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ASIEN/631: Philippinen - Für Raucher wird die Luft dünn, Regierung will Tabaksteuern erhöhen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. August 2010

Philippinen: Für Raucher wird die Luft dünn - Regierung will Tabaksteuern erhöhen

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 11. August (IPS) - Über den Wahlsieg des philippinischen Staatspräsidenten Benigno Aquino III freute sich zunächst auch die Tabakindustrie. Der Politiker ist nämlich bekennender Raucher und will nicht vom Glimmstängel ablassen. Nun stehen Philip Morris & Co jedoch harte Zeiten bevor: Das Gesundheitsministerium in Manila plant eine deutliche Anhebung der Tabaksteuer.

Bisher ist der südostasiatische Inselstaat mit 94 Millionen Einwohnern ein attraktiver Absatzmarkt. Unabhängigen Untersuchungen zufolge gehen dort täglich rund 84 Milliarden Zigaretten in Qualm auf. Die Preise sind so niedrig, dass die Philippinen zu den 15 Ländern mit der weltweit höchsten Zahl von Rauchern gehörten.

Die Tabaksteuer ist mit 14 Prozent wesentlich niedriger als in vielen Nachbarländern. In dem wohlhabenden Stadtstaat Singapur werden 96 Prozent und in Thailand sogar 70 Prozent fällig. Eine Packung Marlboro kostet in Singapur umgerechnet stolze 8,70 US-Dollar und in Thailand 2,50 Dollar. In den Philippinen geht die Schachtel mit 20 Zigaretten dagegen für 70 Cent spottbillig über den Ladentisch. In Indonesien kostet sie einen Dollar, in Laos 1,73 Dollar.

Der neue Gesundheitsminister Enrique Ona will die Filipinos aber nun aus ihrem Raucherparadies vertreiben, um den internationalen Trend zu gesundheitsfördernder Tabakabstinenz zu unterstützen. Viele Bürger reagierten überrascht, da sie einen solchen Vorstoß eher vom Finanzministerium erwartet hätten.

"Wir verlassen uns darauf, dass Minister Ona die Tabaksteuer um umgerechnet 0,1 Cent pro Zigarette erhöhen will", sagte Maricar Limpin, die Geschäftsführerin der philippinischen Sektion des globalen Anti-Rauchernetzwerks 'Framework Convention on Tobacco Control Alliance' (FCTCA). Höhere Steuern würden Zigaretten verteuern und damit vor allem Jugendliche und ärmere Menschen vom Rauchen abhalten, betonte Limpin, deren Gruppe sich kürzlich mit Ona getroffen hat.


Fast ein Drittel der Filipinos sind Raucher

Nach Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen wie 'Health Justice' rauchen mehr als 28 Prozent aller Filipinos über 15 Jahren. Eine 2007 veröffentlichte globale Studie über den Tabakkonsum unter Jugendlichen kam zu dem Ergebnis, dass rund vier Millionen 13- bis 15-Jährige in dem Land bereits nikotinabhängig sind.

"Da Rauchen bei uns eine weit verbreitete Gewohnheit ist, sterben viele Menschen an den Folgen", warnte die Leiterin der Organisation 'Health Justice', Deborah Sy, im Gespräch mit IPS. "Wir gehen davon aus, dass stündlich zehn Filipinos Krankheiten erliegen, die durch Tabakkonsum ausgelöst wurden."

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben auf der Erde jedes Jahr insgesamt rund fünf Millionen Menschen an Lungenkrebs, Herzinfarkten, Schlaganfällen oder chronischen Atemwegserkrankungen.

Diese düsteren Statistiken sind allerdings noch keine Garantie dafür, dass das geplante Gesetz tatsächlich von dem Parlament in Manila ohne weiteres verabschiedet wird. Da das Gesundheitsministerium eine Absichtserklärung abgegeben habe, könnten die Beratungen beschleunigt werden, meinte Sy. Bis konkrete Maßnahmen erlassen werden, könne aber noch viel Zeit vergehen.

Die Tabakgegner müssen auch damit rechnen, dass die Industrie mit aggressiven Werbekampagnen kontert. "Die Unternehmen haben damit begonnen, gezielt Frauen und Jugendliche anzusprechen, um ihre Verkaufszahlen zu steigern", kritisierte Joy Alampay, die Sprecherin der südostasiatischen Allianz für Tabakkontrolle. "Sie haben sogar neue Aromen zugesetzt, um mehr Kunden zu finden."


Spezielle Werbekampagnen für Raucherinnen

Packungen in Pastelltönen und mit Blumenmustern sollen eine weibliche Zielgruppe ansprechen. Der Inhalt unterscheidet sich ebenfalls von üblichen Glimmstängeln: Die 'femininen' Zigaretten schmecken nach Pfefferminz oder Schokolade.

Die Hersteller rechtfertigen sich damit, dass sie schließlich die philippinische Wirtschaft in Gang halten und Tausenden Tabakbauern im Norden des Landes ein Auskommen sichern. Zigarettengegner beobachten außerdem mit Sorge, dass Philip Morris beste Kontakte zu hohen politischen Kreisen unterhält. Keine Geringere als die ehemalige Staatspräsidentin Gloria Macapagal Arroyo hatte den Konzern vor einigen Jahren bei einer Fabrikeinweihung als treuen Investor gelobt. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.quitsmoking.net.ph/
http://healthjustice.ph/
http://www.who.int/en/
http://www.seatca.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=52450

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. August 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2010