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ASIEN/660: China - Großinvestition in nationales und internationales Schienennetz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Oktober 2010

China: Eisenbahnerträume - Großinvestition in nationales und internationales Schienennetz

Von Mitch Moxley


Peking, 1. Oktober (IPS) - Noch in den 80er Jahren war der Eisenbahnverkehr in China dampfbetrieben. Heute verfügt der Staat über das größte moderne Schienennetz der Welt. Es erstreckt sich über 6.900 Kilometer und soll weiter wachsen. Geplant ist der Ausbau im Landesinneren und eine Verbindung mit anderen Ländern in Asien, Nahost und Europa.

Bis 2020 soll das chinesische Schienennetz um weitere 16.000 Kilometer erweitert werden. Allein 2010 hat Peking 80 Milliarden US-Dollar in den Ausbau investiert und dabei sechs Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Bereits jetzt verfügt China über 2.000 Schienenkilometer für Züge mit einem Tempo von bis zu 350 Kilometer pro Stunde.

Die jüngsten Errungenschaften sind eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Wuhan in der Provinz Hubei und Guangzhou, über 1.000 Kilometer weiter südlich in der Guangdong-Provinz gelegen. Seit 2009 ist diese Strecke befahrbar. Nicht mehr als drei Stunden dauert die Fahrt. Ende August fiel der Startschuss für eine weitere Schnellverbindung zwischen Shanghai, Wuhan und Chengdu, und schon seit 2008 bringt die Bahn Passagiere in 30 Minuten von Peking ins angrenzende Tianjin.


Investitionen mit Schneeballwirkung

"Investitionen in das Schienennetz verbessern nicht nur den Transport, sie fördern auch die Energie-, Stahl- und Zementindustrie und das Bruttoinlandsprodukt", sagt Wang Shengwu, der Präsident der 'School of Civil and Safety Engineering' an der Dalian-Jiaotong-Universität. Jeder investierte Cent zahle sich aus.

Hinter dem chinesischen Eisenbahnerfolg stehen Jointventures mit Unternehmen wie Siemens, Alstom und Shinkansen. Das Knowhow kommt vor allem Hochgeschwindigkeitsverbindungen zugute. China exportiert dieses Wissen längst selbst. Chinesische Firmen bauten derzeit an schnellen Verbindungen in Venezuela und der Türkei und bald auch in Burma. Im letzten Jahr kam zudem ein Vertrag mit Saudi-Arabien über die Konstruktion einer Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Mekka und Medina zustande.

Nach Angaben des chinesischen Eisenbahnministeriums plant China ein Projekt, das 17 Staaten vernetzen soll. Eine der Routen soll Kunming in der südwestchinesischen Yunnan-Provinz mit Singapur verbinden, eine weitere Urumqi in der autonomen Uigurenregion Xinjiang mit Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und Deutschland.

Auch die USA haben ihr Auge auf chinesische Expertisen geworfen. Erst unlängst sagte Arnold Schwarzenegger, der Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien, er hoffe auf "kreative Finanzierungsideen" auch von chinesischen Bietern für die eigenen Pläne mit Hochgeschwindigkeitsverbindungen. China und mindestens sechs weitere Länder haben Kalifornien ihre Hilfe bei der Entwicklung des Netzes angeboten. China befindet sich insofern im Vorteil, als seine Banken von der Finanzkrise relativ wenig betroffen sind.


Schnelle Fahrt nur für Reiche

Aber die chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge haben auch ihre Kritiker. So meint Zhao Jian von der Jiaotong-Universität in Peking, die Ausgaben seien fehlgeleitet. Sie nutzten allein den Besserverdienenden. Nach seiner Auffassung wäre China gut beraten, in reguläre Passagier- und Frachtzüge zu investieren.

Unzufrieden sind auch die chinesischen Fluglinien. Einige haben die Ticketpreise um bis zu 80 Prozent senken müssen, um der Konkurrenz der schnellen Züge standhalten zu können. Manche Inlandsflüge wurden ganz gestrichen.

Wang indes ist zuversichtlich und glaubt, dass sich die Konkurrenz auszahlen wird. "Der Wettbewerb wird dem Schienen- und dem Flugverkehr guttun und beide dazu bringen, sich schneller und besser zu entwickeln." (Ende/IPS/hn/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2010