Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1416: Regierungspressekonferenz vom 10. März 2017 (BPA)



Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 10. März 2017
Regierungspressekonferenz vom 10. März 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche (Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft/Besuch der Internationalen Handwerksmesse, Gespräch mit dem amerikanischen Präsidenten in Washington, Kabinettssitzung, Einweihung des Neubaus des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen in Bonn, Besuch des Zukunftshauses des Paul Gerhard-Stifts, Demografiegipfel der Bundesregierung, Treffen mit dem französischen Präsidentschaftskandidaten Macron, Empfang von ehrenamtlich engagierten Flüchtlingshelferinnen und -helfern im Bundeskanzleramt, Begegnung mit dem Ministerpräsidenten der Republik Serbien, Großer Zapfenstreich zur Verabschiedung von Bundespräsident Joachim Gauck, Besuch der CeBIT in Hannover), Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland, Inhaftierung von Deniz Yücel und weiterer deutscher Staatsangehöriger in der Türkei, Rüstungsgeschäfte von Rheinmetall in der Türkei, Lage in der Ukraine, steuerliche Forschungsförderung, Forderung des sächsischen Justizministers nach Einrichtung eines weiteren Senats des Bundesgerichtshofes in Leipzig, Bericht der Vereinten Nationen über schwere Menschenrechtsverletzungen im Südosten der Türkei

Sprecher: SRS'in Demmer, Fischer (AA), Audretsch (BMWi), Kolberg (BMF), Steffen (BMJV)

Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Demmer: Wir beginnen mit den Terminen der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche.

Die Bundeskanzlerin nimmt am Montag, den 13. März, ab 11 Uhr am jährlichen Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft in der Messe München teil. Die Spitzengespräche dienen dem vertraulichen Austausch über aktuelle Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Anschließend besucht die Bundeskanzlerin die Internationale Handwerksmesse. Um 12.45 Uhr gibt es eine Pressebegegnung.

Am Dienstag, 14. März, wird die Kanzlerin - wie Ihnen Herr Seibert ja bereits bekannt gegeben hat - mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump in Washington zusammentreffen. Ich bitte Sie davon abzusehen, mich mit bohrenden Fragen zu durchlöchern. Einzelheiten des Besuchsprogramms kann ich Ihnen noch nicht mitteilen. Das Programm befindet sich noch in der Endabstimmung.

Aber am Montag, den 13. März, findet um 13 Uhr hier in der Bundespressekonferenz ein Briefing zur Reise mit dem wirtschaftspolitischen Berater der Bundeskanzlerin, Herrn Röller, und dem außenpolitischen Berater, Herrn Heusgen statt. Sie werden Sie dann detailliert unterrichten.

Am Mittwoch tagt wie üblich um 9.30 Uhr das Kabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin.

Von 14 Uhr bis 15.30 Uhr wird sie dann an der feierlichen Einweihung des Neubaus des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen in Bonn teilnehmen. Sie wird eine Rede halten und sich bei einem kurzen Rundgang ein Bild von den verschiedenen Forschungsbereichen des Zentrums machen. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen erforscht die Ursachen von bisher nicht heilbaren Krankheiten des Nervensystems wie Demenz, Alzheimer und Parkinson.

Am Donnerstagvormittag wird die Bundeskanzlerin im Vorfeld des dritten Demografiegipfels ab 9.30 Uhr das Zukunftshaus des Paul Gerhard-Stifts in Berlin-Wedding besuchen. Das Zukunftshaus will ein Generationen übergreifendes Netzwerk in der Nachbarschaft schaffen. Im Zusammenspiel von professioneller und ehrenamtlicher Tätigkeit gibt es Angebote für Jung und Alt, für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache aus der Nachbarschaft. Die Bundeskanzlerin wird dort unterschiedliche offene Angebote besuchen, wie das Jugendcafé, einen Deutschkurs für Eltern aus der Nachbarschaft, die Kinderbibliothek und eine Senioren-Tanzgruppe. Anschließend wird sie ein kurzes Pressestatement abgeben.

Danach, ab 10.30 Uhr, nimmt sie am diesjährigen Demografiegipfel der Bundesregierung in Berlin teil. Unter dem Motto "Zusammenhalt stärken - Verantwortung übernehmen" werden u. a. die Fortschritte bei der Umsetzung der Demografiestrategie erörtert. Die Kanzlerin wird gegen 10.45 Uhr eine Rede zu demografiepolitischen Themen halten.

Am Nachmittag dann wird die Bundeskanzlerin den französischen Präsidentschaftskandidaten Macron im Kanzleramt empfangen. Hierbei handelt es sich um einen nicht öffentlichen Termin.

Am Freitag, den 17. März, trifft sich die Bundeskanzlerin um 13 Uhr im Kanzleramt mit rund 160 ehrenamtlich engagierten Flüchtlingshelferinnen und -helfern aus ganz Deutschland. Die Bundeskanzlerin möchte sich bei ihnen - stellvertretend für die vielen Engagierten - für den großartigen Einsatz bei der Ankunft und Integration von Flüchtlingen bedanken. Dazu gehören die erste Versorgung, die Unterstützung in alltäglichen Dingen wie der Wohnungssuche oder bei Behördengängen oder auch beim Erlernen der deutschen Sprache. Das Treffen soll außerdem dazu dienen, in einen direkten Austausch mit den Engagierten zu kommen.

In einer Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung soll sowohl über den gegenwärtigen Beitrag der Flüchtlingshelferinnen und -helfer aber auch über die künftigen Herausforderungen bei der Integration gesprochen werden.

Um 15 Uhr wird die Bundeskanzlerin dann den Ministerpräsidenten der Republik Serbien, Aleksandar Vuci'c, im Bundeskanzleramt empfangen. Bei diesem Treffen wird es insbesondere um die bilateralen Beziehungen, regionale Fragen sowie europa- und wirtschaftspolitische Themen und Flüchtlingsfragen gehen. Für 15.45 Uhr sind Pressestatements geplant.

Ab 19 Uhr wird die Bundeskanzlerin schließlich am Großen Zapfenstreich zur Verabschiedung von Bundespräsident Joachim Gauck im Park von Schloss Bellevue teilnehmen.

Diesmal gibt es auch noch einen Termin am Sonntag:

Am 19. März und am Montag, den 20. März, besucht die Bundeskanzlerin die CeBIT in Hannover. Partnerland ist in diesem Jahr Japan. Die Bundeskanzlerin wird mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe zusammentreffen und mit ihm an der Eröffnungsveranstaltung teilnehmen. Gegen 20.30 Uhr am Sonntag wird sie die Messe mit einer Rede eröffnen.

Bei einem gemeinsamen Rundgang mit Ministerpräsident Abe macht sie sich am Montag ein Bild von der Innovationskraft der digitalen Wirtschaft. - Die Einzelheiten zum Rundgang werden wir in der nächsten Woche vorstellen.

Ab 11.45 Uhr wird sich die Bundeskanzlerin mit Ministerpräsident Abe bei einem gemeinsamen Mittagessen über die bilateralen Beziehungen, die Handelspolitik und die regionale Entwicklung in Asien austauschen. Für 13.15 Uhr ist dann ein gemeinsames Pressestatement geplant.

Frage : Frau Demmer, zum Trump-Besuch: Gab es angesichts der aktuellen Leaks zu den CIA-Machenschaften, auch aus Deutschland, Überlegungen, den Besuch abzusagen?

SRS'in Demmer: Nein.

Zusatzfrage : Warum nicht?

SRS'in Demmer: Es geht hier um einen Austausch über diverse bilaterale und internationale Themen. Das transatlantische Bündnis ist, wie wir hier immer wieder betonen, ein sehr wichtiges. - Damit müsste ich diese Frage beantwortet haben.

Frage : Wird sie denn das Thema beim Vier-Augen-Gespräch mit Herrn Trump zur Sprache bringen?

SRS'in Demmer: Über vertrauliche Gespräche berichten wir vorher noch weniger als nachher.

Frage : Die Kanzlerin hat ja die gemeinsamen Werte als Bedingung für die Zusammenarbeit gemacht, also Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde der Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung und politische Einstellung. Hat der US-Präsident nach Meinung der Kanzlerin diese Werte bereits erfüllt, sodass es zu einer Zusammenarbeit kommen kann?

SRS'in Demmer: Ich würde Sie doch bitten, mich hier nicht die Gespräche vorwegnehmen lassen zu wollen. Unsere Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten haben wir hier mehrfach zu jedem der von Ihnen angesprochenen Themen zum Ausdruck gebracht. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Hat der US-Präsident die von der Kanzlerin angesagten gemeinsamen Werte bereits erfüllt?

SRS'in Demmer: Ich habe dem jetzt Gesagten nichts mehr hinzuzufügen.

Frage: Es geht um die Treffen mit Präsident Trump: Können Sie den Zeitpunkt erklären, warum es in der nächsten Woche zum Gespräch kommt? Gibt es einen speziellen Grund, dass sie den 14. März ausgewählt hat?

SRS'in Demmer: Nein, sie folgt einer Einladung des US-Präsidenten.

Frage : Zum Besuch von Herr Macron: Werden auch andere Präsidentschaftskandidaten wie Le Pen, Fillon und Hamon die Kanzlerin besuchen beziehungsweise wird sie sie besuchen?

SRS'in Demmer: Fillon war ja schon da. Das haben wir auch bekannt gegeben.

Zu Le Pen hat Herr Seibert hier schon Auskunft gegeben, dass es offensichtlich ist, dass es zwischen der Politik des Front National und der Politik der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung kaum Berührungspunkte gibt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Was ist mit Herrn Hamon, und "endorsed" die Kanzlerin Herrn Macron?

SRS'in Demmer: Ich möchte direkt den letzten Teil Ihrer Frage mit "Nein" beantworten. Es ist ein inoffizielles und ein vertrauliches Gespräch.

Was war der erste Teil Ihrer Frage?

Zusatz : Was ist mit Herrn Hamon?

SRS'in Demmer: Über künftige Termine geben wir hier Auskunft, wenn es so weit ist.

Zusatzfrage : Zum Verständnis: Also die Kanzlerin unterstützt Herrn Macron nicht oder generell keinen Kandidaten in Frankreich?

SRS'in Demmer: Nein. Es geht hier nicht um Unterstützung, sondern es geht darum, die wichtigen Beziehungen zu Frankreich zu pflegen. Dass die Bundeskanzlerin die Kandidaten im französischen Wahlkampf trifft, hat Tradition. Sie hat etwa 2007, nach dem Ende der Amtszeit Chiracs, auch die damaligen Bewerber getroffen. So wird sie das auch in diesem Jahr machen.

Frage : Ich habe zwei Fragen zur Türkei.

Die erste Frage an das Außenministerium: Haben Sie das Gefühl, dass das Gespräch des Außenministers mit seinem türkischen Kollegen, in dem ja der Außenminister auch die Nazi-Vergleiche angesprochen hat - ebenso wie die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung -, in der Türkei auf irgendeinen fruchtbaren Boden gefallen ist?

Die zweite Frage: Inwiefern verändert denn ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Haltung der Bundesregierung zur Einreise von türkischen Politikern? Das Bundesverfassungsgericht hat heute Morgen entschieden beziehungsweise in einem Beschluss die Formulierung gehabt, dass türkische Politiker verfassungsrechtlich keinen Anspruch hätten, in Deutschland aufzutreten und sich - wie heißt es da - in Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland aufzuhalten. Hierzu bedürfe es ausdrücklich einer Zustimmung der Bundesregierung. Bislang hat sich die Bundesregierung ja immer um die Frage - ich sage es einmal in meinen Worten - herumgedrückt, wie sie mit solchen Einreisen und Auftritten umgeht. Ändert diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts irgendetwas an der bisherigen Praxis?

SRS'in Demmer: Vielleicht kann ich anfangen. Ihre Wortwahl würde ich mir natürlich in keinster Weise zu Eigen machen. Die Bundesregierung hat nie bestritten, dass die Einreise ausländischer Staatsoberhäupter sich nach Völkerrecht richtet und Deutschland wie jeder andere Staat souverän seine entsprechenden Befugnisse ausüben kann. Ich kann nur noch einmal betonen, welche Bedeutung bei uns die Meinungsfreiheit hat. Wir haben uns hier lang und breit darüber unterhalten. Wir fordern einfach: Was wir von anderen fordern, sollten wir selber leben.

Fischer: Vielleicht noch einmal zu dem ersten Punkt: Sie wissen ja, dass der Außenminister in dem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen sehr deutlich gemacht hat, dass sich Vergleiche mit der Nazizeit und Ausfälle gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland verbieten. Ich bin sehr sicher, dass diese Aussage auch von dem türkischen Außenminister gehört worden ist.

Zu den Einreisefragen ist es so, wie Frau Demmer es gesagt hat. Wir haben vor einigen Tagen hier ja auch schon gesagt, dass wir nicht an Einreiseverboten arbeiten. Daran, dass wir nicht an Einreiseverboten arbeiten, sieht man ja, dass das grundsätzlich möglich sein könnte. Die Bundesregierung war aber immer der Auffassung, dass es keinen völkerrechtlichen Anspruch auf Einreise gibt.

Aber noch einmal: Wir arbeiten nicht an Einreiseverboten.

Zusatzfrage : Mich irritiert immer noch diese Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, dass es für solche Reisen, auf denen türkische Politiker hier auch amtliche Funktionen wahrnehmen, ausdrücklich der Zustimmung der Bundesregierung bedarf.

Fischer: Diese Reisen werden ja durch Verbalnoten angekündigt. Darüber hatten wir hier in den letzten Tagen auch mehrfach gesprochen - ich habe Ihnen ja am Mittwoch gesagt, dass zum Beispiel die Reise des türkischen Sportministers per Verbalnote angekündigt worden ist. Das gibt natürlich auch immer die Möglichkeit, darauf zu reagieren; insofern stellt sich jetzt gar nicht so sehr die Frage, ob es einer aktiven Zustimmung bedarf. Klar ist für uns aber, dass es keinen völkerrechtlichen Anspruch auf Einreise gibt und wir das gegebenenfalls auch deutlich machen könnten.

Aber wie gesagt, wir glauben nicht, dass ein Einreiseverbot sinnvoll wäre. Es ist so, dass wir für die freie Meinungsäußerung eintreten und gleichzeitig der Auffassung sind: Wer sich in Deutschland äußert, der sollte sich auch an die hier geltenden Gesetze und Spielregeln halten. Das ist das, was wir von der türkischen Regierung und von der türkischen Seite erwarten.

Frage: Es gibt da ja noch eine zweite Ebene, und zwar im Hinblick auf das, was das Bundesverfassungsgericht heute Morgen geschrieben hat. Da geht es ja auch um die Frage, inwieweit sich türkische Regierungsangehörige auf Grundrechte berufen können, das heißt, auch auf das Grundrecht zur Meinungsfreiheit und zur Redefreiheit. Ist das für das Auswärtige Amt oder auch für die Sprecherin des BPA eine neue Ebene beziehungsweise wie bewerten Sie das?

Fischer: Vielleicht will sich eines der Grundrechtsressorts dazu äußern? Ansonsten kann ich das auch. - Ich glaube nicht, dass das jetzt etwas an unserer Auffassung ändert. Die meisten Veranstaltungen sind ja von Privatpersonen beantragt worden, die Rechtsträger in Deutschland sind, und wenn dabei türkische Regierungspolitiker als Gast auftreten, dann mag das so sein. Wir haben aber immer auch klar gemacht, was unsere Erwartungen an diese Auftritte sind, und zwar - ich habe es ja vorhin noch einmal wiederholt -, dass sie nach Recht und Gesetz ablaufen und dass man sich an die üblichen Anstandsregeln hält.

Frage : Ich möchte noch einmal zur bisherigen Praxis nachfragen und noch einmal beim Punkt der Zustimmung durch die Bundesregierung bleiben: Wenn ich es richtig verstehe, wird bei Ihnen in einer Verbalnote avisiert, dass ein türkischer Politiker nach Deutschland einreisen will, und Sie nehmen dazu einfach nicht Stellung. Oder sprechen Sie da eine formale Zustimmung aus?

Fischer: Na ja, es müssten dann ja ganz viele verschiedene Dinge geklärt werden. Wenn zum Beispiel eine schutzbedürftige türkische Person nach Deutschland einreist - dabei dürfte es sich bei einem türkischen Minister normalerweise handeln -, dann müssen zum Beispiel Fragen der Sicherheit geklärt werden, dann müssen Fragen der Einreise und solcherlei Dinge geklärt werden, und die nehmen wir dann mit der türkischen Seite auf. Indem wir das tun, ergibt sich auch, dass wir diesem Besuch nicht widersprechen.

Zusatzfrage : Nur zur Sicherheit nachgefragt: Hat sich inzwischen irgendetwas im Hinblick auf Reisewünsche des türkischen Präsidenten getan? Das ist ja auch vom Außenminister avisiert worden. Gibt es da konkretere Planungen?

Fischer: Nein, hier gibt es nach meiner Kenntnis keinen neuen Stand. Es ist so - das werden Sie ja selber verfolgt haben -, dass Präsident Erdogan am Mittwoch, glaube ich, gegenüber der türkischen Presse angekündigt hat, grundsätzlich nach Europa reisen zu wollen, aber das ist nicht näher spezifiziert worden. Eine konkrete Reiseplanung für Deutschland liegt nicht vor, und eine konkrete Notifizierung über eine mögliche Reise des türkischen Präsidenten liegt auch nicht vor.

Frage : Herr Fischer, Sie sagten gerade, dass der Politiker beziehungsweise das Regierungsmitglied, das dann einreist, auch die Anstandsregeln hier einhalten muss. Gehört dazu auch, keine Nazivergleiche zu ziehen? Wenn diese gezogen werden, auch hier in Deutschland, was sind dann die Sanktionsmöglichkeiten?

Fischer: Ich habe ja vorhin schon gesagt, wie wir diese Nazivergleiche, die es in der Vergangenheit hier gegeben hat, sehen. Wir haben uns dazu klar geäußert, der Außenminister hat sich dazu klar geäußert, die Bundeskanzlerin hat sich dazu gestern in der Regierungserklärung klar geäußert, und wir gehen davon aus, dass das in der Türkei gehört worden ist.

Zusatzfrage : Nur zum Verständnis: Hat man der türkischen Regierung klar gemacht: Wenn einer von euch beim Auftritt in Deutschland noch einmal so einen Nazivergleich bringt, dann darf keiner mehr einreisen?

Fischer: Wie gesagt, wir haben sehr deutlich gemacht, dass sich Nazivergleiche verbieten. Wir gehen jetzt davon aus, dass das von der türkischen Seite auch gehört worden ist. Jetzt würde ich vorschlagen, dass wir erst einmal abwarten, wie die nächsten Reisen, die ja angekündigt worden sind, hier ablaufen werden.

Frage: Es scheint ja ein Muster dieser Veranstaltungen zu sein, dass die Kommunen erst relativ kurzfristig erfahren, dass da Minister anwesend sind, was dann eben teilweise auch Sicherheitsprobleme mit sich bringt. Müssen da künftig bestimmte Fristen eingehalten werden?

Fischer: Wir haben ja gegenüber der türkischen Seite darauf hingewirkt, dass es mehr Transparenz in diesen Fragen gibt. Die türkische Seite hat uns am Mittwoch eine Verbalnote mit geplanten Auftritten türkischer Politikerinnen und Politiker in Deutschland übermittelt. Diese Liste haben wir an die zuständigen Behörden weitergegeben, und wir gehen davon aus, dass die Betroffenen jetzt informiert sind oder in Kürze informiert sein werden - je nachdem, wie lang der Weg durch die Instanzen ist.

Zusatzfrage: Wie kurzfristig sind denn diese Verbalnoten vor den Besuchen?

Fischer: Das ist unterschiedlich. Ich glaube, der türkische Sportminister hat sein Kommen, das ja heute stattfinden wird, mit einer Verbalnote am 3. März angekündigt. Das hat in diesem Fall also gut eine Woche Vorlauf gehabt.

Frage : Herr Fischer, zu dieser neuesten Verbalnote: Wie lang ist denn diese Liste, und welche Regierungsmitglieder sind dort aufgeführt?

Fischer: Es gibt nur zwei Regierungsmitglieder, die dort aufgeführt sind: der türkische Sportminister Kiliç und die türkische Familienministerin.

Zusatzfrage: Eine deutsch-türkische Kollegin hat gestern aus Ankara berichtet, dass die türkische Regierung mindestens 30 weitere Auftritte in Deutschland bis zum Verfassungsreferendum plant. Ist das auch der Stand der Bundesregierung?

Fischer: Es gibt diese Liste, dort stehen auch mehr Auftritte - -

Zusatzfrage : 30 Auftritte von zwei Ministern?

Fischer: Nein. Das ist eine Liste mit Auftritten der verschiedensten Personen, die der türkischen Regierung nahestehen. Es sind zwei Auftritte auf Ministerebene, der Rest sind Abgeordnete oder Regierungsberater, also deutlich unter der Ebene des Ministers. Es ist so wie in der Vergangenheit auch; es herrscht ja immer ein ganz reger Besuchsverkehr zwischen der Türkei und Deutschland. Insofern ist es jetzt auch nicht vollkommen überraschend, dass türkische Politiker gerade in politisch so entscheidenden Zeiten für sie nach Deutschland reisen.

Zusatzfrage : Wenn Sie von Abgeordneten und Regierungsberatern sprechen: Ist davon auszugehen, dass das nur AKP-Leute sind?

Fischer: Das kann ich Ihnen jetzt nicht mit letzter Sicherheit beantworten. Ich glaube aber, dass die türkischen Gesetze so sind, dass man als türkischer Regierungsberater beziehungsweise als türkischer Beamter keiner Partei angehören darf. Insofern glaube ich, dass es nicht nur AKP-Mitglieder sind.

Frage: Ich habe zwei Fragen, die sich auf einen Artikel bei "Spiegel Online" bezieht, der gestern Abend erschienen ist, in dem es um die Frage geht, inwieweit auch deutsche Staatsbürger beziehungsweise deutsch-türkische Staatsbürger beziehungsweise - in der Variante mit Österreich - österreichische Staatsbürger bei der Einreise am Flughafen in der Türkei zwar nicht inhaftiert, aber festgehalten werden.

Erste Frage: Wie viele Deutsche sind von diesen Maßnahmen betroffen, was ist Ihnen darüber bekannt?

Zweite Frage: Wäre es an der Zeit, dass es auch einmal eine Warnung vor Reisen in die Türkei für engagierte Deutsche beziehungsweise Deutschtürken gibt?

Fischer: Zu Ihrer ersten Frage: Wir haben keinen ganz genauen Überblick darüber, wie viele Einreiseverweigerungen es möglicherweise gegeben hat, weil in diesen Fällen der Einreiseverweigerung weder die türkische Seite noch die Betroffenen verpflichtet sind, uns oder unsere Auslandsvertretungen darüber zu unterrichten. Aber natürlich hat sich eine geringe Anzahl von Betroffenen an uns gewendet. Ich glaube, in den letzten Monaten beziehungsweise im letzten Monat sind uns rund zehn Fälle von Einreiseverweigerungen bekannt geworden, die deutsche Staatsangehörige betroffen haben.

Zur zweiten Frage: Ich glaube, die Reise- und Sicherheitshinweise sind sehr umfassend und nehmen zu jedem möglichen Aspekt Stellung. Ich habe sie jetzt nicht genau vor Augen, aber ich gehe davon aus, dass auch dieses Thema dort angesprochen wird. Das müsste ich aber noch einmal klären.

Frage : Ich möchte einen anderen Aspekt der deutsch-türkischen Beziehungen ansprechen: Herr Fischer, gibt es einen neuen Stand in Sachen Deniz Yücel und den anderen fünf inhaftierten Deutschen beziehungsweise Deutschtürken?

Fischer: Ich glaube, hier gibt es im Vergleich zu Mittwoch - wir haben am Mittwoch ja schon darüber gesprochen - keinen neuen Stand. Wir bemühen uns in den Fällen, in denen das noch nicht geschehen ist - wie in dem Fall Deniz Yücel -, weiterhin mit Hochdruck darum, konsularischen Zugang zu erhalten.

Zusatzfrage : Ich habe noch einen anderen Aspekt: Herr Audretsch, es gibt jetzt Berichte über eine Panzerfabrik von Rheinmetall in der Türkei. Können Sie uns einmal den Genehmigungsstand nennen? Ist das Ding schon durch?

Audretsch: Wenn man diese Frage beantworten will, hilft es, glaube ich, die Zuständigkeiten in dieser Sache zu klären: Die Bundesregierung ist immer dann zuständig, wenn Technologie, Produkte, oder auch Blaupausen, also Informationen, aus Deutschland in ein anderes Land geliefert werden und das entsprechend gelistet ist, sodass die Rüstungsexportkontrolle Deutschlands greift. Die Bundesregierung ist nicht zuständig, wenn es um die Frage geht, ob Unternehmen in irgendeiner Form Kooperationen eingehen; das ist eine Sache, die die Unternehmen zu klären haben, und insofern ein unternehmerischer Vorgang.

Wenn Anträge auf den Export von Gütern, Blaupausen oder Ähnlichem in die Türkei gestellt werden, dann wird das selbstverständlich mit derselben Akribie und mit einer sehr restriktiven Haltung geprüft, die die Bundesregierung ganz generell immer in solchen Fällen anlegt.

Zusatzfrage : Gab es diese Anträge seitens Rheinmetall schon?

Frau Demmer, wie bewertet die Bundeskanzlerin den geplanten Bau einer deutschen Panzerfabrik in der Türkei?

SRS'in Demmer: Mir ist dieser Vorgang nicht bekannt, deswegen kann ich dazu hier nichts sagen.

Audretsch: Hinsichtlich der Frage nach einzelnen Anträgen ist es ja grundsätzlich so - das hatten wir hier aber auch schon des Öfteren -, dass wir dazu nicht Stellung nehmen können. Um Ihnen vielleicht noch einmal deutlich zu machen, dass das nicht aus einer Laune heraus geschieht, sondern dass das grundrechtlich so erforderlich ist, würde ich gerne noch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014 verweisen, in dem das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat und auch definiert hat, dass das zum einen in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung fällt und dass das zum anderen auch verfassungsrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der jeweiligen Unternehmen betrifft. Deswegen ist es ganz generell und grundsätzlich so, dass wir hier zu Einzelanträgen nicht Stellung nehmen können, und das ist auch in diesem Fall so.

Zusatz : Ich hatte nicht nach einzelnen Anträgen gefragt, sondern danach, ob überhaupt schon Anträge von Rheinmetall gestellt wurden.

Audretsch: Da gilt die Antwort, die ich Ihnen gerade gegeben habe. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

Frage: Es geht um noch einen Aspekt, zu dem ich gerne eine Stellungnahme von Ihnen hätte. Es geht um türkisches Recht. Sie müssen sich jetzt vielleicht sozusagen auch nicht dazu positionieren, aber ich fände das doch interessant. Durch einen Bericht der "WELT" von gestern Abend beziehungsweise heute Morgen ist bekannt geworden, dass das türkische Wahlrecht Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland eigentlich untersagt beziehungsweise für nicht zulässig erachtet. Ist das ein Aspekt, den Sie in den zahlreichen Gesprächen, die es gegeben hat, einmal diskutiert haben?

Fischer: Ich glaube, es ist nicht Sache der Bundesregierung, sich über die Auslegung türkischer Gesetze Gedanken zu machen, sondern das ist etwas, das in der Türkei vor türkischen Gerichten geschehen muss.

Gleichzeitig ist es aber als Beobachtung einfach so, dass wir in den vergangenen Jahren eine Reihe von politischen Auftritten oder Wahlkampfauftritten türkischer Politikerinnen und Politiker aus dem ganzen politischen Spektrum der Türkei in der Bundesrepublik haben feststellen können. Das ist vor den vergangenen Wahlen so gewesen, und das ist auch jetzt vor dem Referendum so. Es ist ja so, dass nicht nur die türkische Regierung hier Auftritte hat. Insofern ist das tatsächlich eine Frage, die Sie an die Türkei und auch an die türkischen Parteien in der Türkei stellen müssen.

Ich kann nur feststellen, dass Auftritte in Deutschland, solange sie nach deutschem Recht stattfinden, von uns aus dieser Warte heraus keine Einwände hervorrufen.

Frage: Herr Fischer, ich habe auch eine Frage an Sie, aber zu einem anderen Thema. Gestern hat Herr Gabriel in Moskau unter anderem das Thema Ukraine besprochen. Mich würde ein anderer Aspekt dieses Themas interessieren, nämlich ob das Außenministerium daran interessiert ist, auch die USA näher an den Minsker Prozess anzuschließen. Gibt es nach wie vor Absprachen mit Washington, was das Normandie-Format und die Gespräche zum Thema Minsk angeht?

Wie bewerten Sie die jetzige Politik der neuen amerikanischen Administration in Bezug auf die Problematik im Osten der Ukraine?

Fischer: Ich glaube, zu diesem Thema ist ja auch schon häufiger Stellung genommen worden. Wir glauben - der Minister war ja vor Kurzem in der Ukraine und auch in Moskau, er hat ja auch einen engen Kontakt mit seinem französischen Kollegen, und es gab ja auch schon ein Normandie-Treffen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz -, dass das weiterhin das von allen Seiten akzeptierte Format ist, in dem über die Beilegung des Konflikts in der Ostukraine gesprochen, gerungen und verhandelt wird.

Der Eindruck aus den Gesprächen mit der amerikanischen Administration ist bislang, dass dieses Format auch dort gestützt wird. Was wir natürlich machen, ist, dass wir uns in all diesen Fragen auch eng mit den USA abstimmen. Aber das haben wir in der Vergangenheit getan, und das werden wir auch weiterhin tun.

Zusatzfrage: Heißt das, Sie registrieren da keine Veränderung und unterstützen nicht zum Beispiel den Vorschlag von Herrn Ischinger, der vor Kurzem gesagt hat, es wäre gut, wenn Trump dem Putin gesagt hätte "Lass mich auch einmal an den Verhandlungstisch, sodass wir dann vielleicht zu fünft darüber reden"?

Fischer: Wir unterstützen alles, was zu einer Lösung des Konflikts in der Ostukraine beitragen kann. Nur ist momentan die Herausforderung, dass es den politischen Willen braucht, um den Konflikt beizulegen. Es ist ja so, dass, egal in welchem Format man jetzt zunächst einmal verhandelt, die Bedingungen und die Voraussetzungen, unter denen es zu einer Lösung des Konflikts kommen kann, in den Minsker Vereinbarungen klar dargelegt worden sind. Egal in welchem Format man verhandelt, wird es ja immer wieder an denselben Stellen zu kritischen Punkten kommen und werden sich genau dieselben Fragen stellen, die sich jetzt stellen.

Wir haben hier ein Format, das von allen Seiten akzeptiert wird, zu dem sich alle Seiten bekennen und im Rahmen dessen wir dann ja doch den einen oder anderen Fortschritt gemacht haben. Es ist nämlich immerhin gelungen, einen offenen Krieg in der Mitte Europas zu verhindern. Auch wenn der Waffenstillstand brüchig ist, ist es ja nicht so, dass die Zahl der Auseinandersetzungen nicht zurückgegangen wäre.

Trotzdem wollen wir natürlich mehr. Wir wollen, dass die Konfliktparteien, wie sie es mehrfach zugesagt haben und auch in Gesprächen auf Ebene der Minister und der Staatschefs unterstrichen haben, jetzt endlich den Waffenstillstand einhalten und ihre schweren Waffen von der Frontlinie zurückziehen. Das ist das, was zuletzt in München besprochen wurde, und das ist das, was wir derzeit erwarten. Wir appellieren also an beide Seiten, den Waffenstillstand zu respektieren und die schweren Waffen zurückzuziehen. Wenn es dazu einer größeren OSZE-Mission bedarf - dieser Wunsch wurde ja sowohl in der Ukraine als auch in Moskau geäußert -, dann unterstützten wir diese Pläne.

Frage: Heute hat ein Vertreter von Kiew in der Kontaktgruppe gesagt, dass die Frage der Wahlen im Donbass und der Änderungen im Grundgesetz vom Tisch seien. Wie finden Sie das? Akzeptieren Sie das? Ist das jetzt eine Wende im Minsker Prozess?

Fischer: Sie müssen entschuldigen, dass ich nicht sozusagen jede Äußerung jedes möglichen Vertreters jeder der beiden Konfliktparteien minutenaktuell im Kopf haben kann. Grundsätzlich gilt das, was in den Minsker Vereinbarungen von beiden Seiten beschlossen worden ist.

Zusatzfrage: Würde Sie es also als möglich ansehen, dass diese Fragen jetzt nicht verhandelt werden oder vom Tisch sind, oder nicht?

Fischer: Wie gesagt: Es gilt das, was in den Minsker Vereinbarungen beschlossen worden ist. Darin gibt es eine ganze Reihe von Dingen. Dazu gehört die Frage der Lokalwahlen, dazu gehört die Frage der lokalen Rechte, aber dazu gehören, wie ich vorhin auch angesprochen habe, natürlich auch Fragen des Waffenstillstands und der Entflechtung.

Wir arbeiten sehr intensiv daran, zunächst einmal den Waffenstillstand stabilisieren zu können, weil das nämlich das ist, was das Leben der Menschen ganz konkret und ganz schnell verbessern kann. Dort, wo die Waffen schweigen, wird wenigstens niemand mehr durch Gewalttätigkeiten sterben. Das ist, finde ich, ein ganz wichtiges und zentrales Ziel. Das ändert nichts daran, dass auch der Rest der Minsker Vereinbarungen umzusetzen ist, wie die beiden Konfliktparteien es ja auch zugesagt haben.

Frage: Herr Fischer, ich probiere es noch einmal. Sie sagten, Sie unterstützen alle Initiativen oder Bemühungen, die darauf ausgerichtet sind, den Minsker Prozess voranzubringen. Sehen Sie denn generell die Möglichkeit, dass die USA in dieser Situation eine konstruktivere oder eine aktivere Rolle spielen könnten?

Fischer: Wir gehen immer davon aus, dass unsere amerikanischen Freunde eine konstruktive Rolle spielen. Ich wüsste gar nicht, wie Sie auf eine andere Idee kommen könnten. Es ist doch eben so, dass wir in der Vergangenheit in diesem Minsker Format Fortschritte gemacht haben und dass wir uns dazu auch immer eng mit den Amerikanern abgestimmt haben. Bislang war es immer so, dass die amerikanische Administration die Ziele des Minsker Prozesses und des Normandie-Formats in ihren Gesprächen mit der ukrainischen und mit der russischen Seite mitgetragen und unterstützt hat. Ich würde da jetzt zunächst einmal keine Änderung erkennen.

Frage : Herr Fischer, wer war Teil der deutschen Delegation, die mit Herrn Gabriel in Moskau war?

Fischer: Das war eine große Delegation, hauptsächlich aus - - -

Zusatzfrage : Können Sie uns eine Liste schicken oder so?

Fischer: Ihr Interesse ist ja immer, zum Beispiel herauszufinden, ob eine Wirtschaftsdelegation dabei war.

Zuruf : Auch.

Fischer: Es war keine Wirtschaftsdelegation dabei.

Zusatzfrage : Wer war denn ansonsten dabei?

Fischer: Es waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes dabei, und es gab Journalistinnen und Journalisten, die den Außenminister begleitet haben. Ich glaube, das war es im Kern.

Zusatzfrage : Ich nehme trotzdem gerne eine Liste!

Ich habe noch eine Lernfrage: Haben Sie neue geografische Kenntnisse im Auswärtigen Amt, weil Sie jetzt immer wieder betonen, dass die Ukraine zur Mitte Europas gehöre? Wo ist denn Ihrer Ansicht nach der Osten Europas?

Fischer: "Europa" ist ein geografischer Begriff, aber natürlich auch ein politischer Begriff. Die Ukraine hat sich ja klar dazu bekannt, den Weg nach Europa fortzusetzen.

Im Übrigen: Wenn Sie sich anschauen, wie weit Europa geht - das geht ja bis zum Ural -, dann sehen Sie, dass die Ukraine jetzt zumindest nicht vollständig am Rande Europas liegt.

Frage : Ich würde gerne etwas vom Bundesfinanzministerium wissen. Der Minister hat gestern von Überlegungen in Sachen steuerlicher Forschungsförderung gesprochen, diese auf kleine und mittlere Unternehmen auszurichten. Ich möchte zum einen gerne wissen, wie der Stand dieser Überlegungen ist. Ist der Minister bereit, noch innerhalb dieser Legislaturperiode eine solche Regelung auf den Weg zu bringen?

Ich möchte vom Wirtschaftsministerium wissen, ob die Äußerungen von Herrn Schäuble dem Ministerium Anlass geben, dieses Thema noch einmal gegenüber den Kollegen in der Wilhelmstraße anzusprechen und eine Einigung herbeizuführen.

Kolberg: Die gezielte, direkte Förderung von Forschung und Entwicklung in Deutschland hat sich bewährt. Die Bundesregierung hat die entsprechenden Haushaltsmittel in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Auch dank dieser Anstrengungen erreicht Deutschland nach den letzten Berechnungen das Ziel, 3 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung auszugeben.

Wir wollen aber perspektivisch mehr ausgeben und die Ausgaben auf 3,5 Prozent des BIP steigern. Dazu hat sich ja auch die Bundeskanzlerin schon geäußert. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist es dabei vorrangig, im Interesse der forschenden Unternehmen die öffentlichen Fördermittel so effizient wie möglich einzusetzen. Daher wollen wir künftig, und das haben Sie angesprochen, kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zur Forschungsförderung erleichtern. Im Vergleich zu Großunternehmen kann es sein, dass der Zugang für sie derzeit zu kompliziert ist. Deshalb wollen wir in der nächsten Legislaturperiode steuerliche F+E-Förderung für kleinere und mittlere Unternehmen als Alternative ermöglichen. Die Einzelheiten hierzu müssen noch ausgearbeitet werden.

Audretsch: Ich kann vielleicht ergänzen, dass wir ja schon sehr lange darauf drängen, dass wir eine steuerliche Forschungsförderung in Deutschland in Angriff nehmen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Deutschland liegen unter dem, was man in anderen vergleichbaren Ländern - USA, Schweiz, Finnland und Schweden - beobachten könnte. Da haben wir Nachholbedarf. Das hat das Bundeswirtschaftsministerium seit Langem immer wieder in den Mittelpunkt gestellt.

Ein zweites Problem ist tatsächlich, dass die Schere zwischen kleineren und größeren Unternehmen bei den Ausgaben für Forschung weiter auseinandergeht. Auch da sehen wir Bedarf, uns gezielt zu engagieren. Deswegen freuen wir uns, dass das Bundesfinanzministerium jetzt offener für die Frage einer gezielten steuerlichen Förderung von Forschungs- und Innovationsaufwendungen wird.

Gestern hat sich dazu auch Staatssekretär Machnig geäußert, was ich Ihnen hier gern zur Kenntnis geben kann. Er hat gesagt, dass wir das zum einen schon seit sehr langer Zeit fordern und dass es zum anderen natürlich eine gute Nachricht auch für den Investitions- und Wirtschaftsstandort Deutschland ist, wenn der Bundesfinanzminister jetzt den Fuß von der Bremse nimmt.

Zusatzfrage : Aber folgere ich richtig aus Ihren Worten, Herr Audretsch, dass Sie keine Chance mehr sehen, dass das noch in dieser Legislaturperiode angegangen werden kann?

Audretsch: Wir sind selbstverständlich schon lange in Gesprächen darüber, auch mit dem Bundesfinanzminister. Wie ich gesagt habe, haben wir ein großes Interesse daran, schnelle Schritte nach vorn zu machen, weil wir Notwendigkeiten sehen. Über Details von Planungen kann ich Ihnen im Moment hier nichts sagen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesjustizministerium. Sachsens Justizminister Gemkow hat in dieser Woche gefordert, dass Leipzig als Standort des Bundesgerichtshofs gestärkt wird. Er hat dabei an eine Vereinbarung der Föderalismuskommission von 1992 angeknüpft und die Hoffnung geäußert, dass innerhalb kürzerer Zeit zusätzliche Strafsenate nach Leipzig kommen.

Meine Frage: Gibt es im Justizministerium Pläne, in absehbarer Zeit zusätzliche Senate zu schaffen? Wenn ja, wo würden diese Senate angesiedelt? Fühlen Sie sich an diese Vereinbarung der Föderalismuskommission gebunden?

Steffen: Vielen Dank. - Ich hole dazu kurz ein wenig aus, um das einzuordnen. Der Vorschlag der Unabhängigen Föderalismuskommission vom 27. Mai 1992, den 5. Strafsenat des BGH in Leipzig anzusiedeln, ist Teil eines umfassenden und in sich stimmigen Plans, um Sitze von Behörden und Gerichten des Bundes auf einzelne neue Länder zu verteilen. Im Verantwortungsbereich des BMJV gehört dazu auch die Errichtung einer Dienststelle des Generalbundesanwalts in Leipzig, die Verlegung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts nach Leipzig sowie der Umzug einer Dienststelle des Deutschen Patent- und Markenamtes nach Jena.

All diese Sitzentscheidungen hat das BMJV in der Vergangenheit sehr engagiert und erfolgreich umgesetzt. An ihnen hält das BMJV selbstverständlich fest, weil andernfalls das ausgewogene Gesamtkonzept der Föderalismuskommission beeinträchtigt würde. Das gilt auch für die sogenannte Rutschklausel. Der BGH hat allerdings bisher keinen neuen Senat erhalten. Folglich wurde die Klausel nicht wirksam. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Verlegung weiterer Strafsenate nach Leipzig derzeit nicht.

Zusatzfrage: Darf ich daraus schließen, dass Sie weitere Zuwächse von Fällen weiterhin durch zusätzliche beigeordnete Richter lösen wollen?

Steffen: Wenn man sich die Eingangszahlen anschaut, sieht man, dass sie relativ moderat angestiegen sind. 2012 waren es für den Bundesgerichtshof in Zivilsachen 6449; 2016 waren es 6531. In Strafsachen ist es ähnlich. Ich denke, so wie im Moment verfahren wird, ist es in Ordnung.

Zusatzfrage: Für wie sinnvoll hält es das Justizministerium insgesamt, dass ein einziger Senat in Leipzig angesiedelt ist, während alle anderen 24 in Karlsruhe sitzen?

Steffen: Ehrlich gesagt, würde ich das hier an der Stelle nicht kommentieren wollen.

Frage : Noch einmal zum Thema Türkei: Die UN haben heute einen Bericht veröffentlicht, der der Türkei schwere Menschenrechtsverletzungen in den Kurdengebieten vorwirft. Es geht dabei um das Vorgehen gegen militante Kurden im Südosten des Landes. Es habe massive Zerstörungen, Tötungen und zahlreiche andere schwere Menschenrechtsverletzungen gegeben. Einige Fälle waren hier in der BPK in den letzten Monaten immer wieder Thema. Die Bundesregierung wollte sich dazu eigene Erkenntnisse verschaffen. Teilen Sie die schweren Vorwürfe der UN gegen die türkischen Freunde?

Fischer: Um diese Vorwürfe teilen zu können, müsste ich erst einmal diesen Bericht kennen. Da ich den Bericht nicht kenne, kann ich mich dazu inhaltlich nicht äußern.

Aber Sie wissen ganz genau, dass wir in den letzten Wochen und Monaten unsere Haltung zu den innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei immer wieder sehr klar zum Ausdruck gebracht haben und dass wir mit der Türkei natürlich auch darüber sprechen, wie dort Fragen von Menschenrechten, Versammlungsfreiheit und diese Themen gehandhabt werden. Dass wir dabei offensichtlich nicht in allen Fragen einer Meinung sind, ist, denke ich, auch in der Vergangenheit immer wieder deutlich geworden.

Zusatzfrage : Sie brauchen den Bericht nicht für den Fakt, dass die Türkei den UN-Ermittlern keinen Zugang zu den betroffenen Gebieten gewährt. Fordern Sie die türkischen Partner auf, den UN-Ermittlern Zugang zu gewähren?

Fischer: Na ja, das bringt ja nichts. Den Bericht kenne ich nicht. Dementsprechend - - -

Zuruf : Das hat nichts mit dem Bericht zu tun. Das ist seit Monaten bekannt.

Fischer: Sie sagen, es hat keinen Zugang gegeben. Ich kann das - - -

Zuruf : Die UN sagen das!

Fischer: Sie sagen, dass die UN sagen, dass es keinen Zugang gegeben hat. - Ich kenne den Bericht nicht und kann das heute an dieser Stelle von hier aus nicht verifizieren. Wir können gern am Montag noch einmal über dieses Thema sprechen, nachdem wir vielleicht Gelegenheit hatten, den Bericht einzusehen. Aber hier und heute und jetzt möchte ich darum bitten, dass wir die Gelegenheit erhalten, diesen Bericht zu lesen.

Wenn ich es gerade richtig gesehen habe, was die Kollegen uns geschickt haben, gab es gerade erst die allererste Agenturmeldung - während wir hier in der BPK sitzen -, dass dieser Bericht veröffentlicht worden ist. Von daher würde ich doch um eine gewisse Fairness dahingehend bitten, dass wir die Gelegenheit erhalten, die Dinge, über die wir hier sprechen sollen und über die wir uns hier mit Ihnen auseinandersetzen sollen, zur Kenntnis zu nehmen, bevor wir sie kommentieren.

Vorsitzender Feldhoff: Dann schlage ich vor, dass wir das Thema am Montag noch einmal aufrufen.

Frage : Frau Demmer, ich habe noch eine ganz kleine technische Frage zum Besuch von Frau Merkel bei Trump. Können Sie uns für die redaktionelle Planung sagen, wann in etwa die Kanzlerin abfliegt? Montagabend? Am Dienstagfrüh? In der Nacht?

SRS'in Demmer: Sie fliegt Montagabend ab.

Freitag, 10. März 2017

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 10. März 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/03/2017-03-10-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang