Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

SCHLESWIG-HOLSTEIN/1932: Investitionen in die Zukunft oder Absturz in die Verschuldung? (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 02 - Februar 2013

Investitionen in die Zukunft oder Absturz in die Verschuldung? Haushalt 2013 nach kontroverser Debatte beschlossen



Mehr als vier Stunden Debatte, fast 30 Wortbeiträge und zum Abschluss ein 90-minütiger Abstimmungsmarathon über Dutzende Änderungsanträge: Es ging hoch her im Plenarsaal, bis der Landeshaushalt für 2013 in trockenen Tüchern war. SPD, Grüne und SSW stimmten schließlich für den Etat, den die Landesregierung im November vorgelegt hatte und den die Koalitionsfraktionen punktuell geändert hatten. CDU, FDP und die Piraten fanden für ihre eigenen Vorschläge erwartungsgemäß keine Mehrheit und votierten geschlossen gegen das Zahlenwerk der Koalition.


Der erste Haushalt der Nord-Ampel sieht Ausgaben von 9,65 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 450 Millionen vor. Für Zinsen auf alte Schulden zahlt das Land fast eine Milliarde Euro. Dennoch halte die Nord-Ampel die Vorgaben der Schuldenbremse ein und setze zugleich Schwerpunkte in den Bereichen Bildung, Soziales und Energiewende, hob SPD-Fraktionschef Ralf Stegner hervor. Im Gegensatz zu den schwarz-gelben Vorgängern, die "ohne Sinn und Verstand" Ausgaben zusammengestrichen hätten, setze die Nord-Ampel auf "neue Impulse, intelligente Investitionen, soziale Verantwortung" und halte gleichzeitig am Konsolidierungskurs fest. So bekommen beispielsweise dänische Schulen, Blinde und Frauenhäuser nun wieder mehr Geld. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) verteidigte ebenfalls die zusätzlichen Ausgaben: "Wir wollen Schleswig-Holstein zu einem Wachstumsland und nicht zu einem Einsparland machen. Insbesondere die Energiewende biete Chancen für das Land. "Hier wächst ein großes volkswirtschaftliches Potenzial heran" so Albig. Er erwarte Investitionen von 1,1 Milliarden Euro in den Energiesektor im Norden - "hier ergießt sich eine Finanzkraft, wie wir sie noch nicht erlebt haben."


"Rote Zahlen" kontra "hanseatische Hausfrau"

Schwarz und Gelb werteten Albigs Beitrag insgesamt als "blumig" und wenig konkret - und zogen gegen die Ausgabenerhöhungen zu Felde, besonders gegen das 50-Millionen-Euro-Programm zur Gebäudesanierung namens PROFI. "Wir schreiben schwarze Zahlen und Sie schreiben rote Zahlen", unterstrich Oppositionsführer Johannes Callsen (CDU) mit Blick auf die Regierungsbank. Callsen nahm vor allem die "Infrastruktur-Verhinderungspolitk" der Grünen aufs Korn, die seit langem Bedenken gegen den Weiterbau der A20 und gegen die Fehmarnbeltquerung äußern. Sein FDP-Kollege Wolfgang Kubicki hieb in die gleiche Kerbe: Die Koalition rede zwar vom Wachstum, zerstöre aber zugleich die Voraussetzungen für wirtschaftlichen Fortschritt: Straßenbau und Infrastruktur.

Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und niedriger Zinsen mache die Koalition so viele Schulden, "wie es verfassungsrechtlich gerade noch möglich und zulässig ist", mahnte Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer. Sollten sich die Rahmenbedingungen verschlechtern, etwa durch eine Notlage der HSH Nordbank, "droht dieser Haushalt wie ein Kartenhaus zusammenzufallen".

Die Landesregierung mache "seriöse Haushaltspolitik nach den Vorsätzen der hanseatischen Kauffrau", entgegnete Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Es gebe "keinen Grund für schlaflose Nächte", der Haushalt habe "ein sicheres Netz und doppelten Boden". Die Auszahlung der Konsolidierungshilfe vom Bund und den reichen Ländern sei gesichert. Zudem würden erstmals Rücklagen gebildet, um Belastungen durch die HSH-Beteiligung des Landes abzufedern.

Die Zeiten des "konzeptlosen Kaputt-Sparens" seien vorbei, betonte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass eine Haushaltskonsolidierung ohne Steuermehreinnahmen nicht funktioniere. Von Kalben plädierte daher für eine Vermögensabgabe und die Umgestaltung des Solidaritätszuschlags in einen Altschuldenfonds auf Bundesebene.

(Drs. 18/220, /221, /338, /420, /456neu, /458, /459, /460, /463, /464, /467, /468)

KÄSTCHEN

"Pairing" Funktioniert

Trotz aller politischen Differenzen funktionierte ein alter parlamentarischer Brauch zwischen Koalition und Opposition. Weil zwei Grünen-Abgeordnete erkrankt waren, hatte das Regierungslager eigentlich keine Mehrheit im Saal. Die CDU erklärte sich jedoch, wie zu Beginn der Wahlperiode angekündigt, zum "Pairing" bereit: Unionsabgeordnete blieben der Abstimmung fern, so dass die nach der Landtagswahl entstandenen Mehrheiten sich auch in den Entscheidungen des Parlaments widerspiegelten.


KASTEN
 
Die Schwerpunkte der Fraktionen

Während der Ausschussberatungen haben alle Fraktionen Änderungsanträge zum Ursprungsentwurf vorgelegt - die Pläne der Opposition fanden am Ende jedoch keine Mehrheit.

Ein Überblick:
SPD, Grüne und SSW haben Gelder für die Einrichtung einer Pflegekammer sowie für eine Antidiskriminierungsstelle beim Landtag reserviert. Außerdem gibt es mehr Mittel für die Abschiebehaftanstalt in Rendsburg und für Sprachkurse für Flüchtlinge. Der Plan für ein "biologisches Bildungs- und Science-Center" in Schleswig-Holstein wurde nach Kritik der Opposition und internen Gesprächen der Regierungspartner eingedampft. Eine Machbarkeitsstudie für 130.000 Euro soll nun zunächst klären, ob eine "Bio-Informenta" Aussicht auf Erfolg hat. Exponate aus dem schlecht laufenden Öko-Zentrum von Ex-Umweltminister Berndt Heydemann (parteilos) in Mecklenburg-Vorpommern werden, anders als ursprünglich geplant, zunächst nicht gekauft.
Die CDU wollte die Neuverschuldung gegenüber dem Regierungsentwurf um 133 Millionen Euro absenken - durch Kürzungen beim Programm PROFI, bei den veranschlagten Zinsausgaben und bei der globalen Steuermindereinnahme. Ziel der Union ist es, bereits 2017 ohne Kredite auszukommen. Zudem forderte die CDU unter anderem ein Landärzteprogramm, mehr Pflegeausbildungsplätze, eine Erhöhung des Vertretungsfonds an den Schulen und mehr Mittel für Straßenbau.
Die FDP wollte zum alten schwarz-gelben Sparkurs zurückkehren und beispielsweise die Mehrausgaben für die dänischen Schulen, für das Landesblindengeld, für die Frauenhäuser und für die Freiwilligenjahre kappen. Das PROFI-Programm wollten die Liberalen ersatzlos streichen und das eingesparte Geld in die "Tarifvorsorge" stecken, damit die Landesbeamten 1:1 von dem bevorstehenden Tarifabschluss für Angestellte profitieren.
Die Piraten wollten Landesjugendring und Jugendverbände besser ausstatten, genauso wie Verbraucherzentralen und das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz. Zudem haben die Piraten vergeblich angeregt, zwei Übertragungswagen für den Landtag anzuschaffen, um Ausschusssitzungen im Internet zu übertragen.

*

Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 02 im Februar 2013, S. 4-5
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages,
Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 7121, 24171 Kiel
Telefon: 0431/988-11 16
E-Mail: awk@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Die Landtagszeitung erscheint in der Regel zehnmal
jährlich. Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2013