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INNEN/4513: Berechtigte Kritik des Bundespräsidenten und Lösungsvorschläge


fdk - freie demokratische korrespondenz 577/2015 - 27. November 2015

BEER: Berechtigte Kritik des Bundespräsidenten und Lösungsvorschläge


Berlin. Zur Rede Bundespräsident Joachim Gaucks heute im Bundesrat erklärt FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER:

"Bundespräsident Joachim Gauck hat Recht, wenn er offensichtliche gravierende Mängel in der Zusammenarbeit der staatlichen Institutionen bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems deutlich und direkt im Bundesrat anspricht. Nicht immer und überall hält das Niveau des Behördenhandelns hier dem Vergleich mit dem bürgerschaftlichen Engagement so vieler deutscher Freiwilliger bei der Flüchtlingsversorgung stand. Wir pflichten dem Bundespräsidenten bei, wenn er Staatsversagen beim Namen nennt.

Die FDP hat ein komplexes Programm für eine bessere Flüchtlingspolitik erstellt, darunter auch Vorschläge zur Entbürokratisierung und Entlastung der Kommunen. Danach sollte, um unnötige Mehrfacherfassungen und -behandlungen zu vermeiden, von jedem Flüchtling ein einziger Datensatz (Flüchtlingskarte) erstellt werden, auf den alle zuständigen Stellen - auch Jobcenter und Sozialämter - zugreifen können. Zudem sollte auch die Polizei Asylverfahren eröffnen dürfen; denn diese ermittelt ohnehin regelmäßig gegen Flüchtlinge wegen unerlaubter Einreise. Bislang werden diese Verfahren in fast allen Bundesländern von den Zentralen Aufnahmeeinrichtungen ignoriert und eigene Asylverfahren eingeleitet.

Unter Beachtung des Datenschutzes sollte schnell für die Kompatibilität der Datenverarbeitungssysteme der verschiedenen Behörden sowie für die Digitalisierung der Behördenkommunikation gesorgt werden. So könnte auch das Engagement von Helfern erleichtert werden.

Als Herr über die Asylverfahren sollte der Bund die entstehenden Kosten vollständig übernehmen. Die Kommunen benötigen dringend finanzielle Entlastung. Deshalb müssen die bereits beschlossenen Bundesmittel ohne Abzüge an sie weitergeleitet werden. Bei der Zuteilung von Flüchtlingen sollte ihnen zudem eine Vorlaufzeit von mindestens zwei Wochen gewährt werden. Denn nur so ist es möglich, die Bevölkerung umfassend und ausreichend im Vorfeld von geplanten Maßnahmen zu informieren und Mindeststandards der Unterbringung zu gewährleisten. Gerade diese Transparenz ist Voraussetzung für die Akzeptanz von Flüchtlingsunterkünften vor Ort.

Ferner müssen den Kommunen verstärkt Immobilien des Bundes und der Länder als Notunterkünfte im Amtshilfeverfahren zur Verfügung gestellt werden. Zur weiteren Entlastung der Kommunen sollten Flüchtlinge, die bereits in Deutschland lebende Verwandte haben, verstärkt die Möglichkeit erhalten, bei diesen untergebracht zu werden.

Auch die Verantwortung für das zentrale Management liegt beim Bund. Die Schaffung eines Koordinators und eines Lenkungsausschusses auf Bundesebene reichen nicht. Koordinatoren sind auch auf Länder- und Landkreisebene nötig. Das könnten zum Beispiel Spitzenbeamte im Ruhestand sein, die als Ansprechpartner für die Kommunen zur Verfügung stehen, als Sprachrohr für örtliche Probleme dienen sowie Hilfsangebote des Bundes kommunizieren und in ihrem Zuständigkeitsbereich die Umsetzung koordinieren.

Gefordert ist der Bund auch bei der flexibleren Handhabung der Flüchtlingsverteilung innerhalb Deutschlands. Diese erfolgt nach objektiven Verteilerschlüsseln. Individuelle Kapazitätsunterschiede bleiben unberücksichtigt. Hier muss es durch bundesweite Steuerung einen flexiblen Ausgleich geben, so dass Regionen mit freien Kapazitäten die Möglichkeit erhalten, gegen einen finanziellen Ausgleich mehr Flüchtlinge unterzubringen.

Flüchtlinge sollen möglichst schnell ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise selbst bestreiten können. Das entspricht dem Willen der meisten Flüchtlinge, und es entlastet unseren Sozialstaat. Die Integration in Arbeit muss daher von Anfang an konsequent gefördert werden. Gerade auf diesem Gebiet hat sich die Bundesregierung bislang nur zu halbherzigen Schritten durchgerungen.

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Quelle:
fdk - freie demokratische korrespondenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2015

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