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INNEN/4185: Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 23.04.2013

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen:



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Seit der Selbstanzeige von Ulli Hoeneß ist die Steuerflucht wieder im Fokus der Diskussion. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Man muss objektiv festhalten: Hätte Rot-Rot-Grün das Steuerabkommen mit der Schweiz nicht verhindert, würden wir nicht über einen Einzelfall diskutieren, sondern hätten ein geordnetes Verfahren, das zukünftig solche Steuerhinterziehungstatbestände ausschließt. Und hätten rückwirkend für zehn Jahre eine Nachbesteuerung von bis zu 41 Prozent aller dieser Fälle mit Steuereinnahmen von etwa zehn Milliarden Euro.. Aber es ist zu Fall gebracht worden. In der Angelegenheit Hoeneß muss jetzt geprüft werden, wie konkret der Fall gelagert ist. Das ist die Aufgabe der Justizbehörden,. Es sind übrigens bereits im Mai 2011 von der jetzigen Bundesregierung die Regeln der Selbstanzeige verschärft worden. Auch die Rechtsprechung hat dazu geführt, dass sie jetzt schärfer sind, als sie zuvor waren.

Die SPD macht das, was sie meistens macht. Sie spricht mit unterschiedlichen Stimmen. Herr Poß möchte die Voraussetzung für Selbstanzeigen verschärfen, Herr Steinbrück findet die Regelung, wie sie heute besteht, in Ordnung. Ich glaube, die Genossen wollen davon ablenken, dass sie durch ihre Blockade im Bundesrat ein geordnetes Verfahren unmöglich gemacht haben.

Ein zweiter Punkt, der heute eine Rolle spielen wird, ist die EEG-Umlage. Es gibt die Ankündigung heute, dass wir demnächst über sieben Cent liegen werden. Mit der Mehrwertsteuer kommen19 Prozent dazu.Ich halte das für unverantwortlich, dass die vereinigten linken Länder es abgelehnt haben, über eine Strompreisbremse zu verhandeln. Damit sind die Möglichkeiten, hier tätig zu werden, erheblich eingeschränkt.

Zu den neuen Eurostat-Zahlen: Es ist heute deutlich geworden, dass Deutschland das einzige EU-Land ist, das einen Überschuss hat im Haushalt, es sind 0,2 Prozent. Die Gesamtschuldenlast Europas steigt auf 9,5 Billionen Euro. Das sind durchschnittlich 91 Prozent. Nach den Maastricht-Kriterien dürfen es maximal 60 Prozent sein. Wir sind also mit 91 Prozent im Schnitt deutlich darüber.

Keinerlei Verständnis habe ich für den EU-Kommissionspräsidenten Barroso. Er fordert, dass man jetzt das Ende des Schuldenabbaus einleiten soll. Das ist meines Erachtens ein völlig falscher Ratschlag, auch die völlig falsche Politik. Wenn wir die Strukturen nicht konsolidieren, gefährden wir die Preisstabilität, die Geldwertstabilität und den Genesungsprozess der europäischen Länder. Die Voraussetzung ist, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit steigern, um mit anderen Regionen der Welt mithalten zu können. Es hat keinen Sinn, mit Liquidität die Strukturprobleme in Europa zuzuschütten. Da muss ein klarer Kurs gehalten werden, damit man wieder aufschließen kann in den Strukturen der Wettbewerbsfähigkeit.

Thema Mindestlohn: Der Abschluss im Friseurhandwerk, in Stufen auf einen Mindestlohn von 8,50 Euro zu gehen, zeigt einmal mehr, wie überflüssig ein gesetzlicher Mindestlohn ist. Hier funktioniert die Tarifautonomie. Die Tarifpartner machen das in ihrer eigenen Verantwortung, und Frau Nahles hat ihr Musterbeispiel der niedrigen Gehälter im Friseurhandwerk verloren.

Das NDP-Verbotsverfahren: Hier ist ja unsere Auffassung völlig klar. Die SPD hat ihren Antrag gestellt und interessanterweise haben sich die Grünen dem nicht angeschlossen, trotz der zur Schau gestellten engen Umarmung auf den Parteitagen zwischen Frau Roth und Herrn Gabriel. Die FDP wird diesen Antrag mit großer Geschlossenheit ablehnen.

Frage: Ist das Instrument der Steueramnestie überhaupt noch sinnvoll? Müsste man nicht sofort bestraft werden?

BRÜDERLE: Ich erinnere daran, dass früher auch der Finanzminister der SPD, Herr Eichel, nach einer Steueramnestie gerufen hatte. So war damals die Rechtslage. Seit Mai 2011 hat die Bundesregierung die Selbstanzeige wesentlich eingeengt. Es war das Bemühen, damit wieder auf Dauer die Legalität hineinzubringen. Ich würde jetzt nicht aus der Hüfte heraus entscheiden. Jetzt haben wir einen prominenten Fall, den man noch nicht abschließend beurteilen kann. Im Rechtsstaat gilt ja die Unschuldsvermutung, bis eine Verurteilung erfolgt ist. Es wäre ein Fehler, diese Dinge jetzt im Schnellschuss anzugehen. Frage: Der Bundesinnenminister hat heute früh sehr heftig den Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes kritisiert, weil er hier gemahnt hat zur Zurückhaltung bei der Videoüberwachung nach den Boston-Anschlägen. Wie beurteilen Sie die Attacke?

BRÜDERLE: Ein Gerichtspräsident ist sicherlich eine Instanz, die eine dezentere Pressearbeit pflegt als der Innenminister. Er kann aber seine Meinung mit einbringen. Es ist durchaus legitim, dass er seine Meinung geäußert hat, die sich im Übrigen mit meiner deckt.

Frage: Herr Barroso äußert das, was eigentlich alle südeuropäischen Länder denken. Das ist das, was angestrebt wird. Das, was die zukünftige Politik ausmacht. Auch Frankreich, zumindest in weiten Teilen. Es summiert sich doch schon fast langsam.

BRÜDERLE: Man muss im Zweifel zu seiner Überzeugung stehen. Unsere Mitgift für die europäische Zukunft ist eine hohe Sensibilität der Geldwertstabilität und eine klare ordnungspolitische Linie. Dass diejenigen, die schwierige Anpassungsprozesse vor sich haben, Bedenken haben, ist nachvollziehbar. Es gibt ja unsere Solidarität. Aber die kann nicht so sein, dass man die Strukturen weiter falsch bestehen lässt und permanent Schulden macht.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2013