Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

AFRIKA/1176: Kenia - "Das Volk hat gewählt", unbeeindruckt von Kritik an Kenyatta (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. März 2013

Kenia: 'Das Volk hat gewählt' - Unbeeindruckt von Kritik an Kenyatta

von Miriam Gathigah


Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Uhuru Kenyatta auf einer Wahlkundgebung in Nyeri in Zentralkenia
Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Nairobi, 11. März (IPS) - Nach dem Wahlsieg von Uhuru Kenyatta zum neuen kenianischen Präsidenten und William Ruto zu seinem Vize hoffen Kenianer auf eine Aussöhnung der Ethnien. Dass sich der Staatschef vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten muss, wird sich nach Ansicht politischer Analysten auf das internationale Standing des Landes nur unwesentlich auswirken.

"Für andere Länder zählen nur die Eigeninteressen, und Kenia ist viel zu wichtig, als dass es ignoriert werden könnte. In der ostafrikanischen Familie ist es der große Bruder", meint der politische Berater James Mwai gegenüber IPS.

Der ICC wirft Kenias künftigem Präsidenten und dessen Stellvertreter vor, die Volksgruppen, denen sie angehören, nach den Wahlen 2007 gegeneinander aufgehetzt und damit den Tod von 1.300 Menschen verschuldet zu haben. Die Gewalt zwang zudem 600.000 Menschen in die Flucht und verursachte Sachschäden in Millionen-Höhe.

Bei dem jüngsten Urnengang konnte Kenyatta 50,07 Prozent beziehungsweise mehr als 6,1 Millionen Stimmen auf sich vereinigen, wie die Unabhängige Wahlkommission am 9. März bekanntgab. Sein größter politischer Widersacher, Ministerpräsident Raila Odinga, erhielt 43,3 Prozent oder 5,3 Millionen Stimmen. Er hat angekündigt, das Wahlergebnis anzufechten.

Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Uhuru Kenyattas Anhänger in Nyeri in Zentralkenia
Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Sein Sieg macht Kenyatta nach dem sudanesischen Staatspräsidenten Omar al-Bashir zum zweiten afrikanischen Präsidenten im Visier des ICC. Die Klage gegen Kenias künftigen Präsidenten könnte die diplomatischen Beziehungen zu den westlichen Ländern trüben. So hatten die USA bereits im Vorfeld der Wahlen erklärt, dass ein Sieg Kenyattas Folgen haben werde.


"Noch ist Kenyatta ein Verdächtiger"

Doch wie Mwai erklärte, wird dafür China Kenyatta mit offenen Armen aufnehmen. Ohnehin sei das bevölkerungsreichste Land der Welt für das ostafrikanische Land ein attraktiver Absatzmarkt, meint er. Bisher sei Kenyatta ein Verdächtiger, der sich bereit erklärt habe, mit dem ICC zu kooperieren. "Erst wenn sich daran etwas ändert, müssen wir uns Sorgen machen."

Etwa 86 Prozent der 14,3 Millionen registrierten Wahlberechtigten waren am 4. Mai zu den Urnen gegangen. Für Vincent Kimosop, dem Leiter des Internationalen Instituts für rechtliche Angelegenheiten, einer lokalen Organisation, haben die Wahlen gezeigt, dass Kenia in Sachen Demokratie einen Quantensprung vollzogen hat. "Der Vorsprung zwischen Odinga und Kenyatta spricht Bände. Das Volk hat entschieden und es ist klar, dass Kenianer nicht auf den Segen des Westens aus sind", meint er.

Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Mutahi Ngunyi haben Kenianer für eine Kenyatta-Regierung gestimmt, weil sie überzeugt sind, dass Kenyatta mit dem ICC kooperieren wird. "Sollte das nicht der Fall sein, können sie immer noch ein Amtsenthebungsverfahren einleiten", betont er.

Dem Rechtsexperten Simon Ngugi zufolge besteht zwar die Gefahr, dass im Fall einer ICC-Verurteilung niemand im Ausland Kenyatta die Hand schütteln wird. "Doch die Kenianer haben ihre Wahl getroffen. Es gibt viele, die ohnehin der Meinung sind, dass der ICC voreingenommen und im Grunde ein politisches Instrument im Dienst des Westens ist."


Unterschätzte Partnerschaft

Mwai zufolge wird die politische Partnerschaft zwischen Kenyatta und Ruto global gesehen viel zu sehr unterschätzt. Kenyatta ist Kikuyu, Ruto Kalenjin. Beide Volksgruppen blicken auf eine von Gewalt geprägte Vergangenheit zurück. "Die einstigen Todfeinde haben sich im eigenen Interesse zu einer starken politischen Kraft zusammengefunden", betont er und fügt hinzu, dass Odinga im Fall eines Wahlsiegs sowohl Kenyatta als auch Ruto wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gebracht hätte.

Viele Kenianer hoffen nun auf die Aussöhnung und einen dauerhaften Frieden zwischen den beiden Ethnien. Maggie Kamau aus Eldoret in der Provinz Rift Valley, der Region, wo die schlimmsten Gewaltorgien nach den Wahlen 2007 stattgefunden hatten, musste stundenlang anstehen, bis sie endlich wählen konnte.

"Kenyattas Sieg wird der gepeinigten Rift-Valley-Region Heilung bringen. Ruto und Kenyatta werden die Interessen ihrer jeweiligen Volksgruppen wahren und mit der Zeit die historischen Ungerechtigkeiten beseitigen, die so viel Blutvergießen zwischen den beiden Gemeinschaften ausgelöst haben", ist sie überzeugt. (Ende/IPS/kb/2013)


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/03/locals-downplay-diplomatic-implications-of-kenyattas-presidency/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. März 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2013