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INNEN/4203: Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 14.05.2013

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir haben heute leider einen traurigen Beginn der Fraktionssitzung. Wir werden mit einer Gedenkminute an unseren Kollegen Max Stadler beginnen. Wir sind noch immer fassungslos, dass er völlig überraschend am Sonntag verstorben ist und werden ihn heute hier in der Fraktion würdigen. Die Familie wünscht eine Beerdigung im engsten Familienkreis. Am Freitag wird die Justizministerin in ihrem Ressort mit den Mitarbeitern des Hauses und den eng verbundenen Parlamentariern eine Gedenkveranstaltung durchführen.

Wir werden uns heute mit den Pharmatests in der DDR zu beschäftigen haben. Die Berichte sind erschreckend. Menschen sind anscheinend unwissentlich zu Testobjekten von Pharma-Produkten gemacht worden. Das ist absolut unwürdig. Die Umstände müssen voll aufgeklärt werden. Wir begrüßen, dass der Bundesinnenminister die Aufklärung auf den Weg gebracht hat.

Heute hat der Demografie-Gipfel der Bundesregierung stattgefunden. Das ist eine Veränderung, die unsere Gesellschaft und die Wirtschaft nachhaltig beeinflussen wird. Wir werden im Jahr 2060 etwa ein Fünftel der Bevölkerung, rund 17 Millionen Einwohner weniger in Deutschland haben. Ich war völlig überrascht, dass der DGB Vorsitzende Herr Sommer im Deutschlandfunk als erstes Steuererhöhungen gefordert hat. Das erschließt sich mir in keiner Weise. Was wir machen müssen, ist eine bessere Förderung von Familien, wozu vor allen Dingen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehört. Die Sozialsysteme müssen zukunftsfest gemacht und auf diese schrumpfende Bevölkerungszahl ausgerichtet werden. Der Pflege-Bahr ist ein Element, das in diese Richtung bereits vorbildlich ist.

Wir werden die Fachkräftezuwanderung noch weiter erleichtern müssen. Diese ist eine entscheidende Schwachstelle unserer Wirtschaft. Eine Tätigkeit in unserem Lande in Betracht zu ziehen, ist auch eine Chance für viele Menschen in unseren Partnerländern mit Schwierigkeiten. Die FDP spricht sich deswegen für eine doppelte Staatsangehörigkeit aus. Wir haben auch die Vorstellung, wie in Kanada, durch ein Punktesystem, die Zuwanderung zusätzlich zu erleichtern.

Diese Woche steht auch das Thema EU-Beitritt Kroatiens als 28. Land der Europäischen Union auf der Tagesordnung. Am Donnerstag werden die entsprechenden Gesetze im Bundestag abschließend beschlossen werden. Ich begrüße es sehr, dass Kroatien in dem Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission erhebliche Veränderungsprozesse bei der Rechtstaatlichkeit erreicht hat und die Bekämpfung der Korruption auf den Weg gebracht hat. Es gibt noch einige wenige Fragen, etwa den Grenzverlauf zwischen Kroatien und Serbien, der noch zu klären ist. Aber die Basis ist gegeben, dass Kroatien jetzt auch Mitgliedland in der Union werden kann.

Dann haben wir diese Woche eine Fülle von Gesetzen zur Regulierung des Bankensektors. Ich will sie hier nur kurz erwähnen: Wir regeln alternative Investmentfonds, das sind im wesentlichen Hedgefonds. Wir setzen für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapieren höhere Anforderungen an Qualität und Quantität der Geschäfte voraus. Wir haben weiterhin ein Gesetz zur Übertragung von Rechten auf die europäische Ebene geschaffen, gemeint ist die Bankenaufsicht. Zunächst wird man hier ein Netzwerk zusammenschalten, um daraus die Wegbereitung einer einheitlichen Bankenaufsicht für systemrelevante und große Banken in Europa auf den Weg zu bringen. Wir haben das Restrukturierungsgesetz für Banken in Deutschland ergänzt. Ab einer bestimmten Größenordnung werden bestimmte spekulative Geschäfte besonders behandelt. Ich will das nur kurz streifen, weil es sehr komplizierte Zusammenhänge sind. Aber diese führen dazu, dass wir unsere Finanzmarktgegebenheiten in Europa weiter klar ordnen, damit Sicherheit in diesen Sektor hinein kommt.

Dann wurde diese Woche ein Teil des Kompetenzteams von Herrn Steinbrück vorgestellt. Das passt zu Steinbrück wie das Programm der SPD, nämlich gar nicht. Das ist ein Rückschritt. Ein engagierter Gegner der Agenda 2010, die ein wichtiges Element in Deutschland ist und auch einen entscheidenden Beitrag für die gute Arbeitsmarktentwicklung geleistet hat, wurde zum Schattenminister berufen. Das ist nicht das Marschieren in die neue Zeit, sondern der Rückmarsch in alte Strukturen von vorgestern. Man hat das Gefühl, dass dieses Team ein Tauziehen veranstaltet. Herr Steinbrück ist das Tau. Mal sehen, in welche Richtung er gezogen wird.

Dann gab es den Brief von Herrn Trittin an den Deutschen Industrie- und Handelskammertag, wo er sich über die Stellungnahme zu seinen steuerpolitischen Vorstellungen beschwert hat. Aber die haben absolut Recht. Es gibt ja die Kronzeugen bei den Grünen selbst: Herr Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen, der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmar, sein sozialdemokratischer Stellvertreter Herr Schmidt und jetzt auch Frau Scheel, die viele Jahre die Mittelstandsexpertin der Grünen war.

So wie die Grünen kann man es nicht machen. Man muss dabei sehen, dass es nicht nur die Steuererhöhungen sind, die praktisch etwas ab einem Gehalt von etwas über 5.000 Euro brutto greifen. Es kommt die Abschaffung des Ehegattensplittings hinzu, was Familien schlechter stellt, und die Erhöhung der Versicherungsbeitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Steuererhöhungsorgie ist ein Anschlag auf die Mitte. Die Begründung, man bräuchte das, um die Infrastruktur auszubauen, ist schlicht falsch. Da genügt ein Blick nach Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, wo sie regieren: Verfassungswidrige Haushalte, trotz hoher Steuereinnahmen, aber dennoch mehr Ausgaben, mehr Verschuldung und nicht mehr Infrastruktur. Die Kritik des Deutschen Industrie- und Handelskammertages ist voll berechtigt. Was die Grünen machen, ist völlig falsch. Wenn die Wirtschaft das erkennt, spricht es für die Wirtschaft.

Frage, ob beim Thema Lohnuntergrenzen noch in dieser Legislaturperiode etwas erreicht werden kann.

BRÜDERLE: Die Union kennt unsere Vorstellungen. Wir sind immer gesprächsbereit. Ich halte das für offen. Wir werden sehen, ob sich daraus etwas ergibt. Ich sehe momentan nicht, dass sie auf uns zugehen, aber wir sind immer gesprächsbereit. In einer gut funktionierenden Koalition, und sie funktioniert gut, kann man mit uns immer reden.

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2013