Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1351: Kanzlerin Merkel und der albanische Ministerpräsident Rama, 28.11.2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Berlin - Montag, 28. November 2016
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsident der Republik Albanien, Edi Rama


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass ich den Premierminister von Albanien, Edi Rama, heute hier bei uns begrüßen kann - ich darf sagen: wieder einmal begrüßen kann. Wir wollen uns heute über die neuesten politischen Entwicklungen in Albanien austauschen; wir tun dies sehr regelmäßig. Mir ist es heute eine besondere Ehre, dies am Nationalfeiertag Albaniens zu tun. Ich möchte deshalb dem Premierminister und allen Bürgerinnen und Bürgern Albaniens meine herzlichsten Glückwünsche für den heutigen Tag aussprechen und Albanien eine gute Entwicklung wünschen.

Albanien ist seit dem Umbruch vor 26 Jahren ein wichtiger Partner und Verbündeter in der Nato geworden, mit dem uns freundschaftliche und enge Beziehungen verbinden - das darf ich auch bilateral sagen. Wir dürfen am heutigen Tag feststellen, dass sich Albanien in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt hat und dass wichtige Reformschritte unternommen wurden und auch weiterhin unternommen werden. Die Europäische Kommission verfolgt die Entwicklung in Albanien kontinuierlich und hat diese Fortschritte in ihrem jüngsten Länderbericht auch gewürdigt. Ich möchte dem Premierminister Edi Rama ganz herzlich zu diesen Fortschritten gratulieren.

Die Bundesrepublik Deutschland hat versucht, Albanien bei dem bisher Geleisteten immer wieder zu unterstützen, zum Beispiel indem wir auch Vertreter in die europäische Rechtsstaatsmission EURALIUS entsandt haben. Das hat ganz entscheidend dazu beigetragen, dass die Justizreform jetzt auch ins Werk gesetzt werden konnte und Recht geworden ist.

Jetzt geht es natürlich darum, diesen Weg nach diesen wichtigen Wegmarken fortzusetzen. Die Europäische Kommission benennt dabei fünf Prioritäten. Dazu gehört unter anderem die nachhaltige Implementierung dieser Justizreform. Dazu gehört natürlich auch die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption. In diesem Zusammenhang sind permanente Maßnahmen auf der Agenda, und das hat die Europäische Kommission auch so gesagt. Natürlich wird sich Albanien mit Blick auf die Wahlen mit Sicherheit auch mit der OSZE eng abstimmen.

Ich glaube, dass wir insgesamt sagen können, dass hier Wichtiges geleistet wurde. Wer sich die zum Teil auch innenpolitischen Auseinandersetzungen anschaut, der weiß, dass es viel Kraft und viel Mut braucht, um diesen Weg durchzuführen. Wir werden uns dann noch im Einzelnen darüber unterhalten, wie Deutschland dabei helfen kann, dass dieser Weg weiter erfolgreich gemeistert wird.

Herzlich willkommen, lieber Edi Rama!

MP Rama: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, liebe Angela, vielen Dank für die Einladung, heute nach Berlin zu kommen, am 28. November, an unserem Nationalfeiertag, 104 Jahre nach der Erklärung der Unabhängigkeit und in einem sehr wichtigen Augenblick für Albanien auf dem Weg zur vollständigen Integration in die Europäische Union. Vielen Dank auch für die Tatsache, dass Sie trotz Ihrer außerordentlich dichten Agenda Zeit gefunden haben, mich wieder zu treffen, offiziell zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren.

Die Albaner in Albanien, aber auch im Kosovo und überall in unserer Region sind Ihnen in tiefem Dank für die tatkräftige Unterstützung verbunden, die Deutschland und Sie persönlich für die Schaffung der Bedingungen geleistet haben, um dem Frieden auf dem Balkan eine neue Qualität der regionalen Zusammenarbeit zu geben. Der Berliner Prozess hat sich zu einem breiten Feld der Zusammenarbeit, der Kommunikation und des Austausches zwischen Staaten und Bürgern unserer Region entwickelt. Das regionale Jugendwerk ist ein Beispiel dafür.

Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich noch einmal betone, dass diese neue Situation in der Region mit der großen Anziehungskraft zu tun hat, die Europa für uns hat, was auch Sie betont haben. Gleichzeitig möchte ich noch einmal betonen, dass diese sehr positive Situation für unsere Region weder von uns noch von unseren Freunden und Partnern für immer als selbstverständlich angesehen wird. Denn in unserem regionalen Raum sind auch Dritte als Akteure tätig, die jede Unsicherheit, Unklarheit und jedes Vakuum ausnutzen werden, um unsere Beziehungen zur Europäischen Union zu stören.

Der Prozess der europäischen Integration für unsere Region soll ein ehrlicher Prozess und auch voraussehbar sein. Albanien und die Albaner verlangen auf ihrem Weg zur Europäischen Union nichts, was sie nicht verdient haben. Wir sind diesen Weg nicht deshalb gegangen, weil Brüssel, Berlin oder Paris uns das aufgezwungen hätten, sondern weil unsere Gründerväter das vor 104 Jahren als Teil eines alten Wunsches, sich vom Osten zu trennen und sich dem Westen anzuschließen, vorgeschrieben haben. Genauso zwingt uns dazu auch das Interesse der kommenden Generationen, in einem demokratischen Staat zu wohnen. Aus diesem Grund haben wir unsere Hausaufgaben niemals als eine Last gesehen, die uns die Ausländer auferlegt haben, sondern als ein Bekenntnis gegenüber unseren Kindern.

Dies im Sinn, haben wir in den vergangenen drei Jahren tiefgehende Reformen durchschritten. Dank Ihrer Unterstützung haben wir eine sehr wichtige und umfangreiche Justizreform vorgenommen. Mit Recht wird dieser Reform eine Schlüsselrolle auf unserem Weg in die Europäische Union beigemessen.

Ich bin heute sehr stolz, dass Sie mir gesagt haben, dass wir Ihre Unterstützung haben, um Mitglied der Europäischen Union zu werden. Gleichzeitig sind wir stolz, dass wir diesen Wunsch mittlerweile in unserer Verfassung verankert haben.

Albanien versteht und unterstützt die Bedingungen der Europäischen Kommission, dass das sogenannte Vetting Law der Richter umgesetzt werden soll, bevor wir (auf dem Weg Richtung EU) weitergehen. Sehr wichtig ist für uns der Fortschritt in Bezug auf die fünf Schlüsselprioritäten. Das ist für uns auch ein Leitfaden auf unserem Weg in die Europäische Union.

Als letzten Punkt bin ich, liebe Frau Bundeskanzlerin, der Auffassung - und Albanien verlangt dies -, dass Albanien dieselbe Loyalität verdient hat, die Albanien gegenüber der Europäischen Union gezeigt hat. Dank Ihrer Politik, die vom europäischen Geist inspiriert ist, bekommt Albanien davon auch etwas zurück.

Ich möchte noch einmal meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass nicht nur Albanien die Europäische Union braucht, sondern dass die Europäische Union auch Albanien braucht. Ich möchte meine Garantie aussprechen, dass wir genauso, wie wir bis jetzt Ihr Vertrauen nicht missbraucht haben, auch weiterhin hart daran arbeiten werden, damit wir eines Tages bereit sind, Mitglied der Europäischen Union zu werden.

Wir sprechen Ihnen unseren großen Dank aus für alles, was Sie tun, damit die Welt eine bessere Welt wird.

Montag, 28. November 2016

*

Quelle:
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsident der
Republik Albanien, Edi Rama, in Berlin am 28. November 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/11/2016-11-28-merkel-rama.html;jsessionid=BD1CE59E5F7D03A5B3DAB2042218F3AA.s7t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang