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PRESSEKONFERENZ/1589: Regierungspressekonferenz vom 10. Januar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 10. Januar 2018
Regierungspressekonferenz vom 10. Januar 2017

Themen: Kabinettssitzung (Bericht über die Auswirkungen des Elterngeldes Plus und des Partnerschaftsbonusses, Bericht über das aktuelle Migrationsgeschehen in der Ägäis und auf der Balkanroute, Afrikanische Schweinepest, Verwendung des Preisgeldes des finnischen International Gender Equality Prize für die nigrische Nichtregierungsorganisation "SOS Femmes et Enfants Victimes de Violence Familiale"), Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen, Berichte in russischen Medien über eine Änderung der Position des deutschen Außenministers in der Flüchtlingspolitik, Kabinettsumbildung in Polen, Position der Bundeskanzlerin zu den Vorschlägen des französischen Staatspräsidenten für eine Reform der EU, Dialog zwischen Nordkorea und Südkorea, Überlegungen der USA zur Änderung der Regeln für den Einsatz von Atomwaffen, Verhaftung eines russischen Menschenrechtlers in Tschetschenien, Familiennachzug, finanzielle Förderung des Spitzensports, Bericht im amerikanischen Kongress über russische Einflussnahmeversuche in Europa, Teilnahme von Kabinettsmitgliedern am Weltwirtschaftsforum 2018 in Davos, Einführung von Kurzarbeit bei Opel

Sprecher: StS Seibert, Friedrich (BMVI), Adebahr (AA), Urban (BMEL), Dimroth (BMI), Kolberg (BMF), Jornitz (BMWi), Haufe (BMUB)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag auch von mir! - Die geschäftsführende Bundesregierung hat sich in der Kabinettssitzung zuerst mit einer wichtigen familienpolitischen Maßnahme beschäftigt. Sie erinnern sich vielleicht, dass 2015 das Elterngeld und die Elternzeit in Richtung von Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus weiterentwickelt wurden. Heute nun stand im Kabinett ein Bericht über die Auswirkungen dieser seit zwei Jahren bestehenden Regelungen an.

Man muss vielleicht noch einmal daran erinnern, dass diese Weiterentwicklung im Wesentlichen das Ziel hatte, dass sich Eltern Erwerbs- und Familienarbeit in einer besseren, partnerschaftlicheren und flexibleren Weise aufteilen können. Außerdem sollten Eltern, die nach der Geburt eines Kindes teilzeittätig sind, wirtschaftlich besser abgesichert werden. Müttern sollte damit ein früherer Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht werden und Vätern eine Verringerung der Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung.

Der Bericht zeigt deutlich, dass diese Ziele weitgehend erreicht wurden, dass diese neuen familienpolitischen Leistungen wirken und dass sie von den betroffenen, also Eltern, ausgesprochen gern und zunehmend in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme dieser Leistungen ist kontinuierlich gestiegen. Sie liegt bei 28 Prozent; 28 Prozent der Eltern, die Elterngeld beantragt haben, haben sich im dritten Quartal 2017 - daher stammt diese Zahl - für das Elterngeld Plus entschieden. Das ist regional durchaus unterschiedlich. In einigen Regionen Deutschland sind es bis zu 40 Prozent der Betroffenen. Man kann sagen, die Inanspruchnahme hat sich seit dem Moment der Einführung 2017 verdoppelt.

Anschließend haben der Bundesinnenminister und der Außenminister dem Kabinett einen kurzen Bericht über das aktuelle Migrationsgeschehen in der Ägäis und auf der Balkanroute gegeben.

Dann hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt dem Kabinett über die Gefahren durch die Afrikanische Schweinepest sowie über die Maßnahmen, die präventiv hier in Deutschland ergriffen werden, berichtet. Man muss daran erinnern, dass diese Schweinepest in Deutschland noch nie aufgetreten ist. Sie stellt für den Menschen keine Gefahr dar, verläuft aber für Schweine, sowohl Hausschweine als auch Wildschweine, tödlich. Die Gegenmaßnahmen wurden, wie gesagt, dem Kabinett vorgetragen.

Zu guter Letzt hat das Kabinett darüber entschieden, wie die Bundeskanzlerin das Preisgeld von 150 Euro verwendet, das sie zusammen mit dem von der finnischen Regierung verliehenen International Gender Equality Prize bekommen hat. Dieser Preis ist ihr vom finnischen Ministerpräsidenten Sipilä anlässlich des letzten Europäischen Rates in Brüssel im Dezember überreicht worden. Er ist, wie gesagt, mit 150 Euro dotiert. Sie gehen im Sinne der internationalen Ausrichtung dieses Preises an die nigrische Nichtregierungsorganisation SOS Femmes et Enfants Victimes de Violence Familiale, eine Einrichtung, die sich gegen jede Form von häuslicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Niger einsetzt. Das Bundeskabinett hat dieser Preisgeldverwendung zugestimmt.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium. Es geht um die Bahnsteighöhen, die die Deutsche Bahn überall auf 76 cm vereinheitlichen möchte. Sie sind ja sozusagen der Eigentümer, deswegen möchte ich Sie fragen: Weiß das Ministerium, wie viele Bahnsteige dafür vereinheitlicht oder geändert werden müssen und was das kostet? Stehen Sie hinter diesem Konzept der Deutschen Bahn?

Friedrich: Grundsätzlich geht es um das sogenannte Bahnsteighöhenkonzept, das Sie ansprechen. Langfristiges Ziel dieses Konzeptes ist es natürlich, Barrierefreiheit an allen Verkehrsstationen bundesweit zu schaffen. Dazu gehört eben auch eine einheitliche Bahnsteighöhe. Die Details sind natürlich in diesem Konzept festgehalten. Aktuell befinden wir uns in einem äußerst konstruktiven Dialog. Der Diskussionsprozess ist auch noch nicht abgeschlossen. Am Freitag wird es einen weiteren Termin auf Fachebene geben, bei dem weiter diskutiert werden wird.

Wichtig ist einfach zu wissen, dass in diesen Diskussionen natürlich auch die regionalen Besonderheiten zur Sprache kommen, die bei den Verkehrsstationen zu berücksichtigen sind. Das bedeutet wiederum, dass das auch in der Umsetzung große Beachtung finden wird. An dem Punkt sind wir aber noch nicht angekommen. Wir haben jetzt erst einmal das Gespräch am Freitag.

Zu Ihren konkreten Fragen: Wie hoch die Kosten sind beziehungsweise wie hoch die einheitliche Höhe sein soll - das alles wird in diesen Gesprächen besprochen werden. Dem kann ich jetzt nicht vorgreifen. Dazu kann ich Ihnen nichts Neues anbieten.

Zusatzfrage: Heißt das, dass sich das Ministerium mit der Deutschen Bahn über alle diese Fragen berät und dann gemeinsam eine Entscheidung trifft, also nicht der Vorstand der Bahn?

Friedrich: Die Bahn berät sich natürlich mit dem BMVI, aber auch mit den regionalen Partnern. Das heißt, es gibt auch Gespräche mit den Ländern darüber, was zu berücksichtigen ist.

Zusatzfrage: Wer genau nimmt an diesem Dialog teil, der, wie Sie sagen, noch andauert?

Friedrich: Darüber, welche Teilnehmer am Freitag vor Ort sein werden, habe ich jetzt keinen Überblick. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

Frage: Meine Frage geht an das Auswärtige Amt. Ich muss aber ein wenig ausholen, bevor ich die Frage stelle. In sehr vielen russischen Medien wird über den Auftritt von Siegmar Gabriel am Montag in Brüssel berichtet, und zwar mit dem Unterton, der deutsche Außenminister habe seine Einstellung in der Flüchtlingsfrage geändert. Dabei wird ein Zitat von ihm in Anführungszeichen gebracht. Ich habe das Zitat auf Deutsch nicht gefunden, daher muss ich es ins Deutsche rückübersetzen. Es klingt in etwa, wie folgt:

Man kann sagen, dass dieses Problem der Kriegs- und Armutsflüchtlinge in letzter Zeit die EU auseinanderreißt. Wir können das Problem nicht lösen. Es ist der Moment gekommen, zu entschlossenen Maßnahmen zu greifen. Wir sollen die zu groß gewordenen Migrationsströme stoppen. - Das sagte der deutsche Außenminister.

Mich würde interessieren, ob Siegmar Gabriel tatsächlich in etwa diese Aussage getroffen hat, in welchem Kontext und ob sich seine Position in Sachen der Flüchtlingspolitik in den letzten Tagen geändert hat.

Adebahr: Nein, die Position des Außenministers zur Flüchtlingspolitik, zur gesamten Flüchtlingsfrage und zur EU-Politik hat sich in den letzten Tagen nicht geändert.

Der Bundesaußenminister war am Montag in Brüssel und hat dort an einer Konferenz teilgenommen, die einen Ausblick auf den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen unternimmt, den die EU zu beraten angeht. Diese Konferenz haben Herr Juncker, Herr Oettinger und Herr Gabriel eröffnet. In diesem Zusammenhang hat er eine Rede zur Zukunft der EU und zu Vorstellungen auch finanzieller Art gehalten. Ich denke, diese Rede finden Sie - aber das werden mir die Kollegen noch sagen - auf unserer Webseite und können sie dort nachlesen. Das ist der einzige presseöffentliche Termin, den der Bundesaußenminister am Montag in Brüssel hatte. Dort können Sie nachlesen, was er gesagt hat.

Zusatz: Gestern war diese Rede auf Ihrer Seite nicht zu finden.

Adebahr: Dann war sie noch in Bearbeitung. Sie müsste jetzt zu finden sein. Ansonsten ist das auch live gestreamt worden. Es gibt dazu auch einen Link. Das können Sie alles nachhören.

Zusatz: Der Link funktioniert leider nicht.

Adebahr: Das ist ein EU-Link. Die Rede war presseöffentlich und live. Alles, was dort gesagt wurde, hat er gesagt. Wir können aber gern noch einmal schauen.

Frage: Gestern wurde die polnische Regierung umfassend umgebildet, wichtige Ressorts, das Außen-, das Verteidigungs- und das Innenressort, haben neue Minister bekommen. Erhoffen sich die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung von dieser Umbildung eine bessere Zusammenarbeit, vielleicht eine Annäherung sowohl bilateral als auch auf der europäischen Ebene?

StS Seibert: Sie werden verstehen, dass ich diese Kabinettsumbildung in Polen so behandele, wie wir so etwas in befreundeten und benachbarten Ländern immer behandelt haben. Wir kommentieren oder bewerten eine solche Kabinettsumbildung nicht. Die Bundeskanzlerin und die ganze Bundesregierung, dessen bin ich sicher, freuen sich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht nur mit dem noch neuen Ministerpräsidenten, sondern auch mit seinen Ressortministern.

Zusatzfrage: Vielleicht darf ich es beim Außenamt versuchen. Die beiden Minister haben sich im vergangenen Jahr nicht übermäßig oft getroffen. Der Neue kommt nächste Woche nach Beginn. Hofft das Auswärtige Amt vielleicht auf Annäherung, auf eine bessere Zusammenarbeit?

Adebahr: Ich kann mich dem, was Herr Seibert gesagt hat, nur anschließen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem neu berufenen Außenminister. Was Termine angeht, so verkünden wir sie dann, wenn wir sie verkünden. Aber Sie dürften in der Tat recht haben: Wir können davon ausgehen, dass sich die beiden Außenminister alsbald einmal treffen wollen, um ihre Zusammenarbeit zu beginnen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert. Die Bundeskanzlerin hatte bei ihrem letzten Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten zugesagt, im März ihre Position zu den Reformideen Herrn Macrons bekanntzugeben. Meine Frage ist: Sollten die doch etwas zähen und nicht sehr transparenten Sondierungs- oder Koalitionsgespräche am Ende kein Ergebnis bringen, wäre die Kanzlerin dann trotzdem in der Lage, eine klare Positionierung zu dem Thema vorzunehmen, oder ist sie sozusagen auch ein wenig abhängig von dem Ergebnis dieser Gespräche?

StS Seibert: Sie werden verstehen, dass ich mit Ihnen jetzt nicht über mögliche Ergebnisse oder Nichtergebnisse der derzeit laufenden Sondierungsgespräche spekulieren werde. Nach meinem Blick von außen liegen sie in dem derzeit angekündigten Zeitrahmen. Es sollte diese Woche stattfinden, und es findet diese Woche statt. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen.

Die Worte der Bundeskanzlerin, die sie bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Macron im Dezember in Brüssel ausgesprochen hat, stehen. Sie hat bei den Kollegen im Europäischen Rat im Dezember auch dafür um Verständnis geworben und dieses Verständnis natürlich auch bekommen, dass sich Deutschland derzeit in einer Phase der Regierungsbildung oder des Versuchs einer Regierungsbildung befindet. Jetzt wird daran gearbeitet.

Zusatzfrage: Heißt das, dass der Termin im März, diese Deadline, auf jeden Fall steht, unabhängig vom Ausgang dieser Gespräche?

StS Seibert: Die Worte der Bundeskanzlerin stehen für sich.

Frage: Wie beurteilt die Bundesregierung den neu aufgenommenen Dialog zwischen Nordkorea und Südkorea? Hat das vielleicht auch etwas mit dem Vermittlungsangebot der Bundeskanzlerin im vorigen Herbst zu tun? Beabsichtigt die Bundesregierung, irgendetwas zu diesem Dialog beizutragen?

StS Seibert: Ich kann vielleicht einmal anfangen; ich bin mir sicher, dass Frau Adebahr sehr gerne in den Details ergänzen wird. - Wir verfolgen natürlich diese innerkoreanischen Kontakte, die Gespräche der letzten Tage zwischen Nord- und Südkorea, sehr aufmerksam. Wenn man das einmal mit der Situation, sagen wir, zur Jahreswende vergleicht, dann kann man natürlich sagen, dass diese Gespräche ein Schritt in die richtige Richtung sind. Frau Demmer hat hier, glaube ich, vor einiger Zeit ausgeführt: Entscheidend für die Beurteilung des nordkoreanischen Verhaltens bleibt aber, dass Nordkorea, dass Pjöngjang von weiteren Provokationen Abstand nimmt und dass es seine völkerrechtswidrigen Nuklear- und Raketentests einstellt; denn diese sind die Ursache für die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel.

Was die Frage der Vermittlung betrifft: Die Bundeskanzlerin hat mit vielen internationalen Partnern in den letzten Wochen und Monaten immer wieder auch intensiv über das Thema Nordkorea gesprochen. Sie hatte ja im September gesagt, dass Deutschland beziehungsweise sie als Regierungschefin bei Bedarf die Kontaktaufnahme vor Ort unterstützen würde. Das war für die jetzigen Gespräche, die wir gerade erlebt haben, nicht notwendig.

Frage: Ich hätte gerne eine Stellungnahme der Bundesregierung oder vom Auswärtigen Amt zu Berichten, nach denen die USA überlegen, die Regeln für den Einsatz von Atomwaffen zu ändern. Die USA sind ja immerhin ein Nato-Partner, man müsste da also eine gemeinsame Linie verfolgen. Gibt es denn aus Sicht der Bundesregierung überhaupt eine Notwendigkeit, diese Regeln zu verändern?

Adebahr: Mir sind derartige Berichte jetzt nicht bekannt, ich weiß im Moment nicht, worauf Sie sich beziehen.

Zusatz: Der "Guardian" schreibt darüber, und da geht es eigentlich um die Entwicklung kleinerer Atomwaffen.

Adebahr: Das ist mir jetzt nicht bekannt, deswegen möchte ich das an dieser Stelle so nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Können Sie das nachreichen?

Adebahr: Können wir schauen.

Frage: Zwei britische Kabinettsmitglieder befinden sich derzeit in Deutschland, um für die britische Position zum Brexit zu werben. Anscheinend ist aber kein Treffen mit deutschen Bundespolitikern geplant. Warum wurden die Anfragen aus London abgelehnt?

Wie überzeugt ist die Bundesregierung von den Argumenten der zwei Minister, die heute in der "FAZ" dargelegt haben, dass Deutschland ein besonderes Interesse an reibungslosem Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den zwei Ländern habe?

StS Seibert: Ich kann hier für das Kanzleramt nur sagen, dass kein Treffen geplant ist. Ich weiß nicht, welche Kontakte es im Vorfeld dieses Besuchs gab. Ich weiß nur, dass der eine Minister, Minister Hammond, der Presse vorher gesagt hat, er freue sich, den deutschen Unternehmern oder der deutschen Wirtschaft die britische Position darzustellen. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

Zusatzfrage: Und zu dem zweiten Punkt? Ist Deutschland möglicherweise überzeugt von den britischen Argumenten, sodass es jetzt aus der geschlossenen Front der EU-27 ausschert?

StS Seibert: Deutschland hat seit dem aus unserer Sicht zu bedauernden Beschluss der Briten, den Brexit einzuleiten, immer betont, dass für uns der Zusammenhalt der EU-27 von überragender Bedeutung ist. Es ist aus unserer Sicht erfreulich, dass es bis heute gelungen ist, diesen Zusammenhalt zu bewahren, dass alle hinter der Verhandlungsführung durch Michel Barnier stehen. Derzeit wird an einem Mandat für die zweite Phase der Verhandlungen gearbeitet, und das wird auch weiterhin unsere Präferenz beziehungsweise es wird auch weiterhin unser Fokus sein, diese EU-27-Gemeinsamkeit zu bewahren.

Vorsitzender Feldhoff: Wollen Sie das ergänzen, Frau Adebahr?

Adebahr: Ich kann nur ergänzen, dass es technisch so sein wird, dass es Ziel ist, der EU, die die Verhandlungen ja führt, auf einem der nächsten Räte oder dem nächsten Rat das Mandat zu erteilen, für die Phase zwei, für die Übergangsregelung, in Gespräche einzutreten. Dazu laufen derzeit die Beratungen in Brüssel. Dieses Mandat wird dann für die Europäische Kommission alle notwendigen Leitplanken für die zukünftigen Verhandlungen enthalten - in dem Geiste, den Herr Seibert gerade dargestellt hat.

Frage: Ich muss noch einmal zur Schweinepest fragen: Herr Seibert oder Herr Urban, welche Maßnahmen sind dazu denn besprochen worden? Sind neue Maßnahmen besprochen worden, oder geht es um die bestehenden Maßnahmen, die es ja, glaube ich, schon seit Oktober gibt? Vielleicht können Sie dazu ja noch ein paar Sätze sagen.

Urban: Erst einmal vielen Dank für die Frage. - Herr Seibert hat vorhin ja schon die Einordnung vorgenommen, dass es sich bei der Afrikanischen Schweinepest um ein Virus im Bereich der Schweine handelt - Hausschweine und Wildschweine sind betroffen. Medikamente gibt es dagegen noch nicht. Die Übertragung auf den Menschen ist aber nicht bekannt.

Vielleicht vorweg auch noch einmal ganz kurz dazu, wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass wir uns heute mit diesem Thema beschäftigen: Dieses Virus ist schon einige Jahre in Europa unterwegs. Im Sommer 2017 gab es erste Ausbrüche in der Tschechischen Republik. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ist bereits im September vergangenen Jahres bei seinem tschechischen Amtskollegen gewesen, um über geeignete Maßnahmen zu beraten und eine gemeinsame deutsch-tschechische Arbeitsgruppe zu etablieren, um deren Erfahrungen im Umgang mit dieser Tierseuche für uns nutzbar zu machen und - da es sich um einen benachbarten EU-Mitgliedsstaat handelt - gemeinsame Handlungslinien aufzuzeigen.

Des Weiteren gibt es verschiedene Beratungen auf internationaler Ebene. Die Welternährungsorganisation sowie auch der letzte Agrarrat im Dezember 2017 haben sich mit diesem Thema intensiv befasst. Wir haben einen vertieften Austausch mit der Tschechischen Republik, und zwischen den Leitern der Veterinärdienste und des Jagdwesens Polens und Deutschlands sind wir in einem ständigen Austausch. Eine hochrangige Vertreterin des Hauses auf Arbeitsebene ist erst heute wieder nach Polen gereist.

Neben vielfältigen jagdrechtlichen und tierseuchenrechtlichen Kontakten haben wir auf Staatssekretärsebene mit den Länderkollegen bereits im Dezember über die Intensivierung der jagdlichen Maßnahmen gesprochen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wie Sie vielleicht vorhin auch den Medien entnommen haben, hat beispielsweise Hamburg heute die Schonzeit für die Bejagung von Wildschweinen aufgehoben. Auch das ist ein relativ unumstrittenes Mittel im Kampf gegen diese Pest, weil man eben versuchen möchte, mit dem Schwarzwildbestand und dessen Reduzierung die Wildschweindichte soweit in den Griff zu bekommen, dass es möglichst wenig Kontaktpunkte zwischen Wildschweinen und Hausschweinen gibt.

Der Transport, meinen Wissenschaftler, dieses Virus von Osteuropa in Richtung Deutschland - wohlgemerkt: im Moment ist es noch nicht bei uns, es ist noch einige hundert Kilometer weit weg - ist voraussichtlich durch den Menschen zu sehen. Das bedeutet beispielsweise, dass unachtsam weggeworfene Lebensmittel, die aus Osteuropa kommen, ein Punkt sind. Das betrifft beispielsweise deren Entsorgung an Autobahnraststätten, Tankstellen etc. Deswegen haben wir auch bereits im August des vergangenen Jahres als BMEL eine umfangreiche Informations- und Aufklärungskampagne gestartet, um zu sensibilisieren und die Menschen darauf hinzuweisen, dass man da vorsichtig sein muss. Wir hatten ja vorhin das Virus schon angesprochen: Es ist ein resistentes Virus, das von Schwein auf Schwein übertragen wird und auch in Lebensmitteln - beispielsweise in geräuchertem Fleisch - nach wie vor enthalten ist. Deswegen existieren entsprechende Möglichkeiten einer Verbreitung, sodass sich die Schweine gegenseitig anstecken.

Auf nationaler Ebene werden wir erst in der kommenden Woche wieder mit den Ministern in den Ländern über dieses Thema sprechen, und zwar auf der Sonderagrarministerkonferenz im Rahmen der Grünen Woche, die für nächste Woche Donnerstag vorgesehen ist. Derweil laufen natürlich die Präventionsmaßnahmen in Deutschland unvermindert - ich hatte die Informationskampagne gerade schon angesprochen. Wir reduzieren derzeit den Schwarzwildbestand und sind dazu in umfangreichen Gesprächen mit den Ländern, die das Rahmenjagdrecht dann ja umsetzen - eben durch Maßnahmen, wie sie beispielsweise Hamburg heute erlassen hat. Wir entwickeln geeignete Biosicherheitsmaßnahmen, um die Hausschweinbestände zu sichern. Das bedeutet, wir sensibilisieren natürlich die Tierhalter, die in erster Linie verantwortlich sind für die Gesundheit ihrer Tiere. Das bedeutet beispielsweise, dass die Transportfahrzeuge intensiv gereinigt werden, dass die Ställe von Wildschweinbestand abgeschottet werden etc.

Wir sind des Weiteren mit einem Schweinepest-Monitoring unterwegs; der Minister hat dazu auch eine Verordnung erlassen, die sich derzeit in der Bund-Länder-Abstimmung befindet. Wir sind natürlich auch auf Ebene der Europäischen Union mit den zuständigen Kommissaren unterwegs - in diesem Fall Herrn Andriukaitis, der zuständig ist, diese Maßnahmen auf europäischer Ebene zu koordinieren.

Im Kern sind wir in einem vielfältigen Prozess, der auf europäischer Ebene begleitet wird, der mit nationalen Maßnahmen flankiert wird und der letztendlich in erster Linie durch die Bundesländer und ihre Behörden im Vollzug umgesetzt werden muss. Wir werden von den Anstrengungen her nicht nachlassen, diesem Thema Herr zu werden. Im Moment gelten unsere Anstrengungen der Verminderung des Risikos einer Einschleppung nach Deutschland.

Vorsitzender Feldhoff: Wollen Sie noch etwas ergänzen, Herr Seibert?

StS Seibert: Nein.

Frage: Herr Urban, können Sie das Risiko beziffern, dass die Schweinepest dann auf Deutschland übergreift?

Urban: Der Minister hat sich dazu geäußert: Die Lage ist durchaus ernst, weil die Virusausbreitung von der örtlichen Bewegung her einen relativ großen Sprung machen kann und weil wir davon ausgehen beziehungsweise Wissenschaftler davon ausgehen, dass dieses Virus durch den Menschen mit verschleppt wird. Das heißt, es geht um Fahrzeuge, die sich im Osteuropa-Transitverkehr bewegen, es geht, wie gesagt, um Menschen, die Lebensmittel an Autobahnraststätten entsorgen. Im Moment laufen alle Anstrengungen dahingehend, dass wir das Eintragsrisiko so weit wie möglich minimieren.

Frage: An Herrn Seibert oder Frau Adebahr: Gestern wurde in Tschetschenien der Menschenrechtsaktivist Titiev - er ist Leiter der regionalen Organisation Memorial - verhaftet, weil er angeblich Marihuana bei sich hatte. Hat die Bundesregierung diesen Vorgang auf dem Schirm?

Wie wird generell die Lage der Menschenrechtsorganisationen in Russland beziehungsweise wie werden die Versuche bewertet, die Menschenrechtler dort mundtot zu machen?

Adebahr: Ich kann Ihnen dazu sagen, dass wir die Festnahme des russischen Menschenrechtlers Oyub Titiev mit Sorge sehen. Die Vorwürfe gegen ihn sollten in einem transparenten und in einem rechtsstaatlichen Verfahren behandelt werden. Herr Titiev leistet als Leiter der Menschenrechtsgruppe Memorial in Tschetschenien eine wichtige Arbeit, und die Organisation Memorial trägt seit Jahrzehnten mit ihrer historischen Aufklärungsarbeit und mit ihrem unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte zu einer offeneren Gesellschaft bei, die wir uns erhoffen. Für viele Menschen - gerade in Tschetschenien - ist ebendiese Arbeit von unschätzbarem Wert. Auch die Bundesregierung beziehungsweise das Auswärtige Amt arbeitet in Projekten mit der Organisation zusammen. Unsere Haltung ist eben: Bürgerliches Engagement sollte im Rahmen der Gesetze frei und unabhängig ausgeübt werden können. Wenn es konkrete Vorwürfe gegen Herrn Titiev gibt, dann sollte Herr Titiev die Gelegenheit bekommen, sich dagegen mit den Mitteln des Rechtsstaates zu wehren. Wir werden die weiteren Entwicklungen in diesem Fall genau beobachten.

Zusatzfrage: Wurde diese Stellungnahme auch der russischen Seite mitgeteilt?

Adebahr: Diese Stellungnahme gebe ich hier heute für die Bundesregierung das erste Mal ab.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Familiennachzug. Ich weiß nicht genau, ob das Innenministerium oder ein anderes Ministerium dafür zuständig ist. Das ist ja jetzt einer der ganz strittigen Punkte in den derzeitigen Verhandlungen. Meine Frage ist: Bis wann müsste da eigentlich spätestens eine Regelung getroffen werden, damit entweder eine Wiedereinsetzung des Rechts auf Familiennachzug oder eine Verlängerung des Aussetzens möglich wäre?

Was passiert eigentlich, wenn keine Einigung hinsichtlich des Themas stattfindet? Bleibt das dann ausgesetzt, oder wird das einfach wieder eingesetzt?

Dimroth: Vielen Dank für Ihre Frage.

Zu den möglichen parlamentarischen Abläufen, sollte eine entsprechende Mehrheit für welche Regelung auch immer gefunden werden: Da kann ich Ihnen hier nicht wirklich weiterhelfen, denn das wären Fragen, die der Deutsche Bundestag zu beantworten hätte. Dafür gibt es eine Reihe von Verfahrensregeln, die beispielsweise auch beschleunigende Effekte auf ein solches Gesetzgebungsverfahren haben können. Das ist ja, wie gesagt, nach jetzigem Stand ohnehin eine noch hypothetische Fragestellung.

Was Ihre Frage danach betrifft, was passiert: Die gesetzliche Regelung, die befristet ist und ausläuft, regelte die Aussetzung. Das heißt, wenn dieser gesetzlich geregelte Termin erreicht wird, dann fällt die Aussetzung weg, und damit besteht die ursprüngliche Regelung wieder. Das ist eben die, die es auch subsidiär Schutzberechtigten ermöglicht, hier einen privilegierten Familiennachzug in Anspruch zu nehmen.

Zusatzfrage: Was ist noch einmal das Datum dafür?

Dimroth: Das weiß ich jetzt auswendig auch nicht. Es geht um Mitte März.

StS Seibert: Die Aussetzung gilt bis zum 16. März.

Frage: Ich habe eine Frage sowohl an das Innenministerium als auch an das Auswärtige Amt: Entspricht die Zahl von 40 an zusätzlichen Familiennachziehern dem Durchschnitt der vergangenen Jahre?

Ist es zweitens richtig, dass die Kapazität der Konsularabteilungen an den auswärtigen Botschaften nicht dafür ausreichen würde, mehr Anträge zu bearbeiten? Das wird nämlich im Moment im politischen Diskurs kommuniziert.

Dimroth: Zu den Zahlen - das sind tatsächlich Zahlen des Auswärtigen Amtes - kann ich hier jetzt nicht Stellung nehmen. Ich kann vielleicht nur noch einmal die Gelegenheit nutzen, um ganz kurz vor die Klammer gezogen auszuführen, um was es eigentlich geht: Wir sprechen ja nicht über den sogenannten privilegierten Familiennachzug zu denjenigen, die hier in Deutschland erfolgreich einen Anspruch auf Asyl geltend gemacht haben, und auch nicht zu denjenigen, die einen Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten, sondern es geht eben um die Teilgruppe der subsidiär Schutzberechtigten. Sozusagen ausschließlich diese Teilgruppe, die im Übrigen ja auch die allgemeinen Familiennachzugsregelungen in Anspruch nehmen kann, die aber eben anders als der privilegierte Familiennachzug zugegebenermaßen relativ hohe Voraussetzungen haben, ist Gegenstand der laufenden politischen Debatten. Dies vielleicht noch einmal zur allgemeinen Erläuterung. Hinsichtlich der Zahlen würde ich, wie gesagt, auf das AA verweisen.

Adebahr: Ich kann Ihnen gerne sagen, dass wir im Laufe der letzten Jahre natürlich kontinuierlich daran gearbeitet haben, die Mitarbeiterkapazität in unseren Visastellen zu verstärken, und das natürlich auch weiterhin tun. Ein ganz konkretes, aktuelles Beispiel ist Erbil. Dort hatten wir letztes Jahr noch mit rechnerischen Wartezeiten von 18 Monaten zu tun. Inzwischen liegen wir bei zwei Monaten. Das heißt, wir stocken da kontinuierlich auf. Insofern ist das ein fortlaufender Prozess.

Zu den Zahlen der Visa, die bisher erteilt wurden: Ich glaube, darüber haben wir hier mehrfach gesprochen. Es waren im Jahr 2014 ungefähr 10 Visa zur Familienzusammenführung an syrische und irakische Familienangehörige, 2015 ca. 25, 2016 50 und bis zum Ende des dritten Quartals 2017 ungefähr 40 Visa. Das ist der Bereich, in dem wir uns bewegen, und das, was wir im Moment erarbeiten können. Die Einteilung und Austarierung unserer Visastellen hinsichtlich des Personals ist ein ganz dynamischer und fortlaufender Prozess im Auswärtigen Amt, der "ongoing" ist, wie man auf Neudeutsch wahrscheinlich sagen würde.

Zusatz: Sie sagen, 2016 konnten 50 Anträge bearbeitet beziehungsweise beschieden werden. Da ich nicht davon ausgehe, dass Personal abgebaut wurde, würde eine Zahl von jetzt 40, über die man in der Bearbeitung nicht hinausgehen könne, dieser Realität dann widersprechen.

Adebahr: Diese Schlussfolgerung möchte ich mir nicht zu eigen machen. Ich möchte einfach nur darstellen, was wir erteilt haben. Es ist, glaube ich, auch spekulativ, darüber zu sprechen, wie lange die Bearbeitung eines einzelnen Antrags dauert und welcher Kommunikationstechniken es dafür bedarf. Das ist natürlich auch ein Thema, das aktuell politisch in der ganzen Debatte besprochen wird. Ich möchte mich da jeglicher Schlussfolgerung enthalten. Ich habe die Zahl der Visa genannt, die erteilt wurden.

Frage: Frau Adebahr, trifft es eigentlich zu, dass die deutschen Visastellen im Ausland bereits Termine in der Annahme vergeben, dass das Moratorium nicht verlängert werden wird?

Adebahr: Sie sprechen da eine Berichterstattung an, die aufgrund einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage stattfand. Dazu möchte ich gerne sagen, dass wir dort einfach eine faktische Aussage darüber getroffen haben, dass wir Terminwünsche entgegennehmen und diese registrieren. Das heißt nicht, dass wir im Moment Anträge entgegennehmen, sondern wir registrieren Terminwünsche. Das ist übrigens eine Praxis, die wir, glaube ich, im gesamten letzten Jahr und seit mehreren Monaten gleichbleibend so gepflegt haben. Darüber haben wir hier auch mehrfach gesprochen.

Anfügen möchte ich noch, dass das Auswärtige Amt natürlich wie alle Stellen der Bundesregierung Betroffene im Rahmen der derzeit geltenden Gesetzes- und Rechtslage informiert und zu beraten hat.

Frage: Die Frage richtet sich an das Innenressort in seiner Funktion als Sportressort. Es gibt vonseiten Vertretern der deutschen Spitzensportler Kritik an angeblich unzureichender finanzieller Förderung der Spitzensportler. Es wird vorgerechnet, dass vergleichbar erfolgreiche Athleten anderer Länder etwa das Zehnfache verdienen. Auf dieser Grundlage wird gefordert, dass man ungefähr eine Verdreifachung der finanziellen Förderung bräuchte.

Das Haushaltsrecht liegt beim Parlament; das ist klar. Auf der anderen Seite: Hat der Innenminister in seiner Funktion als Sportminister eine Haltung zu dieser Forderung beziehungsweise zu dieser Lage? Hält er es für berechtigt und notwendig, dass eine Aufstockung der finanziellen Förderung des Spitzensports stattfindet?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. - Es ist tatsächlich so, dass, wie Sie wissen, der Innenminister zu diesem Gesamtkomplex der Spitzensportförderung nicht nur eine sehr klare Haltung hat, sondern schon in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit den Spitzenverbänden ja einen sehr umfassenden Reformprozess angestoßen hat, nämlich die Spitzensportreform, die sich vor allem darauf fokussiert und konzentriert, die bestehenden Strukturen in den Blick zu nehmen, um dann sozusagen möglicherweise durch aus diesem Prozess zu generierende Erkenntnisse zielgenauer, effektiver und auch mit dem klaren Ziel, wenn ich über Effektivität spreche, letztlich auch mehr Erfolge aus diesem Gesamtsystem zu generieren.

Wir reden hier über das Thema Spitzensportförderung. Das unterscheidet sich eben von dem bei den Ländern liegenden Thema des Breitensports fundamental. Es geht eben darum, in der Spitze zu fördern und diese Strukturüberlegungen anzustoßen, was sozusagen auch nicht überall auf Gegenliebe stößt; denn wenn man bestehende Strukturen mit dem Ziel in den Blick nimmt, sie möglicherweise an der einen oder anderen Stelle zu hinterfragen, gibt es natürlich auch immer an solchen Prozessen Beteiligte, die das etwas kritisch sehen.

Es gibt dazu also eine ganz klare Haltung, ein klares Bekenntnis zur Förderung von Spitzensport, mit der klaren Zusatzaussage: Dann muss es eben auch um die Förderung von Spitze und nicht von Breite gehen. Deswegen gibt es den umfangreich angestoßenen Reformprozess, der ja auf einer Reihe von Bausteinen fußt. Dabei geht es beispielsweise zum einen um die Frage, wo Stützpunkte vorgehalten werden, wie viele es gibt, ob es da einer Konzentration bedarf, auch von entsprechendem Know-how, Trainern, Betreuern und alldem. Dabei geht es aber auch um die Frage der Analyse bestehender Potenziale von Sportlern. Insofern gilt hinsichtlich Ihrer Frage, ob der Bundesinnenminister eine Haltung zur Spitzensportförderung hat: Ja.

Wenn Sie mich jetzt nach der finanziellen Ausstattung fragen, dann ist es tatsächlich so - darauf haben Sie ja netterweise in Ihrer Frage selbst gleich hingewiesen -, dass das Haushaltsrecht das vornehmste Recht des Parlamentes ist, nicht der Regierung, sodass im Prinzip der dortige Willensbildungsprozess abzuwarten ist, der dann stattfinden würde, wenn an einem neuen Bundeshaushalt gearbeitet werden würde. Dieser Zustand ist noch nicht erreicht. Aber in diesen Prozess würde dann sicherlich auch das Thema der Höhe der derzeit verwendeten Steuergelder für die Förderung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern münden.

Wenn ich darf, mache ich noch eine kleine Zusatzbemerkung, weil das von Ihnen angesprochene Interview ja auch eine Kritik in Bezug auf die Beteiligung der Athletinnen und Athleten selbst umfasst. Da ist es so, dass wir diese Kritik jedenfalls so verstehen, dass sie in Richtung der Spitzensportverbände zu lesen ist; denn dort ist letztlich dafür Sorge zu tragen, dass sich die Betroffenen und die Spitzensportler letztlich selbst sozusagen hinreichend mit ihrer Expertise und ihrem eigenen Erfahrungswissen in solche Prozesse einbringen können. Wir sind dem gegenüber jedenfalls als Innenministerium sehr offen und können sehr gut nachvollziehen, dass die Sportlerinnen und Sportler dieses Wissen eben gerne möglichst unmittelbar in solche Prozesse einspeisen möchten.

Zusatzfrage: Ich entnehme dem, dass der Innenminister durchaus nicht abgeneigt wäre, einer finanziellen Aufstockung der Spitzensportförderung zuzustimmen, wenn das Parlament in diese Richtung ginge.

In diesem Zusammenhang gefragt: Ein Teil der Spitzensportler wird ja dadurch gefördert, dass sie im Grunde Angestellte des Staates sind, zum Beispiel bei der Polizei beschäftigt sind. Ist auch daran gedacht, diese sozusagen staatsspezifische Förderung des Spitzensports durch eine Ausweitung entsprechender Kader oder Stellen weiter aufzustocken?

Dimroth: Zunächst einmal wollte ich mich jedenfalls nicht so verstanden wissen, dass ich mich jetzt sozusagen mit der Forderung von Herrn Hartung gemeinmache, was die finanzielle Aufstockung anbetrifft. Ich wollte darauf verweisen, dass das gesamte Thema sehr wohl in den Blick genommen wurde und auch in Bearbeitung ist, und zwar mehr mit dem Fokus darauf, dass die bestehenden Mittel effektiver eingesetzt werden, als dass es darum ginge, mehr Mittel einzusetzen. Das ist das eine.

Was bestehende Planungen angeht, die einer Bundeszuständigkeit unterliegen, worauf Sie ja zu Recht hingewiesen haben - hinsichtlich der recht weitreichenden, unmittelbaren Förderungen im Bereich der Bundeswehr könnte ich ohnehin nicht sprechen -, kann ich jedenfalls für den Bereich der Bundespolizei nicht von solchen systemischen Neuausrichtungen berichten. Das sind aus unserer Sicht wichtige und gute Instrumente, die auch funktionieren und gerade im Bereich des olympischen Wintersports ja auch immer wieder zu einer Reihe von wirklich vorzeigenswerten Erfolgen von Sportlerinnen und Sportlern führen, die eben entweder in der Spitzensportförderung der Bundeswehr beziehungsweise auch der Bundespolizei - im Übrigen auch im Zoll; das will ich nicht verschweigen - sind. Aber davon, dass da sozusagen eine Grundneuausrichtung in Planung wäre, kann ich nicht berichten.

Frage: Die demokratischen Abgeordneten im amerikanischen Kongress stellen heute einen Bericht vor, in dem vor russischen Einflussnahmeversuchen in Europa gewarnt und Präsident Trump aufgefordert wird, dagegen engagierter vorzugehen. Unter anderem werden in dem Bericht Facebook-Angestellte zitiert, die bestätigen, dass sogenannte Internet-Trolle, die vom Kreml unterstützt würden, vor den französischen und deutschen Wahlen im letzten Jahr versucht haben, hier politische Spannungen aufzuheizen.

Können Sie mir sagen, wie die Bundesregierung vier Monate nach der Bundestagswahl zum Thema russische Einflussnahmeversuche in Europa beziehungsweise Deutschland steht und ob sie auch will, dass sich die USA mehr dagegen engagieren? Die Frage richtet sich an Herrn Seibert oder auch vielleicht an Herrn Dimroth.

StS Seibert: Sie sprechen einen Bericht an, den ich gar nicht kenne und den man vielleicht auch erst einmal gelesen haben sollte, bevor man über ihn ausführlicher spricht - jedenfalls von meiner Seite aus.

Zu diesem Thema ist ja hier vielfach gefragt und geantwortet worden. Die Tatsache, dass es Versuche der Desinformation im digitalen Bereich gibt und dass manche dieser Versuche aus russischen Quellen stammen, andere aus anderen Ecken der Welt kommen, ist eine Tatsache, ein Faktor, der die digitale Kommunikation vor allem in den letzten Jahren verändert hat, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in vielen europäischen Ländern und sicherlich auch in den USA.

Wir als Bundesregierung haben dem Aufmerksamkeit gewidmet und tun das weiterhin. Wir sind sensibilisiert; wir schauen uns das sehr viel genauer an, als wir das sicherlich vor zwei, drei Jahren noch getan haben, weil das Phänomen eben auch zugenommen hat. Wir sprechen darüber auch durchaus mit europäischen Partnern und arbeiten mit ihnen zusammen. Mehr kann ich Ihnen an dieser Stelle dazu eigentlich nicht sagen.

Zusatzfrage: Sie sagen, sie arbeiten mit europäischen Partnern zusammen. Auch mit den amerikanischen Partnern zu dem speziellen Thema?

StS Seibert: Für uns ist zunächst einmal Europa dabei wichtig. Sie wissen vielleicht, dass der Europäische Auswärtige Dienst eine eigene kleine Einheit hat, die solche Vorkommnisse, solche Phänomene im digitalen Raum sehr genau beobachtet - und zwar in vielen Ländern Europas - und dieses Wissen allen zur Verfügung stellt. Das heißt, auch da ist die Sensibilisierung vorhanden und man arbeitet intensiv zusammen.

Ich kann Ihnen über eine Zusammenarbeit mit amerikanischen Stellen an dieser Stelle nichts sagen; das weiß ich nicht. Aber natürlich besteht die Offenheit, über so etwas auch ins Gespräch zu kommen. Ich möchte mich jetzt nicht festlegen, ob es da auch Kontakte gibt. Das müsste ich vielleicht nachreichen.

Frage: Ich wüsste gerne, welche Kabinettsmitglieder dieses Jahr nach Davos fahren. Ich weiß, dass Frau von der Leyen nach Davos reist. Können wir das ganz kurz klären? Fährt noch einer der Minister dahin? Ich glaube, die Kanzlerin fährt nicht. Das war schon geklärt.

StS Seibert: Ich kann Ihnen dazu heute keine Auskunft geben. Wie immer würden wir Termine der Bundeskanzlerin jeweils am Freitag der Vorwoche bekanntgeben.

Kolberg: Herr Altmaier fährt nicht.

Jornitz: Von unserer Seite aus fährt auch niemand.

Adebahr: Für den Bundesaußenminister gilt die Antwort, die Herr Seibert gegeben hat.

Haufe: Die Bundesbauministerin wird dorthin reisen, weil es am Rande des Treffens ein größeres Zusammenkommen zum Thema Bauen gibt.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Opel an das Wirtschaftsministerium. Opel hat bekanntermaßen mittlerweile für fast alle Abteilungen Kurzarbeit angemeldet, und Kurzarbeitergeld ist auch bewilligt worden. Ich hätte gerne gewusst, wie Sie die Vorgänge dort beurteilen - es sind ja auch Steuergelder im Spiel -, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass PSA versucht, in Frankreich 1300 Mitarbeitern zu kündigen.

Jornitz: Das ist mir jetzt, ehrlich gesagt, nicht bekannt. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

Die Frage, wie das Unternehmen gerade die Arbeit organisiert, ist natürlich erst einmal eine unternehmerische Frage, die man als Wirtschaftsministerium an sich nicht zwingend kommentieren kann.

Zusatzfrage: Es gab im April eine gemeinsame Erklärung von Ministerin Zypries und weiteren Beteiligten, so auch dem PSA-Chef. Es wurde damals vereinbart, im Interesse einer langfristigen Zukunftsfähigkeit von Opel und seiner Beschäftigten einen offenen und konstruktiven Dialog fortzuführen. Ich hätte gerne gewusst, ob es diesen Dialog noch gibt und wenn nein, wann er beendet wurde.

Ich würde den Regierungssprecher gerne fragen: Herr Seibert, die Kanzlerin hat, glaube ich, vor Jahresfrist mit dem PSA-Chef telefoniert. Gab es in letzter Zeit ähnliche Kontakte, also wieder ein Telefonat?

Als es damals um den Zusammenschluss von Peugeot und Opel ging, also unter dem Dach von PSA, sagten Sie: "Wir bauen darauf, dass PSA alles unternimmt, um Opel und die Standorte gemeinsam erfolgreich weiterzuentwickeln." Könnten Sie sagen, ob das, was jetzt bei Opel passiert, in diesem Sinne ist?

Jornitz: Das ist mir, wie gesagt, gerade nicht bekannt. Das muss ich nachreichen.

StS Seibert: Ich kann Ihnen von einem solchen Gespräch der Bundeskanzlerin aus der letzten Zeit nicht berichten und muss sagen, dass ich die derzeitige Situation bei Opel jetzt auch nicht für die Bundesregierung kommentieren kann. Das müsste ich an das zuständige Ministerium weitergeben.

Mittwoch, 10. Januar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 10. Januar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/01/2018-01-10-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2018

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