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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2105: Tageszeitung, TV, Twitter - Politik und Medien in Schleswig-Holstein (Landtag)


Der Landtag - Nr. 02 / Juli 2015
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

POLITIK UND MEDIEN
Tageszeitung, TV, Twitter: Politik und Medien in Schleswig-Holstein


Vor 50 Jahren war die Medienlandschaft überschaubar. Das Wichtige stand jeden Morgen in der Tageszeitung. Aktuelle Nachrichten sendete das Radio. Ab den 1960er Jahren flimmerten zudem die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme von ARD und ZDF in so gut wie jede Wohnstube. Inzwischen ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Internet und Smartphone haben den Medienmarkt revolutioniert, und alte Grenzen sind verschwunden. "Crossmedia" heißt das Stichwort. Tageszeitungen liefern heute auch Online-Angebote - Texte, Bilder oder auch Videos auf eigenen You-Tube-Kanälen. Fernsehzuschauer können die Sendungen zeitversetzt am Heim-PC oder unterwegs schauen. Medienmacher, aber auch Nutzer, verbreiten eigene Inhalte über soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. Nachrichtenportale aktualisieren ständig ihr Angebot - die Schlagzeile vom Morgen ist mittags oft schon überholt.

All das hat Auswirkungen darauf, wie Bürger sich über Politik informieren und wie Politiker mit ihren Wählern kommunizieren. Auf den folgenden acht Seiten werfen wir einen Blick auf die heutige Medienlandschaft in Schleswig-Holstein. Wir spüren nach, wie Journalisten über den Landtag berichten, wo der Landtag selbst aktiv ist und wie Abgeordnete kommunizieren.


MEDIENMARKT I: Zeitungen unter Druck

33 Zeitungstitel kommen jeden Tag im Lande heraus, einige mit unterschiedlichen Lokalausgaben. Publiziert werden sie von elf teilweise miteinander verwobenen Verlagen. In Zeiten des Internets ist das klassische Printprodukt auch im Norden unter erheblichen wirtschaftlichen Druck geraten. Kleinanzeigen wandern in Online-Portale ab, und die Zahl der Käufer und Abonnenten sinkt. Die Folge: Arbeitsplätze gehen verloren. Laut der "Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern" (IVW) ist die Auflage der "Kieler Nachrichten" seit Anfang 2005 von knapp 149.000 auf 98.500 Exemplare gesunken. Die "Lübecker Nachrichten" verzeichneten im gleichen Zehnjahreszeitraum einen Rückgang von 113.000 auf 95.000. Beim "Flensburger Tageblatt" schrumpfte die Auflage von 39.000 auf 31.000.

Um gegenzusteuern, nutzen auch die Verlage die neuen Medien: Bereits mehrere tausend Abonnenten bekommen ihre Zeitung nicht mehr in den heimischen Briefkasten geliefert, sondern als E-Paper auf ihren Tablet-PC. Extra-Einnahmen versprechen sich die Blattmacher von ihrem Online-Angebot, das teilweise kostenpflichtig ist. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (sh:z) informiert seit April täglich per Newsletter aus der Chefredaktion über seine Arbeit - erhältlich als Mail und über WhatsApp. Doch auch in der Print-Krise gilt: Deutschland liest Zeitung. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger weist darauf hin, dass rund 70 Prozent der Über-14-Jährigen täglich einen Blick in eine Gazette werfen.


MEDIENMARKT II: Breitband auf dem flachen Land

Schleswig-Holstein ist ein Paradies für Surfer, aber wer im Internet auf eine schnelle Welle wartet, der hat häufig mit Flauten zu kämpfen. Vor allem der ländliche Raum hinkt beim Breitband-Ausbau wie auch beim mobilen WLAN-Empfang hinterher - und damit beim Zugriff auf schnelle Informationen. Die EU hat das Ziel ausgegeben, bis 2020 flächendeckend eine Übertragungsrate von 30 Mbit pro Sekunde zu erreichen. Die Bundesregierung strebt 50 Mbit bis 2018 an. Diese Marke wird beispielsweise an der Westküste und in Ostholstein derzeit deutlich unterschritten. Der Breitbandatlas des Bundesverkehrsministeriums weist hier eine Versorgungsrate mit schnellem Internet von unter zehn Prozent aus. In den Städten und im Hamburger Rand werden hingegen 70 bis 100 Prozent erreicht.

Wer ins Netz vordringt und politische Nachrichten sucht, greift zumeist auf große überregionale Portale zurück. Laut IVW ist in Deutschland "bild.de" die Nummer eins (300 Millionen Zugriffe im April 2015), gefolgt von "spiegel-online" (203 Millionen) und "focusonline" (111 Millionen). Die deutschlandweit erfolgreichsten Regional-Angebote waren die Online-Ausgaben des "Kölner Express" und der "Rheinpfalz" mit je rund 15 Millionen Besuchen.


MEDIENMARKT III: Milliardenfache "Likes" im Social Web

Teilen und Liken sind weltumspannende Hobbys. Laut Firmenangaben sind 1,4 Milliarden Menschen bei Facebook registriert. 890 Millionen sind demnach täglich in dem sozialen Netzwerk unterwegs und urteilen pro Tag sieben Milliarden Mal: "Gefällt mir." In Deutschland gehen Branchenkenner von rund 27 Millionen Facebook-Fans aus. Den Kurznachrichtendienst Twitter nutzen nach Schätzung der Gesellschaft für Integrierte Kommunikationsforschung etwa zehn Millionen Deutsche. Andere Studien gehen hingegen von lediglich einer Million Menschen aus, die Tweets schreiben oder lesen. WhatsApp soll bei 20 Millionen, Google+ bei neun Millionen und Instagram bei drei Millionen deutschen Nutzern liegen.

Auch die 69 Abgeordneten des Landtages haben den direkten Kanal zum Bürger über ein soziales Netzwerk für sich entdeckt. 52 von ihnen sind bei Facebook registriert, 27 bei Twitter (Stand: Anfang Juni).


MEDIENMARKT IV: Nordsee-, Ostsee- und Radiowellen

80,6 Prozent der Schleswig-Holsteiner ab 14 Jahren schalten wochentags das Radio ein. Das besagt die Media-Analyse der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein (MA HSH) für 2014. Im Schnitt läuft der Apparat 193 Minuten am Tag - mehr als drei Stunden. Der Hörfunk ist im Lande bei älteren Menschen deutlich beliebter als bei jüngeren. Über-50-Jährige lassen rund 200 Minuten am Tag das Radio laufen, 30- bis 49-Jährige sogar 230 Minuten. Bei den Unter-30-Jährigen sind es hingegen nur gut 100 Minuten.

Laut MA HSH sind die beliebtesten Sender zwischen Nord- und Ostsee NDR 2 (22,6 Prozent Marktanteil), NDR 1 Welle Nord (19,8 Prozent) und R.SH Radio Schleswig-Holstein (17,9 Prozent). Es folgen N-JOY (6,7 Prozent) und Radio Hamburg mit 4,5 Prozent vor delta radio (3,5 Prozent), Radio NORA (2,9 Prozent) und NDR Info (2,5 Prozent).

Weitere Stationen könnten in nächster Zeit dazukommen: Die MA HSH will im Laufe des Jahres Lizenzen für Lokalradios im Lande vergeben. Auf Sylt und in Lübeck soll je ein kommerzieller Sender an den Start gehen. Hinzukommen sollen drei nicht kommerzielle Programme in Flensburg, Rendsburg und Neumünster. Allerdings ist noch unklar, wie sich die ehrenamtlichen Radiomacher finanzieren werden.


MEDIENMARKT V: Das Fernsehen und die Macht der Bilder

Trotz des Online-Booms: Die Glotze bleibt das deutsche Leitmedium. 219 Minuten pro Tag, also mehr als dreieinhalb Stunden, lief der Fernseher im Jahr 2014 in einem durchschnittlichen Haushalt. Das besagen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF).

In Norddeutschland wurde im vergangenen Jahr das erste Programm der ARD mit einem Anteil von 12,7 Prozent am häufigsten eingeschaltet, gefolgt vom ZDF mit 12,5 Prozent. Deutschlandweit liegt laut AGF hingegen das Zweite vor dem Ersten. Weitere Lieblingssender der Nordlichter sind RTL (11,0 Prozent), Sat.1 (8,6 Prozent) und das dritte Programm des NDR (8,1 Prozent).

Wer sich über Landespolitik informieren möchte, schaltet bevorzugt das "Schleswig-Holstein-Magazin" des NDR an. Die halbstündige Sendung erreicht jeden Tag ab 19:30 Uhr rund 250.000 Zuschauer und hat einen Marktanteil von etwa 30 Prozent. Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt den beiden reichweitenstärksten Privatsendern (zurzeit RTL und Sat.1) vor, aus Gründen der Meinungsvielfalt ein Regionalfenster anzubieten. Das RTL-Nord-Programm für Schleswig-Holstein und Hamburg wird montags bis freitags zwischen 18:00 und 18:30 Uhr nach Senderangaben von rund 110.000 Zuschauern gesehen. "Sat.1 Regional" geht wochentags ab 17:30 Uhr auf Sendung.

Öffentlich-Rechtliche und Private unterscheiden sich stark, was ihre Inhalte und ihr Publikum anbelangt. So hatten die Programme von ARD und ZDF im vergangenen Jahr einen Informationsanteil von etwa 45 Prozent. Das besagt eine Studie der Landesmedienanstalten. Bei RTL waren es nur 26 Prozent Info-Anteil - 55 Prozent waren Unterhaltung. Der durchschnittliche RTL-Zuschauer ist 46 Jahre alt, der NDR-Seher hingegen 62.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 02 / Juli 2015, S. 4-5
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Tobias Rischer (verantwortlich)
Telefon: 0431/988 1120
E-Mail: tobias.rischer@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2015

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