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ASIEN/671: Bhutan - Online im Himalaja, Internet öffnet neue Brücken zum Ausland (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Oktober 2010

Bhutan: Online im Himalaja - Internet öffnet neue Brücken zum Ausland

Von Yasmin Lee Arpon


Thimpu, 21. Oktober (IPS) - Das kleine Himalaja-Königreich Bhutan liegt relativ abgeschottet zwischen China und Indien. Doch das Internet öffnet den Einwohnern neue Fenster zur Welt. Schätzungen zufolge sind rund 32.000 der insgesamt 700.000 Bhutaner inzwischen in sozialen Netzwerken aktiv.

Die elfjährige Anjali Bista hat 71 Facebook-Freunde, von denen sie die meisten im realen Leben noch nie gesehen hat. Einige von ihnen haben sie allerdings schon besucht und brachten Geschenke mit. Viele Ausländer kommen aus Kostengründen allerdings gar nicht über die Grenze. Der Staat verlangt von jedem Besucher eine Gebühr von 200 US-Dollar pro Tag, um den Zustrom von Touristen zu begrenzen.

Der Ausbau neuer Kommunikationswege wie das Internet kann den Bewohnern des Landes dabei helfen, mehr internationale Kontakte zu pflegen. Laut Schätzungen der Firma Candytech, die für Facebook Anwendungen entwickelt, nutzen zwar erst fünf Prozent der Bevölkerung soziale Netzwerke. Von allen Online-Usern posten aber bereits 65 Prozent auf Facebook und ähnlichen Websites.

Einfach war es nicht, in Bhutan Internetverbindungen einzurichten. Die meisten Menschen leben in schwer zugänglichen Hochgebirgsregionen, in die oftmals nur schmale Trekking-Pfade führen. Mit Hilfe privater Unternehmen ist es der Regierung aber gelungen, selbst in abgelegenen Gegenden Kabel und Leitungen verlegen zu lassen. Der Zuwachs an neuen Internet-Kunden bewegt sich zurzeit mit drei Prozent jährlich noch auf einem recht bescheidenen Niveau.

Immer mehr Bhutaner erkennen jedoch die Vorteile, die ihnen die neue Technik bringen kann. Die 23-jährige Kezang will bald ein Restaurant eröffnen und auf Facebook dafür Werbung machen. Die Idee dazu hat sie vom Arbeitgeber ihres Vaters, dem Besitzer des Reisebüros 'Authentic Bhutan Tours', das auch auf dem Kurznachrichtenportal Twitter vertreten ist.


Tradition und technischer Fortschritt

Die ebenfalls 23-jährige Yanchen Lhamo, die ein Souvenirgeschäft in der Hauptstadt Thimpu betreibt, kann sich ihren Alltag ohne Facebook und Co. schon gar nicht mehr vorstellen. Die junge Frau, die traditionell gekleidet ist und Masken gegen böse Geister verkauft, chattet im Internet regelmäßig mit ihren Freunden. "Die Technologie hat viel verändert", meint Yanchen.

Der 21-jährige Suresh, der in Thimpu lebt, ist erleichtert darüber, dass er nun endlich mit seiner Familie telefonieren kann. Wenn er seine Eltern und seine Schwester im Süden des Landes besuchen will, ist einen ganzen Tag dorthin unterwegs. Seit sein Heimatdorf an das Telefonnetz angeschlossen ist, kann er häufiger mit seinen Verwandten sprechen als früher.

In ländlichen Gegenden hat die Regierung Telefonzentren mit Festanschlüssen eingerichtet. Auch der Zugang zu Mobilfunkanschlüssen wurde erleichtert. Im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern, wo Videokonferenzen und 3D-Technologie längst selbstverständlich sind, erscheinen solche Neuerungen bescheiden. Für Bhutan bedeuten sie aber bereits einen großen Schritt nach vorn.

Ten Dorji, der Chef von 'Authentic Bhutan Tours', erinnert sich gut an die Zeiten, in denen er auf die Briefpost angewiesen war. Bevor in dem Dorf seiner Eltern im Südosten des Landes Telefonanschlüsse verfügbar waren, konnte er nur Briefe dorthin schicken und war nie sicher, ob sie tatsächlich ankamen.

Spontan kann Dorji allerdings immer noch nicht mit der Familie sprechen. Um das Telefonzentrum der Gemeinde zu erreichen, müssen seine Eltern einen Fußweg von zweieinhalb Stunden zurücklegen. Vorher müssen sie natürlich mit ihrem Sohn ausgemacht haben, um wie viel Uhr er dort anrufen wird.


Mobiltelefonsektor boomt

Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Mobiltelefonanschlüssen in Bhutan steigt. 2009 hätten 460.000 Kunden einen Vertrag abgeschlossen. Das entspreche einem jährlichen Wachstum von 50 Prozent, teilte die Beratungsfirma 'BuddeComm' mit.

Der private Telefonanbieter 'Tashi InfoComm' will bis 2011 alle 20 'dzongkhags' (Bezirke) des Landes an sein Netz anschließen. Dem staatlichen Unternehmen 'Bhutan Telecom' hat er bereits mehr als 20 Prozent seiner Kunden abgeworben. (Ende/IPS/ck/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2010