama.html;jsessionid=8CDB6812EBDC53212E4DA2E52E7C19E8.s7t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2016

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