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ASIEN/694: Kirgistan - Präsidentin Otunbajewa erteilt Mandat zur Koalitionsbildung (Queck/Falkenhagen)


Mandat zur Bildung einer Koalitionsregierung in Kirgistan erteilt

Von Brigitte Queck und Hans-Jürgen Falkenhagen, 5. Dezember 2010


Präsidentin R. Otunbajewa überreichte dem Führer von "Respublika", O. Babanow, das Mandat zur Koalitionsbildung einer Parlamentsmehrheit AKIpress vom 4.12.2010

Bischkek (AKIpress) Die Präsidentin von Kirgistans, Rosa Otunbajewa, hat am 4. Dezember dem Führer der Parlamentsfraktion "Respublika", Omurbek Babanow, das Mandat zur Formierung einer Koalition einer Parlamentsmehrheit und im Folgenden - einer Regierung übergeben. Darüber hat der Pressesekretär, Sultan Kanasarow, die Agentur von AKIpress in Kenntnis gesetzt.
Nach seinen Worten hat das Regierungsoberhaupt am Vorabend eine Konsultation mit den Führern aller 5 Parlamentsfraktionen durchgeführt. Ausgehend von der gegebenen Situation und einem Vorschlag des Führers der Fraktion der SDPK (Sozialdemokratische Partei ), Almasbek Atambajew, hat die Presidentin dessen Vorschlag aufgegriffen und das Mandat O. Babanow, erteilt, sagte S. Kanasarow.
Die Erteilung des Mandats erfolgte in der Präsidentenresidenz "Ala Artscha".

Quelle: www.kg.akipress.org/news:299461
Übersetzung aus dem Russischen: Brigitte Queck


Kurzeinschätzung der gegenwärtigen Lage in Kirgisistan

Von Brigitte Queck und Hans-Jürgen Falkenhagen


Die 5 Parteien, die bei den Wahlen in Kirgisien im Oktober 2010 die Wahlhürden übersprangen, teilen sich die 120 Parlamentsmandate wie folgt auf: Ata Schura: 28 Mandate, Sozialdemokratische Partei (SDPK): 26 Mandate, Partei Ar-Namys: 25 Mandate, Partei Respublika: 23 Mandate und die linke Ata Meken ( Heimat)-Partei: 18 Mandate.

Die SDPK, die die Wahlen verloren hatte, wollte aber unter allen Umständen an der Macht bleiben. Wie der Besuch des Kommandeur des US-Central Commands, James Mattis, am 15.11.2010 in Bischkek sowie der kürzliche Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton in Kirgisistan vermuten lässt, wäre diese politische Konstellation auch im Interesse des Westens. (Während ihres Besuches hat die US-Außenministerin Clinton "die Bedeutung Kirgisistans für den Truppentransport nach Afghanistan" hervorgehoben ! siehe unter: www.taz.de/1/politik/asien/artikel1/flucht-unter-kirschbaueme und R. Otunbajewa stellte bei dem Zusammentreffen mit der US-Außenministerin H. Clinton am 2.12.2010 erfreut fest: "Alle Jahre der Unabhängigkeit Kirgistans waren die USA an unserer Seite" siehe: www.kg.akipress.org/news:298421). So kam es unter Befürwortung der noch amtierenden kirgisischen Präsidentin Otunbajewa (SDPK) am 30.11. zu einer Koalitionsvereinbarung zwischen den Fraktionen der SDPK, der "Respublika" und der Fraktion "Ata Meken", zwischen denen bereits die Struktur, die Zusammensetzung und das Regierungsprogramm der künftigen kirgisischen Regierung vereinbart worden war (siehe unter: www.kg.akipress.org/news: 297311). Demnach sollte Almasbek Atambajew (SDPK) den Posten des Premierministers, Omurbek Tekebajew (Ata Meken) den eines Parlamentssprechers, sowie Omurbek Babanow (Respublika) das Amt eines Vize-Premierministers bekommen. Der Vorschlag, Omurbek Tekebajew aus der Ata Meken-Fraktion als Parlamentssprecher zu wählen, war am 2. Dezember im Parlament gescheitert, da er nur 58 von notwendigen 61 Stimmen bekam. Darauf kündigte die Ata Meken-Fraktion die Mitwirkung in der 3-er Koalition auf. Sollte der oben beschriebene 2. Versuch einer Regierungskoalitionsbildung, zu dem man laut Verfassung 15 Arbeitstage Zeit hat, ebenfalls scheitern, könnte das Parlament ohne Einmischung der derzeitig amtierenden kirgisischen Präsidentin Otunbajewa einen Ministerpräsidenten vorschlagen und wählen, der dann die zukünftigen Regierungsmitglieder vorschlagen und vom Parlament bestätigen lassen könnte. Sollte auch dieser Versuch fehlschlagen, hätte die kirgisische Präsidentin das Recht, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen einzuberufen.

Gewisse Parallelen zur Ukraine nach der vom Westen gesponserten so genannten "orange Revolution" sind unverkennbar. Auch der damalige ukrainische Präsident Juschtschenko, der eine offen pro-westliche Haltung einnahm und nach seinem Popularitätsverlust bei den Wahlen im Januar 2010 Mühe hatte, 5 % der Wählerstimmen auf sich zu vereinen, hatte kurz vor den Wahlen (Umfrageergebnisse hatten ihm bereits vorher sein Scheitern prognostiziert!) mehrere Male, augenscheinlich immer unter Abstimmung bzw. der Billigung seines Vorgehens mit dem Westen, eine Präsidialdiktatur durch Auflösung des ukrainischen Parlaments geplant und sogar einen Militärputsch insziniert.

Es stellt sich die Frage: Warum beauftragte Rosa Otunbajewa ausgerechnet Vertreter der schwächsten Parteien mit der Koalitionsbildung? Arbeitet sie etwa damit schon auf ein Scheitern der Koalitionsbildung hin, um an der Macht bleiben zu können, notfalls mit einer Präsidialdiktatur?


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Quelle:
Copyright 2010 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2010