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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2068: Wohnungsnot auf Sylt und in den Großstädten (Landtag)


Der Landtag - Nr. 03 / Oktober 2014
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Wohnungsnot auf Sylt und in den Großstädten:
Dauermieter kontra Durchgangsreisende



Wer auf Sylt, in der Kieler Innenstadt oder am Hamburger Rand eine Mietwohnung sucht, schaut oft in die Röhre. Ein Grund: Vermieter verwandeln Dauerwohnraum in Ferienunterkünfte oder in Zweitwohnungen. Mit einem "Zweckentfremdungsverbot" will die Politik nun gegensteuern. Die Piraten legten im September einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, die Landesregierung arbeitet unterdessen an einem eigenen Regelwerk.


Der Plan der Piraten: Wer seine Wohnung länger als vier Monate am Stück leer stehen lässt, soll gezwungen werden können, sie zu vermieten. Mit einem "Wohnraumsicherungsgesetz" will die Oppositionsfraktion Schleswig-Holsteins Gemeinden eine rechtliche Handhabe geben, damit knapper Wohnraum nicht als Ferienunterkunft genutzt wird. Ähnliche Gesetze gibt es bereits in anderen Bundesländern. Bestimmungen zur Wohnraumsicherung hätten sich in Hamburg, Berlin, NRW oder Bayern bereits bewährt, warb Patrick Breyer (Piraten) für seinen Vorstoß. Die Menschen sollten an dem Ort, an dem sie arbeiten, auch leben können, forderte er. Gerade auf Sylt sei es derzeit aber viel attraktiver, Wohnraum an Feriengäste zu vermieten.

Im Regierungslager gab es zwar Verständnis für das Anliegen der Piraten. Der Vorschlag sei aber nicht ausgereift, lautete das Urteil bei SPD, Grünen und SSW. Serpil Midyatli (SPD) hielt den Piraten vor, zu kurz zu greifen. Sie forderte gesetzliche Mindeststandards für Wohnungen, etwa helle, trockene und beheizbare Zimmer mit funktionsfähigen sanitären Anlagen. Detlef Matthiessen (Grüne) räumte ein, dass die Piraten "ein wichtiges politisches Handlungsfeld" aufzeigten. Allerdings seien die Vorschläge "bürokratisch und keineswegs ausreichend". Es gebe im Lande bereits Regelungen zur Wohnraumversorgung und zum bezahlbaren Wohnraum, unterstrich Lars Harms (SSW) - etwa die Verordnung zur Kappungsgrenze für Mieten. Demnach dürfen in 13 Städten und Gemeinden Schleswig-Holsteins die Mieten in bestehenden Verträgen innerhalb von drei Jahren nur noch um 15 statt wie bisher um 20 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete steigen.

Der damalige Innenminister Andreas Breitner (SPD) kündigte einen eigenen Gesetzentwurf an, um den Kommunen "das Instrument des Zweckentfremdungsverbots an die Hand zu geben". Den Vorstoß der Piraten nannte er "nicht passend für unser Land". So sei es verfassungsrechtlich bedenklich, wenn Ferienwohnungen per Dekret in Dauerwohnraum zurückverwandelt werden sollen. Darunter würde zudem die Tourismus-Branche leiden, mahnte Breitner.

Die Redner von CDU und FDP sahen hingegen keinen Handlungsbedarf. "Der Wohnungsmarkt ist sehr weitgehend reguliert. Jede neue Beschränkung senkt die Bereitschaft, in den nötigen Wohnungsneubau zu investieren", betonte Peter Lehnert (CDU). Er verwies auf ein von der Landesregierung in Auftrag gegebenes Mietgutachten, wonach in Schleswig-Holstein derzeit nur sechs Gemeinden ein "Wohnraumversorgungsdefizit" aufwiesen. Und FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sah in dem Piraten-Vorstoß sogar einen "massiven Eingriff in die Eigentumsrechte". Stattdessen müssten "Motivationsanreize" für Investoren gesetzt werden, um neuen Wohnraum zu schaffen.

Der Innen- und Rechtsausschuss befasst sich weiter mit dem Thema.

(Drucksache 18/2108)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 03 / Oktober 2014, S. 14
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2014