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NORDRHEIN-WESTFALEN/2322: Anhörung im Verkehrsausschuss zu Mobilitätskonzepten der Zukunft (Li)


Landtag intern 2/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Zu Wasser, zu Lande und in der Luft
Anhörung im Verkehrsausschuss zu Mobilitätskonzepten der Zukunft

von Thomas Becker


21. Februar 2018 - Stau auf der Straße, Verspätungen auf der Schiene, marode Brücken: Die Fraktionen von CDU und FDP fordern einen "Neustart" der Verkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen. Bei einer Anhörung im Verkehrsausschuss haben sich Sachverständige zu Mobilitätskonzepten der Zukunft geäußert.


Grundlage war der Antrag "Neustart in der Verkehrspolitik - Gemeinsam die Zukunft der Mobilität gestalten!" (Drs. 17/1282). Die Landesregierung solle "ideologiefrei alle notwendigen Schritte zur umfassenden Ertüchtigung der Infrastruktur aller Verkehrsträger" angehen, heißt es im Antrag. Mobilität müsse "ganzheitlich betrachtet werden, um die Effizienz der Verkehrsnetze verkehrsträgerübergreifend auf Straßen, Schienen, im Wasser, in der Luft sowie im Personen- und im Güterverkehr zu erhöhen". Auch Carsharing-Modelle, Konzepte für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie die Potenziale der Digitalisierung sollten weiterentwickelt werden.

Alle Sachverständigen stimmten der Beobachtung zu, dass die Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen derzeit an ihre Kapazitätsgrenzen stoße. Die Deutsche Bahn AG geht davon aus, dass es in Zukunft nötig sein wird, "viel konsequenter als bisher auf neue Technologien und Digitalisierung zu setzen". Die Bahn habe das Programm "Digitale Schiene" gestartet. Ziel sei es, beispielsweise durch digitale Leit- und Sicherungstechnik sowie digitale Stellwerke im Schienennetz "bis zu 20 Prozent mehr Kapazität zu schaffen, ohne dass neue Strecken gebaut werden müssen".

Der ADAC Nordrhein stellte fest, dass es in Ballungsräumen eine "zunehmende Verdichtung" des Verkehrs gebe, während in ländlichen Räumen die "Mobilitätssicherung" im Vordergrund stehe. Die Zukunft gehöre "integrierten Mobilitätskonzepten". Menschen müssten dabei "emissionsfrei, automatisiert und in einer vernetzten Systemmobilität aus öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Individualverkehr unterwegs sein können".

Der Fahrgastverband Pro Bahn NRW bemängelte, dass der Antrag der Fraktionen überwiegend auf die Situation im Straßenverkehr eingehe. Im Schienenverkehr seien allerdings auch "fehlende baureife Planungen" festzustellen. Das Streckennetz der Deutschen Bahn sei in den vergangenen Jahren im Gegensatz zum Straßennetz weiter geschrumpft. Verspätungen seien "immer häufiger auf Mängel oder Bauarbeiten im Netz zurückzuführen".

"Kapazitäten ausgeschöpft"

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Nordrhein-Westfalen verwies in seiner Stellungnahme auf die aktuell diskutierte Forderung nach einer kostenlosen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Hier sei "dringend" zu beachten, "dass die ÖPNV-Systeme gerade in den Ballungsräumen und besonders im Berufsverkehr praktisch keine nennenswerten Kapazitätsreserven mehr besitzen".

Der Verkehrsclub Deutschland - Landesverband NRW stellte "mit Erstaunen und Sorge" fest, dass im Antrag von CDU und FDP "die Umwelt mit keinem Wort erwähnt wird, obwohl von Klimaschutz über Lärmschutz bis Luftreinhaltung schwerwiegende akute Umweltprobleme des Verkehrs zu lösen sind". Um eine EU-Klage abzuwenden, müssten dringend Luftreinhaltepläne aufgestellt werden. Es brauche eine "koordinierte Umwelt- und Verkehrspolitik".

Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt bemerkte, dass in keinem anderen Bundesland so viele Güter über Flüsse und Kanäle transportiert würden wie in Nordrhein-Westfalen. Der Gütertransport auf dem Wasser stelle zudem "die umweltschonendste Lösung" dar. "Binnenschiffe verursachen keinen Stau, emittieren im Vergleich zu Straße und Schiene mit Abstand die geringsten klimaschädlichen Gase (CO2) und sind auch in puncto Lärm und Unfallzahlen vorbildlich."

Das Technologie-Unternehmen door2door bemerkte, dass in Zukunft digitale Technologien gerade für den ÖPNV eine zunehmende Rolle spielten - etwa bei sogenannten Ridesharing-Modellen: Eine Smartphone-App bündele dabei die Anfragen mehrerer Fahrgäste, ein Shuttlebus bringe sie sicher ans Ziel. Digitale Angebote sollten von ortsansässigen Verkehrsverbünden und der Stadt als ergänzendes Angebot zum ÖPNV realisiert werden.

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie stellte fest, dass sich Mobilität und Verkehr aktuell im massiven Umbruch befänden. Der Straßenbau müsse "in seiner Kapazitätsauslegung heute schon völlig neue Mobilitätsmuster antizipieren". Das gelte insbesondere für Sharing-Modelle im Verkehr sowie Optionen des autonomen Fahrens.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft bemerkte, dass die Verkehrsinfrastruktur in NRW "seit Jahren - auch im Luftverkehr - an ihre Kapazitätsgrenzen stößt". Über das "richtige Bekenntnis zum Ausund Neubau der Verkehrsinfrastruktur sowie zur Beschleunigung von Planungs-, Genehmigungs- und Bauvorhaben hinaus" bleibe der vorgelegte Antrag "sehr im Allgemeinen".

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Quelle:
Landtag intern 2 - 49. Jahrgang, 06.03.2018, S. 17
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2018

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