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AFRIKA/1041: Sambia - Internet macht Bürger zu Wahlbeobachtern, 'Bantu Watch' dokumentiert Betrug (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. September 2011

Sambia: Internet macht Bürger zu Wahlbeobachtern - 'Bantu Watch' dokumentiert Betrug

Von Lwanga Mwilu

Wahlplakat der Präsidentschaftskandidatin Edith Nawakwi - Bild: © Ephraim Nsingo/IPS

Wahlplakat der Präsidentschaftskandidatin Edith Nawakwi
Bild: © Ephraim Nsingo/IPS

Lusaka, 20. September (IPS) - Bei den heutigen Wahlen in Sambia steht den Wählern das wohl effizienteste und glaubwürdigste Wahlbeobachterteam der Welt zur Seite: die kürzlich ins Leben gerufene Social-Media-Initiative 'Bantu Watch'.

Die Verfahrensweise ist einfach. So können Bürger über ihr Mobiltelefon Nachrichten an eine bestimmte Kurzwahlnummer senden oder ihre Beobachtungen direkt auf der Website von 'Bantu Watch' posten. Die regulären Wahlbeobachter werden mögliche Verstöße gegen das Wahlgesetz mit Hilfe von Wahlhelfern und Polizisten nachprüfen.

Im Vorfeld der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen waren Warnungen vor gewaltsamen Ausschreitungen laut geworden. Oppositionsparteien beschuldigten die Bewegung für Mehrparteiendemokratie (MMD) des amtierenden Präsidenten Rupiah Banda, die Gegner der Regierung einschüchtern zu wollen.


Einschüchterungen und Stimmenkauf in Echtzeit gemeldet

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Politiker begrüßen die Social-Media-Initiative, die vom unabhängigen Zentrum SACCORD koordiniert wird. Dessen Direktor Lee Habasonda spricht von einem "großartigen Mechanismus zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei Wahlen". Die Leute könnten in Echtzeit über Verstöße wie Einschüchterungen, Hassreden, Stimmenkauf und Beeinflussung durch Wahlhelfer berichten.

Auch die Kandidaten zeigten sich zufrieden über die Kontrolle durch die Bürger. Der Präsidentschaftsanwärter der oppositionellen Partei zur Restauration der Nation, Elias Chipimo, erklärte, jeder Vorstoß, der die Gewalt bei den Wahlen eindämmen könne, sei willkommen. "Ein Mitglied unserer Partei kuriert gerade eine Verletzung aus, die ihm bei einem Angriff durch einen Funktionär der Regierungspartei zugefügt wurde", so Chipimo. Augenzeugen hätten die Attacke beobachtet.

Auf der Website von Bantu Watch sind bereits Berichte aus dem ganzen Land eingegangen. Darin werden Fälle von Bestechung, Wahlbetrug und Verstößen gegen das Wahlgesetz beschrieben.

Ein Internetnutzer namens 'MSimushi' aus Senanga im Westen Sambias schreibt: "Agenten der regierenden MMD sind damit beschäftigt, Wahlhelfer mit Bargeld zu bestechen, damit die Stimmen zu ihren Gunsten ausgezählt werden." Ein anderer User postete, dass ein Fahrzeug, das offensichtlich im Wahlkampf der Partei UPND eingesetzt wurde, als Eigentum der Justiz identifiziert worden sei.

"Wir erwarten große Resonanz auf 'Bantu Watch', weil die Sache so einfach ist", erklärt Habasonda. Umfangreiche technische Kenntnisse seien nicht erforderlich. Benötigt werde lediglich ein Mobiltelefon oder ein anderer Zugang zum Internet, das viele Menschen bereits jeden Tag nutzten.

Die von den Internetusern weitergeleiteten Berichte würden von professionellen Wahlbeobachtern in den neun Provinzen Sambias verifiziert, sagte er. Wenn sich die Angaben bestätigen, werden sie an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Eigens dafür ausgebildete Webmaster fungieren als Brückenköpfe. Sollte sich das Modell bewähren, könnte es bei allen weiteren Wahlen zum Einsatz kommen.


Viele Verstöße bisher zu spät bekannt geworden

Wie der Generalsekretär der oppositionellen Patriotischen Front, Wynter Kabimba, kritisiert, wurden viele Berichte über Unregelmäßigkeiten bei Wahlen in der Vergangenheit nicht näher überprüft. In manchen Fällen erfuhren die Behörden erst dann davon, als die Verdächtigen bereits im Amt waren und die Beschwerdeführer eingeschüchtert hätten.

"Die neue Initiative ist äußerst willkommen, weil die Menschen Fehlverhalten bereits dann aufdecken können, wenn noch etwas dagegen unternommen werden kann", sagt Kabimba. Zugleich warnt er davor, dass manche Beobachter bei ihren Schilderungen übertreiben könnten.

Die normalen Bürger kämen in den von der Regierungspartei dominierten öffentlichen Medien nicht zu Wort, sagt der Medienwissenschaftler Elijah Mwewa Mutambanshiku Bwalya von der Universität von Sambia. Nun hätten die Bürger endlich die Chance, eine Stimme im Wahlprozess zu werden. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2011