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ASIEN/801: Philippinen - Kritik an neuen Militärabsprachen mit den USA (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Mai 2012

Philippinen: 'Gefahr für Souveränität und Sicherheit' - Kritik an neuen Militärabsprachen mit den USA

von Carey L. Biron



Washington, 2. Mai (IPS) - Experten haben nach den jüngsten hochrangigen Gesprächen zwischen den Philippinen und den USA die Regierung in Manila gewarnt, die Souveränität und Sicherheit des südostasiatischen Landes durch zweifelhafte Absprachen mit den USA aufs Spiel zu setzen.

"Es frustriert sehr, dass die philippinische Regierung offenbar nicht dazu fähig ist, die Beziehungen zu den USA auf eine gesunde Basis zu stellen", sagte Gina Apostol, Autorin eines Buches, das die Beziehungen der philippinischen Elite zum US-Militär thematisiert. "Wir halten einfach an unseren Beziehungen zu den USA fest, so unselig und traumatisch sie auch gewesen sein mögen."

Am 30. Juni hatten sich die US-Außenminister für Äußeres und Verteidigung, Hillary Clinton und Leon Panetta, mit ihren philippinischen Amtskollegen Albert del Rosario und Voltaire Gazmin zu den sogenannten '2+2'-Gesprächen getroffen. Bei der Zusammenkunft ging es um den weiteren Ausbau der bilateralen Beziehungen.

Der Dachverband 'Bagong Alyansang Makabayan' (Bayan), ein Verband progressiver philippinischer Vereinigungen in den USA, warnt vor einer gefährlichen Abhängigkeit von den USA. "Diese Art der Außenpolitik drängt uns in eine Bittstellerrolle und verhindert, dass unser Land eine eigene Verteidigungshaltung einnimmt", sagte der Bayan-Generalsekretär Renato M. Reyes Jr. in einer Mitteilung am 1. Mai. Das Interesse Washingtons an den Philippinen sei im Zusammenhang mit der US-Agenda im asiatisch-pazifischen Raum zu sehen.


Fortgesetzte US-Truppenpräsenz

Auch wenn die Philippinen, eine ehemalige US-Kolonie, zu den wichtigsten US-Verbündeten in der Region Asien zählen, haben die Beziehungen Anfang der 1990er Jahre gelitten. Damals weigerte sich Manila, der Verlängerung eines Vertrags zuzustimmen, dass den USA erlaubt, zwei Stützpunkte auf den Philippinen zu unterhalten. Trotz der Absage hat Washington dieses Ziel nie aus den Augen gelassen und nach den Angriffen vom 11. September 2001 noch vehementer verfolgt.

Dass das Abkommen nicht verlängert wurde, hat der US-Militärpräsenz auf den Philippinen keinen Abbruch getan. Seit dem Jahr 2000 sind dort US-Truppen stationiert, und beide Länder führen jedes Jahr gemeinsame Militärübungen durch - zuletzt im April und wenige Tage vor dem 2+2-Treffen.

Die hochkarätige Zusammenkunft fällt zudem in eine Zeit, in der der Streit zwischen China und den Philippinen um eine Inselgruppe im Südchinesischen Meer an Schärfe gewinnt. Clinton hatte das Gewässer kürzlich als "Westphilippinisches Meer" bezeichnet und damit die Regierung in Peking in Rage gebracht. Fast vier Wochen lang hielten sich im Umfeld der Inseln des Scarborough-Riffs ein philippinisches Kriegs- und zwei chinesische Aufklärungsschiffe auf.

Bei dem Treffen in Washington lamentierten die Staatsgäste gegenüber ihren Gastgebern, dass die philippinischen Streitkräfte noch nicht einmal Minimalansprüchen genügten. Del Rosario erklärte ferner, dass dieses Defizit sogar als Gefahr künftiger US-Interessen zu betrachten sei.

Nach Ansicht von Gina Apostol könnte jedoch eine mit US-Hilfe betriebene militärische Aufrüstung nach hinten los gehen. "Jedes Zusammenspiel mit dem US-Militär gefährdet unsere Souveränität", warnte sie. "Und was noch schlimmer ist: Es gefährdet unseren Frieden."


Schiff für die Marine

Doch die Botschaft der philippinischen Minister während ihres jüngsten Washington-Besuchs ist offenbar angekommen. So sagte Washington der philippinischen Delegation ein Schiff für die Marine zu, das zweite in diesem Jahr.

Seit der Ankündigung von US-Präsident Barack Obama im November 2011, man werde Asien künftig eine größere Bedeutung beimessen, wird viel darüber spekuliert, welche Rolle dabei den Philippinen zufallen könnte. Seit Anfang des Jahres haben die USA damit begonnen, die philippinische Marine aufzurüsten.

Dem Bayan-Generalsekretär Reyes zufolge werden die USA auch ohne ein konkretes Abkommen 600 Sondereinheiten auf der philippinischen Insel Mindanao unterhalten. "Diese Truppen sind seit mindestens zehn Jahren vor Ort und spielen als Kampfeinheiten eine Rolle."

Doch das US-Engagement auf den Philippinen stößt in der Bevölkerung auf Widerstand und könnte politische Folgen haben - auch für Präsident Benigno Aquino III.

"Wie seine Amtsvorgänger hat auch diese Administration den USA durch ungleiche Absprachen erlaubt, uns auszunutzen", heißt es in einer Mitteilung der Liga philippinischer Studenten (LFS) vom 1. Mai. So werde nicht nur das Eindringen ausländischer Unternehmen, sondern auch die fortgesetzte und unbefristete Präsenz von US-Truppen erlaubt.

Auch innerhalb der philippinischen Regierung gibt die Aussicht auf ein größeres US-Engagement Anlass zur Sorge. So erklärten die Politiker Neri Colmenares und Teodoro Casiño gegenüber den lokalen Medien, dass Manila die USA nicht dazu ermutigen sollte, sich einzumischen und dadurch die Souveränität, die Unabhängigkeit und den Frieden des Landes zu gefährden. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2012